Posts Tagged ‘Streik’


Autorenstreik: Verhandlungen abgebrochen

Samstag, 8. Dezember, 2007

Nach nunmehr gut vier Wochen Streik und acht Verhandlungstagen ist eine Einigung zwischen der Autorengewerkschaft WGA und den Studios (AMPTP) wieder in weite Ferne gerückt. Am gestrigen Abend verließ die AMPTP die Vehandlungen, da sie die Forderungen der Autoren als unakzeptabel und „unreasonable“ betrachtet und keine weitere Grundlage für Gespräche sieht. Die WGA zeigt sich überrascht.

Obwohl es vor ein oder zwei Wochen sogar einen leichten Hoffnungsschimmer gab, dass AMPTP und WGA noch vor Weihnachten zu einer Einigung kommen könnten, macht sich mittlerweile wieder Ernüchterung breit. Erneut werden Schreckensgespenster an die Wand gemalt, die von einem langen Streik bis weit in den Sommer 2008 künden.

Wie üblich schieben sich beide Seiten das Scheitern der Verhandlungen gegenseitig in die Schuhe und die Nachrichtenlage wird durch Spin Doctors und einseitiger Berichterstattung nicht sonderlich durchschaubarer. Die AMPTP reklamiert eine zähe und langatmige Verhandlungsstrategie der Autoren, die nicht der Sache diene. Die Autoren wiederum bezeichnen sich selbst als kooperativ und sind ihrerseits empört über eine Verzögerungstaktik der Studios.

Für Außenstehende ist es besonders interessant, dass dieser Ausstieg der AMPTP wohl schon seit einigen Tagen geplant war. So kündigte die LAWeekly-Kolumnistin Nikki Finke bereits 24 Stunden vor Abbruch der Verhandlungen an, dass die Studios die Gespräche verlassen wollten. Zudem hatten die Studios eine Presseerklärung zu ihrem Ausstieg aus den Gesprächen bereits verblüffend schnell innerhalb weniger Minuten auf ihrer Website online.

Die Studios haben zu Beginn der Woche ein Angebot vorgelegt, das keinen prozentualen Anteil an den Internet-Einkünften vorsieht, sondern eine Art gestaffelten Pauschalbetrag. Die WGA ist darauf auch teilweise eingegangen und hat die eigene Forderung nach einer prozentualen Beteiligung aufgegeben, aber nur wenn der Pauschalbetrag deutlich höher ausfällt als zunächst von der AMPTP vorgegeben. Doch das hat die Gespräche offensichtlich auch nicht weitergebracht. Die AMPTP listet in ihrer Presseerklärung einige Punkte auf, die sie als unerfüllbar ansieht. So verlange die WGA Gewerkschafts-Zwangsmitgliedschaften für alle Autoren, auch im Bereich Animation und Reality. Die finanziellen Forderungen der WGA seien viel zu hoch und nicht finanzierbar in dem angeblich noch jungen Internet-Geschäft. Die Studios wollen nun erst wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn die Autoren einen „vernünftigen Plan“ vorlegen.

Wie auch immer, die Sache scheint immer noch so verfahren wie Anfang November. Noch sind die Auswirkungen des Streiks für die Networks auch im Rahmen zu halten. Zwar haben praktisch alle Serien die Produktion eingestellt, aber noch immer haben einige Shows ein oder zwei Episoden auf Lager, zudem kommen nach der traditionellen Winterpause einige Midseason-Starts und ein großer Schwung Reality-Programme. Es scheint fast so, als wollten die Networks es wirklich einmal „ausprobieren“, einige Monate ohne „scripted shows“ auszukommen und sind dabei sogar bereit, die „Pilot-Season“ im Frühjahr 2008 zu opfern, bei der traditionell neue Serien für den kommenden Herbst gesucht werden.

Außerdem sind die Networks auch reichlich kreativ, was die Beschaffung von sendefähigem Ersatz angeht: So trage sich CBS angeblich bereits mit dem Gedanken, diverse Serien von der Tochter Showtime für eine Ausstrahlung auf CBS vorzubereiten, darunter auch „Dexter“. Die meisten PayTV-Serien landen eh früher oder später in einer „jugendfreien“ Version in Syndication, insofern wäre dies keine große Revolution. NBC hat derweil damit begonnen, „Law & Order: Criminal Intent“-Episoden vom Tochterkanal USA zu wiederholen und könnte das theoretisch auch mit den Serien anderer Töchter wie SciFi („Battlestar Galactica“) tun.

So dürfte der Streik den Networks erst im Januar und Februar ernstere Bauchschmerzen verursachen. Fraglich ist auch, ab welchem Zeitpunkt für die aktuelle Season überhaupt noch neue Serienepisoden in Angriff genommen würden. Insbesondere Drama-Serien würden gut drei bis vier Wochen benötigen, um die Produktion wieder zum Laufen zu bringen da in den meisten Fällen keine fertigen Skripte mehr vorliegen und auch das komplette Personal entlassen wurde. Dauert der Streik also bis März/April, wird es in dieser Staffel wohl keine neuen Episoden von Drama-Serien mehr geben. Richtig wehtun würde der Streik vermutlich sogar erst ab Juli/August, weil dann die neue Herbst-Season gefährdet wäre — und erst dann haben die TV-Networks wirklich kein Ersatzmaterial mehr und auch die Filmstudios ein großes Problem.

Es soll wieder verhandelt werden, aber…

Sonntag, 18. November, 2007

… glaubt wirklich jemand, dass eine rasche Einigung beim Autoren-Streik ansteht? Da lässt man sich nun erstmal gemütlich viel Zeit bis nach Thanksgiving, um sich überhaupt mal wieder an einen Tisch zu setzen. Als ob das nicht auch schon gestern oder heute möglich gewesen wäre — wenn man wirklich auf beiden Seiten echtes Interesse an einer zeitnahen Beilegung des Streiks gehabt hätte.

Vielleicht wollen die Networks und Studios den Streik wirklich nutzen, um einige Produktions-Altlasten billig loszuwerden. Im Allgemeinen müssen die Studios etwa fünf bis sechs Wochen warten, bis sie die Autoren in einem Streikfall unter Berufung auf „Höhere Gewalt“-Klauseln offiziell suspendieren oder kündigen können. Davon sind wir noch zwei bis drei Wochen entfernt. Theoretisch hätten die Studios dann nach Ende des Streiks die freie Wahl, ob sie die Autoren wieder einstellen — oder nicht. Gleichzeitig könnte ein langer Streik, der weit bis in den Sommer 2008 hineindauert auch die Gelegenheit bieten, viele etablierte Strukturen im alltäglichen TV-Geschäft über Bord werfen — und zuletzt auch den Zuschauer „konditionieren“, damit er wieder eher billig produziertes Material akzeptiert.

Man sollte die Nachricht von der Wiederaufnahme der Gespräche also sehr vorsichtig bewerten. Es ist für die Studios einfach zu verlockend, die ganze Angelegenheit noch weiter hinauszuzögern, insbesondere da das Kind nun bereits in den Brunnen gefallen ist.

Was ich von Carlton Cruses Entscheidung halten soll, der seine Showrunner-Tätigkeiten für die Postproduktion der acht „Lost“-Episoden wieder aufgenommen haben soll,  weiß ich auch nicht so recht. Ausgerechnet er macht sich Sorgen um das „Lost“-Franchise, das nun wirklich eine sehr sichere Zukunft hat? Währenddessen andere Showrunner  bereit sind, ihr „Baby“ für die Sache gar ganz aufzugeben, wie beispielsweise Michele Fazekas, die mit „Reaper“ gerade ihre erste Show on-air hat.

Ebenfalls etwas quer im Magen liegt mir derzeit die „Sendet Bleistifte an die Studio-Bosse„-Aktion, zu der einige Autoren via UnitedHollywood.com aufgerufen haben. Da werden die Fans nicht etwa von anderen Fans zu Spenden aufgefordert, sondern von den Streikenden selbst. PR-technisch reichlich ungeschickt, methinks. Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass einige Autoren ihre Fan-Communities da teilweise etwas unüberlegt einspannen (mir lag schon das Wörtchen „ausnutzen“ auf den Tasten).

WGA-Streik: Keine Annäherung

Samstag, 10. November, 2007

Auch nach fünf Streiktagen sind die Fronten unverändert verhärtet. Es gibt keinerlei Anzeichen für anstehende Verhandlungen zwischen den Studios und der WGA, aber wohl diverse inoffizielle „Backchannel“-Gespräche, unter anderem auf Initiative des Gouverneurs von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger.

Währenddessen haben fast alle Showrunner in Hollywood die Arbeit niedergelegt. Dies hat je nach Show unterschiedliche Auswirkungen. Josh Friedman („The Sarah Connor Chronicles“) berichtet in seinem Weblog beispielsweise, dass zwar neun Episoden seiner neuen FOX-Midseason-Serie abgedreht seien, aber außer der Pilot-Episode noch keine weitere Episode den Schnittraum durchlaufen habe. Friedman stellt aber auch klar, dass er diese Tätigkeiten nicht durchführen werde, solange der Streik andauert. FOX will die Serie aber in der Midseason ausstrahlen und könnte nun theoretisch Dritte engagieren, um die Show zu schneiden.

Andere Produktionen stehen komplett still. Newcomer-Flop „Big Shots“ hat den Produktionsbetrieb eingestellt und wird laut Nikki Finke nach dem Ende des Streiks auch nicht wieder mit den Dreharbeiten anfangen — damit dürfte diese Show nach dem Versenden der restlichen produzierten Episoden als „abgesetzt“ gelten. Und ich bin mir sicher, dass da noch einige Shows nachfolgen werden. „24“ dreht zwar aktuell noch, wird wohl bei einem längeren Streik aber keine halbe Staffel senden, sondern erst 2008/09 wieder zurück auf den Bildschirm kommen. „Lost“ ist in einer ähnlichen Situation, doch ABC besteht darauf die abgedrehten acht Episoden ausstrahlen zu wollen, obwohl sie mit einem Cliffhanger enden.

Wieviele Episoden einzelne Serien noch auf Lager haben, zeigt die exzellente und umfangreiche Übersicht beim Televisionary.

Am schnellsten betroffen ist wohl „The Office“, das nur noch eine einzige Episode „auf Halde“ hat (die wohl am 15. November ausgestrahlt wird). Danach ist Schicht im Schacht. Am Beispiel von „The Office“ ist auch deutlich zu sehen, dass nicht nur Autoren und Produzenten von diesem Streik betroffen sind: Mehr als 100 „non-writing“ Angestellten und Arbeitern der „Office“-Produktion wurde gestern die Kündigung ausgesprochen, da die Dreharbeiten seit Beginn der Woche eingestellt sind. Bei vielen anderen Serien und Talkshows sieht es ähnlich aus: Eine große Kündigungswelle läuft derzeit durch Hollywood. Dies hat gerade für die „einfachen“ Mitarbeiter wie Handwerker, Make-Up-Künstler etc. gravierende Auswirkungen und dürfte den „Druck von unten“ auf die Autoren und Studios in den nächsten Wochen noch verstärken. Dies ist ein entscheidender Faktor wenn man gegenwärtig Kalkulationen aufstellen will, wie lange die Autoren ihre Streikmaßnahmen wohl durchhalten können.

Die Networks setzen derweil ihre Notfall-Pläne um. Einerseits drohen sie Showrunnern mit Anklagen wegen Vertragsbruch und/oder Kündigungen. Andererseits sind sie auf der Suche nach alternativen Programminhalten. So werden Kontakte zu britischen Autoren geknüpft, die als Streikbrecher eingesetzt werden könnten. Reality-Programme wie „Big Brother“ werden für einen Januar-Start vorbereitet. NBC wiederum sei angeblich an der neuen Web-Serie „quarterlife“ von Marshall Herskovitz und Ed Zwick interessiert. Die Serie startet am Sonntag auf MySpace.

Über die Strategie der Networks kann nur spekuliert werden. Einige Beobachter gehen davon aus, dass die Konzerne nun sogar zuerst mit der Gewerkschaft der Regisseure DGA verhandeln wollen, da diese in der Vergangenheit eher Entgegenkommen zeigte und somit eine Art Muster-Tarifvertrag aufstellen könnte, den die Autorengewerkschaft WGA schließlich auch übernehmen würde. Der DGA-Tarifvertrag läuft Mitte 2008 aus. Andererseits sind die Studios wohl auch generell an einer Schwächung der Gewerkschaften interessiert, was durch einen langen und zähen Streik erreicht werden könnte.

Bilder vom Streik findet man unter anderem bei Flickr.com im Fans4Writers.com-Pool (unter anderem mit David Boreanaz und Summer Glau).

Und noch eine kleine Erklärung, warum die Streikenden in den „Picket Lines“ oftmals im Kreis laufen oder sich sonst wie in Bewegung halten: Stillstehen könnte als „Herumlungern“ und somit als Ordnungswidrigkeit interpretiert werden. Man lernt nie aus.

Streik-Update

Mittwoch, 7. November, 2007

Nach gerade mal zwei Tagen Streik kann man die Situation wohl recht kurz zusammenfassen: Es sieht nicht gut aus. Beide Seiten werfen sich Vertrauensbruch vor und behaupten, bei den letzten Verhandlungen am Sonntag jeweils ein falsches Spiel gespielt zu haben, um die Gegenseite in der Öffentlichkeit als unkooperativ dastehen zu lassen.

Fehlendes Vertrauen ist natürlich ein erhebliches Problem bei Tarifverhandlungen und so wird die Lage derzeit von beiden Parteien als sehr düster eingeschätzt, die Sache sei noch deutlich verfahrener als vor ein oder zwei Monaten. Es gibt zur Zeit auch noch nicht einmal einen Termin für ein erneutes Treffen zwischen Autorengewerkschaft und den Vertretern von Studios und Produzenten. Ohne Verhandlungen ist auch ein Abschluss erstmal in weite Ferne gerückt. Verständlicherweise betonen die Spin-Doctors beider Seiten in der Öffentlichkeit, dass sie einen langen Streik problemlos durchstehen könnten — aber es dürfte klar sein, dass alle in Wirklichkeit erhebliche finanzielle Verluste bewältigen müssen. Dennoch malen einige Beobachter bereits jetzt das düstere Bild der „Mutter aller Streiks“ an die Wand, die Hollywood bis weit ins Frühjahr 2008 lahmlegen könnte.

Einige TV-Serien produzieren derweil noch die restlichen bereits als Drehbücher vorliegenden Episoden, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Die Streikenden in den „Picket Lines“ vor den Studios tun alles, um die Dreharbeiten durch Verkehrsbehinderungen oder einfach nur lautstarke Proteste zu stören. So beklagen sich viele Mitarbeiter in den Hauptquartieren von CBS und Sony bereits jetzt über den Lärm (unter anderem durch das als Aufmunterung gemeinte Gehupe von vorbeifahrenden Autofahrern) und man kann sich wohl vorstellen, wie das nach einigen Stunden auf die Nerven gehen kann.

Wie erwartet, werden seit Montag keine neuen Late-Night-Talkshows produziert, Sitcoms wie Two and a Half Men, Big Bang Theory und Rules of Engagement sowie Til Death und Back To You haben die Produktion ebenfalls eingestellt oder stehen kurz davor. Shawn Ryan hat in einem vielbeachteten offenen Brief erklärt, dass er bereit sei, für die Streikziele sogar das Serien-Finale seines „Babys“ The Shield zu „opfern“ und daher auch seine Showrunner-Tätigkeiten eingestellt habe.

Derweil wachsen allerdings auch die Spannungen zwischen den Autoren und anderen Mitarbeitern von TV-Produktionen. Auch wenn die meisten „Hybriden“ (also Autoren/Produzenten/Schauspieler/Showrunner in einer Person) ebenfalls den Dienst quittiert haben und zahlreiche Schauspieler ihren Support zeigen, indem sie in Drehpausen die Streikenden mit Cookies und Kaffee versorgen, sehen sich viele andere Studioangestellten in einer Zwickmühle. Insbesondere Vorarbeiter und andere „einfache“ Produktionskräfte haben oftmals in ihren Verträgen klare „No Strike“-Klauseln, die es ihnen untersagen, an irgendwelchen Streikmaßnahmen teilzunehmen.

An der generellen Situation dürfte sich wohl auch in den nächsten Tagen nichts ändern: Nach und nach werden weitere TV-Serien die Produktion einstellen und die TV-Networks werden ihr Programm „straffen“, um für die Februar-Sweeps noch genügend Material in der Hinterhand zu haben. Der PR-Krieg dürfte ebenfalls weitergehen und jede Seite wird der jeweils anderen den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben. Insbesondere die Rolle der großen Media-Outlets ist hierbei interessant: Gerade Variety und der Hollywood Reporter oder E!Online sind Teil der bestreikten Unternehmen und sehen sich aus dem Lager der Autoren mit dem Vorwurf einseitiger Berichterstattung konfrontiert.

Um auf dem Laufenden zu bleiben, empfehle ich daher neben diesen „traditionellen“ Quellen auch die Websites der Autoren — die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen…

Offizielle WGA West Website: http://www.wga.org/subpage_member.aspx?id=2204

„United Hollywood“ Blog: http://unitedhollywood.com/

„News From Me“-Blog von Mark Evanier: http://www.newsfromme.com/

Weblog von Autor John August: http://johnaugust.com/

„Deadline Hollywood Daily“ von Nikki Finke: http://www.deadlinehollywooddaily.com/

YouTube-Kanal von WGAAmerica: http://www.youtube.com/user/wgaamerica

Streik!

Montag, 5. November, 2007

Die letzten Verhandlungen sind heute Nacht gescheitert (beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, den Verhandlungsort kurz nach Mitternacht abrupt verlassen zu haben). Seit Mitternacht Ortszeit New York und zwei Stunden später in Los Angeles befinden sich alle in der WGA organisierten Autoren im Ausstand. Jetzt geht die PR-Schlacht erst richtig los.

"Fragen an den Autor"

Sonntag, 4. November, 2007

Nur noch 12 Stunden bis zum Streik-Beginn um Mitternacht Ortszeit Los Angeles und hinter den Kulissen wird laut der üblicherweise sehr gut informierten Nikki Finke immer noch hektisch und (jetzt wohl nicht mehr ganz so) heimlich verhandelt, unter der Leitung von Top-Produzent/Autor John Wells („ER“, „West Wing“). Wells ist eigentlich bei vielen Autoren nicht sonderlich gut angesehen, weil ihm gerne mal der schlechte Abschluss bei den letzten Tarifverhandlungen im Jahre 2001 vorgeworfen wird, den er als damaliger WGA-Chef mitzuverantworten hat. Umso überraschender, dass nun ausgerechnet er in buchstäblich letzter Minute als Vermittler die Streitparteien zusammenbringen soll und wohl auch die semi-offizielle Unterstützung von der WGA hat. Laut Nikki Finke soll es bereits auch schon erste Verhandlungsfortschritte geben.

Die Zeichen stehen aber dennoch weiterhin auf Streik und dies dürfte für einige Serien-Fans eine ganz besondere Gelegenheit sein, neben der üblichen Hollywood-Sightseeing-Tour auch mal ihre Lieblings-Autoren hautnah kennenzulernen und mit ihnen bei Donuts und Starbucks-Kaffee über Gott und die Welt zu palavern. Die WGA hat auf ihrer Website eine Liste mit den Picket Lines in Hollywood veröffentlicht, wo dann auch in den nächsten Tagen die meisten Autoren zwischen 9 und 17 Uhr zu finden sein werden. Ausdrücklich werden auch Nicht-WGA-Mitglieder dazu eingeladen, sich an den Streik-Aktionen zu beteiligen.

Ich bin mir nicht so sicher, welche Auswüchse dies in der Praxis haben könnte — beim letzten Streik 1988 gab es noch keine solchen ausgeprägten Fandoms wie heute, wo auch um viele „kleine“ Autoren bereits ein intensiver Online-Fankult entstanden ist. So hat beispielsweise Jane Espenson in ihrem Blog schon angekündigt, dass sie am Montag von 9 bis 13 Uhr gemeinsam mit anderen Autoren von Battlestar Galactica, Eureka, CSI und Desperate Housewives vor dem Gebäude der Universal Studios anzutreffen sei. Wenn das mal keine Einladung ist. Insbesondere junge Nachwuchs-Autoren aus den USA, die ihren Fuß in die Tür des TV-Business kriegen wollen, werden diese Gelegenheiten mit Sicherheit nutzen, vielleicht kann man ja schon mal einen positiven Eindruck bei den späteren Kollegen hinterlassen…

Autoren-Streik ab Montag: Season 07/08 zu Ende?

Samstag, 3. November, 2007

Es kann wohl wirklich niemand behaupten, dass dieser Autoren-Streik in Hollywood unangekündigt kommt. Seit mindestens einem Jahr wurde darüber diskutiert, was wohl ab dem Stichtag 31. Oktober 2007 passieren würde, wenn der alte Tarifvertrag zwischen den Produzenten/Studios und den Autoren auslaufen würde. Networks und Produktionsstudios arbeiten mindestens seit der gleichen Zeit an Notfallplänen um die Autoren-lose Zeit zu überbrücken: Die Pilot-Season wurde um einige Monate nach vorne verlegt, neue Produktionen wurden im Eilverfahren bestellt (beispielsweise „in letzter Minute“ die Ankündigung zu „Dollhouse“) und bereits laufende Serien hatten in der Regel eine sehr kurze Produktionspause im Sommer, um so schnell wie möglich weitere Skripte und Episoden fertigzustellen. Und zahlreiche Reality-Produktionen stehen in den Startlöchern. Ganz Hollywood bereitet sich bereits seit Monaten auf den Ausstand vor: Viele Menschen, die irgendwie von der TV- und Film-Industrie abhängen, haben in den zurückliegenden Monaten größere finanzielle Belastungen nach Möglichkeit vermieden. Dies betrifft nicht nur Autoren und Schauspieler, sondern auch (und vor allem) die „einfachen“ Angestellten von TV-Produktionen wie Make-Up-Künstler, Handwerker und Kostümbildner. Wenn die Autoren streiken stehen nicht nur ein paar Schreibmaschinen still, sondern durch eine Art Schneeballeffekt wird eine der wichtigsten Wirtschaftsstandorte an der Westküste der USA lahmgelegt. Dies hat wie in anderen Industriezweigen gravierende Auswirkungen auf sämtliche „Zulieferbetriebe“, von den Agenten der Autoren bis hinunter zum Niedriglohn-Angestellten in einem beliebigen Fast-Food-Restaurant in der Nähe eines TV-Studios.

Worum geht’s?

Im Kern geht es (neben anderen, kleineren Punkten) bei diesem Streik um die Vergütung der Autoren für die Verwertung ihrer Werke auf DVD und im Internet. Bisher sehen beispielsweise viele Networks die kostenfreien Web-Streams kompletter Episoden auf ihren eigenen Videoportalen offiziell als „Werbemaßnahme“ (weil angeblich keine direkten Einnahmen erzielt werden) und dafür bekommen die Autoren oft keinerlei Kompensation. Ähnliches gilt für die Verwertung von Episoden auf iTunes oder Amazon UnBox. Im besten Fall erhalten die Autoren in diesen Fällen Tantiemen in Höhe des üblichen DVD-Vergütungssatzes. Und dieser DVD-Vergütungssatz ist aus Sicht der Autoren sehr gering, er beträgt 0,3%, in der Regel sind das 4 Cent pro DVD. Er wurde in einer Zeit vereinbart, als gerade die ersten Videokassetten auf den Markt kamen, die extrem teuer zu produzieren waren und keine große Gewinnspannen erwarten ließen. Keiner der damaligen Verhandlungsführer rechnete mit den späteren Änderungen im Mediensektor, die das Gesicht der TV- und Filmindustrie in den letzten Jahren so fundamental änderten. Die Autoren-Gewerkschaft WGA fordert im Bereich der DVDs nun eine Verdoppelung des Autoren-Anteils auf 0,6% und im Bereich der Verwertung in den Neuen Medien die Einführung eines allgemeinen Tantiemen-Satzes in Höhe von 2,5% der erzielten Einkünfte.

Ein weiterer großer Streitpunkt sind Reality-Serien. Nur auf den ersten Blick kommen diese Formate ohne Skripte aus. Die WGA ist der Ansicht, dass oftmals auch in diesem Genre Autoren-Tätigkeiten geleistet werden, beispielsweise wenn es darum geht, die Ereignisse im Big-Brother-Haus von außen zu beeinflussen. Offiziell sind in diesen Produktionen bisher keine Autoren beteiligt und dementsprechend werden die Mitarbeiter in diesem Unterhaltungssektor deutlich niedriger entlohnt als ihre Kollegen in den „scripted shows“.

Was sind die Auswirkungen?

Alles hängt davon ab, wie lange der Streik dauert. Für die Produzenten ist es eine betriebswirtschaftliche Frage, ob es billiger ist, den Autoren gleich zu Beginn große Zugeständnisse zu machen oder einige Monate Streik durchzustehen und dann eventuell einen besseren „Schnitt“ zu machen. Eigentlich klingt es plausibel, sich bei den strittigen Punkten „irgendwo in der Mitte“ zu treffen, aber in den letzten Wochen erschienen die Verhandlungen zunehmend festgefahren. Und nach außen wird von den Autoren vehement der Eindruck vermittelt, dass man auf jeden Fall streiken wolle. Sie haben zumindest in den ersten Wochen eines Streiks auch recht wenig zu verlieren: Ein oder zwei Monate Ausstand wären für die meisten Autoren dank gut gefüllter Streikkasse kein Problem. Sie sind es eh gewohnt, immer mal wieder für einige Monate „arbeitslos“ zu sein. Nach all dem Säbelrasseln der vergangenen Monate wäre es für die Verhandlungsführer der WGA gegenüber der Basis auch schwer zu rechtfertigen, wenn man sich ohne langen Streik auf ein eventuell schlechtes Angebot der Produzenten einlassen würde. Die Autoren bemühen sich gegenüber der Presse um Geschlossenheit und demonstrieren ihre Bereitschaft, mindestens vier Monate streiken zu wollen. Aber auch die Studios und Networks zeigen PR-wirksam Gelassenheit und lancieren geschickt Meldungen, nachdem die Season 2007/08 eh bereits größtenteils gefloppt sei und sie einen Streik dieses Jahr somit eher tolerieren könnten — frei nach dem Motto: „jetzt ist eh alles egal, bringen wir’s hinter uns“. Einige Beobachter gehen gar davon aus, dass dieser Ausstand mindestens 6 Monate dauern wird, eben weil beide Seiten derart verbissen sind.

Der letzte Autoren-Streik 1988 dauerte 22 Wochen, in einer Zeit als es noch so gut wie keine Reality-Serien gab. „COPS“ entstand damals als eine erste Reaktion der Networks auf die gähnend leeren Sendepläne. Heute hängen die TV-Sender nicht mehr derart stark von „scripted shows“ ab, dank dem Reality-Boom hat man einige Ausweichmöglichkeiten. Dennoch würde auch heute noch ein Streik gravierende Auswirkungen auf die Sendepläne haben.

Dies beginnt bei den abendlichen Talkshows. Conan, Leno, Letterman, Kimmel, Colbert, etc: Sie alle werden bereits am Montag die Ausstrahlung neuer Folgen einstellen. Diese Daily Shows kann man nicht im Voraus produzieren. Zudem sind die meisten Late-Night-Hosts wie Letterman und Leno auch selbst Mitglied in der WGA und stehen somit den Interessen der Autoren positiv gegenüber. Sie dürften laut den Streik-Regeln prinzipiell zwar ihre Sendung moderieren und könnten auch Gäste interviewen, aber der übliche Stand-Up zu Beginn oder die typischen Comedy-Bits wären nicht möglich. Allgemein wird erwartet, dass es dieses Jahr ähnlich wie 1988 ablaufen könnte, als Johnny Carson erst nach zwei Monaten wieder zurück auf den Bildschirm kam, in einer „Notfassung“ der Tonight-Show. Auch live produzierte Comedy-Shows wie „Saturday Night Live“ würden sofort ausfallen.

Die meisten PrimeTime-Drama und -Comedy-Serien sind allerdings für die nächsten fünf bis acht Wochen „sicher“. Sie produzieren bereits seit Mitte des Sommers neue Episoden und haben somit genügend Episoden „auf Halde“, um die Zeit bis etwa Anfang/Mitte Dezember zu überbrücken. Zudem haben viele Serien auch bereits weitere vier bis sechs Drehbücher fertig. Diese Drehbücher könnten prinzipiell auch verfilmt werden — kleinere Änderungen oder „Rewrites on the set“ sind aber nicht möglich. Zudem gibt es viele WGA-Mitglieder, die so genannte „Hybriden“, also gleichzeitig Autor und Produzent sind. Für sie ist die Lage besonders problematisch, da sie im Grunde „zwei Herzen in einer Brust“ haben. Einerseits sind sie natürlich daran interessiert, neue Folgen für ihre eigene Show zu produzieren, andererseits wollen sie aber auch nicht als „Streikbrecher“ angesehen werden. Die in der WGA organisierten Autoren sind zudem verpflichtet, während des Streiks auf der Straße in den so genannten „picket lines“ zu demonstrieren — die beste deutsche Übersetzung dafür ist wohl „Mahnwachen“.

Autoren dürfen in Streik-Zeiten gar nichts schreiben. Klar, nicht davon betroffen ist der Einkaufszettel, das eigene private Blog oder ein unabhängiger Buchvertrag. Aber sie dürfen nicht mit ihren Produzenten über den weiteren Verlauf ihrer Serien diskutieren, neue Serien-Projekte verhandeln, „Spec“-Skripte einreichen, heimlich weitere Episoden daheim „vorschreiben“ oder für alternative Projekte der Studios in den Neuen Medien tätig werden (bspw. eine Webseries, das offizielle Network-Blog o.ä.). Dies gilt auch für Autoren, die derzeit keine feste Anstellung haben: Sie würden ebenfalls als Streikbrecher gelten. Theoretisch wäre es allerdings möglich, dass die Networks/Studios neue Autoren verpflichten, die noch nicht in der WGA organisiert sind — genügend Interessenten gäbe es sicherlich. Die WGA stellt allerdings klar, dass derartige Streikbrecher in Zukunft keine Chance mehr hätten, in die WGA aufgenommen zu werden — was eine Voraussetzung ist, um als Autor bei einer Produktion offiziell angestellt zu werden.

Bei den meisten Produktionen rechnet man derzeit mit dem „Worst Case“: Das würde bedeuten, dass der Streik mindestens vier Monate dauert und somit der Produktionsrückstand bis zum Ende der Season im Mai 2008 nicht mehr aufgeholt werden könnte. Damit wäre die Season nach dem „Aufbrauchen“ der vorproduzierten Episoden zu Ende – in der Regel hätten die meisten Serien damit eine verkürzte Staffel von neun bis dreizehn Episoden. „Pushing Daisies“ hat gerade Episode 9 abgedreht und in dieser Episode einen wichtigen Charakter-Arc zu Ende gebracht. Die Produktion von „Heroes“ befindet sich zwar bereits bei Episode 13, könnte aber nach Episode 11 die Season beschließen — zumindest wird derzeit ein alternatives Ende für diese Episode gedreht, um als Season-Finale zu dienen. „Heroes: Origins“ wurde ja bereits angeblich wegen dem Streik eingestellt (ich halte das aber für eine Ausrede — der wahre Grund dürfte eher bei den schwachen Quoten und dem abgeflauten Heroes-Hype zu suchen sein). Auch bei vielen anderen Serien dürfte man seit einiger Zeit insgeheim bereits für ein vernünftiges Ende der Shows nach 11 oder 13 Episoden planen. Dies eröffnet den Networks natürlich auch eine Hintertür, bei bereits (vorschnell) verlängerten Serien doch noch den Stecker zu ziehen. So könnte das CW eine Absetzung von „Gossip Girl“ nach Folge 13 trotz der Full-Season-Order problemlos rechtfertigen. Bei den Midseason-Serien sieht die Sache nicht viel anders aus: Von den geplanten 16 Episoden von „Lost“ sind bisher erst acht Episoden gedreht — zumindest die will ABC aber im Januar auf jeden Fall ausstrahlen. Auch „24“ hat nach all den Turbulenzen zu Beginn der Season bestenfalls die Hälfte der Staffel abgedreht, der Stand bei anderen Midseason-Serien (und -Newcomern) ist unklar, die meisten dürften aber schon eine Handvoll Episoden fertig haben.

Für viele Newcomer-Serien hatte die Streikankündigung allerdings auch positive Auswirkungen: Noch selten waren nach sechs Wochen noch soviele neue Serie on-air wie in diesem Jahr. Selbst solche Quoten-Flops wie „Journeyman“, „K-Ville“ oder „Cavemen“ produzieren weiter munter neue Folgen und haben somit immer noch eine winzige Chance, neue Zuschauer zu gewinnen — die Networks sind froh über jede gefüllte Sendeminute. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie nach einem Streik jemals wieder die Produktion aufnehmen würden. Aber auch andere Shows könnten dadurch in Schieflage geraten: Schließlich stünde eine Zwangs-Sendepause von Mitte Dezember 2007 bis zum Start der neuen Season im Oktober 2008 bevor — somit über 10 Monate — das dürfte zur Zuschauerabwanderung bei viele Serien (und Networks) führen. Ein sehr langer Streik (mehr als sechs Monate) könnte schließlich auch Auswirkungen auf die Season 08/09 haben, da neue Serien im Frühjahr/Sommer 2008 nicht rechtzeitig unter Dach und Fach gebracht werden können und mit der Produktion starten können.

Manche Comedy-Serien wie „Everybody Hates Chris“ haben bereits eine komplette Staffel im Kasten, Zeichentrickserien wie „The Simpsons“ haben eh einen Vorlauf von einem Jahr — ein Streik würde sich hier also erst mit reichlich Verzögerung 2008/2009 auswirken.

Profitieren können vor allem Reality-Formate wie „American Idol“, das im Januar FOX sicherlich zur Quoten-Krone verhelfen wird. Dazu gibt es ja noch unzählige andere Formate wie „Dancing With the Stars“ oder Quizshows, die neben Wiederholungen von Scripted Shows die Programme füllen werden. Sollte der Streik also wirklich am Montag um 12 Uhr beginnen (und ich gehe eigentlich fest davon aus, dass es so kommt), dann werden die deutlichsten Auswirkungen für Serien-Fans erst ab Dezember zu spüren sein. Das wäre aber dann doch die ideale Gelegenheit, um mal wieder den ein oder anderen DVD-Serien-Marathon durchzuziehen. Ich habe hier jedenfalls noch so einiges „auf Halde“, ich bin somit auf einen Streik gut vorbereitet ;-).

Aber dennoch gibt es immer noch die Chance, dass sich Produzenten und Autoren doch noch nach ein oder zwei Wochen (oder bereits morgen) einigen und der „Streik von 2007“ würde schon in einigen Wochen vergessen sein. Zumindest bis die Schauspieler und die Regisseure streiken, denn deren Tarifverträge laufen im Frühjahr 2008 ebenfalls aus… und dann beginnt alles nochmal von vorne…

 

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