"Writers Room" auch bei deutschen Serien
Der „Wortvogel“ berichtet, dass nun offenbar auch deutsche Privatsender und Produktionsfirmen das US-amerikanische Serien-Entwicklungsmodell des „Writers Room“ (oder „Writers‘ Room“, haben wir ja heute gelernt ;-)) in der Praxis ausprobieren. Die Autoren arbeiten da nicht mehr über weite Strecken allein und abgeschottet im eigenen Stübchen sondern entwerfen die Episoden zu großen Teilen im Team, eben im „Writers Room“. Da den deutschen Autoren diese Arbeitsweise weitesgehend unbekannt ist, müssen die nun erstmal wieder die Schulbank drücken.
Sicherlich eine interessante Entwicklung, aber bestimmt auch mit einem größeren Kostenaufwand für die Produktionsfirmen verbunden. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass einige angesichts dieser „Amerikanisierung“ des Kreativprozesses bereits (mal wieder) den Untergang des Abendlandes am Horizont sehen.
21. November 2007 um 21:40 Uhr
Ich hatte immer gedacht, dass das bei „Mein Leben und Ich“ schon länger so gehandhabt wird. Es schreiben immer zwei Hauptautoren die Folge und andere vervollständigen das Ganze. Das macht im stillen Kämmerlein alleine kaum Sinn.
21. November 2007 um 21:57 Uhr
Jein. Der zusätzliche Kostenaufwand hält sich in Grenzen, weil die Autoren (nach meiner Erfahrung) nicht mehr Geld bekommen als für das einzelne Drehbuch (und das Geld kommt von Sender). Angesichts der deutschen Honorare ist das aber auch vertretbar – die Produktionsfirma stellt nur noch ein Büro und jede Menge Kaffee 😉
Und es gibt in der Tat Serie, die Zwitterformen des „Writers‘ Room“ betreiben, teilweise auch schon seit Jahren. Daily Soaps und Telenovelas müssen das schon allein aus Effiziensgründen tun.
21. November 2007 um 21:59 Uhr
Sorry wegen der Rechtschreibfehler – ich multitaske gerade…
22. November 2007 um 11:08 Uhr
Ja, ich glaube auch, dass der „Writer’s Room“ zumindest im Ansatz bei vielen Daily Soaps schon verwendet wurde. Ich kann mich an ein Interview mit einer Autorin der frühen GSSZ-Jahre erinnern, sie meinte, diese Art des Schreibens (schnell, Woche für Woche) war wohl zu Anfang neu und eine Herausforderung, daher wurde viel im Team geschrieben.
Gruß
22. November 2007 um 11:29 Uhr
Wobei mein Leben und ich leider nicht mehr weiterproduziert wird (dies ist auf der Wolke Hegenbarth-Fanseite zu lesen).
Sehr schade; Diese Mischung aus My So-called Life und Daria hat mir sehr gut gefallen 🙁
22. November 2007 um 19:33 Uhr
hört sich sehr gezwungen an die ganze Sache, abseits der Medienindustrie wird in deutschen Unternehmen ja auch mit anderen Philosophien gearbeitet als grösstenteils in Amerika, zum Teil sogar sehr erfolgreich, aber nichts des trotz brauchst für eine gute Serie erstmal eine gute Ausgangidee und ich glaube kaum das z.B. Bryan Fuller für Pushing Daisies, Wonderfalls oder Dead Like Me oder Tim Kring für Heroes die Grundlagen in einem Writers Room geschaffen hat, hier fehlst will zu sehr an guten Ideen und das hat ganz andere Gründe, für die weitere Serienentwicklung sind die Vorteile aber sicher nicht zu bestreiten
23. November 2007 um 00:12 Uhr
@ Matte: Es hat ja nun auch niemand behauptet, die IDEE oder das KONZEPT zu einer Serie werde im „Writers Room“ entwickelt. Das ist dann doch immer noch Aufgabe des „Creators“. Er wird ja auch in den meisten Fällen Headautor (in den USA auch gerne Showrunner, was hierzulande aber noch die extreme Ausnahme ist).
23. November 2007 um 09:13 Uhr
Versteh ich nicht. Gefragte Autoren schreiben meiner Erfahrung nach nämlich immer an mehreren Projekten gleichzeitig. Das liegt vor allem an der Natur der Sache, dass man als Autor meistens 1-2 Wochen (oder auch länger) auf ein Feedback warten muss. Während man also auf das Feedback für das eine Projekt wartet, schreibt man noch an Pitchpapers, Exposés oder Drehbuchfassungen von anderen Prohjekten. Bei manchen Autoren stapeln sich die Projekte regelrecht auf dem Schreibtisch.
Warum sollten sich Autoren also für den selben Preis exklusiv für ein Projekt verpflichten? Ich habe mit namhaften Autoren über das Thema diskutiert und die sagten mir: „Klar würde ich bei einem Writer’s Room mitmachen. Ich glaube nur nicht, dass Euch der Sender meine Exklusiv-Monatsgage bezahlen wird. Und für eine normale Drehbuchgage (im Sitcombereich liegt die bei ca. 12.500,-) setze ich mich bestimmt nicht für 2 oder mehr Monate fest in ein Büro und verzichte auf alle weiteren Aufträge in dieser Zeit“.
23. November 2007 um 09:35 Uhr
@ Viewer: Nicht gefragte Autoren, sondern ALLE Autoren schreiben an mehreren Projekten gleichzeitig – weil es anders gar nicht geht. Manchmal wägt man aber ab: Der Writers Room braucht in diesem Fall sechs Wochen, man bekommt exklusives Coaching durch einen US-Top-Schreiber, und hat bei der Entwicklung der zu schreibenden Story das Backup von drei oder vier anderen Autoren. Dafür gibt es das Honorar eines handelsüblichen Drehbuchs. Da KANN man sagen: „Pöh, ist mir zu wenig, und überhaupt und sowieso“. Man KANN aber auch sagen: „Interessante Abwechslung, da bin ich glatt mal dabei“ – zumal bei Erfolg ja der Auftrag für weitere Skripts winkt. Würde ich mich DAUERHAFT zu solchen Konditionen anstellen lassen (oder auch nur für drei Monate)? Nein.
Aber du hast auch einen Rechenfehler in deinem Kommentar: Es hat niemand von einem Sitcom-Honorar oder zwei Monaten gesprochen. Mach Drama-Honorar draus, rechne mit 6 Wochen (du kennst ja die Preise – und uns wurde auch noch mit Sonderkonditionen im Bereich der Staffelung sehr entgegen gekommen) – und frag dich dann, ob du das einfach so ausschlagen würdest…
23. November 2007 um 17:55 Uhr
@Torsten
6 Wochen ist ja überschaubar und der Lern- bzw. Spaß-Faktor ist in der Tat ein gutes Argument. Ich denke aber, wenn man eine ganzen Staffel bis zum Drehbuch im Writers Room schreiben lassen will (macht z.B. bei Sitcom durchaus Sinn, dass man sich die Punchlines gegenseitig zuwirft), werden 6 Wochen nicht reichen und für mehrere Monate wird man namhafte Autoren kaum für die Standart-Gage bekommen. Es ist eine alte Binsenweisheit: Qualität kostet eben 😉