Archiv vom März 2010


Parenthood (2010)

Samstag, 27. März, 2010

Nach vier Episoden ist es wohl mal an der Zeit, der neuen NBC-Dramaserie „Parenthood“ ein paar Worte zu widmen. Ursprünglich bereits als NBC-Lebensretter für den vergangenen Herbst geplant, verzögerte sich der Start schließlich in die post-olympische Midseason 2010. Grund dafür war die Krebs-Erkrankung von Maura Tierney („ER“), die dadurch auch leider aus der Produktion ausscheiden musste und durch die von mir nicht minder geschätzte Lauren Graham („Gilmore Girls“) ersetzt wurde.

Neben dem erstklassigen Ensemble-Cast mit weiterer TV-Serien-Prominenz wie Peter Krause, Monica Potter, Craig T Nelson und Erika Christensen war es vor allem ein anderer Name, der diese Neuauflage eines 20 Jahre alten Konzeptes zu einem Must-See-Event machte: Jason Katims. Der Autor hatte sein Handwerkszeug bei „My So-Called Life“ gelernt, bei „Roswell“ und „Boston Public“ verfeinert und schließlich mit dem leider kaum wahrgenommenen „Friday Night Lights“ sein erstes Meisterstück abgeliefert.

Die Story schien auch besonders gut zu den Stärken Katims‘ zu passen: Ein Drama um eine normale amerikanische Multi-Generationen-Familie, mit alltäglichen Geschichten rund um Beziehungen, das Erwachsensein (und -werden) und den Stress (und die Freuden) einer großen, bunten Familie. Als großer Verehrer von Katims‘ einzigartig echt wirkenden Porträts der Taylor-Familie in „Friday Night Lights“ erwartete ich wohl nicht weniger als das „thirtysomething“ unserer Zeit.

Nach den ersten Folgen ist aber noch nicht klar abzusehen, ob die Serie meinen großen Erwartungen gerecht wird. Die Ähnlichkeiten liegen inhaltlich vor allem in der Nähe zu „Brothers & Sisters“, mit einem Touch von „Once & Again“ und „Modern Family“ — in allen Fällen aber auch keine schlechte Verwandtschaft im TV-Land.

In meinen Augen liefert „Parenthood“ im Moment jedoch noch ein etwas uneinheitliches Bild. Viele Charaktere und Storyelemente der Serie sind großartig und erinnern an das authentische Bild von Coach Taylor und seiner FNL-Familie. An erster Stelle sei hier die Familie von Adam Braverman (Peter Krause) genannt, die gerade mit der dramatischen Asberger-Diagnose ihres Sohnes konfrontiert wurde. Die verzweifelt-überforderten Reaktionen des Elternpaars auf die sich allmählich bestätigende Diagnose sind fantastisches und niveauvolles Familiendrama, das auch langsam die Erinnerungen an „Nate Fisher“ und „Casey McCall“ beim Zuschauer verblassen lässt.

Für kleine Comedy-Auflockerungen darf in der Regel die arbeitslose Sarah Braverman (Lauren Graham) mit ihren beiden Teenager-Kindern Amber und Drew herhalten. Sie ist nach dem Scheitern ihrer Ehe gerade wieder bei ihren Eltern eingezogen und versucht nun wieder auf eigene finanzielle Beine zu kommen, ohne gleichzeitig von ihren pubertierenden Kiddies gelyncht zu werden. Sarah ist leider zur Zeit eigentlich nur „Lorelai Gilmore 2.0“ mit weniger strebsamen Nachwuchs und man erwischt sich recht oft bei der Vorstellung von Maura Tierney in dieser Rolle. Dennoch ist Lauren Graham sicherlich eine exzellente Alternativ-Besetzung für diese ehrgeizige, aber frustrierte Mutter und ich bin gespannt auf ihre weitere Entwicklung.

Auf der anderen Seite gibt es aber leider auch in jeder Folge noch einige „cringe-worthy“ Momente, bei denen Katims & Co. wohl auch zu sehr Zugeständnisse an den „Durchschnittszuschauer“ in die Serie einflechten mussten. Da fallen vor allem die Plots rund um Julia Braverman-Graham (Erika Christensen) und ihrem Mann Joel (Sam Jaeger) ein. Julia versucht verzweifelt (und für den eventuellen langsamen Zuschauer auch immer schön ausführlich in Dialoge gepackt), die gegensätzlichen Interessen Karrierefrau und Mutter unter einen Hut zu bringen, doch stolpert dabei von einem (u.a. aus „Brothers & Sisters“) vertrauten Soap-Klischee ins nächste.

Und dann ist da der ewige Möchtegern-Junggeselle Crosby (Dax Shepard), der sich immer noch gegen eine Verlobung mit seiner langjährigen Freundin sträubt, aber plötzlich entdeckt, dass er einen fünfjährigen Sohn aus einer früheren Beziehung hat. Es ist bezaubernd anzusehen, wie Crosby allmählich realisiert, dass er reif für eine solche ernste Vater-Rolle ist und auch eine neue Wertschätzung für seine eigenen Eltern aufbringt. Doch seine Weigerung, seiner aktuellen Beinahe-Verlobten von dem Kind zu erzählen, und die daraus folgenden Heimlichkeitsverrenkungen sind wieder altbekannte Seifenoper-Konstrukte.

Dass die Familie ferner zum Ende jeder Folge in trauter Einsamkeit entweder zum Familien-Essen, Ballspiel oder Schwimmen zusammenkommt, ist zwar jedes Mal ein großer emotionaler Moment, wirkt aber schon beim zweiten Mal angesichts der Größe der Familie und der vermutlich vollgepackten Terminpläne zu unrealistisch.

Es ist also noch nicht alles „rund“ bei „Parenthood“. Die Show muss sich und ihren Ton erst noch finden und — ganz wichtig — den einzelnen Charakteren mehr Raum zum Atmen und Entwickeln geben. Fünf oder mehr Storyfäden in eine einzelne 42-Minuten-Episode zu packen ist einfach zu viel — aber zu Beginn einer neuen Show mit einem derart großen Ensemble auch ohne Alternative. Vielleicht muss sich die Show auch noch ein wenig mehr von der alten „Parenthood“-Vorlage emanzipieren. Gigantisches Potential liegt auf jeden Fall in jedem einzelnen Aspekt der Show und von meiner „Must-See“-Klassifizierung werde ich auch so schnell nicht abrücken. Ich bin mir sicher, früher oder später werden Episoden kommen, die über die komplette Länge und nicht nur in einzelnen Abschnitten in die „Mind Blowing“-Kategorie fallen.

Ob „Parenthood“ zu einem TV-Erfolg und ein wichtiger und langfristiger Grundstein für zukünftige „Quality Programming“ von NBC in der 22Uhr-Schiene wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die Quoten sind mit 7 Millionen Zuschauern und einem 2.8-Rating recht solide, aber erst nächste Woche bekommt sie mit neuen Folgen von „V“ und „The Good Wife“ wieder ernsthaftere Konkurrenz.

Man muss nur lange genug warten…

Samstag, 6. März, 2010

Meine Güte, zehn Jahre!

Das ist zwar nicht die verstrichene Zeit seit meinem letzten Posting, auch wenn es sich so anfühlt. Nein, so lange ist es schon her, dass ich auf einer Mailing-Liste (für die Jüngeren: das waren die Blogs/Twitter der 90er) zur US-Serie „The Practice“ angemeldet war. Leider scheint’s die Liste nicht mehr zu geben — oder ich kann sie nicht mehr finden. AFAIR war sie eine Art Spin-Off-Liste der (inzwischen leider auch gelöschten, soviel zum Thema Langzeitarchivierung) legendären AllyDE-Liste. Good times.

Damals liefen nämlich gerade die ersten Staffeln von David E. Kelleys Juristendrama „The Practice – Die Anwälte“ werktäglich um 12 Uhr mittags(!) als halbe Deutschlandpremiere auf ProSieben und prägten wochenlang meinen abendlichen Video-/Fernsehkonsum. Doch nach vier Staffeln war plötzlich Ruhe, Pro7 organisierte den Programm-Mittag um, hatte auch keine weiteren Folgen von „Practice“ auf Lager und zeigte sich von Protest-Mails gewohnt unbeeindruckt. Nun schreiben wir 2010 und da meldet das Fernsehlexikon, dass P7-Schwestersender Kabel 1 nun tatsächlich die finale Staffel ausstrahlt (und die Staffeln dazwischen einfach auslässt). Diese letzte Staffel von „The Practice“ war seinerzeit ein Versuch, der in den USA quotenmäßig dahin siechenden Serie mit neuem Cast eine Kostensparkur zu verordnen und so zumindest noch ein kurzfristiges Weiterleben zu sichern. Im Endeffekt mutierte diese Staffel dann zum Ausgangspunkt für die spätere Spin-Off-Produktion „Boston Legal“, die mittlerweile ja auch schon ihren höchst erfolgreichen Lauf in Deutschland beendet hat. Die nun nach so vielen Jahren eingeschobene Ausstrahlung dürfte somit weniger die ergrauten „The Practice“-Fans im Visier haben, sondern sich eher an die „Boston Legal“-Zielgruppe wenden.

Immerhin: Jetzt dürfte es also etwa nur noch fünf Jahre dauern, bis wir die restlichen Staffeln von „Felicity“ im deutschen TV zu sehen bekommen 😉

Bei weitem nicht so lang war die unfreiwillige Olympia-Pause, die viele US-Serien in den letzten Wochen einlegten (waha, heute bin ich der Champ der gepflegten Überleitung!). So langsam geht’s wieder los, unter anderem mit dem Serienstart des langerwarteten Remake von „Parenthood“ von Jason Katims („MSCL“, „Friday Night Lights“). Die Pilot-Episode war auch recht solide, eine Mischung aus „Brothers & Sisters“, „Once & Again“ und „Modern Family“ sowie einem Touch „Gilmore Girls“ (letzteres eigentlich nur wegen der bezaubernden Lauren Graham).
Die Folge kam vor allem in den letzten zehn Minuten an die hohen Erwartungen heran und lässt Hoffnung für die weitere Entwicklung. Eigentlich mache ich mir aber bei Katims keine Sorgen. Gewöhnungsbedürftig ist es jetzt am Beginn jedoch, sich als Zuschauer bei all den bekannten Gesichter von den vorherigen Rollen zu trennen. Für mich wird da wohl noch eine ganze Zeit lang Nate Fischer neben Lorelai Gilmore stehen. Warum bei Hulus „Best in Show“-Abstimmung „Parenthood“ zur Zeit noch hinter „Human Target“ liegt, kann ich mir rein gar nicht erklären.

Auch nicht erklären kann ich mir, warum „Skins“ dieses Jahr so heftig zwischen langweiliger Klischeeverwurstung und überraschend emotionalen Charakterdrama oszilliert. Die Show ist vor allem dann gut, wenn sie in tiefe, dunkle Backstories eintaucht. „Thomas“ war uninteressant, „Emily“ herausfordernd, „Cook“ großartig, „Katie“ fürchterlich und „Freddie“ simpel, aber ergreifend. Manchmal habe ich das Gefühl, die Show will eigentlich nur düster-dramatisch-emotionale Momente in Kino-Format mit fulminanter Musik inszenieren und überbrückt den Rest irgendwie mit Füllmaterial. Naja, solange die Produzenten solch ein gutes Händchen mit dem Soundtrack haben, der viele inhaltliche Schwächen überdecken kann, will ich mich mal noch nicht zu laut beschweren. Eigentlich jede Woche findet sich mindestens ein Song, bei dem ich gleich ein „Instant Replay“ machen muss, zuletzt bspw. das gefühlvolle „Honest“ von den eigentlich sonst viel forscher auftretenden „Band of Skulls“.

Apropos Playlist, als hätte ich dank ständigem Pendeln zwischen Saarbrücken und Zürich eh nicht schon zu wenig Zeit zum TV-Konsum, hat mich nun auch noch „Unser Star für Oslo“ in seinen Bann gezogen. Ihr könnt mich übrigens (wie wohl auch den größten Teil der Zuschauer) in der Lena-Fan-Kategorie einsortieren, thankyouverymuch. Sie kann zwar nicht so sauber singen wie die anderen, aber es macht einfach Spaß, diesem kleinen Björk-NoraTschirner-Mashup-Energiebündel auf der Bühne zuzusehen. Ihre Songauswahl ist erfrischend unkonventionell und obwohl ich die Tracks von Paolo Nutini und Adele schon kannte, habe ich sie erst durch ihre Performance „neu entdeckt“. Sie würde zwar in Oslo nicht gewinnen (ebensowenig wie die anderen Kandidaten), aber ein frecher und unbekümmerter Auftritt, der die ESC-Veranstaltung unterhaltsamer macht, wäre es auf jeden Fall. Und man müsste sich nicht schämen, für Deutschland mitzufiebern.

Zurück zum Thema Serien: Als ich neulich meine Festplatten aufräumte, erwies sich dieses Tool als sehr nützlich: FileBot. Auch andere TV-Serien-Fans mit einer Aufräum-OCD könnten daran ihre Freude haben.

Auch daran hatte ich meine Freude: (nene, diese Überleitung tut selbst mir weh ;-)). NBC hat in den letzten Tagen den kompletten Comedy-Block mit „Community“, „The Office“, „Parks“, „30 Rock“ für jeweils eine weitere Staffel verlängert. Bei „The Office“ und „30 Rock“ sollten sie aber dann langsam mal ans Aufhören denken, insbesondere „The Office“ hat sich mitlerweile weit weg von früheren Höhepunkten entfernt. Vielleicht bekommt die Show durch Cecelia Marie Halpert nun noch mal etwas mehr Schwung, aber die Haifische schwimmen schon sehr nah am Fonz.

Und schließlich als Rauswerfer noch ein bezauberndes, kleines „Hurley“-Tribute-Mashup aus dem Web, weil ich zu „Lost“ nix geschrieben habe (Mein Eindruck bisher lässt sich mit den Worten „unverändert hohe Erwartungshaltung“ zusammenfassen):

 

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