Mad Men — Season 4

Es sind schon ein paar Tage vergangen, seitdem das Finale der vierten Staffel der amc-Serie „Mad Men“ ausgestrahlt wurde, aber der überaus positive Gesamteindruck dieser Staffel hält bei mir weiterhin vor. Ich kann kaum auf alle Punkte eingehen, die mir beim Anschauen mal durch den Kopf gingen, aber ein paar Lobhudeleien will ich dennoch im Blog verewigen. Spoiler voraus.


Es war eine der stärksten Staffeln der Serie, aktuell in einer „Rangliste“ bei mir vielleicht sogar direkt hinter der Premieren-Season. Dies hat vor allem mit dem weiterhin überaus faszinierenden Lebensweg von Hauptfigur Don Draper aka Dick Whitman zu tun, der dieses Jahr gleich mehrfach und in unterschiedlichen Kontexten vor dem Abgrund stand. Da ist einerseits das Ende seiner Ehe und das extrem angespannte Verhältnis zu seiner Ex-Frau Betty, unter der auch seine Beziehung zu seinen drei Kindern leidet. Zunehmend verliert er die Kontrolle über sich und seinen Alkoholmissbrauch, er stürzt sich in verzweifelte Sexabenteuer mit irgendwelchen One-Night-Stands. Seine einzige echte Vertraute, die Witwe des Mannes, dessen Identität er einst in Korea stahl, stirbt an Krebs und lässt ihn in ein noch tieferes Loch fallen. Schliesslich droht auch noch die Enttarnung seiner wahren Identität, zudem geht es mit seiner jungen Firma nach dem Verlust eines zentralen Kunden zunehmend abwärts.

Nach einem erneuten Zusammenbruch erkennt Don Draper, dass er das Rad herumreissen muss — aber am Ende entscheidet er sich (mal wieder) statt für die aufrechte Konfrontation mit seiner Vergangenheit für den vermeintlich simplen Ausweg: Er heiratet viel zu überstürzt seine deutlich jüngere Interims-Sekretärin Megan und gibt seiner bisherigen (und eigentlich deutlich kompatibleren) Partnerin Dr. Faye einen unerwarteten Korb. Irgendwie will ich nicht glauben, dass das eine gute Entscheidung war. Zwar ist sie offenbar eine ideale Ersatz-Mutter für Dons Kinder und sie erkannte auch als eine der wenigen die wahre Motivation von Dons offenen Brief in der NYTimes. Aber sie ist auch nur eine oberflächliche Ablenkung von Dons wahren Problemen: Er wird nie als „Don Draper“ echten Frieden finden.

Sehr sehenswert in seiner Entwicklung über die Jahre ist auch das Verhältnis zwischen Don und Peggy. Das ist eine ganz besondere Beziehung, beide sehen im jeweils Anderen deutlich mehr als einen einfachen Arbeitskollegen, mehr als eine simple Vorgesetzte/Untergebene-Relation, imposant demonstriert in der selbst für „Mad Men“-Standards hervorragenden Episode „The Suitcase“, als Don an einem Tiefpunkt ankommt. Obwohl er sie nachwievor oftmals als billigen Punching-Ball missbraucht, hat sie ihren Respekt vor Don nicht verloren und sie sieht ihn weiterhin gar als Freund — nicht nur weil er als einer der Wenigen um ihr Geheimnis weiss. Nur allmählich wächst dieser Respekt gegenüber ihr auch bei Don, er sieht sich weiterhin oftmals nur als Entdecker, dem sie alles zu verdanken habe.

Dabei hat sich Peggy in den zurückliegenden Jahren bemerkenswert entwickelt, nicht nur hinsichtlich ihrer beruflichen Werber-Qualitäten, sondern auch im Bezug auf ihre Entwicklung zu einer selbstbewussten und selbständigen jungen Frau, die weiss was sie will und Konflikten offen entgegentritt. Sie steht für ihre Meinung ein und geht dazu auch auf Konfrontationskurs mit Arbeitskollegen und Kurzzeit-Beziehungen — auch wenn ihr oftmals dabei noch das Feingefühl und Erfahrung fehlt. Nicht zuletzt äussert sich dieses neue Selbstverständnis von Peggy auch in ihrer Interaktion mit Joan: Sie mögen zwar auch weiterhin keine „beste Freundinnen“ sein, aber die beiden Frauen haben eine deutlich entspanntere Beziehung wie noch vor wenigen Jahren.

Soweit so kurz. Nicht unerwähnt bleiben sollten eigentlich auch der grandiose Anti-Twist mit Joans Schwangerschaft („Nie im Leben würde Mad Men solch eine Soap-Storyline wählen, die behält das Kind nicht — Ups“), die erstklassige und für ihr Alter eigentlich unerwartete Schauspielerleistung der kleinen Sally-Darstellerin Kiernan Shipka, Bettys faszinierende Personifizierung als „Nasty Bitch“-Bösewicht in dieser Staffel (und sie ist doch immer noch nur ein kleines Kind, das sich ständig vernachlässigt fühlt), Allison Bries verblüffende Metamorphosen zwischen ihren Rollen in „Mad Men“ und „Community“, das stilgerechte (Ab-)Leben von Mrs. Blankenship sowie die weiterhin ästhetisch in jeder Hinsicht hervorragende Inszenierung der Serie, die bis hin zu Kleinigkeiten wie der Auswahl des jeweiligen Abspann-Songs nahe an Perfektion grenzt. Man könnte noch soviel schreiben zu den Charakterentwicklungen der zahlreichen Nebenfiguren, den faszinierenden übergreifenden „Themen“ jeder Episode, die sich oftmals erst beim mehrmaligen Anschauen in all ihren kleinen Details und Parallelen entfalten. Aber es fehlt die Zeit.

Fazit: Ohne Zweifel, auch wieder ein BluRay-„Must Have“, sobald sie verfügbar ist.

Eine Antwort

  1. 1
    Tim schrieb:

    Nachdem auf ZDF Neo ja gerade erst die zweite Staffel ausgestrahlt wird, schaue ich gerade die dritte Staffel (gabs leider nicht auf Deutsch, sondern nur bei Amazon UK). Nachdem ich mich an das Englisch gewöhnt habe, gefällt mir die Serie noch besser – der Wortwitz geht halt doch teilweise bei der Übersetzung verloren. Und ich muss sagen: in der dritten Staffel nimmt die Erzählgeschwindigkeit deutlich zu; die ersten zwei Staffeln plätschern ja wirklich so vor sich her.

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