The Black Donnellys
Ja, ich hatte große Hoffnungen in dieses Drama gesetzt. Die Pilotepisode war ein Meisterstück in Sachen Cinematographie und Charaktereinführung — wer sich an meine „Best of“-Listen erinnert, der weiß, dass ich die Donnellys-Premiere als beste Pilotepisode der Season eingeschätzt hatte. Dazu stehe ich im Grunde auch heute noch. Doch nach einer Handvoll Episoden hat sich doch ein gutes Stück Ernüchterung breit gemacht. Viel versprochen, wenig gehalten. Die filmische Umsetzung ist nach wie vor das stärkste Pfund der Show, doch am Inhalt hapert’s arg.
Ich war begeistert von dem mal etwas anderen Voice-Over-Konzept der Pilotepisode, in der ein vermeintlich unzuverlässiger Dritter die Geschichte aus dem Off erzählt. Die Problematik des „Woher-kann-der-das-denn-wissen“ war elegant gelöst, indem man gleich mehrmals den Finger drauflegte und sogar noch mit einem Running-Gag verbinden konnte („Where did you come from?“). Doch mittlerweile hat es den Anschein, als solle die Integrität des Erzählers nun doch nicht mehr so fragwürdig sein, wie zuvor angedeutet. Gerade die mögliche Unzuverlässigkeit des Erzählers (der in der Pilotepisode seine Geschichte gleich mehrmals fundamental änderte) war eines der Storytelling-Highlights und auch Alleinstellungsmerkmal, auf das die Macher nun zu verzichten scheinen. So erscheint auch dieses „Feature“ mittlerweile nur wie ein Voice Over wie jeder andere, nur in diesem Fall auch noch von einem weitesgehend unbeteiligten (und öden) Charakter. Die kurzen Vorgriffe und Anspielungen auf zukünftige Ereignisse wirkt zudem wie ein läppischer Versuch, den Zuschauer bei der Stange zu halten, weil der wohl schon die größeren Zusammenhänge mangels Interesse aus dem Auge verloren hat.
Der Rest der Show ruft bei mir inzwischen in erster Linie eine Mischung aus Interessenlosigkeit und Frustration hervor. Tommy Donnelly, die zentrale Figur der Serie, darf im Grunde nur noch Feuerwehrmann für seine merkbefreiten Brüder spielen, denen man am liebsten selbst mal ein wenig Verstand einhämmern würde. Wenn er mal nicht damit beschäftigt ist, deren Müll wegzuräumen, darf er sich in Herzschmerz üben. In der millionsten Variante des „star-crossed-lovers“-Themas muss er der unterforderten Olivia Wilde nachstellen. Und auf all das wird noch irgendeine seltsame Bandenkrieg-Fehde draufgesetzt, gespickt mit einem in Schneckentempo vorangetriebenen Verschwörungs-Storyarc. Wenn ich auch bei all den Geschichtchen rund um die jungen Donnellys den unfairen Vergleich mit den „Sopranos“ erfolgreich unterdrücken kann — spätestens wenn sich die NBC-Show dann aber an den „großen“ Mafia-Themen vergreift, kann ich nicht anders und mich nach dem HBO-„Original“ sehnen. Ganz zu schweigen von der offensichtlichen Unentschiedenheit der Macher, ob die Serie nun „zeitlos“ sein soll, oder klar in unserer Gegenwart spielen soll.
Wo die Show groß ist, zeigt sich vor allem in technischen Aspekten. Das erstklassige cinematographische Feeling der Show habe ich ja schon eingangs erwähnt. Die Serie ist einfach einwandfrei fotografiert und hat eindeutige Ambitionen jenseits der kleinen und beschränkten Welt eines 27″-Fernsehgerätes. Eindeutig die Handschrift von Autor und Regisseur Paul Haggis, der interessanterweise vor allem seit seinem Oscar-Gewinn („Crash“) in einigen FanForen stark umstritten ist.
Jonathan Tucker in der Rolle des überforderten Sohns Tommy, der in ein Leben gepresst wird, dass er sich nicht ausgesucht hat, ist ebenfalls eine großartige Besetzung. Die Qualen, durch die sein Charakter in der zweiten Episode bei der unappetitlichen Aufgabe der Beseitigung einer Leiche gehen muss, zählen für mich zu den bisherigen Highlights der Serie, die allerdings immer seltener werden. Zudem wird sein Charakter zuletzt immer monotoner, ständig scheint er gegen irgendwelche Windmühlen zu kämpfen. Auch die Wahl der lange verschollenen Kate Mulgrew als besorgte, alleinerziehende Mutter mit klaren und strengen Moralvorstellungen ist ein Pluspunkt für die Show. Ebenso Tom Guiry als Heißsporn Jimmy Donnelly. Olivia Wilde hingegen hatte bisher noch nicht viel mehr zu tun, als gut auszusehen und besorgt in die Kamera zu schauen. Beides absolviert sie allerdings mit Bravour.
Über die katastrophalen Quoten der „Donnellys“ (+/- 5,7 Mio) dürfte sich wohl nur ein gewisser Herr Sorkin freuen, dessen Multi-Millionen-Dollar-Flop „Studio 60“ als vorheriger Timeslot-Inhaber nun doch nicht mehr die quotenschwächste Serie auf dem 10pm-Slot ist. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob „Studio 60“ schlicht und ergreifend nur verbrannte Erde hinterließ und Zuschauer schon aus Prinzip nun um diese Zeit gar nicht mehr zu NBC zappen.
So oder so, die Zeit für die „Black Donnellys“ dürfte bald abgelaufen sein. Vielleicht hätte Haggis aus dem Material doch lieber einen abgeschlossenen Spielfilm zimmern sollen.
30. März 2007 um 21:37 Uhr
Ich bin auch ein wenig enttäuscht! Nachdem mein Herz für die ersten beiden Folgen schlug, ist in der 3. Folge Langeweile eingekehrt. Schade eigentlich! Ich trau mich gar nicht an 1×04.
Ich hoffe ja immernoch auf Traveler. Heroes ist zwar ganz nett, aber den Rest der Serien kann man in die Tonnen stecken. Dann doch lieber wieder Lost, dass bei den letzten Folgen einige Sternstunden der Serie ausgepackt hat!!
30. März 2007 um 23:39 Uhr
Muss leider auch zustimmen. Schade, aber die Serie hätte wohl auch wenn sie gut gewesen wäre keine Chancen gehabt (wofür man aber nicht „Studio 60“ die Schuld geben sollte, promotet hat NBC die Serie ja anscheinend recht gut).
@Schelm
„Traveler“ wird nun wohl eher als eine Miniserie á la „Day Break“ laufen, falls es nicht wirklich erfolgreich ist, was stark zu bezweifeln ist.
Ansonsten gibt es in der Midseason durchaus einige interessante neue Serien. „The Dresden Files“ gefällt mir nach ein paar schwachen Anfangsfolgen recht gut. Aber auch „The Riches“ und „Raines“ überzeugen IMO bis jetzt.
Der größte Hoffnungsträger für mich ist natürlich „Drive“, aber da bereitet mir Kopfzerbrechen das FOX nun erstmal nur die ersten 6 Episoden zeigt. Wobei das wohl auch am Produktionrückstand liegt und man außerdem die Serie nicht im Juni beendet, wo die Zuschauerzahlen i.A. ja eher niedriger sind. Naja, mal abwarten. Wenn die Serie nach der ersten 6 Episoden kein Publikum gefunden hat ist es vermutlich eh zu spät…
31. März 2007 um 10:51 Uhr
Ich bin auch ein wenig von den „Black Donnellys“ enttäuscht, auch wenn ich nach wie vor der Ansicht bin, dass die Serie zu den qualitativ besseren neuen Serien der Season gehört.
Was mich am meisten enttäuscht ist, ist die Tatsache, dass die Serie im Grunde genommen nur die Tommy-Show ist. Wenn man den Titel „The Black Donnellys“ hört, dann denkt man, dass es sich bei der Serie um eine Ensemble-Show handelt, aber das ist so gar nicht der Fall. Ich habe ja nichts dagegen, dass man in einer Ensemble-Show eine zentrale Figur hat, aber so konzentriert man sich in meinen Augen doch zu sehr auf Tommy und lässt die anderen Charaktere links liegen, die den Zuschauer dann letztendlich auch kaum interessieren. Kevin finde ich zwar als humorgebenden Charakter ganz nett, aber das war’s auch. Sean hat nichts zu tun, Joey-Ice Cream spielt außer der Erzählerrolle auch keine große Rolle in der Serie und Jenny nervt einfach nur.
Die Serie wäre als zweistündiger Film vermutlich wirklich besser geworden, da einem in so einem Film auch die Eindimensionalität der Charaktere nicht so stören würde. Nichtsdestotrotz werde ich die Serie trotzdem noch weiterverfolgen, da sie dennoch noch gut ist. Eine zweite Staffel wird es auf jeden Fall nicht geben und eigentlich ist es ja auch ganz nett, mal eine Mini-Serie zu sehen und nicht so langfristig an eine Serie gebunden zu sein.
Was „Traveler“ betrifft: Hier würde mir das Konzept auch als Mini-Serie ausreichen. Wenn man sieht, was mit „Prison Break“ in der zweiten Staffel passiert ist (und wie dieses Format unnötig auch noch in eine dritte Staffel ausgedehnt wird), dann ist es mir doch lieber, wenn die Serie nach 8 guten Folgen mit einem zufriedenstellenden Ende abgeschlossen wird anstatt unnötig ausgedehnt zu werden.
31. März 2007 um 13:23 Uhr
Also ich bin immer noch recht angetan von der Serie, auch wenn die teils angesprochenen Schwächen ärgern. Vor allem die letzten 2 folgen (4&5) waren wieder ein Schritt in die richtige Richtung..
Das die Serie wohl in den Quotenhexler kommt is umso bedauerlicher.
31. März 2007 um 15:35 Uhr
Stimme dem absolut zu und habe mittlerweile sogar aufgegeben die Serie weiterzuschauen.
Freut mich übrigens sehr, dass sablog wieder online ist 😉
1. April 2007 um 15:24 Uhr
TRAVELER, da warte ich auch immer noch drauf, neben HEROES brachte mir damals die Pilotfolge von TRAVELER am meisten Spaß und zumindest bei HEROES wurde ich wirklich nicht enttäuscht, die wohl beste neue Serie der Season.
Schade, dass TRAVELER offenbar schon tot ist, bevor es angefangen hat. Nach Flops wie KIDNAPPED (was mir aber doch ganz gut gefiel) und VANISHED (was ich gähnend langweilig fand, was mir vor allem – als oller ER-Fan – für Ming-Na Leid tut) haben die Sender offenbar Angst vor neuen Serials, erst recht aus der Thriller-Ecke à la 24 / PRISON BREAK.
Aber selbst an guten neuen Procedurals fehlt es dieses Jahr irgendwie.
Mir fehlt eine Serie à la FÜR ALLE FÄLLE AMY mit Integrität und Familiencharakter. BROTHERS AND SISTERS finde ich zwar auch klasse, aber ist mir ’nen Hauch zu amerikanisch, nicht liberal genug.
Oder irgendwas aus der HBO-Ecke. SOPRANOS, SIX FEET UNDER, DEADWOOD … alles quasi Geschichte, da müsste mal was Neues her mit ähnlich brisantem, aber originellem Konzept.
Wann geht eigentlich die Pilotseason für die Season 07/08 los?
Man kann ja nur hoffen, dass in der kommenden Saison wieder mehr Gutes dabei ist.
1. April 2007 um 15:38 Uhr
Lasst mich raten 07/08 ist das Jahr der Superhelden-Serien?? Die Leute werden auch nicht schlauer. Nachdem Surface, Invasion, Vanished und Kidnapped definitiv ihre Vorbilder eingeholt haben, sollte man das immer wieder versuchen!
1. April 2007 um 15:58 Uhr
Ja, „Traveler“ dürfte wohl schon abgehakt sein. Vielleicht aus gutem Grund, man weiß ja nicht, ob das Konzept wirklich über die Pilot-Episode hinweg trägt. Bei ABC läuft’s ja zur Zeit nicht wirklich rund, die können es sich also gar nicht leisten, einen potentiellen Hit im eigenen Portfolio zu „übersehen“.
„Drive“ könnte vielleicht noch ‚was werden, FOX promotet die Show ja derzeit dermaßen stark, dass man sich schon verwundert die Augen reibt. Und es wäre das erste Mal, dass mich Tim Minear enttäuscht.
Was die restliche Pilot-Season angeht: Erst mal abwarten. Derzeit wird ja wie jedes Jahr ein Haufen Schrott produziert — entscheidend ist, was vom 14. bis 17.Mai bei den Upfronts angekündigt wird. Aber man wird sicherlich gewisse Auswirkungen der „Große Ankündigung, großer Flop“-Welle („Studio 60“, „The Nine“, „Kidnapped“, „Vanished“…) einerseits und der Überraschung-Hits „Heroes“ und „Ugly Betty“ auf der anderen Seite sehen.
1. April 2007 um 21:13 Uhr
@sab
„Kidnapped“ würde groß angekündigt? Das dafür aber einen ziemlich miesen Sendeplatz…
Und „Heroes“ und „Ugly Betty“ hatten ja schon vor dem Start guten Buzz, also so überraschend ist der Erfolg nicht…
„Drive“ versuche ich so gelassen wie möglich zu nehmen. Aber Tim als Showrunner und Nathan in der Hauptrolle! WAH! Diesmal muss es einfach klappen…
2. April 2007 um 19:53 Uhr
Das ist natürlich auch immer von der subjektiven Wahrnehmung abhängig. „Kidnapped“ war mir jedenfalls im Laufe des Sommers deutlicher „präsent“ als „Ugly Betty“. Und „Heroes“ hatte ich ehrlichgesagt schon direkt nach der Bekanntgabe des Castings von Milo Ventimiglia intern auf „ignorieren“ gestellt 😉
11. Dezember 2007 um 19:56 Uhr
Black Donnellys
Also ich finde diese Serie immer noch… ja wie soll ich sagen der absolute Hammer.
Egal wem ich die die Serie zeige er will mehr davon sehen, auch wenn ich schon die Folgen mehrmals gesehen habe, finde ich es einfach nur klasse.
Ich finde es sehr schade das keine neuen Folgen kommen werden, wenn ich den Lotto Jackpot von 43millionen alleine geknackt hätte, hätte ich mir die Rechte von der Serie gekauft (mein voller ernst).
Ich bin Felsenfest davon überzeugt, wenn die Serie auf den ganz normalen offenen Sender gekommen wäre (pro7,rtl oder sat.1) hätte sie bestimmt eine sehr gute Chance gehabt.
Es hat nicht zufällig von euch die Fanpost addy von Paul Haggis, denn ich würde ihm sehr gerne schreiben wie klasse ich sein Werk finde…
marcel.leopold@gmx.net
have a nice day