Dr. Horrible's Sing-Along Blog
Nachdem der finale dritte Akt von „Dr. Horrible’s Sing-Along Blog“ nun auch online abrufbar ist (daran denken: Nur noch bis Sonntag Abend verfügbar!), noch eine rasche Zusammenfassung meiner Meinung zur Show (SPOILER!).
Man hätte es eigentlich ahnen müssen, bei Joss Whedons Produktionen endet so gut wie nie alles glücklich und zufrieden — da gibt es immer Tragik und Tote. Womit ich nicht rechnete, war die überraschende Erkenntnis, dass diese Regel auch auf ein vermeintlich locker-flapsiges Web-Musical zutreffen würde. Und nach den Reaktionen auf whedonesque zu urteilen, wurden auch die meisten anderen Zuschauer von diesem radikalen Tonwechsel im letzten Akt eiskalt überrascht.
Aber zunächst zurück an den Anfang. Akt 1 bildete eine hübsche und durchaus unterhaltsame Einführung der Charaktere — auch wenn die E-Mail-Runde mit Dr. Horrible am Anfang etwas lang war. Aber schon der erste Song mit Penny geht ins Ohr und die Präsentation des „Bad Horse“-Briefes war köstlich. In „A Man’s Gotta Do What A Man’s Gotta Do“ darf dann Nathan zu Hochform auflaufen.
Der Höhepunkt des Dreiteilers ist aber in meinen Augen der zweite Akt. Schon gleich der Intro-Song mit dem bezaubernden Duett von Penny und Horrible ist ein richtig schön kitschiges Meisterwerk mit Ohrwurm-Potential. Dazu eine ganze Reihe von traumhaften Dialogen und Szenen: „what a crazy random happenstance“, „hunting wild signatures“, „you’re driving the spork into your leg“, Moists Versuche eine Konserve zu öffnen, „Phd in Horribleness“, „cheesy on the outside“, „look at my wrist, I gotta go“ und natürlich der Soon-to-be-classic: „The hammer is my penis“. Gekrönt wird der Akt dann auch noch von Horribles großartiger Solo-Nummer „A New Day“. Ohne Zweifel, Akt 2 ist der Hauptgrund zur Anschaffung der DVD. Und wenn man sich gerade richtig auf ein cheesy Happy End freut,…
… kommt das Drama von Akt 3. Die Höhepunkte hier sind vor allem die zahlreichen Cameos von Whedonverse-Alumni und die peppigen Songs. Aber der Dankesrede-Song von „Hammer“ ist ein wenig zu lang. Nebenbei gibt es noch ein paar amüsante Throw-away-Zeilen („I hate the homeless … ness-problem“, „We do the weird stuff“, „I think this is what pain feels like“) sowie das Finale mit den Mitgliedern der Evil League of Evil. Aber insgesamt kommt der Humor im Vergleich zu den ersten beiden Akten sehr kurz. Dafür dominiert das Drama: Das beginnt schon bei Pennys kurzem Moment in der Wäscherei mit den zwei Frozen Yoghurt-Bechern („there’s no happy ending“), und findet natürlich seinen Höhepunkt bei Pennys tragischem Tod, der sich nun im Whedonverse in einer Reihe mit den Abgängen von Tara, Wash und Fred wiederfindet. Und dann ist plötzlich Schluss.
Dennoch, „Dr. Horrible“ ist insgesamt ein unterhaltsames und sehr sehenswertes Mini-Projekt. Sicherlich nicht der Höhepunkt der Karriere der Mitwirkenden, aber allemal ein solides Stück Entertainment. Soviel Humor und Drama in 40 Minuten zu packen, ist auch schon eine Leistung und es ist ein Genuss, zu sehen, was dabei herauskommt, wenn professionelle TV-Macher sich mal so richtig austoben dürfen und eine sechsstellige Dollar-Summe in ein Independent-Web-Projekt stecken. Die einzelnen Akte haben genau die „richtige“ Länge, so dass man immer wieder versucht ist, „nur nochmal kurz“ in eines der Kapitel reinzuschauen (I’m the master of procrastination) und dann doch die vollen 13 Minuten hängenbleibt. Und die Songs sind harmlos und zugleich eingängig genug, dass man sich später am Tag plötzlich dann doch dabei erwischt, wie man eine der Melodien unbewusst vor sich hinpfeift.
Neil Patrick Harris und Felicia Day spielen ihre Parts ebenso wie Nathan Fillion erwartungsgemäß perfekt und tongue-in-cheek, insbesondere aber der Broadway-erfahrene Neil Patrick ist die Idealbesetzung für die Hauptrolle.
Zwar ist das Finale dann tatsächlich tragisch und endet mit einer sehr ernsten Note, aber es wäre wohl wirklich keine echte Joss-Whedon-Produktion, wenn es keine emotionale Achterbahnfahrt wäre. Und genau dadurch bekam ich auch endlich richtig Lust auf „Dollhouse“, weil mir jetzt wieder bewusst wurde, dass diese Show ganz sicherlich nicht das TV-übliche „Fall-der-Woche“-Konzept fahren wird, sondern den Zuschauer durch das komplette Spektrum menschlicher Emotionen treiben wird. Dafür steht schließlich in gewisser Weise der Name „Joss Whedon“.
Wenn die DVD also nicht zu teuer wird und auch der Import nach Europa kein großes Problem darstellt, werde ich wohl zugreifen — nur alleine schon um die Songs in besserer Tonqualität zu erhalten. Die versprochenen zwei Commentary-Tracks dürften mindestens ebenso unterhaltsam sein wie der Film selbst.
19. Juli 2008 um 13:42 Uhr
Also für mich war das ein netter Nonsens für Zwischendurch, mehr aber auch nicht… aber vielleicht bin ich auch der Einzige der hier kein uneingeschränkter Whedon & Musicals Fan ist!?
Wobei der einprägsame Theme und Neil Harris Leistung schon zu würdigen sind… trotzdem kein Grund für mich die DVD zu kaufen.
19. Juli 2008 um 14:08 Uhr
Mir hat es auch sehr gut gefallen. Klar, es ist eine recht einfache, eigentlich auch unspektakuläre Story, aber was Joss mit seinen Dialogen, seinen Lyrics, der Musik und seinen unerwarteten tragischen Wendungen macht, istb einfach brilliant. Es ist vermutlich nicht der Höhepunkt der Karrieren der Beteiligten, wie du schon so schön schriebst, aber für eine Internetproduktion hat es wirklich neue Maßstäbe gesetzt. Ich finde es auch sehr schön, dass sich weder seine ehemaligen Buffy-Autoren (Marti Noxon, David Fury, Doug Petrie und Drew Goddard erkannte ich) noch unterbewertete TV-Stars wie Neil Patrick Harris oder Nathan Fillion dafür nicht zu schade waren.
Mir persönlich gefiel der zweite Teil auch am Besten. Der erste Teil war ein merkwürdiger Einstieg mit recht süßen Songs, der zweite Teil das absolute Highlight, bei dem alles gestimmt hat, während der dritte Teil irgendwie etwas verloren und durcheinander wirkte.
Felicia Day war schon eine der wenigen Potentials, die ich bei BUFFY mochte, nun ist sie aber endgültig in die Reihe meiner liebsten Whedonverse-Stars aufgestiegen. Das Mädel ist einfach nur cute.
Auf DOLLHOUSE freue ich mich auch schon. Joss wird all den Autoren von Billig-Serien wie „Heroes“ oder „Terminator“ zeigen, wie man eine gute, tiefgründige, emotional aufwühlende Show macht. 😀
19. Juli 2008 um 16:16 Uhr
Nette Unterhaltung.
20. Juli 2008 um 02:06 Uhr
Ohne jetzt bei einer ja insgesamt gerade mal 40-minütigen Produktion unbedingt noch einen Lieblingsteil heraussuchen zu müssen, gefiel mir besagter zweiter Akt wohl ebenfalls besonders. Und das, obwohl ich bei der Penis-Pointe fast meinen Monitor mit einer Fontäne halb-getrunkener Coke Light überzogen hätte. Hab wirklich lange nicht mehr so gelacht wie da.
Das Ende hätte man im Nachhinein in der Tat erahnen können. Während ich mich noch darüber wunderte, dass Captain Hammer A-Team-artig ohne jede Schramme davon kam, ging das wahre Drama auch schon los, und genau wie die meisten hier dachte ich mir alsbald nur „Oh, klar, natürlich, Joss Whedon, wie naiv von mir!“.
Alles in allem zeigt mir persönlich allein die Tatsache, dass ich, obwohl ich jegliche Art von Gesang in solchen Produktionen normalerweise zu tiefst verabscheue (muss wohl ein Kindheitstrauma sein oder so), nicht den Browser-Tab nach ein paar Minuten wieder geschlossen, sondern die Show bis zum Ende gesehen und genossen habe, ganz klar, dass Joss Whedon wohl der Meister dieses Nischen-Genres des TV/Web-Musicals ist. Obwohl, da war mal so eine Xena-Folge…HUST! 🙂
20. Juli 2008 um 02:54 Uhr
@ Sab (und alle)
Wo bekomme ich die Folgen von NBCs „Stark Raving Mad“ Mit Neil Patrick Harris, ‚Monk‘ Tony shalhoub, Jake Donovan…… Die DVDs lassen auf sich warten.
20. Juli 2008 um 11:55 Uhr
@weckman
Oha, da hat jemand das gleiche Kindheitstrauma wie ich :-). Ich habe es auch schon immer abgrundtief gehasst, wenn in Filmen gesungen wird.
ABER: Joss Whedon ist davon ausdrücklich ausgenommen. Keine Ahnung woran das liegt. Ich habe damals schon die Buffy Musical-Folge geliebt und auch Dr. Horrible war wirklich nett anzuschauen.
20. Juli 2008 um 20:34 Uhr
Zum Glück hat Whedon „Dollhouse“ im Ofen, sonst würde ich mich darüber aufregen, dass er seine Zeit und sein Talent für sowas verschwendet.
Aber so. Es war nett. Aber das eine mal ansehen reicht mir.
Hoffentlich hat er während seiner langen TV Pause nicht so verloren wie Sorkin (Sports Night, West Wing >>> Studio 60).
20. Juli 2008 um 21:56 Uhr
Der 3. Teil hackt bei mir ununterbrochen. Ich habe es schon mehrmals versucht. So ein Mist.
Naja so sehr hats mir auch nicht gefallen. Aber der 3. Teil soll doch so gut sein. Da muss ich wohl warten, bis es auf Youtube ist oder so…
26. Juli 2008 um 01:01 Uhr
Die beste iPhone-Anwendung.
29. Juli 2008 um 20:26 Uhr
Alle drei Akte sind ab sofort wieder frei abrufbar über hulu (auch aus Europa).
29. Juli 2008 um 21:52 Uhr
Also, für mich ists nicht aus Europa abzurufen…
29. Juli 2008 um 23:23 Uhr
Seltsam. Bei mir geht’s ohne Probleme.
10. August 2008 um 01:52 Uhr
Dr. Horrible’s Sing-Along Blog…
Während des Autoren Streiks haben sich viele Produzenten gelangweilt, da sie an ihren Projekten nicht weiter arbeiten konnten. Einer davon war Joss Whedon. Bekannt wurde er durch die Serien Buffy, Angel und Firefly, sowie den Kinofilm Serenity, di…