Joan of Arcadia — quo vadis?
Vor einem Jahr habe ich die damals neue CBS-Serie „Joan of Arcadia“ neben den überraschenden schauspielerischen Qualitäten von Newcomerin Amber Tamblyn auch wegen der guten Drehbücher gelobt, die es schafften, trotz des alles durchdringenden Themas „Gott“ die Genre-üblichen Moral-triefenden Storylines zu vermeiden.
Doch die zweite Season liegt mir immer mehr quer im Hals. Jede Woche wird ein größerer Moral-Zeigefinger hochgehalten, deutlich stärker als letztes Jahr. „Joan of Aracdia“ schickt sich mehr und mehr an, in die Fußstapfen von „7th Heaven“ und diverser anderer Werke wie „Highway to Heaven“ zu treten.
Um eine „Lektion“ ‚rüberzubringen, muss sich Joans Charakter mittlerweile teilweise ziemlich dämlich anstellen. Wie die Autoren auf die Idee kommen, dass eine Sechzehnjährige mit Joans „Background“ ruhigen Gewissens von Obdachlosen Geld stiehlt und sich davon ein Piercing leistet, ist mir ein Rätsel. Noch mehr ist mir ein Rätsel, wo die Show überhaupt mit ihren Storylines hin will. Es gibt zwar zahlreiche episodenübergreifende Storylines, aber die werden jede Woche nur um wenige Millimeter vorangebracht.
Und brauchte die Show wirklich noch einen weiteren weiblichen Regular? Joans Freundin Judith diente zwar als Vehikel, um Joan’s Stupidität in den ersten Episoden der zweiten Staffel zu erklären, aber mittlerweile ist es echt zuviel des Guten. Dazu noch die Ex-„Rock“-Nonne Lilly, die wohl mit Ach und Krach noch etwas „Wir-sind-ja-ganz-cool-drauf“-Stimmung in die Show retten soll.
Weiter geht’s mit dem nervigen Farbenspiel in der Serie – Joans Szenen sind in einem normalen, natürlichen Farbton ohne erkennbaren Kamerafilter gehalten, während Daddy Wills „Cop-Szenen“ mit einem aufdringlichen Blauadditiv ins falsche Licht gerückt werden. Das mag in den verschiedenen Spin-Offs einer Show funktionieren (neonfarbener Stil in CSI, orange in CSI:Miami und bläulich in CSI:NY) – aber innerhalb einer Show ist es doch mehr als irritierend. Natürlich darf auch die hektisch verwackelte NYPD-Kamera nicht fehlen. Und wo die Story um Wills neue Vorgesetzte hingeht, ist auch schon so vorhersehbar wie langweilig. Aber Ehefrau Helen ist ja eh immer noch vorwiegend mit sich selbst beschäftigt.
Die Story um Kevins Gegen-Klage zieht sich tröpfelnd von Episode zu Episode dahin. Die Beziehung von Joans Bruder Luke mit Grace war noch das einzige Highlight der Show, bis auch dort der „Moralhammer“ ausgepackt wurde. Fehlen nur noch die Hinweise am Ende der Episoden à la „Beratungsstellen zu XY finden sie unter …“
Und in alldem wirkt Amber Tamblyn mehr und mehr überfordert und aufgerieben in einer seltsamen Charakterentwicklung, die eigentlich keine ist: Joan ist wieder genau dort, wo sie in der ersten Staffel war, nun halt mit einem festen Freund an ihrer Seite – der aber auch mehr zu einer Schlaftablette degradierte nachdem er als romantisch-unbeholfener Sidekick in Season 1 eigentlich noch gut in die Serie passte. Man hat den Eindruck, als wolle Amber Tamblyn diese Skript-Defizite durch intensiveres Schauspiel wettmachen, aber sie schiesst in meinen Augen zu oft über das Ziel hinaus.
Fazit: Ich will mein „Wonderfalls“ zurück…
3. November 2004 um 15:09 Uhr
Tja, wenn ich die aktuellen EQ der Serie in den USA betrachte, sind viele Zuschauer der gleichen Meinung wie sab — denn die EQ sind z.Z. ziemlich schwach.
3. November 2004 um 23:33 Uhr
Also, wenn ich mir das so durchlese, dann bin ich doch ziemlich enttäuscht. Schon bei der derzeit auf Pro7 laufenden ersten Staffel bin ich schon etwas von der, na nenen wir es mal „moralischen Ader“ der Serie etwas genervt, aber wenn es in der 2. Staffel schon noch moralischer wird, dann verliert man glatt die Lust die Serie zu sehen. Und die Sache mit dem Obdachlosengeld und dem Piercing wirken mehr als nur out of character. Wenn die Serie nicht bald neue Drehbuchautoren bekommt oder die derzeitigen Drehbuchautoren sich darauf besinnen gut durchdachte Geschichten zu entwickeln , dann sehe ich für die Zukunft der Serie schwarz, auch wenn Amber Tamblyn wundervoll ist.
5. November 2004 um 19:31 Uhr
Was mich auch enttäuscht, ist dass Joans kleine Aufgaben viel zu oft Adam helfen. In der ersten Staffel war das für die Beziehung der beiden ganz hilfreich, aber jetzt wirkt es nur noch favorisierend.
20. Februar 2005 um 16:36 Uhr
ich finde „die himmlische joan“ ist einfach nur genial