Hex
Sonntag, 27. März, 2005Mystery-Serien mit einer Teenagerin als Hauptfigur werden dieser Tage automatisch mit „Buffy“ verglichen — so auch im Fall der fünfteiligen britischen Produktion „Hex“, die im vergangenen Herbst auf Sky One ausgestrahlt wurde. Beide Shows stellen eine starke Hauptdarstellerin in den Mittelpunkt, die gegen das Böse in der Welt kämpfen während sie zeitgleich ein möglichst „normales“ Teenager-Leben führen. Doch darüber hinaus gibt es nicht viele Gemeinsamkeiten.
„Hex“ spielt in einem britischen Internat, weit draussen auf dem Land. Das Internat ist in einem alt-ehrwürdigen Schloss untergebracht, um das sich einige geheimnisvolle Erzählungen ranken. Auch die schüchterne und unbeliebte Cassandra „Cassie“ Hughes (Christina Cole, auf dem Foto zweite von links) geht hier zur Schule. Ihren Vater kennt sie nicht, ihre Mutter ist in einer psychiatrischen Anstalt. Eines Tages findet sie eine seltsame Vase und kurz darauf entwickelt sie ungewöhnliche Kräfte. Cassie entdeckt Parallelen zwischen sich und einem Mädchen, das vor einigen Jahrhunderten ebenfalls in diesem Schloß lebte und auf mysteriöse Weise ums Leben kam. Wenig später wird sie von dem auferstandenen Dämon Azazeal (Michael Fassbender) bedroht und ihr wird klar, dass sie Teil einer unheilvollen Prophezeiung ist, durch die nicht nur ihr Leben in größter Gefahr ist.
Während das grundlegende Storyprinzip der Show durchaus interessant und spannend ist, haben die fünf Episoden doch starke Defizite in der Realisation. Ausdrücklich wird in der Promotion für die Show das „sexuelle Erwachen“ der Hauptfigur in den Vordergrund gestellt, aber die Umsetzung schiesst meilenweit über das Ziel hinaus. Im Grunde scheint der Mystery-Plot nur ein notdürftiges Begleitwerk für den eigentlichen Fokus der Show zu sein: Sex (vielleicht daher auch der Titel „Hex“…). In der Pilot-Episode handelt fast jede Dialogzeile, jede Szene (auch zwischen Lehrern und Schülern oder Lehrern untereinander) in irgendeiner Form von Sex. In den restlichen vier Episoden wird es etwas in den Hintergrund gedrängt, aber da ist der „Schaden“ schon angerichtet. Beeindruckend, dass man damit sogar noch Charakterentwicklung betreiben kann. Die Macher scheinen ein sehr seltsames Bild von Sprache und Interessen von Jugendlichen in einem Internat der Gegenwart zu haben — sicherlich würde da keiner brave Stories à la Hassencamp’sche „Burg Schreckenstein“ Erzählungen erwarten — aber selbst die Lehrer in diese hormonell überladene Ebene der Serie einzubinden, wirkt unrealistisch, nervend und stumpft ab. Während „Buffy“ dieses „coming-of-age“ der Teenager noch gelungen geradezu in die „Meta-Ebene“ der Serie einbaute, wird in „Hex“ der Sex mit dem Dampfhammer plump durch den TV-Schirm gepresst.
Dazu kommen viele Plotholes und „Unerklärlichkeiten“, insbesondere im Zusammenhang mit Cassies bester Freundin Thelma (Jemima Rooper, auf dem Foto ganz links). Und auch die wohl unvermeidbaren Lockers für Bücher und sonstigen Krempel, die man vorwiegend aus amerikanischen High-Schools kennt, dürfen nicht fehlen — obwohl die in einem kombinierten Schul- und Wohngebäude eigentlich recht wenig Sinn machen, da die Zimmer der Schüler ja nur ein paar Treppenstufen entfernt sind. Überhaupt ist das vermeintliche Internat überraschend kostspielig ausgestattet – da stehen Vasen und andere Ziergegenstände bunt über Fluren und Gänge verteilt. Wie das angesichts der Hundertschaft von Teenagern lange gut gehen kann…
Wenn man sich aber mehr auf den mystischen Storyblock konzentriert, ist die Serie durchaus unterhaltsam. Dass die Show in nur 260 Minuten (1×80 min, 4x45min) einen kompletten Story-Arc unterbringen muss, zeigt Vorteile: Man hat keine Zeit für unwichtige Kleinigkeiten, sondern muss die Show voranbringen und Charaktere schnell entwickeln. Die Showidee ist nicht unbedingt originell, aber funktioniert — inklusive dem gelungenen Cliffhanger am Ende. Die Serie ist etwas düsterer als die ersten Buffy-Jahre und hat einen moderaten Anteil an mehr oder weniger gut gelungenen Special-Effects. Die Hauptdarsteller liefern eine solide Performance ab — die Nebencharaktere wirken hingegen etwas amateurhaft. Der Titelsong ist „#1 Crush“ von Garbage aus dem „Romeo & Juliet“ Soundtrack.
Hex ist derzeit in der Produktion für eine zweite Staffel mit 13 Episoden, die im Herbst 2005 auf Sky One zu sehen sein wird. Eine DVD war für Januar angekündigt, wurde aber auf Oktober verschoben — vermutlich um den Start der zweiten Staffel zu promoten.
Fazit: Ganz nett, aber insbesondere im Vergleich mit „Buffy“ kann die Show (noch) nicht gewinnen.