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The Paper

Samstag, 24. Mai, 2008

Vielleicht sollte mal jemand die Temperatur in der Hölle kontrollieren — ich glaube, die haben dort zur Zeit mit einem gravierenden Vereisungsproblem zu kämpfen. Denn ich werde hier nun tatsächlich — haltet euch fest — eine Reality-Serie loben. Jepp, the end of the world is near.

Die achtteilige Reality-Produktion „The Paper“ auf MTV blickt hinter die Kulissen einer Schülerzeitungs-Redaktion an der amerikanischen Cypress Bay High-School in Florida. Mit über 5.500 (!) Schülern ist sie gegenwärtig die größte Schule in den Vereinigten Staaten und dementsprechend viel Material fällt auch für die Schulzeitung an. Die wird — wie an amerikanischen High-Schools üblich — von den Schülern im Rahmen von extracurricular activities unter der Aufsicht eines Lehrers betreut.


Die Serie beginnt mit der Wahl des neuen „Editor-in-Chief“ zu Beginn des Schuljahres 2007/08 und bei diesem Konkurrenzkampf stoßen eine Gruppe unterschiedlicher Teenager-Persönlichkeiten aufeinander. Kaum jemand mag beispielsweise Amanda, die ehrgeizige Nachwuchs-Journalistin. Sie muss sich gegen eine Handvoll anderer Aspiranten auf den Job durchsetzen — einige davon hätte sie vor einem Jahr noch als Freunde bezeichnet. Sie muss mitansehen wie Alex, einer ihrer ehemals engsten Freunde die „Lager wechselt“ und ihr nur noch die kalte Schulter zeigt. Dies ist nur der Auftakt zu einer Reihe von typischen Teenager-Konflikten, die unter dem Druck eines strammen Zeitung-Terminplans noch verstärkt werden.

„The Paper“ ist einfach ein exzellentes Beispiel für eine perfekt inszenierte Reality-Serie — vielleicht die beste Reality-Produktion seit den ersten Staffeln von „The Real World“. Sie komprimiert ein ganzes Schuljahr auf acht Episoden zusammen und manipuliert die Geschehnisse durch geschicktes Editing (bis hin zum peppigen Soundtrack und den oftmals süffisanten Untertitelungen) in abwechslungsreicher Weise, ohne die Protagonisten in DSDS-Freakshow-Stil bloß zu stellen. Auch wenn von allen Personen sicherlich wie in Reality-Serien üblich nur die „extremen“ Drama-Momente betont werden, so nimmt die Show trotz ihres hohen Unterhaltungsfaktors ihre Hauptfiguren ernst und versucht sie in einem möglichst guten Licht erscheinen zu lassen und ihre Begeisterung für ihre Tätigkeit in der Zeitungsredaktion zu betonen. Ein besonders schillerndes Beispiel dafür ist Amanda, die es irgendwie fertig bringt, eine bizarre Mischung aus Intro- und Extrovertiertheit plus Snobismus, Hyperaktivität und Ehrgeiz an den Tag zu legen und dabei dennoch auf ihre eigene Weise sympatisch wirkt.

Meine Zeit als Schülerzeitungs-„Chefredakteur“ liegt nun wirklich schon viele Jahre zurück (und war wohl auch ein deutlich angenehmeres Erlebnis als Amandas Spießrutenlaufen), aber dennoch ist „The Paper“ eine amüsante Reise zurück in die Vergangenheit. Auch wenn wohl die Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Schulen kaum größer sein könnten (ganz zu schweigen von den Schülern, die heutzutage mit iPhones ‚rumlaufen), so ist ein gewisser „Wiedererkennungswert“ an die eigene Schulzeit bei vielen Szenen nicht zu leugnen. Man bekommt vor Augen geführt, wie weit selbst die als „realitätsnah“ gelobten Teen-Serien wie „My So-Called Life“ noch vom echten stressigen (Schul-)Alltag entfernt sind.

Kurz: Eine Show mit hohem Spaßfaktor — zumindest für den Zuschauer. Die Beteiligten (die übrigens zur Zeit immer noch die Zeitung betreuen und ihren High-School-Abschluss machen) dürften beim Anschauen momentan wohl weniger Freude haben…

Das Doppelfolgen-Finale von „The Paper“ läuft am Montag bei MTV USA und bereits ausgestrahlte Episoden sind auf der MTV Homepage abrufbar (auch aus Europa). Für einen tieferen Blick in die zuweilen bizarre Welt amerikanischer High-Schools seien auch die „Web Exclusive“-Clips auf der gleichen Site empfohlen — und natürlich auch ein Blick in die Archive des Cypress Bay Circuit.

 

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