DVD Review: "Greg the Bunny"
Freitag, 31. Dezember, 2004Die Serie
Ein wesentliches Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal von FOX waren und sind vor allem die ungewöhnlichen Show-Konzepte, an die man sich bei dem Sender herantraut. Während die etablierten Networks auf bewährte Rezepte vertrauten, hoffte man bei FOX mit neuen und frischen Ideen eine Lücke und Zuschauer zu finden. Mit Erfolg. Sei es „Party of Five“, das Jahre vor dem Teen-Show-Boom bereits Zeichen setzte, oder „X-Files“, das ein ganzes Genre wiederbelebte, oder „The Simpsons“ – alles hocherfolgreiche „Kult“-Serien, die zum Aufstieg den jungen Networks in den letzten 10 Jahren massgeblich beisteuerten.
Doch vor allem in den letzten Jahren fiel FOX in den Augen vieler Fans auch mehr und mehr dem Quotenzwang zum Opfer. Man förderte zwar weiterhin originelle Ideen, aber „The Powers That Be“ hatten zunehmend weniger Geduld mit Serien, die keine Quoten brachten. So hatten Serien wie „Firefly“, „Wonderfalls“ oder „Undeclared“ zwar eine eingeschworene Fangemeinde und begeisterte Kritiker, aber die schwachen Quoten brachen den Shows, die ironischerweise ohne FOX vielleicht nie auf den Bildschirm gekommen wären, früher oder später das Genick.
Bei keinem anderen Network wäre wohl auch das Konzept von „Greg the Bunny“ jemals auch nur in die engere Auswahl für eine Pilot Episode gekommen. Bei FOX schaffte es die Serie sogar auf 13 Episoden, wovon 11 ausgestrahlt wurden. Das Konzept ist so skurril, dass man schon ein eingeschworener Optimist sein muss, um ernsthaft auf einen großen Erfolg der Show zu hoffen: Die Serie spielt in einer Art Paralleluniversum, das unserer Gesellschaft absolut gleicht — nur mit dem klitzekleinen Unterschied: Puppen sind ganz normale Mitbürger. Genau, jene Puppen wie in der Muppet-Show oder Sesamstrasse – von denen selbst Kleinkinder wissen, dass sie kein Eigenleben haben, sondern in der Regel von der Hand eines Menschen gesteuert werden. Nicht so in der Welt von „Greg the Bunny“. Hier leben Menschen und Puppen mehr oder weniger friedlich zusammen — die Puppen wohlgemerkt ohne Hand im Hintern. Sie teilen sich Wohnungen, Arbeitsplätze und sogar Ehen zwischen „Fleshies“ (eben Wesen aus Fleisch und Blut) und „Fabricated Americans“ (so der PC-konforme Ausdruck für Puppen, kurz „Fabs“) sind ganz normal an der Tagesordnung.
Im Grunde ist „Greg the Bunny“ die Muppet Show ein paar Ecken weitergedacht. Im Mittelpunkt des 21-Minuten Formats steht die „Show in der Show“: Das Team einer imaginären Kindersendung namens „Sweetknuckle Junction“. Gil Bender (Eugene Levy, „American Pie“) ist der Produzent und Regisseur von „Sweetknuckle Junction“ und muss sich mit dem störrischen Cast (Puppen und Menschen) herumschlagen, dazu bekommt er Druck von oben durch die Network Vertreterin Alison Kaiser (Sarah Silverman, „School of Rock“). Als dann auch noch sein wichtigster Hauptdarsteller, der Hase Rochester wegen eines Alkohol- und Drogenproblems ausfällt, muss Gil für Ersatz sorgen. Da kommt ihm der Mitbewohner seines Sohns Jimmy (Seth Green, „Buffy“) gerade recht: das Karnickel Greg. Greg ist begeistert von der Chance, in „Sweetknuckle Junction“ mitzuwirken neben Berühmtheiten wie Warren „the Ape“ Demontague, Count Blah oder Dottie Sunshine. Was folgt sind 13 Episoden voller schräger Mensch-Puppen Interaktion, immer mal wieder untermalt mit leichten gesellschaftskritischen Tönen (so gibt es auch in der Puppen-Mensch-Welt Rassenprobleme („Sock Like Me“)) und vorsichtigen Anspielungen in Richtung des Muttersenders FOX, der die Show und ihre Macher zunehmend unter Druck setzte.
Ursprünglich sollte „Greg the Bunny“ laut der Aussagen ihrer Erfinder mehr eine Improv-Show werden, die starke Anleihen an Konzepten wie der „Larry Sanders Show“ oder „Curb Your Enthusiasm“ nehmen sollte. Doch das alltägliche TV-Geschäft lässt für Improvisationen kaum Freiraum, so dass in „Greg the Bunny“ dann doch die „scripted“ Elemente überwogen.
Dennoch ist die Show eben vor allem wegen ihrer skurrilen Grundidee immer wieder herrlich komisch. Dazu noch kleine Tidbits, die auch schon in der „Muppet Show“ amüsant waren: Hamster, die für bessere Arbeitsbedingungen streiken. Eulen, die ins Bild kommen, nachdem gerade jemand von „Hooters“ sprach — oder das Erdhörnchen (engl: „Gopher“), das um seinen Job bangt, als ein neuer Vorarbeiter (engl: „Gaffer“) eingestellt wird. Und natürlich die „mentally challenged“ Schildkröte „Tardy“ – die wie jeder versichert, nicht behindert, sondern nur „langsam“ ist. Und dann ist da Susan … naja, ich will nicht zuviel verraten… In unzähligen Momenten sitzt man grinsend und kopfschüttelnd vor dem Fernseher und fragt sich, wie jemand eine solche Show auf einem landesweit sendenden Network unterbringen konnte. Manchmal wünscht man sich noch mehr Anspielungen auf die „wahre Welt“ und die oftmals so verkrampfte amerikanische „political correctness“. Auch Teen-Urgestein Corey Feldman („The Goonies“) hat einen Gastauftritt und macht sich über sein eigenes Image lustig.
Die Serie ist handwerklich professionell gemacht – teilweise wurden per Nachbearbeitung sogar die Stäbchen rauseditiert, die die Ärmchen der Puppen in Bewegung halten. Die gesamte Soundstage wurde mit einem Doppelboden versehen, so dass die „Puppenkünstler“ zwischen den Menschen agieren konnten. Die Puppen wirken erstaunlich lebhaft – ein Zeugnis an die Puppengestalter, die teilweise auch bereits bei diversen Henson-Produktionen („The Muppets“) Erfahrungen sammeln konnten.
Die DVDs
Wenn auch die Episoden an sich schon recht amüsant sind, so kommt richtig Spaß erst beim reichlich auf den zwei DVDs enthaltenen Bonus-Material auf. Serienerfinder Dan Milano ist in den Audio-Kommentaren zunächst ziemlich staubtrocken, doch sobald einige Darsteller wie Seth Green oder Sarah Silverman dazustossen, kommt Leben in die Bude und man bekommt einen Eindruck davon, dass das Team hinter den Kulissen und zwischen den Aufnahmen weitaus mehr Spaß hatte als in den Momenten, in denen die Kamera lief. Gott sei Dank gibt es reichlich Special Features auf den DVDs — in einem Umfang, der viele anderen Serien-DVDs blass werden liesse. Neben diversen Featuretten und Galleries gibt es auch Puppet Auditions und fast in jedem zweiten Menu verstecken sich Easter Eggs. Ich habe noch nie eine DVD mit so vielen Easter Eggs gesehen wie Disc 2 von Greg the Bunny. Lohnenswert ist es auch, sich die „Background-Loop-Texte“ in allen Menus bis zum Ende anzuhören — auch im „Languages“-Menu.
Ton oder Bild bei Serien-DVDs zu beurteilen macht auch bei dieser DVD wenig Sinn. Die Serie wurde in HD produziert (jedoch nicht widescreen) und dementsprechend sauber ist auch der Transfer auf DVD. Mehr als Dolby Surround braucht man wiederum beim Ton auch nicht und auch wenn ich nicht speziell darauf geachtet habe, sind mir weder Ton- noch Bildfehler aufgefallen.
Alle dreizehn Episoden sind auf den zwei DVDs in der Produktionreihenfolge untergebracht mit Untertiteln in Englisch und Spanisch.
Fazit
Sehr empfehlenswert. Selten habe ich eine Serie mit soviel Bonusmaterial gesehen und „Greg the Bunny“ ist wahrlich ein kleines Stückchen Fernsehgeschichte. Sicherlich kein „critically acclaimed“ Welthit, aber allemal ein liebenswürdiges und einzigartiges Stück TV, das sicherlich in die Sammlung eines Serienjunkies gehört, der sich auch gerne mal etwas skurrile Shows ansieht und über ein paar Logikfehler hinwegsehen kann. Und wenn man einmal in der Welt von Greg the Bunny gefangen ist, kommt man nur schwer wieder davon los. Eine Welt ohne Tardy the Turtle scheint plötzlich so leer…
Wertung
Serie: 7/10
DVD: 9/10
Links
Infos über die mögliche Neuauflage der Serie und dem 2005er IFC-Special gibt’s auf der neuen „offiziellen inoffiziellen“ Greg the Bunny Website gregtbunny.com.
Die DVDs gibt’s nur in den USA: Greg the Bunny oder als Import auch beim Marketplace des deutschen Amazon-Ablegers.