Das Dilemma der Kinowelt Medien AG

Schon seit Monaten warten viele Serien-Fans auf die Starts diverser US-Serien-Hits wie „The West Wing“, „The Fugitive“ oder
„Third Watch“, aber es scheint sich absolut nichts auf deutschen Bildschirmen zu tun. Selbst die Gerüchteküche
bleibt kalt.

Der Grund für diese Situation ist schnell erklärt: Im August 1999 schloss die aufstrebende Kinowelt Medien AG
mit dem US-Produzenten Warner Brothers einen weitreichenden Rechte-Vertrag (im Umfang von ca. 300 Mio US-$) über zahlreiche US-Blockbuster-Filme
der Jahre nach 1996 ab, darunter solche Hits wie „Eyes Wide Shut“ mit Tom Cruise und Nicole Kidman; der Actionfilm „Matrix“ mit Keanu Reeves
und Laurence Fishburne, sowie der surreale Western „Wild Wild West“. Diese Verträge beziehen sich allerdings zunächst
nur auf Free-TV und Basic-PayTV-Auswertungen. (Basic PayTV = Ausstrahlungen im „normalen“ PayTV nach der Erstausstrahlung im „Premium PayTV“).
In diesem Vertragspaket waren sozusagen als kleine Beigabe auch die TV-Lizenzen an
allen neueren Warner Brothers-TV Produktionen (Dokumentationen, Serien) ab 1999 eingeschlossen. Die Laufzeit des Deals
beträgt etwa 7 Jahre.

Kinowelt, die sich
zuvor hauptsächlich als Filmhändler einen Namen machte, stiess mit diesem TV-Abschluss allerdings in neue Geschäftsbereiche vor.
Der deutsche TV-Markt wurde zu diesem Zeitpunkt (und wird auch noch heute) im Wesentlichen von zwei grossen Parteien dominiert: Einmal
die Bertelsmann/RTL Gruppe und auf der anderen Seite die Kirch Gruppe, auf die sich die Lizenzen für so ziemlich fast
alle TV-Produktionen verteilten. Dadurch entstanden auch solche „Daumenregeln“ wie zum Beispiel die Grundannahme, dass alle US-Dreamworks-
Produktionen in der Regel auf den zur Kirch-Gruppe gehörenden Sendern (Premiere, Sat.1, Pro7, Kabel1, TM3, DSF, N24) gezeigt werden, wohingegen
20th Century Fox Produktionen in der Regel auf Bertelsmann-Sendern zur Ausstrahlung kommen (RTL, RTLII, SuperRTL, VOX).

In diesem schön aufgeteilten Markt haben es Newcomer allerdings sehr schwer, insofern ist es kaum verwunderlich, dass
die Kinowelt AG für ihre Rechtepakete keine Abnehmer findet. 1999 tauchten dann auch prompt erste Meldungen auf, dass
Kinowelt die Etablierung eines eigenen Senders plane, um die erworbenen TV-Rechte schliesslich auch auszuwerten. Doch eine
Aktiengesellschaft wie die Kinowelt AG muss letztlich auch auf ihre Aktionäre hören, und denen gefielen diese Sender-Pläne
rein gar nicht. Nur zu gut verständlich, war doch selbst der weltweit agierende Medien-Tycoon Murdoch gerade mit seinem TM3-Übernahme-Projekt kräftig auf die
Nase gefallen und hatte sich schliesslich zu Kirch ins Boot gesellt.

Und so kommt es, dass Kinowelt bis heute noch mit einem fetten FreeTV-Rechtepaket in der Hand von Sender-Tür zu Sender-Tür tingelt
und erfolglos versucht, die Lizenzen zu verhökern.
Schliesslich schnappte Kinowelt ja im Grunde das Rechtepaket Kirch & Bertelsmann vor der Nase weg – und die waren
aus gutem Grund nicht bereit, mehr als Kinowelts Angebot von $300 Mio dafür zu zahlen. Wieso sollten sie nun doch an Kinowelt
diese Summen bezahlen? Somit hat Kinowelt im Grunde für die Rechte mehr bezahlt, als seine wahrscheinlichen Kunden dafür bezahlen
wollten… Eventuell können die öffentlich-rechtlichen Sender da noch eine kleine Trumpfkarte ausspielen und sich die Rosinen aus
dem Kuchen picken.

Doch Kinowelt konnte bisher 45 Filme an die ARD und das ZDF verkaufen, meist feinere Stücke wie „Ben Hur“, „Contact“ und „Eyes Wide Shut“.
Für die weniger attraktiven Filme, aber auch für Hits wie den Thriller „Matrix“ oder das Jugendkult-Werk „Pokémon“, werden noch Bieter gesucht.

Kinowelt hofft hier eindeutig, dass Kirch und Co. letztenendes dann doch zugreifen werden – Pro7 ist an „Matrix“ hoch interessiert, hat
aber im Grunde nur aus Firmenpolitik-Gründen noch nicht zugegriffen.

Mit B.TV, ONYX TV und NBC GIGA gab es erste Verhandlungen und auch schon ein paar Ergebnisse im Bezug auf die Verwertung älterer US-Spielfilme,
doch der Rest ist wohl noch komplett in der Schwebe.
In diesem Zusammenhang soll NBC GIGA wohl zu einer Pro7-Alternative ausgebaut werden – mit den Filmen von Kinowelt und dem
Image von GIGA. Für 2002 ist eine ASTRA-Aufschaltung geplant.

Die Rechte an den folgende Serien hat Kinowelt erworben:
Gilmore Girls (2000-)
The Fugitive (1999-2001)
Hype (2000)
Nikki (2000-)
Smallville (2001-)
The Norm Show (1999-)
Third Watch (1999-)
Jack & Jill (1999-2001)
The West Wing (1999-)
Und weitere Warner Brothers Produktionen der nächsten Jahre.
(Hinweis: Eine Warner Brothers Produktion hat nicht zwangsweise etwas mit dem US-Sender theWB zu tun!)

Fans dieser Serien werden also wohl noch länger auf eine Ausstrahlung dieser Serien im deutschen TV warten müssen…

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