10 Jahre "My So-Called Life"
Auf den Tag genau vor zehn Jahren startete ABC ungewöhnlich früh mit den Serienneustarts der Season 1994/95 – schon am 25. August 1994 wurde um 20 Uhr das seinerzeit von Kritikern hochgepriesene Drama „My So-Called Life“ zum ersten Mal ausgestrahlt. Die Serie hatte bereits seit März 1993 in den Schubladen von ABC gelegen, jedoch erst zur Herbst Season 1994 wurde endlich ein Sendeplatz frei – ein ziemlich schlechter allerdings, 20 Uhr ist in den USA eher die PrimeTime für das Comedy-Programm. So lief die von Kritikern im Vorfeld hochgepriesene Serie um die „Teenage Angst“ der 15jährigen Angela Chase parallel zu der Hit-Sitcom „Mad about you“ und der neuen, zunächst wenig erfolgversprechenden Sitcom „Friends“.
„My So-Called Life“ (MSCL) blieb auch in den folgenden Monaten weiterhin ein Liebling der Kritiker. Doch der große Zuschauererfolg blieb aus. Die Quoten waren zwar für heutige Verhältnisse sehr gut, doch 1994 gab es noch andere Maßstäbe. ABC war Marktführer, von WB oder UPN war noch nichts zu sehen, das junge Network FOX stand noch auf wackeligen Füßen und bereitete gerade den Start eines eigenen Teenage-Dramas namens „Party of Five“ vor. ABC jedoch wusste mit „My So-Called Life“ nichts anzufangen. Man sah zwar die hohe Qualität der Produktion, doch welche Zuschauergruppe sollte diese Serie denn ansprechen? Etwa Teenager? Die zählten 1994 noch rein gar nichts. Die wichtige Zielgruppe waren die 25 bis 50jährigen, seinerzeit glaubte man nicht, dass Teenager ein profitabler und bewerbenswerter Teil der Zuschauer seien. Wie gesagt, das war bevor theWB ein ernstzunehmender Konkurrent wurde.
So zögerte ABC mehrmals, die ursprüngliche Order von 10 Episoden zu erhöhen. Schließlich bestellte man 6 weitere, dann noch mal 3. Im Dezember 1994 kam dann die Gewißheit: Nach 19 Episoden, im Januar 1995, wird „My So-Called Life“ eingestellt. Was darauf folgte, war für damalige Verhältnisse mehr als ungewöhnlich: Hunderttausende von Fans organisierten über das noch sehr junge Medium „Internet“ Aktionen, um ihre Show zu retten. Eigens eine Organisation namens „Operation Life Support“ (OLS) wurde gegründet, die viele tausend Dollar in Spenden einnahm und damit Anzeigen in „Variety“ und anderen Entertainment-Blättern finanzierte. Die AOL-Seiten von ABC wurden geradezu überrannt von MSCL-Fans – lange bevor ABC eigene Webseiten oder E-Mail Adressen hatte. Was heutzutage bei der Absetzung fast jeder Show gang und gäbe ist — die obligatorische Webpetition mit organisierten Postkarten-Einschick-Aktionen und „Save Our Show“ Websites — all das pionierten damals die Fans von „My So-Called Life“. Werbekunden von ABC wurden angeschrieben, Merchandise Artikel produziert und vieles mehr. Als dann MTV im April 1995 die 19 Folgen in einem bis dahin noch nicht dagewesenen Abkommen von ABC übernahm und in endlosen Marathons bis weit in 1996 hinein wiederholte, wuchs die Gruppe der MSCL Fans von Woche zu Woche.
Doch all das nützte nichts. Im Mai 1995 gab ABC auf der alljährlichen Programmpressekonferenz bekannt, dass MSCL im Herbst 1995 nicht auf den Bildschirm zurückkommen würde. Stattdessen wurde eine Serie namens „The Marshall“ angekündigt, die , wie sich Monate später herausstellte, noch schneller abgesetzt wurde als MSCL. Neben dem allgemeinen Widerstand von ABC hatte auch Claire Danes‘ Manager durchklingen lassen, dass Claire wohl auch lieber Filme drehen würde als eine komplette zweite Staffel von „My So-Called Life“ zu drehen.
So blieb es dann bei diesen einzigartigen 19 Episoden. Bis heute versucht jede Teenage-Serie, sich mit „My So-Called Life“ zu vergleichen oder sich zumindest von der Show zu inspirieren zu lassen. „Dawson’s Creek“ war der Teenage-Drama Erfolg, der mithalf, das WB großzumachen und den Programmverantwortlichen die Augen für die Zielgruppe unter 25 öffnete. „Roswell“ war das „X-Files“ meets „MSCL“ Crossover, „Popular“ nahm einige Anleihen an manchen MSCL-Konzepten. Auch die Autoren vieler anderer Serien wie Buffy, Gilmore Girls, Freaks and Geeks oder Dead Like Me nennen auch heute noch „My So-Called Life“ als eine große Inspiration und eine der Meilensteine der TV-Dramen in den 90er Jahren.
Wer will da widersprechen…
Und was machen sie heute? Die Autoren und Produzenten von MSCL („Bedford Falls“) machten weitere gute Serien („Relativity“, „Once and Again“) und Spielfilme („Shakespeare in Love“, „Traffic“, „The Last Samurai“) .
Für Claire Danes („Angela“) und Jared Leto („Jordan“) war MSCL das große Sprungbrett für eine Kinokarriere. Die zu MSCL-Zeit gerade mal 14jährige Claire wurde nach ihrer Performance in MSCL von großen Regisseuren umworben. Claire stand seitdem unter anderem in „Romeo & Juliet“ und „Terminator 3“ vor der Kamera, im Herbst kommen ihre neuen Filme „Stage Beauty“ und „Shopgirl“ in die US-Kinos. Jared ist in dem Mammut-Spektakel „Alexander“ zu sehen und tourt erfolgreich mit seiner Band „30 seconds to Mars“. Um die anderen Darsteller wurde es recht ruhig, sie alle sind noch im TV-, Film- und Theatergeschäft, aber meist ohne großen Blockbustererfolg.
Ted Herbert, der damalige ABC-Programmchef, musste seinen Job einige Zeit später aufgeben und bis heute bezeichnet er die Absetzung von „My So-Called Life“ als den größten Fehler seiner beruflichen Laufbahn. Als ständige „Ermahnung“ an diesen Fehler hat er Angela’s gefälschten Führerschein in seinem Büro an der Wand hängen.
In Deutschland lief „My So-Called Life“ unter dem Titel „Willkommen im Leben“ seit 1996 viermal auf RTL2. Region 0 DVDs sind nur in den USA und Canada erhältlich, jedoch nur noch in begrenzten Stückzahlen.
26. August 2004 um 07:30 Uhr
Auch ich fand diese Serie einfach spitze. Als ich die Serie das erste mal auf RTL 2 sah, war ich total fasziniert von der Story, den Schauspieler, einfach allem. Bei dieser Serie hat einfach alles gepasst. Um so trauriger war ich, als ich feststellen mußte das es keine weiteren Folgen geben würde. Ich würde mir wünschen das es wenigstens wieder einmal wiederholt werden würde.