Piracy is Good?

Wer meinen Blog seit ein paar Jahren verfolgt, kennt mein Interesse für das Thema „TV-direct-to-DVD“ bzw. „TV-direct-to-Consumer“ als Alternative zu den seit Jahrzehnten etablierten Vertriebswegen über Broadcast TV. In den letzten Jahren wurde das hier öfters durchdiskutiert und durchgerechnet und es scheint klar, dass „direct-to-DVD“ Veröffentlichungen (zum Beispiel für ein Weiterleben abgesetzter TV-Serien) in naher Zukunft nicht rentabel sein können. Zudem sind Produzenten und Schauspieler eher daran interessiert, dass ihre Werke über die in der Branche anerkannten und respektierten Vertiebswege (sprich Broadcast-TV) als über das „verpönte“ Medium DVD publiziert werden. Aber es gibt ja das Internet. Im Zeitalter von TiVo und HighSpeed Internet Anbindungen haben sich auch auf der Basis ausgefeilter Peer-to-Peer Tauschbörsen die „Kunden“ mittlerweile quasi einen eigenen (wenn auch illegalen) Vertriebsweg für TV-Serien gebastelt. Und auch wenn Hollywood das gerne anders sieht, so hat das dem Erfolg von Serien im FreeTV nicht unbedingt geschadet; man verweist in den letzten Monaten dazu auf die überraschend guten Quoten von „Battlestar Galactica“ und „Doctor Who“.

Durch die jüngste Klagewelle der MPAA gegen TV-Bittorrent Sites (die wohl mittelfristig das Ende des gegenwärtigen Bittorrent-Booms für TV Serien Downloads einläuten wird) gewinnt nun das Thema wieder an Aktualität und rückt in den Focus der Medien. Gesucht wird sozusagen ein legales iTunes für Serien. Doch diese Analogie zu Musik hat einen Haken: TV-Zuschauer sind es nach einem halben Jahrhundert FreeTV nicht gewohnt, für ihre Inhalte zu bezahlen. Dies zeigte sich nicht zuletzt auch in Deutschland, wo das Pay TV lange vor sich hinkränkelte bis schließlich Premiere mehr auf Kundenwünsche (wie Originalton, aktuelle US-Serien etc) einging.

Gesucht wird also eine Lösung für die Frage: Wie könnte man TV-Inhalte kostenlos über das Internet verteilen — ohne dass die Produktionsstudios um ihre Kosten von bis zu 5 Millionen Dollar pro Serienepisode gebracht werden?

Passend dazu hat nun ein Internet-Nutzer (und bekennender Serien-Downloader) aus Australien ein Papier verfasst, in dem er das Konzept des/der „Hyperdistributing“ aufgreift und nach Finanzierungsmodellen sucht. Der Autor, Mark Pesce, ist derzeit Dozent an der Australian Film Television and Radio School in Sydney — was aber nicht unbedingt heisst, dass er Experte in Sachen TV-Produktions- und Vertriebswegen ist. Seine vermeintliche Lösung zur Lösung der Finanzierungsfrage: Werbeeinblendungen in die Videodateien einstanzen — ähnlich wie man sie heutzutage schon in Form von TV-Logos oder nervenden „Anschliessend auf diesem Sender…“ Einblendungen kennt. Auch er bedient sich einiger oberflächlicher Milchmädchenrechnungen, die vermutlich gerade mal die oberste Schicht des komplexen TV-Lizenzgeschäftes ankratzen und übersieht geflissentlich die Tatsache, dass auch Kennungen von TV-Sendern heutzutage von P2P-Nutzern in den Videodateien recht geschickt übertüncht werden. Dazu betrachtet er die Sache vor allem aus der Sicht australischer Nutzer. Trotzdem ein lesenswerter Beitrag, der auch auf die Grundlagen des Themas eingeht. Ob es allerdings eine realistische Lösung darstellt, bleibt zweifelhaft.

12 Antworten

  1. 1
    flash schrieb:

    Ich glaube ehrlich gesagt nicht an den Untergang der Tauschkultur bei Fernsehserien. Die Musikindustrie glaubte damals auch an den Untergang des Musiktauschs mit der Abschaltung von Napster erreicht zu haben. Ob es auf ewig so schnell wie derzeit mit Bitttorrent gehen wird ist eine ganz andere Frage.
    Allerdings kann das ganze wirklich ein guten Anstoß zur Modernisierung des Fersehmarktes geben. Lost und Desperate Housewives auf Premiere waren ja bereits gute Beispiele. Hoffentlich kommen bald ganze Spartenkanäle, welche ausschließlich zeitnah Serien ausstrahlen.

  2. 2
    Wolfgang schrieb:

    Du hast da ein hochbrisantes Thema angesprochen. Viele mir bekannte Torrent-Seiten haben in den letzten Monaten, Wochen und sogar Tagen ihre Pforten geschlossen. Wir brauchen, denke ich, kein Geheimnis daraus zu machen, dass ein Großteil der hier Anwesenden seine Serien aus solchen Quellen bezieht.
    Das stimmt natürlich nachdenklich. Zum einem ist es verständlich, dass die STudios ihr Geld und die Networks, genau wie die europäischen Sender, ihre Quote wollen, aber ich denke, dass gerade im Bereich der TV-Unterhaltung die Uhren noch viel altmodischer ticken , als sie es beispielsweise mittlerweile in der Filmindustrie tun. Diese hat, im Rahmen des Möglichen, dazugelernt. So starten große Produktionen nicht wie noch vor einigen Jahren Monate nach dem US-Start im Rest der Welt (die dortigen Sommerblockbuster bekamen wir traditionell an Weihnachten zu sehen), sondern eben tatsächlich immer öfter weltweit zum gleichen Termin. Ich denke, dass sich durch eine ähnliche Politik gerade der Download-Boom hierzulande deutlich eingrenzen lassen würde. Viele wollen eben nicht ein halbes oder gar ein ganzes Jahr darauf warten, um sich eine Serie mit einer unsäglichen Synchronisation anzutun.
    Wir leben im Zeitalter der Globalisierung – in jeder Hinsicht. Vor zehn Jahren wussten hier in Deutschland noch gar nichts von neuen Serien in den USA. Durch die zunehmende weltweite Vernetzung hat sich in allen Bereichen der Medien Grundlegendes verändert. Da kann die TV-Industrie nicht so tun als wäre nichts geschehen…

  3. 3
    Wolfgang schrieb:

    Wobei ich mal freundlich ausgedrückt vor nem Problemchen steh weil tatsächlich ALLE mir bekannten Seiten dicht gemacht haben. Herzlichen Glückwunsch soweit.

  4. 4
    jessi schrieb:

    Ich interessiere mich seit einem knappen Jahr für die neu angelaufenen amerikanischen Serien und beziehe sie auch per torrents.

    Leider kann ich nicht so gut überblicken, wie schädlich die Verbreitung der Serien über das Internet nun wirklich ist. Denn nach meinem Kenntnisstand ist das eine (in Relation zum Markt) weltweit vreschwindend geringe Anzahl an Personen, die über diesen Weg die Serien konsumiert – jedoch kann(!) sich das aber auch in einen schädlichen Bereich weiterentwickeln wie z.B. vergleichsweise in der Musikindustrie.
    Besonders problematisch ist ja für die Produzenten der englischsprachige Markt wie UK und Australien.

    Andererseits ist der Werbeeffekt ja auch nicht zu verachten: da ich die Serien schon kenne (weil ich mir alle neu gestarteten Serien runtergeladen habe), schaue ich auch durchaus mal in die deutsche Synchronisation rein und hab auch vielen Bekannten die Serie empfohlen – hätte ich Serien in Originalfassung nicht als mein neues Hobby entdeckt, wären die Serien im deutschen Fernsehen schlicht an mir vorbeigegangen.

    Ich vermisse btefnet!! Bis sich was besseres findet, halte ich mich zur Zeit mit mini nova . org über Wasser (so mal als kleiner Tipp für Wolfgang).

    Nunja, irgendwann muss sich wohl ein ganz neuer Weg finden, die Serien zu vermarkten.

    Das Argument, dass das Internet die DVD-Verkaufszahlen zerstören würde, halte ich für totalen Unsinn: ich würde nie eine Serien-DVD einer Serie kaufen, die ich noch nie zuvor gesehen habe.
    Alle, die ich kenne, die Serien-DVDs besitzen, haben diese schon im Fernsehen oder sonstwo gesehen und sind eben Fans. Und nur Fans kaufen sich z.B. Buffy, Dawsons Creek oder Friends-DVDs (wenn das anders wäre, würden sie sich ja nicht verkaufen).

  5. 5
    mb schrieb:

    Das ist ein interessantes Thema, das Jessi da anspricht und eine Frage, die man nicht wirklich beantworten kann. Die Zerstreuung der verschiedenen Quellen, das ständige Kommen und Gehen solcher Seiten und oft fehlerhafte oder ganz fehlende Downloadzähler, machen es unmöglich sich einen Überblick zu verschaffen, wieviele wo und was downloaden.

    Ich glaube aus persönlicher Einschätzung, dass sich täglich nicht mehr als 50.000 Leute eine TV Episode herunterladen.

    Ich erinnere mich an einen Artikel über TV Piraterie, in dem von bis zu 1 Million Downloads für bspw. Enterprise ausgegangen wird. Wie realistisch diese Zahl ist, kann ich nicht beurteilen, aber wie du schon sagtest, hochgerechnet auf die Weltbevölkerung ist das nun wirklich nichts.

    Ein ITunes für Serien wird es nicht geben. Das ist einfach nicht realisierbar. Und wenn dann höchstens in unglaublich schlechter Qualität, oder Angeboten die nicht über einen Videostream hinausgehen.

    Ansonsten, mein Tipp. Segelt mal zur englischsprachigen DiePiratenBucht.ORGanisation.
    Hoffentlich war das jetzt nicht zu kryptisch, aber ich bin mir sicher, der gute sab will hier keine Adressen verlinkt haben. *g*

  6. 6
    wax lion schrieb:

    jep, ich stimme den meisten, was bisher gesagt wurde, zu.
    Ich weiß natürlich nicht wirklich wie sehr die ganze Downloaderei den ganzen Produktionsfirmen schadet, aber ich persönlich kenne eigentlich niemanden direkt, der sich außer mir Serienepisoden im Netz runterlädt. Die, die sich im Netz Episoden von Serien runterladen, sind auch sowieso entweder Fans oder Leute, die mal kurz in eine Serie reinschauen wollen, um zu schauen, ob es eine Serie ist, die sie interessieren würde. Und im Grunde profitiert ja auch der US-Serienmarkt davon. Nehmen wir mal als Beispiel „Wonderfalls“. In den USA nach wenigen Folgen abgesetzt, haben es diese Folgen wie bei vielen anderen Serien auch ziemlich schnell in die gängigen Tauschbörsen geschafft. Viele haben „Wonderfalls“ erst dadurch kennengelernt und auch auf dieser Seite sind die meisten durch Tauschbörsen wirklich auf „Wonderfalls“ aufmerksam geworden, so dass sie sich entschieden haben die DVDs zu kaufen. Hätte sich „Wonderfalls“ auch so gut verkauft, wenn niemand durch diese Tauschbörsen an die ersten Folgen gekommen wäre? Mit Sicherheit nicht.
    Und wenn man wirklich ein Fan von einer Serie ist, da will man auch gerne die schön gestalteten Sammelboxen in seinem Regal stehen haben und das Bonusmaterial genießen, was auf den Boxen zu finden ist. Bei mir ist das z.B. bei „Desperate Housewives“ und „Lost“ so.
    Teilweise stellt sich die Film/Serien-Industrie bei ihren Einnahmen auch selbst ein Bein. Wenn die z.B. wie 20th Century Fox bei „Buffy“ die Staffeln jeweils immer in zwei Boxen teilen und die zu einem recht stolzen Preis anbieten, um dann Jahre später die richtigen Staffelboxen zu noch nicht mal der Hälfte von den Preisen der alten Boxen rauszubringen, dann wird sich eine Person, die noch kein richtiger Fan von der Serie ist, die Folgen aber gerne haben würde, überlegen, ob er die Folgen nicht doch lieber aus dem Internet zieht…

  7. 7
    Wolfgang schrieb:

    Erstmal vielen Dank für den „kryptischen Link“ 😉 und Danke an jessi für den Link!

    Ich denke, dass der Werbeeffekt durch den Download nicht zu unterschätzen ist. Bestes Beispiel ist hier „Desperate Housewives“. Ich verfolge die Serie seit ihrem US-Start und habe sie immer wieder zahlreichen Freunden empfohlen, die jetzt die ProSieben-Ausstrahlung verfolgen. Und siehe da: Die Serie ist die Erfolgreichste auf ProSieben seit Jahren mit Rekordquoten vom Start weg. An der sendereigenen Werbung allein kann es nicht liegen – die gab’s schon bei zahllosen anderen Serien zuvor, die schließlich kläglich gescheitert sind.
    Auch merke ich nichts von einem Quotenschwund in den USA, der möglicherweise auf Piraterie zurückzuführen sein könnte.
    Hollywood hatte seine Besucherrückgänge in den Kinos und die Plattenfirmen ihren Einbruch bei den CD-Verkäufen, beide hatten Grund zum Handeln. Im Bereich der TV-Serien fehlt es aber an jeglicher Rechtfertigung in dieser Hinsicht.

    Auch das der Download den DVD-Markt schwachen soll halte ich auch für reine Hysterie. Ich habe sämtliche Folgen von „Dead Like Me“ auf dem PC und trotzdem auch die DVD-Box der ersten Staffel. Season zwei ist auch bereits vorbestellt. Wer sich mit der Begründung der Downloadmöglichkeit die DVDs nicht zulegt, hätte sie meiner Auffassung nach sowieso nicht gekauft.

  8. 8
    Mat schrieb:

    An einen Untergang des Bittorrents-Boom glaube ich auch erst wenn es so weit ist. Wie andere Blogs sassan.blogspot.com zeigen die im gegentil zu hier auch mehr oder weniger offen dazu stehen Zeug runterzuaden gibt es noch mehr ober weniger viele Alternativen. Also nur ruhe bewahren, es wird sich schon wieder einrenken und mit dem Unterang von btefnet und tvtorrent vor einiger zeit, wird das nicht das Ende bedeuten. So lange es das Internet geben wird es auch Tauschbörsen geben.

  9. 9
    [D4v3|R4v3] schrieb:

    Früher oder später hat soetwas ja mal passieren müssen – so ähnlich, wie es bei Napster war. Aber früher oder später werden kleine/große Seiten wieder hervorkommen, welche die Lücke, die durch die Schließung jener Seiten entstanden ist, wieder füllen werden. Ich denke, Tauschbörsen wie eMule sind da von Haus aus viel angreifbarer als BitTorrent Sites. Von daher kann man – vorerst – nicht vom Ende der BitTorrent Ära sprechen 🙂
    Noch ein „Tipp“: bt – chat . com … davor noch ein torrents und hinten ein :83 … ich hoff jeder kapierts *g*

  10. 10
    flash schrieb:

    Bei Gulli wird über ein recht interessanten Ansatz aus England berichtet. Dort bietet die BBC das TV-Programm DRM-geschützt zum Download an. Eine Woche nach der Ausstrahlung wird dieser Download dann gelöscht.

  11. 11
    Sascha schrieb:

    Der Spiegel berichtet heute auch über den BBC-Versuch mit „IMP“ — auch die ARD ist interessiert, hat aber nicht die Finanzmittel, um ein ähnliches Programm aufzustellen: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,358178,00.html

  12. 12
    flash schrieb:

    Golem berichtet über einen interessanten Testlauf bei TiVo.
    Die Serien kommen direkt per Internet auf den digitalen Videorekorder. An sich sicherlich nichts neues, aber da TiVo der wohl unumstrittene Marktführer ist kann das doch für etwas mehr Bewegung auf dem Markt sorgen.
    Auch wenn ich nicht so firm bin mit den TiVo’s bin so denke ich doch, dass die Dinger eine wirklich gute Basis für Video-on-Demand sind.

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