Hidden Palms

Welcome to Dawson’s Creek 2.0, bitch!

Das CW kann nicht gerade ein umfangreiches Serienbouquet vorweisen — und doch leisten sie sich erneut den Luxus einer Sommerserie. Vielleicht sehen sie ja die summer season als den einzigen Zeitraum, in denen der Konkurrenzdruck durch die anderen Networks etwas nachlässt und sie damit größere Chancen haben, eine neue Serie auf dem Markt zu etablieren. Schließlich lassen die Zuschauer ja nicht direkt am Ende der TV-Season Ende Mai die Fernsteuerung fallen oder schließen den TiVo bis zum Herbst im Schrank ein.

Das CW betonte daher auch in den vergangenen Wochen immer wieder, dass es sich bei der ursprünglich für Mid-Season geplanten Ausstrahlung von „Hidden Palms“ nicht um ein „Summer-Burn-Off“ handelt.

Amber Heard as Greta in Hidden PalmsUnd mit den erfahrenen TV-Alumni Kevin Williamson („Dawson’s Creek“, „Scream“) und Scott Winant („My So-Called Life“, „Huff“) hinter der Kamera handelt es sich bei diesem Sommer-Theater zumindest auf dem Papier auch nicht um eine 08/15-Produktion von blutigen Anfängern. Dennoch steht die Show von Beginn an unter schlechten Vorzeichen. Nicht nur der Sendeplatz außerhalb der TV-Season wirft einige Fragen auf, auch alleine der Name „Kevin Williamson“ trägt bei weitem nicht mehr den „Oha“-Faktor wie Ende der 90er, als er mit Dawson, Joey und Pacey das WB-Network quasi im Alleingang zum angesagten Teen-Network machte. Die TV-Flops „Wasteland“ und „Glory Days“ haben deutliche Risse in seinem Ruf hinterlassen — allgemein gilt er als ein Wahrzeichen einer vergangenen Teen-Generation, abgelöst von neuen Schreiberlingen wie Rob Thomas, Greg Berlanti und Josh Schwartz.

Die Pilot-Episode war ja schon vor einiger Zeit „durchgesickert“ und stieß seinerzeit auf eher negative Reaktionen, daher hatte ich eigentlich keine sonderlich große Erwartungen.

Aber richtig schlecht war die ausgestrahlte Fassung dann doch nicht. Die Show spielt sehr geschickt mit einem mittlerweile wohl unvermeidlichen und mächtigen Soundtrack aus der Kategorie „Big Guns“. Ich glaube man kann Coldplays „Don’t Panic“ und Damien Rices „Blower’s Daughter“ selbst unter jede beliebige Szene eines „Mein schönstes Ferienerlebnis“-Homevideo legen und es damit um mehrere Größenordnungen aufwerten. „Hidden Palms“ zieht in dieser Hinsicht alle Register und es funktioniert. Die Szenen mit diesen beiden Songs im Hintergrund ragen deutlich aus dem Rest der Episode heraus. Der erfahrene Regisseur Scott Winant tut sein Übriges um die eigentlich recht einfache und nicht sonderlich originelle Story durchaus zu einem sehenswerten TV-Piloten abzurunden. Die Kamera ist eigentlich ständig in Bewegung und setzt die Darsteller erstklassig in Szene.

hiddenpalms2.jpgWer ein „Dawson’s Creek“ meets „The O.C.“ erwartet, liegt eigentlich goldrichtig. Da sind wieder die von Williamson bereits zu „Dawson’s Creek“-Zeiten perfektionierten hochtrabenden und sperrigen Dialoge, die mit realistischen Teenager-Dialogen so rein gar nix zu tun haben, aber irgendwie dann doch einen gewissen Unterhaltungsfaktor haben. Da ist das hübsche, aber schüchterne Mädel von nebenan und die reizvolle Schlampe mit einem dunklen Geheimnis. Und dann eben RyanJohnny, der neue in der Stadt mit einer schwierigen Vergangenheit, einer alten Seele und einer erstaunlichen Fähigkeit, innerhalb von wenigen Stunden viele Leute zu engen Freunden zu machen. Alle leben sie in einer schönen und reichen Welt, die hinter den Fassaden aber große Risse aufweist. Ja, irgendwie alles schon mal dagewesen.

Die nächste Katie Holmes oder Michelle Williams verstecken sich hier wohl eher nicht, auch wenn Newcomerin Ellary Porterfield eindeutig mit Katie Holmes als Vorbild gecastet wurde. Auch bei dem Alter gilt das übliche Spiel: Die Schauspieler sind nur zum Teil wirklich in dem Alter der Charaktere, die sie darstellen sollen.

Fazit: Eine passable „gute Laune“-Teenager-Soap für Genre-Fans, die immer noch „Dawson’s Creek“ oder „The O.C“ nachtrauern und sich auch mit einem „gefühlten Rip-Off“ zufrieden geben. Eine schlechte Show ist es nicht, aber auch kein unbedingt sehenswertes Produkt. Die Quoten waren allerdings mit unter 2 Millionen Zuschauern auch für eine Sommer-Premiere schlecht, so dass wohl nicht zu erwarten ist, dass es nach den acht produzierten Episoden nochmals mehr geben wird. Vielleicht kommt „Hidden Palms“ dann doch ein paar Jahre zu spät.

13 Antworten

  1. 1
    flash schrieb:

    Die Promobilder wecken auf den ersten Blick Erinnerungen an den alten Spitznamen des ARD-Vorabendprogramms „Fleischbeschau-TV“.
    Als alter DC-Fan werde ichs mir trotzdem mal anschauen.

  2. 2
    simon schrieb:

    wer eine richtig gute Teen Serie sehen will die Anspruch und keine dummen Dialoge aufweisst und dazu noch Darsteller hat die auch in dem Alter sind das ihre Rollen haben sollte sich die UK Serie SKINS anschauen.

  3. 3
    Donnie schrieb:

    Ich habe nur die unausgestrahlte Version des Pilots gesehen und fand diese um ehrlich zu sein ziemlich schlecht, so dass ich kein Interesse mehr daran habe überhaupt nochmal in die Show reinzuschauen. Höchstens um mal kräftig zu lachen. Aber was den Soundtrack angeht, hast du recht.

  4. 4
    Johann schrieb:

    Das einzige, was mich stört, ist der Hauptdarsteller – wenn ich den sehe, muss ich sofort an Oliver aus The O. C. denken, der mir damals mit seinen Psycho-Spielchen ordentlich auf den Geist ging (aber gerade deswegen war diese Storyline schon wieder soooo gut!) ;-D

  5. 5
    Wolfgang schrieb:

    Wenn ich ihn sehe denke ich an Dawson’s Creek Season 6

    Anyway, die Serie taugt imo nichts.

  6. 6
    the-iek schrieb:

    wenn sie wenigstens andere lieder nehmen würden, aber wenn ich noch einmal „just a ride“ vom oc-soundtrack höre, bekomm ich das würgen.

  7. 7
    the geek schrieb:

    Bei all den gefloppten Formaten von CW frage ich mich mittlerweile, ob es vielleicht am Network und nicht an den Formaten liegt.
    Es kann doch nicht sein, dass alles was das neue CW anpackt total schlecht ist.
    Versteht mich nicht falsch, ja diese Serie HIDDEN PALMS ist nicht das gelbe vom Ei, aber auf einem anderen Network wäre es vielleicht anders gelaufen.
    Besseres Vorprogramm, andere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit durch anderes Sender Image, anderes Budget, besserer Cast

    Die Quoten von CW scheinen nur noch schlecht zu sein, kann CW überhaupt noch mehr Zuschauer motivieren oder hat das Network nach der Fusion sein Gesicht verloren?

    Was die Frage aufwirft: Sind Serien, die auf CW anlaufen, von vornherein zum Scheitern verurteilt?

  8. 8
    sab schrieb:

    Ja und nein. Das Network hat sicherlich keine klare Identität mehr wie es beispielsweise das WB in den späten 90ern hatte. Aber diese goldenen Zeiten waren auch für das WB schon lange vor der Fusion zu Ende. Die Frage ist auch, ob ein Network im Zeitalter von Tivo überhaupt noch ein Alleinstellungsmerkmal und ein klares Image braucht. Die Zuschauer schauen zunehmend einzelne Shows und nicht mehr bestimmte Sender.

    Auf der anderen Seite fehlt dem Network wohl wirklich ein großer Hit, so wie „Dawson’s Creek“ dem WB seinerzeit ein Image gab. Das CW lebte in seinem ersten Jahr vor allem von Resten der Vorgänger und droht meines Erachtens nach allmählich in eine selbstverstärkende „Untergangs-Spirale“ zu rutschen. Desto mehr Shows auf dem Network floppen, umso mehr bekommt das CW den Ruf einer Abspielstation mit Sendungen niedriger Qualität. Dazu haben viele US-Zuschauer das neue Network wohl immer noch nicht auf dem „Radar“, sei es weil es lange Zeit Probleme mit lokalen Affiliates gab oder es einfach keine attraktiven Sendungen anbieten konnte.

    Ich habe so meine Zweifel, ob das CW wirklich noch in die Kategorie der großen Broadcast-Networks wie CBS und ABC gehört. Es ist wohl mittlerweile eher ein „Netlet“, vergleichbar mit USANetwork und SciFi. Eine Show mit 5 Millionen Zuschauern wäre da schon ein „Hit“.

    Insgesamt rechne ich aber nicht damit, dass CBS oder Warner in den nächsten Jahren „den Stecker zieht“ und das CW einmottet. Ein TV-Network zu etablieren ist eine langfristige Angelegenheit, das einige Jahre dauert. Und man hat ja an NBC, FOX und ABC in den letzten sieben Jahren gesehen, wie rasch sich die Gewichte massiv verlagern können. Da ist auch viel Glück und Zufall im Spiel. Im Gegensatz zu dem „Newcomer“ FOX hat das CW aber das Problem, dass sich CBS wohl erfolgreiche Rosinen von „American Idol“-Kaliber herauspicken würde.

  9. 9
    Trapnamara schrieb:

    Hab die unausgestrahlte Pilot gesehen und fand es gar nicht schlecht.
    TV-macher stehen anscheinend voll auf die Lieder von The Fray & Snow Patrol…

  10. 10
    Kaya schrieb:

    Mies von mir, aber ich gönne dem CW im Moment jede miese Serie. Und ich steh einfach nicht auf Teen-Drama, deswegen wird HP absolut an mir vorbei gehen.

    Was ich immer noch nicht verstanden habe: hätte CW eigentlich die Chance Reichweiten wie die großen Sender zu haben? Und ja, ich sehe es nie in deren Kategorie, weswegen mich das Gelaber schlechter Quoten auch immer genervt hat – und nur als Erinnerung: ANTM gilt mit 5 Mio auch als Hit.

    Ich denke, dass Serien wie GG dem CW durchaus noch ein Gesicht hätten geben können – aber die GG waren seit zwei Jahren schon ausgelutscht. Und da man keine Experimente mag, kommt vielleicht bald RTL II dabei raus – obwohl da ja auch manchmal Perlen laufen 😉

  11. 11
    sab schrieb:

    hätte CW eigentlich die Chance Reichweiten wie die großen Sender zu haben?

    Ich bin da nicht auf dem neuesten Stand, aber soweit ich weiß, kann das CW etwa 95% der Fläche (oder waren es Zuschauer?, keine Ahnung) der USA abdecken. Allerdings gibt es in den USA deutlich mehr Kanäle, das ganze System mit Affiliates und Cable/Broadcasting Network ist sehr komplex, so dass es da regional extreme Unterschiede in der Empfangbarkeit gibt. Mancherorts ist der Kanal nur digital über Kabel eingespeist, andernorts (Hawaii) dauerte es Monate, bis sich endlich ein Affiliate fand. Das trug dazu bei, dass CW in vielen Regionen durchaus so den Ruf/Bekanntheitsgrad unseres „Das Vierte“ hat und dementsprechend weit hinten auf der Fernbedienung angesiedelt ist. Allgemein gilt die Reichweite von CW aber besser als die von UPN und etwa gleichwertig zu der des WB.

    Ich glaube, dass sich das CW eine kleine Nische suchen wird, der RTL2-Vergleich ist da ganz passend. Ein „Volkssender“ wie CBS oder NBC wird das in absehbarer Zeit nicht, das CW wird vor allem die jungen (Frauen?) anvisieren. Aber das Beispiel FOX und „X-Files“ sowie „American Idol“ zeigt, wie ein „kleines“ Network durchaus zum Schwergewicht heranreifen kann.

  12. 12
    Kaya schrieb:

    Danke für die Aufklärung! FOX ist doch aber kein „kleiner“ Sender wie CW, oder?
    Um sich die jungen Frauen zu sichern würde ich dem CW aber noch ein bißchen bessere Marktforschung anraten – was da im Herbst kommen soll klingt alles nicht sonderlich spannend und es gibt wieder jede Menge Serien, denen das Ende beschieden zu sein scheint (ich denke doch, dass es die letzte Season Smallville sein wird, oder?). Junge Frauen wären aber auch ein ziemlich clevere Zielgruppe – bei denen liegt die Zukunft. Ich bin gespannt, was weiter passiert!

    LG Kaya

  13. 13
    sab schrieb:

    FOX ist doch aber kein “kleiner” Sender wie CW, oder?

    Ganz so klein nicht. Dank Hits wie „BH 90210“, „X-Files“, „Simpsons“ und „American Idol“ ist FOX schon ein großer Name. Es ist aber mit seinen 20 Jahren immer noch das jüngste der „Big Four“ (ABC, NBC, CBS und FOX) und hat pro Woche nur 15 Stunden Prime-Time-Programm, weil sie (außer Sonntags) nur von 20 bis 22 Uhr senden (Um 22 Uhr laufen in der Regel Nachrichtensendungen der lokalen Affiliates). Die anderen drei Networks senden ja bis zu sieben Stunden mehr. Wenn man das Programmangebot außerhalb der Primetime einbezieht, sind die Unterschiede noch deutlicher. Daher wird FOX von vielen immer noch auf der Schwelle zwischen „Netlet“ und „Network“ angesehen.

    Das CW hat übrigens 13 Stunden Prime-Time-Programm pro Woche.

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