Gute Deutsche Serie Verzweifelt Gesucht

Neulich geriet ich mal wieder in eine Diskussion bezüglich der Qualitätsunterschiede zwischen deutschen und amerikanischen TV-Serien-Produktionen. Gerne wird natürlich das korrekte Argument mit den unvorstellbaren hohen US-Budgets hervorgekramt. $2 Millionen für eine Serienepisode? In Deutschland undenkbar, dazu ist der Markt viel zu klein. Und jenseits von Derrick und Traumschiff verkaufen sich die Serien nur selten gut ins Ausland. Aber auch das vermeintlich hippe US-Produktionssystem hat schon ’ne ganze Menge Schrott hervorgebracht — trotz des immensen finanziellen Aufwands.

Dann sind da noch die Briten. Gut, die haben durch den Vorteil der „Weltsprache“ Englisch auch das Potential für einen großen Absatzmarkt und insbesondere die BBC hat ja eine Portokasse, von der selbst ARD und ZDF nur träumen können. Aber Serien wie „Doctor Who“, „Jekyll“, „Life on Mars“ und „The Office“ profitieren nicht nur von einem gut gefüllten Budget, sondern auch von guten Drehbüchern, innovativen Ideen und einer gewissen Experimentierfreude. Wo findet man sowas in Deutschland? Hie und da taucht mal ein „Türkisch für Anfänger“ oder „Edel und Starck“ auf, aber ansonsten? Da werden zwar qualitativ hochwertige (und durchaus sehenswerte) Event-Movies à la „Der Tunnel“ produziert, aber spritzige Experimente wie „Ijon Tichy“ landen im hintersten Nachtprogramm. Und wenn einem gar nichts mehr einfällt, dann kopiert man halt. „Stromberg“ und „Doktor Martin“ hat man sich gleich von den Briten abgeschaut. Aber das ist ja schon mal besser als nix, wenn man zumindest wie im Fall von „Stromberg“ dem Ganzen eine eigene Note geben kann.

Aber vielleicht bin ich ja blind und ich habe die exzellenten Produktionen der letzten Jahre alle übersehen? Was durchaus möglich ist, schließlich schaue ich kaum noch deutsche Produktionen, eben weil sich da bei mir mittlerweile schon ein gewisser „Uh, bestimmt schlecht“-Reflex eingeschlichen hat. Allein das Merkmal „Made in Germany“ ist für TV-Serien in meinen Augen derzeit fast schon ein Killerkriterium — im negativen Sinne. Wenn ich in meinem Hirn nach bekannten deutschen Serienautoren krame, fallen mir auch nur Leute vom Kaliber eines Wolfgang Menge („Ein Herz und eine Seele“, im Prinzip eigentlich auch eine Kopie einer britischen Vorlage) oder Hans W. Geißendörfer („Lindenstraße“) ein — lang vergangene Zeiten.

Zudem: Im Moment sind wir wieder in einem Abschnitt eines seltsamen „Serienzyklus“, in dem US-Produktionen vom deutschen Zuschauer und den deutschen Sendern bevorzugt werden. Selbst das traditionell eher deutschen Eigenproduktionen zugeneigte Sat.1 hievt wieder in größerem Umfang US-Serien in die Prime-Time. Das sah vor einigen Jahren noch anders aus, da wurden die US-Produktionen vom deutschen Zuschauer regelrecht abgestraft, nachdem sie in den 90ern schon mal die Prime-Time dominierten.

Aber ich habe mir vorgenommen, in Zukunft wieder verstärkt auf den deutschen Markt zu schauen. Dazu passt die Meldung von DWDL.de, wonach RTL sich im Jahr 2008 wieder mehr den Eigenproduktionen widmen und zwei neue Serien in Auftrag geben will. Auch da — so scheint mir — erfindet man das Rad nicht unbedingt neu, aber man geht abseits der endlosen typisch deutschen Krimi- und 08/15-Billig-Sitcomserien zumindest auf den ersten Blick neue Wege, auch wenn das übliche TV-Buzzwort-Bingo unvermeidlich ist. „Doctor’s Diary“ ist laut RTL eine „humorvolle Medical-Serie mit Screwball-Elementen“. Schön, wie man die verbrannten Wörtchen „Ärzte-Soap“ vermeidet. Da dürfte vielleicht der „Einfluss“ von „Grey’s Anatomy“ eine Rolle spielen. „Die 25. Stunde“ wiederum sei eine Familienserie, ebenfalls mit „Elementen“, aber diesmal aus der „Mystery“-Schublade. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man damit (wie viele US-Serien dieses Jahr auch) auf der „Heroes“-Mystery-Welle reiten will. Eine Frau kann Leben retten, weil sie zu Zeitreisen fähig ist. *Hust*Medium*hust*. Argh, ich merk schon, bei mir leuchten schon wieder alle „Schrott“-Alarmleuchten auf. Aber nein, nein, ich will ja nicht vorschnell urteilen, sondern den deutschen Serienmachern auch mal eine Chance geben. Die können ihr Handwerk doch sicherlich auch, aber vielleicht gehen gute Autoren lieber gleich zum Film als sich im TV den Ruf zu ruinieren.

Habt ihr vielleicht einen Tipp, welche gute deutsche Serie ich mir mal anschauen sollte?

18 Antworten

  1. 1
    flash schrieb:

    Auch wenn die Quoten grausam war, fand ich Dr. Psycho (Pro7, mit Christian Ulmen) richtig gut.

  2. 2
    Marius schrieb:

    Also gute deutsche Serien gibt es wirklich erschreckend wenige, mir fallen da spontan nur „Berlin, Berlin“, „Mein Leben und ich“ und „Stromberg“ ein. Bei den Autoren hast du David Safier („Berlin, Berlin“), Ralf Husmann („Stromberg“) und Bora Dagtekin („Türkisch für Anfänger“) vergessen. Oh, da fällt mir auf: „Türkisch für Anfänger“ sollte ich mir wohl endlich mal anschauen…

    Und ja, stimme dir voll zu. Geringe Budgets sind zwar hinderlich, aber auch keine Entschuldigung dafür, keine guten Serien zu produzieren. Der Grund liegt wohl eher beim relativ geringen Willen seitens der Sender, mal etwas zu riskieren. Da gibt’s dann lieber den hundertsten „CSI“-Klon, nur dass niemand kapiert, dass man dadurch auch immer den Vergleich heraufbeschwört und demzufolge eigentlich nur floppen kann. So ein Look wie „CSI“ ist mit unseren Budgets halt schlichtweg nicht möglich. Da kann man nur mit Innovation gegenhalten, aber dazu muss erst ein Umdenken bei den Sendern stattfinden und das könnte schwierig werden.

    Bin mal gespannt, wenn ich im 3. Jahr mit „Serienformate“ beginne, was man da so beigebracht bekommt. 😉

  3. 3
    Anubiz schrieb:

    tjo, ich müßte von ner deutschen serie auch schon verdammt viel gutes hören (und das von den richtigen stellen, hehe), um mal wieder was deutsches zu gucken!

    seltsamerweise erkenne ich dt serien auch irgendwie sofort, letztens glotze an gemacht (um ne ep zu gucken 😉 ), – und zack! hmm, das sieht deutsch aus (war dann RIS)

    weiß eigentlich wer was von dieser Serie?
    das Original wär mir ja sicher lieber gewesen, aber da bräuchte ich dann auch ne syncro hihi.

    weil oben erwähnt: weiß wer wie Jekyll so is?

  4. 4
    Inishmore schrieb:

    Pastewka fand ich ganz gut, auch wenn die zweite Staffel nicht mehr so gut war wie die erste. Natürlich ist das Setting großzügig von Curb Your Enthusiasm ausgeliehen, aber bekanntermaßen ist der Einäugige unter den Blinden König.

  5. 5
    flash schrieb:

    Vom „Berlin, Berlin“-Autoren gab es auch noch „Zwei Engel für Amor“, hatte sehr gute Ansätze, war auch sehr gut geschrieben, aber da sprang bei mir der Funke nicht über.
    Wenn ich mich nicht falsch erinnere, steckt hinter einer der beiden RTL-Serien auch der Autor von Türkisch für Anfänger.

    Das Problem deutscher Serien, ist dass der Zuschauer über Jahrzehnte an Sinnbefreites gewöhnt wurde. Egal ob „Ein Schloß am Wörthersee“ oder „Cobra 11“, wirklicher Tiefgang war da nie zu erwarten.

  6. 6
    Michael schrieb:

    Zumindest in diesem Jahr fand ich zwei SAT1-Serien sehr gut, auch wenn sie beim Publikum nur beschränkt ankamen:
    Auf der Action-Seite „GSG9“, die Quoten haben ja immerhin für eine Fortsetzung gereicht. Sowohl zeitaktuelle Drehbücher (RAF), Schauspieler als auch Ausstattung haben mich voll überzeugt.

    Sehr bedauerlich finde ich die Einstellung von „Allein unter Bauern“. Die Drehbücher waren nicht schlechter als Edel&Starck, neben Christoph M. Orth, dessen Rolle sicher nicht zur Identifikation taugte – daher möglicherweise auch das Quotenproblem – waren m.E. auch die anderen Schauspieler gut bzw. Figuren sympathisch und skurril. Und bei der Serie kann man m.E. nicht von abgekupfert sprechen, im Gegensatz zu RIS oder Post mortem. Wobei ich letzteres von den Drehbüchern auch gut fand, allein die Kameraführung hat ein Weiterschauen können und wollen zunichte gemacht.

    Stromberg hat noch nicht nachgelassen, Hilfe Hochzeit konnte man zwar gucken, hatte aber das Problem des Overacting.

  7. 7
    Anubiz schrieb:

    naja, bei gsg9 hab ich – trotz us army/helden pathos – doch lieber das original geguggt *gg*

  8. 8
    simon schrieb:

    Abschnitt 40 von RTL war wohl eine der besten Deutschen Serien die es gab wurde aber vom Publikum ignoriert und schließlich von RTL beendet…

  9. 9
    Anubiz schrieb:

    jo, die war recht gut

  10. 10
    the geek schrieb:

    Die einzigen deutschen Serien, die bei mir den Qualitätstest überlebt haben sind aus dem Bereich Comedy.

    Müsste ich eine Liste machen, dann sähe die wohl wie folgt aus…

    – Berlin, Berlin
    – Stromberg
    – Nikola
    – Ritas Welt
    – Das Amt
    – Mein Leben & Ich
    – Edel & Starck

  11. 11
    mb schrieb:

    Gemessen an den paar Folgen, die ich jeweils gesehen habe: „Türkisch“ war überraschend gut und ich will auf jeden Fall noch mehr sehen. „MLUI“ nett, aber auch nicht mehr. „Edel & Starck“ solide, aber thematisch nicht mein Ding.

    Aber das beste Writing hatte eh „Hallo Spencer“.

    Zu Jekyll: Siehe Shoutbox, Mitte. Ich hab’s empfohlen und sab stellte kurze Zeit später fest, dass es „tatsächlich“ gut ist..

  12. 12
    Timm schrieb:

    Ich werfe noch „Bis in die Spitzen“ in die Runde (obwohl es wohl auch ein Remake einer englischen Serie ist). Läuft gerade in der Wiederholung auf SAT 1. Mir hat es vorletztes Jahr sehr gut gefallen, v.a. weil es mal in einer deutschen Serie nach US-Vorbild über 13 Episoden einen großen Plot gab.

  13. 13
    viewer schrieb:

    Oha, da hast Du ja ein ganz kniffeliges Thema angeschnitten, über das in den einschlägigen Foren schon ausfürhlichst diskutiert und natürlich auch gestritten wurde. Und natürlich ist das mit der „guten“ Serie ja auch immer Geschmacksache. Wie man z.B. „GSG-9“ oder „Allein unter Bauern“ hier nennen kann ist mir ein Rätsel, aber so ist das halt mit Geschmack.
    Ordentlich geschrieben und produziert ist meiner Meinung nach „Der Elefant“ (einst auf Sat.1). Mein Highlight der abgelaufenen Saison ist die ZDF-Serie „KDD“.

    Im Übrigen haben die von Dir bemängelten Drehbücher und Ideen schon auch etwas mit dem geringen Budget zu tun. Um z.B. eine richtig gute Sitcom zu entwickeln, braucht man einen Writers Room. Da man aber als Autor in Deutschland für ein Sitcomdrehbuch erschreckend wenig Geld bekommt, schreiben die deutschen Autoren immer an verschiedenen Projekten gleichzeitig (natürlich in verschiedenen Stadien). Es würde, glaube ich, jedes Entwicklungsbudget sprengen, wenn man die fähigsten Autoren exklusiv an ein Projekt binden, über Wochen oder Monate quasi in einen Raum sperren würde und sie dafür exklusiv bezahlen müsste.

    Nimmt man dieses Geld vom Produktionsbudegt weg, sieht die Serie schrottig aus, haut man die zusätzlichen Kosten einfach on Top drauf, kommt der Sender über die Grenzen der Refinanzierbarkeit.

    Und so schreiben an einer Staffel meistens ein halbes Dutzend verschiedener Autoren still in ihrem Kämmerlein und schicken ihre Fassungen brav an den Head-Autor, der versucht, das Ganze in eine Linie zu bringen. Von Bündelung der kreativen Kräfte, gegenseitiger Befruchtung und dem klassischen Ping-Pong-Brainstorming wie in einem Writers Room ist man dann aber weit entfernt.

    Ein weiteres Problem ist übrigens auch die kurzfristige Denke von Senderverantwortlichen, die nicht selten eine Serie in Auftrag geben, aber am liebsten schon übermorgen die ersten Folgen ausstrahlen möchten. Dass dann unter großem Zeitdruck oft nur ein mittelmäßiges Ergebnis heraus kommt, ahnen Autoren und Produzenten dann zwar schon vorher, machen sich aber dennoch mehr oder weniger motiviert an die Arbeit – schließlich muss man ja auch Geld verdienen.

  14. 14
    Kaya schrieb:

    Mal abgesehen von all den Sachen, die hier schon erwähnt wurden: ich habe ständig das Gefühl in Deutschland werden auch noch richtig miese „Schauspieler“ ins Fernsehen gelassen. Dazu miese Drehbücher, langweilige Geschichten (am schlimmsten dabei für mich: Pro 7 Eigenproduktionen – ganz schlimm dabei war dieses Ding mit Carla – völlig zu unrecht hoch gelobt, aber eine der klischeehaftesten und langweiligsten Geschichten, die man je geschrieben hat, kein Wunder das es ein Riesenflop war!) und eben keine Freude an dem, was man macht. Irgendwie vermisse ich das. Interessant sind immer „typisch“ deutsche Geschichten (da zähle ich TfA mal zu), denn nur die funktionieren, die bieten auch genügend Identifikationspotential. So lange es keine solchen Serien gibt verweigere ich mich auch weiterhin dem deutschen Fernsehen und entdecke lieber weiter spannende US oder UK Serien!

  15. 15
    Michael schrieb:

    @Viewer:
    Den Elefant(en) fand ich ebenfalls ausgezeichnet, aber leider haben ja die Quoten der zweiten Staffel das Aus bedeutet. Und die Idee der wieder aufgenommenen Fälle wurde noch vor Cold Case umgesetzt.

    Da Geschmack bekanntlich immer Geschmacksache ist, gibt es sogar den Fall, dass eine Serie gut gemacht ist, sie einem aber trotzdem nicht gefällt. Z.B. fand ich das hochgelobte Life on Mars sowohl von der Idee als auch der Umsetzung im Prinzip gut, dennoch fand ich sie unterm Strich recht langweilig und muss die zweite Staffel nicht unbedingt sehen (obwohl mich die Auflösung interessiert).

    Dann hast du allgemein mögliche Gründe für mangelnde Qualität vor allem von Drehbüchern angeführt, dass man halt Geld nur einmal ausgeben kann und da haben es deutsche Serien sicher deutlich schwerer.
    Aber was hast Du konkret an GSG9 oder AuB auszusetzen? Bei AuB fand ich die Verbindung von romantischer Komödie und Lokalpolitik ziemlich genial und die Dorftypen einfach nur köstlich getroffen – für andere mag das klischeehaft gewesen sein. Liegt vieleicht auch daran, dass ich demnächst aus der werberelevanten Zielgruppe herausfalle. Mit diesem Thema ist ein jüngeres Publikum nicht hinterm Ofen hervorzulocken.

  16. 16
    sab schrieb:

    Thematisch passend ist heute bei loovt.de zu lesen, dass die Krimi-Reihe „Sperling“ (ZDF) wegen „schlechter Drehbücher“ und fehlenden Autoren eingestellt wird. „Man habe Top-Autoren angefragt, aber die seien zu beschäftigt.“ Gut, jetzt war „Sperling“ auch eine Reihe und keine Serie, aber das ist dennoch mal eine bizarre Begründung zur Einstellung einer TV-Produktion.

    @viewer: Aha, die Nicht-Existenz eines Writers Room in deutschen Sitcom-Produktionen erklärt so einiges. Damit sieht der kreative Prozess in Deutschland wohl wirklich komplett anders aus als bei US-Produktionen. Gerade wenn man bedenkt, dass in den Staaten einzelne Autoren zwar jeweils ein Script zu Papier bringen, welches im „Writer’s Room“ dann aber in aller Regel noch mal komplett auseinander genommen wird und am Ende eher ein Kollektiv-Produkt ist.

  17. 17
    the geek schrieb:

    Falls das jemand noch rechtzeitig liesst, heute Abend (Montag 02.07.07) läuft auf RTL ab 20:15 Uhr nochmal eines der wenigen deutschen Highlights: „Arme Millionäre“ – absolut genial und der Soundtrack ist Spitze!

  18. 18
    Fidi schrieb:

    …Neues aus Büttenwerder…
    …Ditsche…

Antwort schreiben

XHTML: Du kannst die folgenden XHTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

 

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen