Lost Season 4

Erinnert sich noch jemand an mein „End of the World“-Posting von Ende 2006? Damals war ich zur Halbzeit der dritten Staffel bereits dermaßen frustriert, dass ich die Show quasi virtuell in die Tonne trat. Und auch aus heutiger Sicht muss ich sagen: Zum Ende der zweiten / Beginn der dritten Staffel war „Lost“ kurz vor dem klinischen Tod. Vollkommen orientierungs- und spannungslos dümpelte die Mystery-Serie vor sich hin und schien eigentlich nur noch die Zeit zwischen den fulminanten Season-Finale-Cliffhangern irgendwie totschlagen zu wollen.

Und dann geschah das kleine „Lost“-Wunder. Die Autoren setzten sich angesichts schwindender Zuschauer-Zahlen einen definitiven 4-Jahres-Plan. Mit dem konkreten Endtermin (im Jahre 2010) vor Augen hatten sie plötzlich den kreativen Rahmen, der es ihnen ermöglichte, der Show wieder stramme Zügel anzulegen.

Bereits am Ende der dritten Staffel war die Show fast nicht wiederzuerkennen, aber richtig deutlich wurde der neue Stil erst in der gerade abgelaufenen vierten Staffel. In den vergangenen Jahren war das Season-Finale jeweils der absolute Höhepunkt des Jahres — dieses Jahr jedoch war das dreiteilige Finale schon fast ein Let-Down im Vergleich zu den atemberaubenden Folgen („The Constant“) im Verlauf der Staffel.

Das Finale betätigte sich vielmehr als Füller von noch ausstehenden Plot-Löchern. Ein Umstand der Flash-Forwards der bisherigen Episoden dieser Staffel war es nunmal, dass die wesentlichen Story-Elemente bereits im Vorfeld bekannt waren und nun nur noch die Punkte verbunden werden mussten. Dabei gab es natürlich die ein oder andere Überraschung (der Mann im Sarg, Desmond & Penny!, Claire in Kates Traum), aber im Grunde waren die großen Storybausteine bereits im Verlauf der Staffel „aufgebraucht“ worden. Jedoch muss ich sagen, dass mir dieses Modell recht gut gefallen hat. Lieber die Spannungsbögen gleichmäßiger über alle Episoden verteilt, als gebündelt in das Seasonfinale gestopft.

Da liegt es fast schon auf der Hand, dass die Auflösung aller Rätsel wohl niemals die hohen Erwartungen der „Lost“-Fans erfüllen kann — ähnlich war es jetzt auch im Season-4-Finale. Irgendwie hoffte man dann doch darauf, dass die Macher noch ein ganz fettes Karnickel aus dem Hut ziehen würden, aber der bisherige Storyverlauf hatte da schon recht enge Grenzen gesetzt. Insbesondere aus den ersten beiden Staffeln hat die Serie einiges an „mythologischem“ Overhead, der irgendwie in den nächsten Jahren noch in den großen Gesamtzusammenhang eingearbeitet werden müsste (oder man ignoriert gewisse Fuß-Statuen einfach).

Aber das Wichtigste ist wohl, dass man als Zuschauer wieder das Gefühl hat, dass dies alles irgendwo hinführt und dass es wirklich einen größeren Gesamtzusammenhang gibt und die Autoren nicht planlos vor sich hin spinnen. Wenn bei einer Show „der Weg das Ziel“ ist, dann muss dieser Weg auch spannend und unterhaltsam sein — und das ist er zur Zeit bei „Lost“ sicherlich.

Vor Beginn der fünften Staffel (leider erst Anfang 2009) hat sich „Lost“ nun wieder in eine hervorragende Ausgangssituation manövriert, die zahlreiche Möglichkeiten für die restlichen Staffeln offen lässt. Ich bin schon sehr gespannt, wo (und wann) sich die „Losties“ zu Beginn der nächsten Staffel wiederfinden. Michael Emerson („time-traveling bunnies“!) hat sich zudem bereits jetzt einen Emmy mit Sternchen verdient.

Zwar lässt sich natürlich auch nicht ausschließen, dass die Show nächstes Jahr wieder an die Wand gefahren wird, aber zumindest momentan ist für mich das „End of the World“ soweit entfernt wie lange nicht mehr.

5 Antworten

  1. 1
    Starkiller schrieb:

    Ich habe tatsächlich am Ende der zweiten Staffeln mit Lost aufgehört, mich störte das man als Zuschauer quasi immer im dunkeln tappte und nie was erfuhr und ganz generell hatte sich das Lost-Prinzip für mich abgenutzt. Ich denke das sich dies in etwa mit dem “End of the World”-Post deckt.
    Ich habe dann nochmal mit reichlich Verzögerung in den Anfang der dritten Staffeln rein geguckt, aber das Feuer sprang nicht mehr über, also Hut ab das du so lange durchgehalten hast, ich könnte mich jetzt irgendwie nicht mehr dazu überwinden mich nochmal durch die dritte Staffel zu quälen.

  2. 2
    Inishmore schrieb:

    Der Satz „Der Weg ist das Ziel“ ist mir auch umgehend eingefallen, als ich meine kleinen Abschlussbemerkungen zur LOST-Staffel zusammengefasst habe. Auch die Sache mit dem Punkteverbinden und Plotsauffüllen sehe ich exakt genauso, weshalb von vielen das Finale nicht mehr so als der große Knaller gesehen wurde. Ein klein fehlte mir der große Kick wie beim ersten Flash Forward zum Ende der dritten Staffel, der Anreiz, jetzt sofort die nächste Staffel sehen zu wollen.

  3. 3
    klti schrieb:

    Also Season 2 und 3 waren für mich Sommerloch-Futter, wenn sich nix besseres fand, hab ich halt die letzte Staffel Lost durchgezogen. Season 4 war tatsächlich die erste Season Lost seit der Ersten, die ich wieder in Echtzeit geschaut hab. Und sie war es wirklich wert in meinen Augen.

    Also ich hatte ja schon die Befürchtung, das diese zeitliche Lücke zwischen Jetzt und Flash-Forwards erst irgendwann in der letzten Season gestopft wird, von daher war ich sehr angenehm überrascht vom Finale. Eigentlich fast ungewohnt für Lost – viele Antworten und wenig neue Fragen…

    Und die Tatsache, dass man weder vom Wann noch vom Wo oder gar vom Wie der nächsten Staffel wirklich eine Ahnung hat, find ich schon eine beachtliche Leistung.

  4. 4
    xDest schrieb:

    Andere Meinung zu Lost Season 4…

    An Lost scheiden sich selbst unter Fans die Geister. Bei Sab gibt es eine ganz andere Betrachtung der vierten Staffel. Nachdem er die dritte Staffel im Block nachgesehen hatte und ich ehrlich gesagt davon ausgegangen bin, dass es mit Staffel Vier genau…

  5. 5
    Der Umblätterer » Lost: 4. Staffel, 13. und 14. Folge schrieb:

    […] auch alles hinauslaufen wird. Wobei zunächst auch stimmt, was sablog zur Teleologie der Serie anmerkt: »Das Wichtigste ist wohl, dass man als Zuschauer wieder das Gefühl hat, dass dies alles […]

Antwort schreiben

XHTML: Du kannst die folgenden XHTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

 

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen