Eurovision Song Contest 2010
Zum ersten Mal seit vielen Jahren werde ich die heutige Ausgabe des Eurovision Song Contests live anschauen (und nicht „on tape“) — sofern ich es durchstehe. „Unsere“ Lena hat ja erst Startplatz 22, also muss man sich zuvor durch 21 andere Beiträge „durchtrinken“. Als bekennender Heterosexueller zähle ich in Deutschland wohl eher zur Randgruppe bei den „Grand Prix“-Fans, aber ich war nun mal in einem leicht zu beeinflussenden Alter, als seinerzeit die Saarländerin Nicole den ersten und einzigen Gewinn für Germany erzielte :-).
Seitdem hat sich viel verändert, der kuschelige „Kult“-Faktor der staubtrockenen Veranstaltung ging durch die Aufblähung des Teilnehmerfelds, Diskussionen um Ost-Verschwörungen und der Verzicht auf einen Teil der Live-Punktevergabe zunehmend flöten. Aber es ist immer noch eine sehr kuriose und bizarre Traditions-Veranstaltung: Eine der größten und teuersten TV-Live-Produktionen der Welt zelebriert einige sehr peinliche und seltsame Musik- und Showpräsentationen, die in der Regel bereits 24 Stunden nach dem Event vergessen sind. Aber im Vorfeld beherrscht das Thema die Medien, insbesondere in Deutschland, mit einer Persistenz, die man sonst eigentlich nur bei der Berichterstattung von Fußball-Weltmeisterschaften kennt.
Dieses Jahr muss man sich aus deutscher Sicht auch zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr für den nationalen Beitrag schämen. Manche mögen die quirlige Lena als arrogant und nervend empfinden, aber ich sehe in ihr einfach nur ein aufgekratztes junges — wenn zuweilen auch zu kindisches Mädel — das viel Spaß dabei hat, ein großes Abenteuer zu bestehen und einen gesunden Dickkopf hat. Und es machte mir auch Spaß, ihren Weg in den letzten Monaten mitzuverfolgen — sicherlich liegt der Hauptverdienst dafür auch bei Stefan Raab, der den eingestaubten Wettbewerb endlich (mal wieder) interessant machte. Egal wie Lena auch abschneiden mag, ich hoffe, dass er gemeinsam mit dem NDR auch im nächsten Jahr die Suche nach dem deutschen Kandidaten organisieren wird.
Seine „TVTotal“-Spezial-Sendungen aus Oslo in dieser Woche zeigten übrigens auch mal wieder einen scheinbar längst vergessenen Raab, der Spaß an seiner Show hat und amüsante Einspieler produzieren kann, auch wenn er sich wie üblich unvorbereitet durch die Sendung stolperte.
Falls es außerdem jemand noch nicht kennen sollte: Das Oslo-Videoblog von Lukas Heinser und Stefan Niggemeier auf oslog.tv ist eine höchst unterhaltsame und kurzweilig inszenierte Betrachtung des ESC-Hype-Zirkus — da wünscht man sich glatt, dass die beiden solche Videoblogs regelmäßig auch für andere Veranstaltungen auf die Beine stellen würden.
Und dann noch mein Tipp für heute Abend: Ich rechne optimistisch mit einem guten 6. Platz. Viel Geld würde ich darauf aber nicht wetten 🙂
29. Mai 2010 um 13:19 Uhr
Die Zusammenarbeit zwischen NDR und Raab ist für das nächste Jahr übrigens schon gesichert: http://eurovision.ndr.de/news/meldungen/usfofortsetzung100.html
In der Hoffnung, dass es nächstes Jahr „Unser Star für Berlin“ heißen wird…
29. Mai 2010 um 17:48 Uhr
@Lars: Wenn dann doch bitte „Unser Star für Hamburg“! Schließlich müht sich der NDR schon ewig einen Erfolg der Show ab. Und hat auch in schlechten Tagen zu der Show gestanden und diese ausgestrahlt, wenn sich DAS ERSTE dafür zu schade war. Auch hat der NDR schon reichlich Prügel für die Show einstecken müssen. Da ist es doch nur Fair, wenn die Show im NDR-Land produziert wird.
29. Mai 2010 um 18:57 Uhr
Na ich weiß nicht, der NDR hat es ja geschafft Reihenweise ESC-Flops an den Start zu bringen und hat somit die schlechten Tage mitverursacht, ausserdem ist die jeweilige Hauptstadt immer Austragungsort, deshalb gehe ich auch davon aus das es nächstes Jahr „Unser Star für Baku“ heisst.
Hat ansonsten jemand eine Empfehlung was Live Blogs angeht?
29. Mai 2010 um 19:02 Uhr
Andrerseits, unser Lied für Eriwan klingt auch nicht schlecht
29. Mai 2010 um 19:39 Uhr
@Lars: Das ist schon mal eine gute Nachricht.
@Bernhard: Sollte es tatsächlich irgendwann mal wieder dazu kommen, ginge wohl wirklich in Deutschland das große Hickhack los. Schließlich wäre das eine große Gelegenheit für Profilierung auf allen Ebenen der jeweiligen Sende-„Anstalt“. Vermutlich würden die Intendanten dann auf einer Lösung bestehen, bei der die Halbfinales (und bis dahin sicherlich auch Viertelfinale ;-)) auf mehrere Sender verteilt werden…
1983 fand es ja in München statt, aber in den letzten Jahren scheinen bei den Ausrichtern immer die Hauptstädte erste Wahl gewesen zu sein (’98 war Birmingham die letzte Ausnahme, wenn mich meine Geographie-Kenntnisse nicht im Stich lassen).
@dent42: LiveBlog ist doch so 2008. Twitter nutzen die coolen Kids heute! :). Ansonsten würde ich normalerweise http://www.coffeeandtv.de/ empfehlen, aber Lukas ist dieses Jahr ja mit Niggemeier direkt am Ort des Geschehens und ich habe mal bisher noch nichts bei oslog.tv gelesen, dass die einen Live-Blog machen.
29. Mai 2010 um 20:00 Uhr
Update zum letzten Kommentar: Es gibt einen Live-Blog auf oslog.tv:
http://oslog.tv/188/oslog-live-eurovision-song-contest-2010/
29. Mai 2010 um 21:15 Uhr
Wenn ich es schon live schaue, kann ich eigentlich auch meinen traditionellen Notizzettel online führen.
01-Aserbaidschan: Gar nicht mal so übel, aber Pop-Einerlei. Dürfte wirklich gute Gewinnchancen haben. 5/10
29. Mai 2010 um 21:17 Uhr
02-Spanien: Bizarre Zirkus-Clown-Veranstaltung. „uuhhohouou“. Fürchterlich. 0.5/10
29. Mai 2010 um 21:22 Uhr
hm tv total fand ich recht lahm die woche, weil es eben genau auf das reduziert war, was mich so gar nicht interessiert: Gäste!
plus irgend nen scheiß mit elton, für den sich raab inzwischen zu schade ist
29. Mai 2010 um 21:22 Uhr
03-Norwegen: Gleich sinkt die Titanic. Am Anfang war die Stimme etwas daneben, aber gegen Ende hatte er die Nervosität im Griff. 4/10
29. Mai 2010 um 21:25 Uhr
04-Moldawien: Hah, das Augenmakeup wurde wohl gleich mit der Spraydose aufgetragen. Eurodance-Trash. 1/10
29. Mai 2010 um 21:29 Uhr
05-Zypern: Ohwei. „Tell me about your feelings“?!?! Ohgraus. 2/10
29. Mai 2010 um 21:33 Uhr
06-Bosnien/Herz.: „The anger will remain“. Naja, er baut sich gerade erst auf. Zudem hab ich zunächst verstanden: „It’s time to melt the eyes“. Hätte auch irgendwie gepasst. Ansonsten harmlose Rock-Nummer 4/10.
29. Mai 2010 um 21:37 Uhr
07-Belgien: Klang ganz gut. Zudem mutig mal einen Künstler ganz alleine auf die Bühne zu stellen. Vermutlich ein bisschen zu „mellow“ für den ESC, aber durchaus einer der besten Songs bis jetzt. 6/10.
29. Mai 2010 um 21:40 Uhr
08-Serbien: Heilige Scheiße. Hab ich schon erwähnt, dass ich so gut wie keine Songs im Vorfeld kannte? Bei diesem Gejaule wäre es wohl sinnvoller gewesen sich schon mal einen Plan im Vorfeld zu machen, dann könnte man die Pinkelpausen besser platzieren. Außerdem muss ich mein Benotungsschema etwas unorthodox zurechtbiegen: -1/10
29. Mai 2010 um 21:46 Uhr
09-Weißrussland: Ach, da sind ja die oft erwähnten aufklappbaren „Butterflies“. Der Song ist cheesy und kitschig ohne Ende. 4/10
29. Mai 2010 um 21:50 Uhr
10-Irland: Wie die Background-Sänger aus dem Nebel nach vorne traten erinnerte mich an diverse SciFi-Horror-Filme aus den 1970ern. Dennoch handwerklich solider Song mit einer Sängerin, die auch singen kann. 6/10
29. Mai 2010 um 21:54 Uhr
11-Griechenland: Okay, der könnte nicht nur im Ballermann auf Mallorca durchaus ins Ohr gehen. Ugh! OPA!! Nicht mein Ding, aber große Gewinnchancen. 5/10.
29. Mai 2010 um 21:56 Uhr
12-UK: Ach. Du. Meine. Güte. Zur Abwechslung singen hier mal die Background-Sängerinnen richtig schräg. Uninspirierter 08/15-Pop aus den 80ern. Ganz schlimm. 2/10.
29. Mai 2010 um 22:03 Uhr
13-Georgien: Und noch eine typische ESC-Ballade, nichts besonderes — aber das ist ja fast schon ein Lob. 4/10
29. Mai 2010 um 22:07 Uhr
14-Türkei: Hmja. Solider Rock mit einer behämmerten Bühnenshow und heftiger Pyrotechnik. Frauen mit ’ner Flex in der Hand gibt’s übrigens auch immer bei „Will it float“ bei Letterman. 4/10
29. Mai 2010 um 22:11 Uhr
15-Albanien: Geht ins Ohr, wirklich flotte und hörbare Nummer. Der Geiger führt zu kleinem Punktabzug. 5/10.
29. Mai 2010 um 22:14 Uhr
16-Island: Zuviel Techno-Beat mit schwacher Beth-Ditto-Kopie. 3/10
29. Mai 2010 um 22:18 Uhr
17-Ukraine: Das Mädel sieht ja hübsch aus, kann auch durchaus einen Ton halten, aber der Song ist arg nervend. 3/10
29. Mai 2010 um 22:22 Uhr
18-Fronkreisch: Oleoleoleoleole! Den Song hasse ich schon jetzt. Wird aber sicherlich in den Top10 landen. 2/10.
29. Mai 2010 um 22:27 Uhr
19-Rumänien: Da fällt mir jetzt irgendwie nix mehr ein. Ein Glas-Klavier-Duo mit Ausflug ans obere Ende der Tonleiter. Meh. 4/10.
29. Mai 2010 um 22:30 Uhr
20-Russland: AHAHAHAHAHA … „I’m looking at your picture“ … Ein Song zum Aus-Dem-Fenster-Stürzen. Warum braucht der Kerl eigentlich eine Windmaschine? 1/10.
29. Mai 2010 um 22:36 Uhr
21-Armenien: Boobies! Und ich glaube, der Song war auch ganz okay. Endet sicherlich irgendwo in den Top10 oder Top5. 4/10.
29. Mai 2010 um 22:42 Uhr
22-Deutschland: Das hat „unsere“ Lena wirklich gut gemacht. Sehr guter Auftritt. Schade, dass kein besserer Song für sie gefunden wurde. So vergebe ich mal komplett subjektiv: 7/10.
29. Mai 2010 um 22:43 Uhr
23-Portugal: Der Song ist eher zum Vergessen, aber auch diese Sängerin macht Cutie-Punkte. 5/10
29. Mai 2010 um 22:47 Uhr
24-Israel: Ach, wie traurig. Einige Töne waren zudem ziemliche Glückssache. 3/10.
29. Mai 2010 um 22:50 Uhr
25-Dänemark: Achdujeh, Schattenspiele vor Milchglasscheibe mit ABBA-dejavu. (oder deja-ecoute?) 4/10
29. Mai 2010 um 22:55 Uhr
Hurra, ich bin durch. Meine Favoriten wären Belgien, Irland, Deutschland und vielleicht noch Albanien. Die werden aber wohl alle nicht um die ersten Plätze mitkämpfen. Dort werden wohl in erster Linie Aserbaidschan, Griechenland, Dänemark zu finden sein. Oder auch nicht 🙂
29. Mai 2010 um 23:58 Uhr
Mann, noch nie war ich so froh, mit einem Tipp derart daneben zu liegen.
31. Mai 2010 um 12:46 Uhr
Pff, was hast du gegen Island, ich fand das war mit die beste Nummer (neben Albanien und Deutschland).
31. Mai 2010 um 15:44 Uhr
Hat ja endlich mal wieder geklappt und das mit sensationellen fast 15 Mio. Zuschauern. Schon auf WM-Niveau. Nu dürfen sich die Städte um die Austragung streiten. Hamburg, Berlin, sogar Hannover meldet Ansprüche an. Hamburg hat sich in den Übertragungen der letzten Jahre als Eurovision-Feststadt ja schon Sporen verdient, Berlin hat den Hauptstadtbonus. Mal schaun.
31. Mai 2010 um 16:15 Uhr
… aber Schalke hat das größte überdachte Mehrzweck-Stadion 🙂
Die ARD „freut“ sich bestimmt auch schon angesichts der Kosten: 25 bis 30 Mio soll die Veranstaltung in Oslo gekostet haben.
31. Mai 2010 um 17:08 Uhr
Dafür kann man doch locker den einen oder anderen Musikantenstadl, doofe Vorabend-Soaps und Quizsendungen mit Jörg Pilawa aus dem Programm schmeißen.
31. Mai 2010 um 21:44 Uhr
Die grösste Halle in HH ist an dem Tag ausgebucht, die in Berlin nicht.
Viel wichtiger ist sowieso die Frage wer moderiert neben Hape Kerkeling
13. Juni 2010 um 12:45 Uhr
Ist ja nett, dass Lena gewonnen hat, aber die gleiche Kandidatin jetzt schon für nächstes Jahr fix zu machen und überhaupt 2 x die gleiche Person zu schicken halte ich für falsch.