Heathers (1988)
Bei dem Thema „Teen-Film-Klassiker der 1980er Jahre“ denkt man vermutlich automatisch zuerst an die John-Hughes-Legenden wie „Pretty in Pink“ und „Breakfast Club“. Doch einer der besten Teenage-Angst-Produktionen aus den 80er nahm all diese Hughes-Filme auf die Schippe und machte mit bitterschwarzem Humor einen weiten Bogen um „politische Korrektheit“.
Interessanterweise kennt man „Heathers“ in Deutschland so gut wie gar nicht. Er lief und läuft zwar des öfteren im TV unter dem seltsamen Titel „Lethal Attraction“, aber vom Kult-Status, den der Streifen in den letzten 20 Jahren in den USA erreicht hat, ist in Deutschland nicht viel zu spüren. Man muss nach einer deutschen DVD-Fassung schon ’ne Weile suchen während der Film in den USA in diversen Special-Fassungen und sogar auf Bluray erhältlich ist. Mag auch an der FSK18-Einordnung liegen.
Im Mittelpunkt von „Heathers“ stehen titelgebend drei Freundinnen (u.a. Shannen Doherty), die allesamt Heather heißen und in der Popularitäts-Hierachie an der Westerberg Highschool ganz oben stehen. Sie geben an, wer In und Out ist. Wer sich nicht dem berüchtigten Willen der Heathers fügt, kann sich als geächtet betrachten. Nicht damit zurecht kommt Veronica (Winona Ryder), die eigentlich kurz davor steht, ebenfalls in den erlauchten Kreis der „Heathers“ aufgenommen zu werden. Doch sie distanziert sich von den Unterdrücker-Methoden der Clique und macht sich somit drei neue Feindinnen. Nebenbei verliebt sie sich in den jungen Rebellen J.D. ( Christian Slater), der neu an der High-School ist. Ihm klagt sie ihr Leid mit den Heathers und wieviel besser die Welt doch ohne diese Zicken wäre. In einer Verkettung sehr bizarrer Umstände ermorden J.D. und Veronica eine der Heathers — nicht ganz unabsichtlich. Sie tarnen den Mord als Selbstmord und setzen damit eine noch unheilvollere Kette von Ereignissen in Bewegung. Rasch wird das Verhalten von J.D. unkontrollierbar, gleichzeitig wird die Schule von bizarren Anti-Selbstmord-Kampagnen überflutet.
Ein Film wie „Heathers“ im Jahre 2009 zu produzieren wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Kein Studio würde das Material in dieser Form auch nur mit einem Stock berühren, spätestens nach „Columbine“ sind (selbst-)mordlustige Schüler ein absolutes Tabu-Thema in der amerikanischen Popkultur, selbst unter dem schützenden Schirm der Satire ist da kaum noch Bewegungsspielraum. Schon 1988 verursachte „Heathers“ einen Sturm im Wasserglas wegen des satirischen Umgangs mit dem Thema Teenager-Selbstmord. Dazu kettenrauchende Teenager, surreal-psychedelische Traumszenen und reichlich makabere Real-Satire machen den Film zum Alptraum für jede Standards-and-Practices-Abteilung eines Filmstudios. Dabei zeigt kaum ein anderer Film wie „Heathers“ in amüsanter Weise, welch höllisches Erlebnis die Phase der Adoleszenz in amerikanischen High-Schools sein können und macht sich gleichzeitig genüsslich über vermeintlich „erzieherisch wertvollen“ Aufklärungs-Kampagnen lustig.
„Heathers“ hat die zwanzig Jahre zumindest an der Oberfläche nicht gut überstanden. Der Film ist auf den ersten Blick unglaublich „dated“, seien es die Klamotten oder die Ausdrucksweise (die allerdings teilweise sogar ausgehend von dem Film in den Alltagssprachgebrauch überging — „what’s your damage“?). Aber auch der Filmstil, das gemächliche „Tempo“ der Inszenierung ist heute nicht mehr vorstellbar. Heute müssten solche Filme viel flotter sein, viel hektischer geschnitten sein und vor allem die Scherzrate pro Minute extrem hinaufschrauben. Aber unter der Oberfläche ist „Heathers“ bis heute eine wunderbare Satire auf den zuweilen übersteigerten Wahn nach „political correctness“.
Auch jenseits von diesen „gesellschaftskritischen“ Punkten ist „Heathers“ ein großer Filmgenuss für Freunde der 80er-Kultur. Besonders fällt eine erschreckend junge Winona Ryder ins Auge (gerade mal 17 Lenze, kurz nach ihrem Durchbruch mit „Beetlejuice“, und noch Jahre entfernt von ihrem „Generation X“-Kultstatus mit „Reality Bites“). Schon damals beeindruckt ihre unverkrampfte und muntere Schauspielerei. Ich musste nun erstmal wieder ihren IMDb-Eintrag studieren, um rauszukriegen, was die Frau in den letzten 10 Jahren eigentlich so gemacht hat. Nach ihrem „Konflikt“ mit einem Kaufhaus-Detektiv so um 2001 war sie komplett von der Bildfläche verschwunden, inzwischen hat sie aber wieder den Weg zurück nach Hollywood gefunden. Der nicht minder junge Christian Slater zeigt in seiner Rolle als grenzgängerischer Rebell eine verblüffende Ähnlichkeit zu Jack Nicholson.
Fazit: „Heathers“ ist auch nach zwanzig Jahren ein kleines, bitterschwarzes Juwel der Teenage-Angst-Filmgeschichte. Die Mutter aller „Mean/Gossip Girls“ und „Junos“. Zu empfehlen ist die 20th Anniversary Reunion DVD, da sie neben einem Audiokommentar auch zwei Featurettes aus den Jahren 2001 und 2008 enthält. Die Geschichte der Entstehung des Films und sein holpriger Weg zum Kultstatus, die in den Featurettes erzählt werden, sind mindestens so interessant wie der Film selbst.
Weil alle Trailer mehr oder weniger Schrott sind, hier ein Ausschnitt.
26. Januar 2009 um 21:51 Uhr
Kennst du eigentlich Pump Up The Volume von 1990? Einer meiner Lieblingsfilme aus der damaligen Zeit, auch dank des hervorragenden Soundtracks.
26. Januar 2009 um 22:23 Uhr
Jau, kenne ich, der ist in der Tat einer der besten Filme seiner Zeit, der Christian Slater auch endgültig zum Star machte. Dabei fällt mir ein, dass ich den schon lange nicht mehr gesehen habe. Muss ich mir gleich mal wieder vormerken.
27. Januar 2009 um 00:38 Uhr
Ich würde ja diese Box empfehlen – enthält die DVD und die regionalcodefreie Blu-Ray (steht auf der Rückseite der Box und in den Customer Reviews).
27. Januar 2009 um 07:16 Uhr
Da werden Erinnerungen wach. Erstmals gesehen, als der Film auf Premiere lief und dem Sender einen Tag lang die Verschlüsselung ausgefallen war.
Mehrere Jahre lang nachts auf nächtlichen überlandfahrten einen Beifahrer im Auto gehabt, der von der Idee Kühe umschmeißen geradezu begeistert war – aber ich wollte nie anhalten 😉
27. Januar 2009 um 12:04 Uhr
@tokra: Auf diese Box hatte ich auch mit einem neidischen Blick geschielt, mich aber dann doch für die $30 billigere „normale“ Special-DVD entschieden. Vor allem da ich mir nicht mehr sicher war, ob „Heathers“ wirklich noch so gut war, wie ich es in Erinnerung hatte 🙂
1. März 2009 um 14:53 Uhr
@ bmk: Ich habe Heathers auch nur durch Zufall an diesem denkwürdigen 1. August ’92 kennengelernt als Premiere nix verschlüsselt gesendet hat. Seitdem bin ich ein riesiger Heathers-Fan und habe letzten Dezember auch bei Ebay bei der neuen Locker-Edition Box zugeschlagen die zufällig ein deutsches Mitglied angeboten hat. Die „Cow-Tipping“-Szene fand ich immer zum Schießen aber in echt ist das glaub ich nicht so lustig, vor allem nicht für die Kühe selbst aber im Film sieht man glaub ich das dort nur ein Pappkamerad umgestoßen wird.
28. August 2009 um 11:25 Uhr
Und noch ein Remake: “Heathers”…
Liebes Tagebuch: Auf der Suche nach unnötigen Remakes ist man bei den großen Studios wohl mittlerweile beim Buchstaben “H” und dem Jahr 1988 angekommen: Fox und Sony TV wollen laut Variety nach 20 Jahren “Heathers” wiederbeleben…
22. April 2012 um 17:29 Uhr
Der Film ist brilliant!!
Übrigens, er kommt am 26.4.2012 kommt er auf Tele 5, um 1:50 mogens aber.. Aber wer in den Genuss dieses Filmes kommen will, sollte es nicht verpassen.