Posts Tagged ‘Webserien’


The Guild

Montag, 21. Januar, 2013

Den TV-Serien im Web-Trend verfolge ich nun schon einigen Jahren und ich muss zugeben, ich hatte gedacht, dass wir im Jahre 2013 schon ganz andere Vermarktungs- und Geschäftsmodelle für webbasierte Online-Serien haben als 2008. Aber das Netz hat sich in dieser Hinsicht langsamer entwickelt als (von mir) gedacht. Kaum zu glauben, aber quarterlife und Dr. Horrible sind nun schon fast 5 Jahre her und es fehlt auch weiterhin ein Zeichen, dass Web-Produktionen in nächster Zeit ernsthafte Konkurrenz für das altmodische TV-Verteiler-Modell sein würden — zumindest auf dem Massenmarkt.

Netflix hat immerhin Staub aufgewirbelt, als es ankündigte, neue Episoden von „Arrested Development“ zu produzieren und (auch) online zu vertreiben (alle 13 Episoden kommen im Mai 2013). Hulu produziert nun auch eigenen Content. Zumindest als Vertriebsweg läuft das Web in Form von Video-Downloads auf Netflix, iTunes, Amazon & Co. dem klassischen DVD-Verleih/-Versand immerhin langsam den Rang ab.

Den Nischenmarkt hingegen haben kleine Webserien insbesondere in den letzten beiden Jahren still und leise erobert.
Den Titel „Königin der Web-Serien“ hat sich dabei das unternehmungslustige Multi-Talent Felicia Day erobert. Ursprünglich nur bekannt als „die Rothaarige aus der finalen Buffy-Staffel“ hat sie inzwischen ein kleines Webvideo-Imperium namens Geek and Sundry auf der YouTube-Plattform aufgebaut.

theguild
Doch begonnen hatte alles mit einem Script für eine TV-Serie, das Felicia wie in dem TV-Business üblich über ihren Agenten an Studios zu platzieren versuchte. Doch kein Studio biss an und so nahm sie es eines Tages mit Hilfe aus ihrer Improv-Klasse einfach selbst in die Hand: Eine Home-VideoCam, ein paar Wohnzimmer und Ersparnisse sowie ein YouTube-Account genügten 2007 für die Produktion der ersten drei Episoden von „The Guild„.
Die Serie hat einen leichten autobiographischen Touch: Es geht um eine Gruppe von Online-Spielern einer World of Warcraft-ähnlichen Spielwelt. Feliciy Day war selbst jahrelang eine eingefleischte „World of Warcraft“-Spielerin und liess sich von ihren Erlebnissen in der virtuellen Welt inspirieren. Die Serie gewann schrittweise Fans und als die Show eines Tages auf der YouTube-Startseite beworben wurde, flossen Kleinstspenden von Fans zur Produktion weiterer Folgen in Strömen.

Inzwischen sind mehr als fünf Jahre vergangen, „The Guild“ hat sechs Staffeln mit jeweils etwa 10 Episoden zu je knapp 10 Minuten abgeschlossen und ist mittlerweile ein richtig erfolgreiches Projekt, das Felicia Day auch dazu animierte, Musikvideos, Comics und weitere YouTube-Webserien-Produktionen in Angriff zu nehmen. Die Serie hat dabei ein erstaunlichen Reifeprozess durchgemacht, selten kann man so deutlich sehen, wie eine Produktion von Episode zu Episode inhaltlich, handwerklich und vermarktungstechnisch professioneller wurde. „The Guild“ hat die HomeVideoCam-Zeiten längst hinter sich gelassen und ist inzwischen eine sauber produzierte Profi-Show. Finanziert wird die Unternehmung dabei zeitweise durch eine (mittlerweile aufgekündigte) Kooperation mit Microsoft, Product Placement, DVD-Verkäufen und sonstigen Werbeeinnahmen.

Inhaltlich ist die Serie wohl nicht nur für Gamer unterhaltsam. Die Charaktere sind gutmütig überzeichnet und nehmen die Online-Gamer-Welt mit einem sympathischen Augenzwinkern auf die Schippe, ohne sich auf billigen Nerd-Witzen und Klischees auszuruhen. Die Show ist sicherlich vom Prinzip her eine einfache Comedy, die wohl nie im Leben auf einem etablierten TV-Network eine ernsthafte Chance gehabt hätte. Doch Felicia Day gelingt in der Personalunion von Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin ein liebenswertes Porträt einer schrägen Truppe und ihrer zuweilen bizarren Abenteuer. Trotz der zunehmend professionelleren Inszenierung merkt man natürlich immer noch das Mini-Budget an allen Ecken und Enden — der Vergleich mit einer „echten“ TV-Produktion wäre also schon nicht nur angesichts der kurzen Laufzeit unangebracht und unfair. Felicia Day bietet immer wieder sympathische Momente der Charaktere auf, die andere Schwächen wettmachen. Dazu gesellen sich bekannte Gesichter in Gastrollen, die einen kleinen Oha-Faktor liefern (Wil Wheaton, Simon Helberg, Zachary Levi, Nathan Fillion,… nur Joss Whedon fehlt noch ;-). Vielleicht wird „The Guild“ nicht als hochqualitative Serienproduktion in die Geschichtsbücher eingehen, aber sicherlich als eine der ersten Produktionen, die das Web-Kurzformat als seriöse Erzählform etablierte und hoffentlich den Weg für zahlreiche Nachfolger ebnete.

Die sechste Staffel lässt durch ein „book ends„-Finale erahnen, dass dies durchaus das Ende von „The Guild“ sein könnte, aber die Vermutung gab es auch schon bei früheren Staffeln. Ich würde jedenfalls auch in eine siebte Staffel reinschauen … und bis dahin vertreibe ich mir halt die Zeit mit anderen „Geek & Sundry“-Produktionen 😉

The Guild online: http://www.watchtheguild.com/
Geek & Sundry YouTube: https://www.youtube.com/user/geekandsundry

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Strike.tv

Samstag, 1. November, 2008

Vor knapp einem Jahr begann der amerikanische Autorenstreik, der fast 100 Tage lang Hollywood lahmlegte. Während des Streiks suchten viele Autoren nach möglichen alternativen Verwertungsmodellen jenseits der etablierten Vertriebsstrukturen über die Produktionsstudios und TV-Networks. Große Hoffnungen wurden dabei auf das Internet und Videoplattformen wie YouTube gesetzt. Jedermann mit einer Videokamera, Internet-Anschluss und einer Idee kann mit vergleichsweise wenig Kosten und Aufwand ein breites Publikum erreichen, ohne auf die großen Hollywood-Studios angewiesen zu sein. YouTube-Hits wie „LonelyGirl15“ waren nur die ersten Vorboten dieser leisen „Revolution“. Jenseits der bekanntesten Vertreter wie „quarterlife“, „The Guild“ oder „Dr. Horrible“ gibt es mittlerweile eine Fülle von kleinen Independent-Webproduktionen. Deutlich gesunkene Preise für HD-Kameras und leistungsfähigere HD-Videoschnittsoftware für PC machen aber auch technisch anspruchsvollere Produktionen einfacher finanzierbar als noch zu Beginn des Jahrtausends.

Schon während des Streiks schlossen sich einige engagierte Autoren und TV-Kreative spontan zusammen, um kleine Protest-Webclips zu produzieren. Viele Pläne für zukünftige Webserien wurden unter den Streikenden geschmiedet, aber wie es nun mal so ist mit großen Plänen: Meist nur ein kleiner Teil wird je realisiert. Der Streik ist nun lange vorüber, viele Autoren haben wieder einen Job und der Rest bereitet sich auf die nächste Pilot-Season vor — der Alltag ist wieder in Hollywood eingekehrt. Aber dennoch hat sich einiges geändert: Mit kleinen, kostengünstigen Webserien haben insbesondere jobsuchende Autoren nun eine weitere Möglichkeit, sich einen Namen zu machen und ihre kreativen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Und nicht für alle Menschen in Hollywood ist nach dem Streik wieder Alltag eingekehrt: Nicht nur Autoren haben ihre Anstellung verloren, auch viele einfache Arbeiter „below the line“, Setdesigner, Caterer, Techniker, Kameraleute, usw. haben mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen oder spüren noch die Folgen des mehrwöchigen Produktionsausfalls zu Beginn des Jahres.

Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden will nun Strike.tv: Eine Publikationsplattform für Independent-Webserien, deren Werbeeinnahmen alle einem guten Zweck zu Gute kommen. Dort stehen nun eine Handvoll Web-Produktionen zum Abruf zur Verfügung, weitere sollen in den nächsten Wochen regelmäßig ergänzt werden. Dabei handelt es sich zum größten Teil um kleine Produktionen von bekannten TV-Persönlichkeiten, aber auch erste Gehversuche von Newcomern. Die technische Qualität kann erwartungsgemäß nicht mit großen Multi-Millionen-Network-Produktionen mithalten und meist handelt es sich auch nur um kurze, 10 minütige Werke gespickt mit Werbung für Gleitmittel. Zudem ist fast durchweg bisher nur jeweils eine Folge abrufbar. Dennoch ist Strike.tv ein erneutes Beispiel dafür, wie sich allmählich ein neuer, vielversprechener Vermarktungsweg über das Internet etabliert.

Hier ein kurzer Überblick über die zur Zeit verfügbaren Produktionen auf strike.tv:

Global Warming
Kristen Wiig (SNL) und Aasif Mandvi (The Daily Show) in einer globalen Lovestory zwischen einer Amerikanerin und einem „out-sourced“ IT-Support-Mitarbeiter aus Indien. Etwas hölzern, bizarr und nur in wenigen Szenen amüsant.

With the Angels
Ein junges Mädel aus einem kleinen ländlichen Örtchen in Arkansas stürzt sich in das High-Life von Kalifornien. Die Serie (von der es bereits drei Folgen gibt) ist komplett aus der Perspektive der Hauptperson erzählt, die eine Art Videotagebuch führt. Sehr melancholisch und träge.

Unknown Sender
In der ersten Folge dieser vermeintlich „gefundenen Videotapes“ will ein Mann (Timothy Dalton („007“)) ein Videotestament verfassen, aber es läuft nicht so ganz nach seiner Vorstellung. Wie viele dieser Strike.TV-Videos wird hier ein 5-Minuten-Video um einen einzigen Gag gestrickt (okay, vielleicht auch zwei). Erinnert ein wenig an die freitäglichen Comedy-Clip-Shows auf Sat.1, nur besser besetzt.

Life in General + Greenville General
Im Grunde eine mäßige Kopie von „Moving Wallpaper“/“Echo Beach“, nur diesmal auf eine Krankenhaus-Soap bezogen.

Daryl From OnCar
Am Anfang ganz witzig, aber dann ging den Autoren der Saft für eine ordentliche Punchline am Ende des Videos aus. Auch wieder so ein Comedy-Clip.

House Poor
Mindy Kaling („The Office“) als frische Hausbesitzerin, die mit allen Mitteln versucht, Geld zur Finanzierung des Hauskauf aufzutreiben. Schöner unkorrekter Humor, der an den „Office“-Stil erinnert, aber auch etwas zu lang. Busy Philipps in einer Nebenrolle.

5 Or Die
Fällt etwas aus dem üblichen Rahmen der anderen StrikeTV-Produktionen heraus: „The Ring“ auf das Internet-Zeitalter übertragen. Ein Amateur-Gore-Fest, wirklich nur für Fans des Genres.

The Challenge
Sitcom-Urgestein Bob Newhart in einem viel zu langen und amateurhaften Comedy-Bit. Aber es ist ja für einen guten Zweck…

Joe & Kate
„Szenen einer Ehe“. Herrlich kurz und knapp — wenn man schon Comedy-Webclips produziert, dann bitte so.

Side Effects
Ein depressiver Mann (Arye Gross) will in einer Apotheke Schlaftabletten kaufen. Vielleicht der beste Kurzfilm im Angebot von Strike.tv: Technisch sauber umgesetzt, mit einer schönen Story und guten Schauspielern.

 

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