Dank eines kleinen privaten „Angel“-Marathons habe ich es endlich geschafft, die Season 5 der Serie in relativ kurzer Zeit „duchzuarbeiten“. Und es hat sich wirklich gelohnt. Solche Arc-Shows wie „Angel“ (in denen die Handlung über mehrere Episoden oder gar ganze Staffeln weitergeführt wird) kann man meiner Meinung nach um so besser geniessen, wenn man sie möglichst zeitnah — und vor allem ungespoilert — an einem Stück sieht. Man sollte aber wohlgemerkt darauf verzichten, mehr als 3-4 Episoden pro Tag verdauen zu wollen, denn das resultiert auch bei den besten Serien in Ermüdungserscheinungen…
Wie auch immer, Season 5 von „Angel“ hat mich tief beeindruckt. Obwohl die Show mehr als 100 Episoden produziert hat und das „Buffyverse“ nun so um die 11 Staffeln „alt“ ist, wurde „Angel“ auch in der letzten Serienstaffel nicht eintönig oder vorhersehbar. Die Show hat es geschafft — vor allem dank der exzellenten Autorenriege rund um Joss Whedon, Jeffery Bell, Tim Minear und David Greenwalt — sich trotz zahlreicher Neuorientierungen, Zugeständnissen an die WB-Senderleitung und einer hohen Hauptdarsteller-Fluktuation sich selbst treu zu bleiben und die Fans zu begeistern. Zwar hatte auch die fünfte Staffel schwache Episoden („Why We Fight“ sowie „The Girl In Question“ gefielen zumindest mir nicht sonderlich), aber die sehr guten Episoden, die in allen Aspekten von Drehbuch über Regie hin zur Darstellerleistung überzeugten, überwiegten bei weitem. Dazu die für das Buffyverse typischen „Special episodes“, die ich gerne auch „Oh.My.God.-Episoden“ nenne — eben Episoden, bei denen man ständig in tiefster Überraschung/Begeisterung/Schock/Lachanfall nur noch ein erfurchtvolles „Oh.My.God.“ hervorbringt 🙂 Beispiele bei „Buffy“ waren „The Body“, „Hush“ und das „Once More With Feeling“-Musical. Season 5 von „Angel“ hat solche Szenen eigentlich fast in jeder Episode, nicht zuletzt dank des teilweise höchst amüsanten Wortwitzes und Anspielungen in den Dialogen. Dennoch ragen drei Episoden heraus: Die überraschend flauschige „Smile Time“, das markerschütternde „A Hole in the World“ aus der Hand von Joss Whedon sowie das bombastige Serienfinale „Not Fade Away“.
Beeindruckend ist auch die breite Vielfalt der Episodentypen. Da gibt es Comedy-Episoden („Life of the Party“, „Smile Time“), hochmelancholische Episoden („A Hole in the World“) , actionlastige Episoden („Why We Fight“) sowie Episoden, die einzelne Nebencharaktere in den Vordergrund stellen und ihre Geschichte erzählen („Harm’s Way“, „The Cautionary Tale of Numero Cinco“). Dazu ein nicht enden wollender Einfallsreichtum der Autoren kombiniert mit exzellenter Schauspielerleistung. Insbesondere James Masters („Spike“) und Amy Acker („Fred“) dürften sich zumindest eine Emmy-Nominierung abholen, wenn ich was zu sagen hätte 😉
Und dennoch wurde die Show nun abgesetzt. Wie man hört, war die Show „zu alt und im Weg“ für neue, junge, hippe (Reality-)shows. Die ursprünglich für den Herbst geplante Serie „Dark Shadows“, das eigentlich als „Angel-Killer“ entwickelt wurde, erwies sich noch vor den Upfronts als Flop. Das Network mit dem Frosch störte sich zudem an den Arc-Storylines — angeblich können und wollen Zuschauer solchen langen, mehrere Episoden überspannende Handlungsbögen nicht folgen – ein Problem, das auch schon J.J. Abrams zur „Neuerfindung“ seiner Serie „Alias“ zwang. Dazu die eher düstere Stimmung von „Angel“, die sich auch im Serienfinale erneut manifestierte im Gegensatz zum Happy End Charakter der „Mutter-Serie“ „Buffy“.
Es gibt zwar einige Gerüchte rund um eine angebliche sechste Staffel von „Angel“ auf NBC, „made-for-TV“ Movies auf WB, Spike&Illyria-Spin-Offs, aber größtenteils werden diese Gerüchte von Fanboard zu Fanboard weiter aufgebläht und verfälscht bis hinterher der wahre Kern der Meldung vollkommen verloren gegangen ist. Also große Hoffnungen sollten sich die Angel-Fans lieber nicht machen. Stattdessen gibt es berechtigten Grund zur Hoffnung auf neue, interessante und „mindblowing“ Shows aus den Federn der ehemaligen Buffyverse Autoren. Schon alleine die Mitwirkung von Jane Espenson an „True Calling“ macht die Show im Herbst gleich um ein mehrfaches sehenswerter.
Nun noch ein paar weitere spoilerhaltige Anmerkungen zu der finalen „Angel“-Staffel (mit der Maus markieren)Mein persönliches Highlight dieser Staffel war ganz eindeutig das Fred-Wesley-Illyria-Dreieck. Freds Tod hat in bester „The Body“-Manier gigantischen Gänsehaut-Effekt – auch beim wiederholten Anschauen. Das Einbetten dieser Episode in die Geschichte rund um Winnifreds Auszug von Zuhause war schlichtweg perfekt. Ich wollte zunächst nicht glauben, dass der „runderneuerte“ Amy Acker Charakter funktionieren würde, aber die Autoren und vor allem Amy Acker hat mich vom Gegenteil überzeugt. Wenn sie beim Besuch von Freds Eltern mehrmals in einer Szene von Fred zu Illyria und zurück wechselt, dann bleibt einem nur das schon erwähnte „Oh.My.God“… Und die nachfolgende Entwicklung von Illyria war zwar zunächst sehr holprig, aber kumulierte in einem grandiosen Finale. Die Szene im Finale, in der der sterbende Wesley schließlich Illyria erlaubt, ihn zu belügen, gehört für mich zu den beeindruckensten Szenen in elf Staffeln Buffyverse. Und Amy Acker ist auch als Über-Schlumpf einfach Eye-Candy pur ;-).
Ein weiteres Highlight: Spike/Angel. Spikes Charakter hat die Serie ungemein bereichert, er lieferte unzählige bissige und zitierwürdige „One-Liners“, die mir immer wieder ein breites Grinsen abforderten. Da fehlte dann Cordelia auch kein bisschen mehr. Obwohl, ihr kurzer „You’re welcome“ Auftritt war auch wieder einer dieser „Oh.My.God“-Szenen. Auch der von mir in früheren Staffeln so verhasste Connor passte plötzlich wunderbar in die Show. Ex-„Firefly“ Adam Baldwin als Wolfram&Hart-Vermittler war ebenfalls perfekt gecastet. Negativ fiel mir vor allem die „Suche nach Buffy“-Episode auf. Sie wirkte unzusammenhängend, schlecht getimed und auch ein echter Auftritt von Sarah Michelle Gellar hätte diese Storyline nicht mehr retten können.
Das Finale: Ein echtes Joss Whedon Meisterwerk, auch wenn er wegen den Vorarbeiten an „Serenity“ nicht alleine das Heft in der Hand hatte. Wie üblich gehen die erschreckensten Szenen in „Angel“ mit dem Gebrauch einer Schusswaffe einher. Wenn Lorne Lindsay erschiesst, kräuseln sich die Nackenhaare. Der finale Showdown dann in der markanten Strasse (die auch immer in den Credits zu sehen war) passte perfekt zu der ganzen Serie. Kein glückliches Happy End, sondern die Serie endet mit den Helden, die sich trotz der Aussichtslosigkeit in einen Kampf stürzen, der — selbst wenn sie gewinnen sollten — an der Gesamtsituation nicht viel ändern würde. A+!