Am 25. Mai 1992 übernahm Jay Leno die „Tonight Show“ von der TV-Legende Johnny Carson. Fast exakt 17 Jahre später, am 29. Mai 2009, wird Jay Leno zu letzten Mal als Gastgeber der NBC-Talkshow auftreten und seinem Nachfolger Conan O’Brien das Zepter (und die Quotenkrone) übergeben. Diese Termine gab NBC heute offiziell bekannt.
Der designierte Thronfolger O’Brien wird nach aktuellen Gerüchten wiederum bereits etwa sechs Monate zuvor seine aktuelle Show „Late Night with Conan O’Brien“ in New York an den Nagel hängen und die Zeit nutzen, um sich und sein Team auf die neue Aufgabe in Los Angeles vorzubereiten. Auch sein Nachfolger der „Late Night“-Show steht bereits fest: Jimmy Fallon („Saturday Night Live“) wird vermutlich im März 2009 mit dem Format auf Sendung gehen.
Ich blicke mit recht gemischten Gefühlen auf diesen schon seit Jahren angekündigten Generationswechsel bei NBC. Dass Jay Leno ein recht „weichgespülter“ Gastgeber ist/war, steht wohl außer Zweifel. Aber er kam bei der großen Masse der Zuschauer bestens an — selbst als er während des Autorenstreiks Anfang des Jahres ohne Autoren auskommen musste, hatte er bessere Quoten als sein ärgster Konkurrent David Letterman bei CBS (der nicht auf seine Autoren verzichten musste).
O’Brien hingegen ist ein ganz anderes Kaliber. Er liebt es, herumzualbern und auch mal gelegentlich die Grenzen der „political correctness“ auszutesten. Seine Sketche sind oftmals bizarr und er lebt von der Improvisation — seine Sendungen ohne Autoren Anfang des Jahres waren wohl vielleicht seine besten „Late Night“-Ausgaben überhaupt. Und genau das mag ich an seiner Show.
Wenn er nun aber die „Tonight Show“ übernimmt, wird er zwangsläufig einen Gang zurückschalten müssen und womöglich genau das verlieren, was seinen Stil bisher auszeichnete. Ein „Masturbating Bear“ in der heiligen Halle der „Tonight Show“? Undenkbar. Stattdessen wird Conan nicht umherkommen, „tolle“ Tiertricks zu zeigen und „Americas Greatest Inventors“-Einspieler anzumoderieren. Dadurch wird er einen Teil seiner bisherigen Fans verlieren, gleichzeitig werden die ehemaligen Leno-Zuschauer ihm sicherlich mit Zurückhaltung begegnen.
O’Brien wird sicherlich frischen Wind das Format bringen und es vielleicht ähnlich sehenswert wie Lettermans „Late Show“ machen können (wobei aber auch Letterman schon bessere Jahre hatte), aber die Zeiten des zuweilen anarchistischen O’Brien sind sicherlich ab 1. Juni 2009 vorbei. Und ich könnte wetten, dass die Zuschauerzahlen am Anfang stark einbrechen werden. Ob er jemals eine Institution wie Letterman oder Leno (ganz zu schweigen von Carson) werden wird, darüber wage ich noch nicht mal eine Vermutung. Aber 1992 wehte Leno ähnlich starker Gegenwind ins Gesicht.
Bleibt die Hoffnung, dass Jimmy Fallon eine vernünftige Wahl für die Nachfolge von Conans Show in New York ist.
Und mindestens ebenso nervös wird NBC beobachten, welchen zukünftigen Karriere-Weg Jay Leno ab 2010 einschlagen wird. Gerüchten zufolge will er auf jeden Fall weg von NBC und bei ABC sowie FOX umwirbt man den Quotenkönig schon seit Monaten. Nichts wäre schlimmer für Conans „Tonight Show“ als ein Konkurrent namens Jay Leno bei ABC zur gleichen Sendezeit.