Posts Tagged ‘Autorenstreik’


Die Autoren schreiben wieder

Mittwoch, 13. Februar, 2008

Nachdem die meisten Showrunner bereits am Montag ihre Arbeit wieder aufgenommen haben, werden am heutigen Mittwoch nach knapp 100 Tagen Streik auch die meisten anderen Autoren wieder in die Normalität zurückkehren. Über 92% der Gewerkschaftsmitglieder stimmten in den vergangenen zwei Tagen für ein Ende des Streiks. Nun steht noch die Urabstimmung über die Annahme des neuen Vetragswerks aus, aber sie dürfte wohl eine ähnlich hohe Zustimmung finden.

Wirklich „normal“ dürften die kommenden Arbeitswochen für viele Autoren jedoch dennoch nicht sein. Das Verhältnis zwischen Studios und Autoren ist nach dem erbitterten Arbeitskampf angespannt und zudem wurden zahlreiche langfristige Verträge von den Studios unter Berufung auf höhere Gewalt in den vergangenen Wochen gekündigt (was für die Studios natürlich ein finanziell lukrativer Nebeneffekt des Streiks war). Es gibt zwar eine Absprache zwischen Autorengewerkschaft WGA und den Studios, dass alle während dem Streik gekündigten Autoren wieder eingestellt werden sollen, aber inwieweit davon auch diese „development deals“ betroffen sind, ist fraglich.

Anderen Autoren und TV-Produktionen steht jetzt eine Menge Stress bevor: Innerhalb kürzester Zeit muss nun die TV-Serien-Maschinerie wieder in Schwung gebracht werden, denn das Ende der Season ist nur noch drei Monate entfernt. Der Futoncritic hat eine sehr ausführliche Übersicht über die Planungen der einzelnen Networks. Man kann in etwa folgenden Trend erkennen: Neue Serien mit einigermassen guten Quoten („Chuck“, „Pushing Daisies“, „Sarah Connor“, „Dirty Sexy Money“ etc.) werden diese Season keine neuen Episoden mehr zeigen, aber bereits für den Herbst vorproduzieren. Neue Serien mit schwachen Quoten („Bionic Woman“, „Journeyman“ etc) kommen nicht wieder zurück (duh! ;-). Ältere Serien werden in der Regel noch 4 bis 7 Episoden bis Mitte Mai ausstrahlen (Ausnahmen wie „Heroes“ bestätigen die Regel). Mit den ersten Episoden kann man im Laufe des März rechnen.

Und ich hoffe, dass das nun der letzte Eintrag zum Thema „Autorenstreik“ im sablog war ;-). We’ll return to our regularly scheduled programming any moment now.

Autorenstreik: Entwurf für Tarifvertrag liegt vor

Samstag, 9. Februar, 2008

Variety meldet, dass der Entwurf für einen neuen Tarifvertrag zwischen den Autoren und den Studios endlich vorliegt. Er ist inzwischen auch im Web verfügbar (PDF). Die Veröffentlichung findet regelrecht in letzter Minute statt — beide Parteien haben bis spät in die Nacht an den Details gefeilt und das Dokument wurde um 3 Uhr (Ortszeit) per E-Mail an alle Mitglieder verschickt.

Am heutigen Samstag will das Verhandlungsteam der Autorengewerkschaft die Mitglieder auf Vollversammlungen über den Deal informieren und eventuell bereits eine erste Abstimmung durchführen. Dann könnte das Streikorganisations-Team bereits morgen den Streik offiziell beenden. Endgültig angenommen wird der Vertrag in jedem Fall aber erst in einer späteren Urabstimmung.

Einige der wesentlichen Eckpunkte:

– Autoren erhalten 1,2% der Einnahmen der Distributoren (nicht der Produzenten) für zeitbeschränkte Miet-Downloads (Rentals)
– Bei zeitlich unbeschränkten Downloads: 0,36% der Einnahmen der Distributoren für die ersten 100.000 Downloads, danach 0,7%.
Streaming von Filmen: 1,2% der Werbe-Einnahmen der Distributoren
– Streaming von alten Serien (älter als 1 Jahr): 2% der Werbe-Einnahmen der Distributoren
– Streaming von neuen PrimeTime-Serien: in den ersten 17 Tagen (24 Tage für Pilotepisoden) nach Ausstrahlung im TV gibt es keine Zahlungen. Danach wird’s kompliziert. 2008 und 2009 erhalten die Autoren eine feste Summe von $654 (2008) bzw $677 (2009) pro 26-Wochen-Zeitraum für Full-Hour-Serien. Ab 2010 erhalten die Autoren ab dem 18. Tag direkt 2% der Einnahmen der Distributoren. Dabei werden im Tarifvertrag allerdings seltsamerweise die Einnahmen der Distributoren mit $40.000 bei einer Full-Hour-Serie vorweggenommen: Die Autoren erhalten also in diesem Fall $800 pro 26-Wochen-Zeitraum. Kein Ahnung, ob das nur ein Beispiel sein soll oder eine Art Mindestbetrag. Bei Half-Hour-Serien gibt es in der Regel jeweils die Hälfte.
Werbe-Materialien: Studios können maximal 5 Minuten einer Serienepisode beliebig als Werbemittel verwenden ohne dass Zahlungen fällig werden. Falls Clips nicht zu Werbemittel eingesetzt werden, sind aber Zahlungen von bis zu 1,2% fällig. Ausdrücklich ausgeschlossen werden von dieser kostenlosen Promotions-Regel Archiv-Websites, die komplette Episoden zum Anschauen anbieten, auch wenn die einzelnen Clips nicht die Fünf-Minuten-Regel überschreiten. Als Beispiel wird sogar dailyshow.com genannt — dieses Angebot ist demnach kein Werbematerial, sondern fällt unter die Rubrik „Streaming von Serien“.
– Es gibt nun genaue Regelungen auch für „Made-For-New-Media„-Produktionen (also Serien wie „Quarterlife“). Auch diese Produktionen fallen ausdrücklich unter den Einflussbereich der WGA.
– Es gibt keine Erwähnung von Animated oder Reality TV.

Weitere Details:
– Product Integration: The company will consult with the showrunner when a commercial product is to be integrated into the storyline of an episode of a dramatic series.
– Television Recap Clips: The total length of clips that can be used to recap the story in a 60-minute or longer program is extended from 90 seconds to 3 minutes before requiring payment.

Erster Eindruck:
Zumindest die finanziellen Absprachen bzgl. Internet-Downloads und -Streams ähneln sehr stark dem neuen Tarifvertrag der Regisseure (DGA). Das 17-Tage-Fenster beim Internet-Streaming wird wohl der größte Brocken sein, den die WGA-Mitglieder zu schlucken haben. In diesen ersten ein bis zwei Wochen dürfte eine Serie im Internet am populärsten sein und die größten Einnahmen bringen. Gerade in diesem Zeitraum gehen die Autoren aber komplett leer aus. Zwar ist die komplexe Regelung nach diesem 17-Tage-Fenster etwas lukrativer als die der Regisseure (die bekommen nur knapp $600), aber dennoch dürfte das viele Autoren nicht zufriedenstellen. Immerhin hat man sich auf klare Regelungen bzgl. Verwendung von Serienepisoden als vermeintliches Werbematerial geeinigt. Ganz fallen gelassen wurde wohl jeglicher Anspruch der WGA auf Autoren-Leistung im Animated- und Reality TV.

Was passiert nach dem Streik?

Freitag, 8. Februar, 2008

Aber bevor man sich nun in “was wäre wenn”-Planungen ergeht, sollte man erst einmal den Samstag abwarten“ schrieb ich noch vor zwei Tagen, aber Ausiello & Co. sind wie üblich schon einen Schritt weiter. Bei TVGuide.com wurde flugs eine Liste mit Vermutungen zusammengestellt, aus der hervorgeht wie einzelne Serienproduktionen bei einem Streikende in der nächsten Woche wohl die restliche Season abschließen dürften.

Die meisten Shows werden nach Ausiellos Schätzungen noch 4-7 Episoden drehen, von denen aber in einigen Fällen in dieser Season nur noch drei gezeigt werden. Man sollte seine Angaben aber wirklich sehr, sehr vorsichtig behandeln — noch ist der Streik ja nicht mal beendet (Allerdings artet das langsam zu einem PR-Alptraum für die Autorengewerkschaft aus, denn man kann mittlerweile überall lesen, dass der Streik schon so gut wie zu Ende sei).

Hier die „wichtigsten“ Shows von Ausiellos Liste:

30 Rock
Expected to shoot 5 to 10 new episodes to air in April/May.

Chuck
No new episodes until fall.

Friday Night Lights
No new episodes expected for this season. Future TBD. (Wird wohl nicht wieder zurückkommen. Seufz.)

Heroes
TBD.

How I Met Your Mother
Expected to shoot 5 to 7 new episodes to air in April/May.

Life
No new episodes expected until fall.

Lost
Six pre-strike episodes remain. Six additional episodes could air this season.

The Office
Expected to shoot 5 to 10 new episodes to air in April/May.

Pushing Daisies
No new episodes until fall.

Scrubs
Four pre-strike episodes remain. Four additional episodes will likely be shot; unclear whether they’ll air on NBC or go straight to DVD.

Smallville & Supernatural
Four pre-strike episodes remain. Expected to shoot 3 to 5 additional episodes to air in April/May.

Terminator: The Sarah Connor Chronicles
Five pre-strike episodes remain. Future beyond that TBD.

WGA-Vollversammlung am Samstag

Mittwoch, 6. Februar, 2008

Was die Spatzen in den letzen Tagen von den Dächern pfiffen hat sich heute bestätigt: Das Verhandlungsteam der Autorengewerkschaft WGA hat gemeinsam mit den Vertretern der Studios die Eckpunkte für einen neuen Tarifvertrag herausgearbeitet.

Man hofft bis Samstag konkretere Daten vorlegen zu können und hat daher für diesen Tag jeweils in New York und Los Angeles Vollversammlungen der Gewerkschafts-Mitglieder einberufen. Dort könnte es eventuell sogar schon zu einer Abstimmung über die Annahme des neuen Vertragswerks kommen — möglicherweise würden die Autoren dann bereits am Montag wieder ihre Arbeit aufnehmen (das wäre aber ein sehr optimistisches Best-Case-Szenario).

Da aber noch rein gar nichts an Details zu den neuen Tarifbedingungen an die Öffentlichkeit gelangt ist, dominiert derweil auch weiterhin Skepsis und bestenfalls vorsichtiger Optimismus in Hollywood. Selbst falls wirklich ein neuer Vetragsvorschlag auf dem Tisch liegt, bleibt die wichtige Frage, ob die Gewerkschafts-Mitglieder dem auch zustimmen werden.

Die aktuelle TV-Season steht im Moment jedenfalls ganz knapp auf der Kippe. Der 14. Februar wurde in den letzten Wochen oftmals als „Cut-off“-Termin angegeben, an dem die Season 07/08 endgültig abgeschrieben werden müsste. Käme es wirklich in den nächsten Tagen praktisch in letzter Minute zu einer Einigung, würde wohl in Hollywood auf jeden Fall hektische Betriebssamkeit ausbrechen. Man kann aber davon ausgehen, dass nicht alle Serien noch vor dem Sommer mit neuen Episoden auf den Bildschirm zurückkehren werden — die Networks und Studios werden über jede Show einzeln entscheiden. Aber bevor man sich nun in „was wäre wenn“-Planungen ergeht, sollte man erst einmal den Samstag abwarten. Danach dürfte die Situation hoffentlich etwas klarer werden.

Vorsichtige Hoffnung auf ein baldiges Streikende

Sonntag, 3. Februar, 2008

Es sieht wirklich so aus, als hätten sich die Studios und die Autorengewerkschaft in einigen kritischen Punkten angenähert. So melden es jedenfalls die wie üblich „ungenannten Quellen“ von Nikki Finke, der Los Angeles Times und der New York Times. Demnach hätte man sich auf einige grobe Eckpunkte eines neuen Vertragwerks geeinigt. Genauere Angaben sind aber noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Nun stehe allerdings die mindestens ebenso komplizierte detaillierte Ausformulierung in Juristenenglisch und das „Durchrechnen“ der bisher erst ungefähr abgesteckten finanziellen Absprachen an. Im besten Fall könnte bereits in einer Woche ein fertiger Tarifvertrag auf dem Tisch liegen. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass es gerade bei solchen Detailfragen oftmals noch zu großen Stolpersteinen kommen kann.

Viele Autoren sind trotz der zahlreichen positiven Gerüchte noch sehr skeptisch. Man befürchtet, dass es sich bei diesen Gerüchten um geschickt lancierte Meinungsmache der Studios handelt, um die Autoren in Sicherheit zu wiegen und sie dann kurz vor der „Ziellinie“ erneut zu überrumpeln.

Streik beendet für "Mad Men" und "Weeds"

Samstag, 26. Januar, 2008

Wenigstens mal eine kleine gute Nachricht von der Streikfront: Das Produktionsstudio Lionsgate hat sich gestern auch in die Liste der Studios eingereiht, die einen vorläufigen Tarifvertrag mit der WGA unterzeichnet haben. Unter anderem produziert Lionsgate auch die Serien „Weeds“ (für Showtime) und „Mad Men“ (für amc). Bereits am Montag wird „Mad Men“-Chefautor Matthew Weiner somit wieder die Arbeit aufnehmen und neue Episoden für seine Serie schreiben. Die zweite Staffel soll eventuell im Spätsommer 2008 ausgestrahlt werden.

Anderswo sieht es aber weiterhin nicht sonderlich rosig aus: Es wird zwar wieder zwischen den Studios und den Autoren verhandelt, aber die Networks haben ihre „Aufräumaktionen“ konsequent fortgesetzt und gleich dutzendfach neue Serienprojekte eingestampft. (Keine Angst, die Wahrscheinlichkeit, dass Whedons „Dollhouse“ oder Abrams‘ „Fringe“ auch eingestellt werden, ist sehr gering — das sind zu große Namen). Jeff Zucker denkt ferner bereits sehr laut über die Absage der Upfronts (nicht nur für dieses Jahr) nach. NBC will stattdessen lieber Einzelpräsentationen für gute Werbekunden durchführen.

Regisseure einigen sich mit Studios

Freitag, 18. Januar, 2008

Nach nicht mal einer Woche offizieller Verhandlungen hat sich die Gewerkschaft der Regisseure (DGA) mit den Studios (AMPTP) auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Auf unitedhollywood.com sowie dga.com findet man Einzelheiten zu den Eckpunkten der Einigung und auch erste vorsichtige Analysen des neuen vorläufigen Vertragswerks. Die Autorengewerkschaft WGA hält sich bisher mit einem offiziellen Statement zurück, man kann aber davon ausgehen, dass hinter den Kulissen momentan jeder einzelne Satz des Tarifvertrags genau analysiert wird. Diese Einigung der AMPTP mit den Regisseuren hat deshalb eine hohe Bedeutung, weil sie möglicherweise als eine Vorlage für die festgefahrenen Verhandlungen mit den Autoren und den noch anstehenden Gesprächen mit der Schauspieler-Gewerkschaft dienen könnte.

Überraschend ist neben der zügigen Einigung auch die Höhe der Zugeständnisse der Studios an die Regisseure im Bereich der Internet-Downloads (iTunes, Amazon unbox etc) sowie deren Berechnungsgrundlagen. So werden nun wie von WGA und DGA gefordert die (Werbe-)Einnahmen der Distributoren und nicht die der Produzenten als Grundlage genommen. Die Einnahmen der Distributoren dürften in der Regel deutlich höher sein, als das was sie an die Produzenten weitergeben. In den Verhandlungen mit der WGA hatten sich die Studios in diesem Punkt bisher noch unbeweglich gezeigt. Unklar ist allerdings noch, wie die Einhaltung dieser Absprache überprüft werden kann. Die Regisseure sollen demnach bis zu 0,7% der Einkünfte aus Internet-Downloads von TV-Serien erhalten, allerdings nur ab dem 100.001. Download. Für die ersten hunderttausend Downloads gibt es hingegen auch weiterhin nur die bisherigen 0,3%.

Auch im Bereich des werbeunterstützten Internet-Streamings (bspw. Hulu) gab es eine Einigung: In einem zeitlich gestaffelten Modell erhalten die Regisseure in den ersten drei Wochen gar nichts, im ersten Jahr danach maximal $600 bis $1200 pro Episode. Ab dem zweiten Jahr gibt es dann 2% der Einnahmen der Distributoren.

Was bedeutet das nun für den Autorenstreik? Die Studios haben sich heute bereits zu informellen Gesprächen (aber noch keine erneuten Verhandlungen) mit der WGA bereiterklärt. Die Position der WGA ist auf jeden Fall durch die rasche Einigung der Regisseure geschwächt — auf der anderen Seite haben die Studios aber auch einige Zugeständnisse gemacht. Man kann wohl davon ausgehen, das auch die WGA einen Tarifabschluss mit der AMPTP finden wird, der ungefähr im gleichen finanziellen Hausnummernbereich wie der DGA-Abschluss liegt. Die Frage ist nur, wann dies gelingt. Nach über zwei Monaten Streik setzen die WGA-Mitglieder immer noch (oder jetzt erst recht) hohe Erwartungen in das Verhandlungsteam der WGA und dort ist man sicherlich auch bemüht, das Gesicht zu wahren und nicht die im Vorfeld als „indiskutabel“ erklärten Modelle dann doch hinnehmen zu müssen. Eckpunkte wie die Ausweitung der WGA-Zuständigkeit auf den Reality-Bereich werden wohl die letzten großen Stolpersteine sein, da sich WGA und AMPTP bisher in diesem Punkt kaum nähergekommen sind und auch bei der Einigung zwischen Regisseuren und AMPTP kein Thema war.

Auf jeden Fall dürfte nun in die festgefahrenen Verhandlungen wieder Bewegung kommen und der DGA-Tarifvertrag bietet eine gute Diskussionsgrundlage — bis in den Herbst wird der Streik wohl nun hoffentlich nicht mehr dauern. Es ist aber ebenso sicher davon auszugehen, dass es noch einige Wochen dauern wird, bis der Streik beendet ist — eine rasche Einigung würde für die WGA wie eine Niederlage aussehen. Die Oscar-Verleihung Ende Februar dürfte folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch bestreikt werden — die WGA hat bereits angekündigt, dass es für diese Awardshow keine Ausnahmegenehmigung geben wird und die „Oscar“-Produzenten suchen bereits nach alternativen Auswegen. Auch die Serienproduktion dürfte selbst im besten Fall wohl kaum vor März wieder beginnen — eigentlich schon zu spät für die meisten Serien, um bis zum Ende der Season im Mai noch mehr als eine Handvoll Episoden zu produzieren. Auch die „Pilotseason“ wird wohl weitestgehend ausfallen und somit kaum neue Serien im Herbst an den Start gehen.

Das haben auch schon fast alle größeren Studios eingesehen und haben in dieser Woche in großem Umfang diverse Entwicklungsverträge mit Autoren unter Berufung auf „höhere Gewalt“ gekündigt. Bei ABC Studios soll fast ein Viertel der Autorenverträge beendet worden sein — allerdings vor allem Autoren mit so genannten „Talent Deals“, die zur Zeit nicht für eine laufende Serie beschäftigt waren. Betroffen waren unter anderem Barbara Hall („Joan of Arcadia“), Kevin Falls („Journeyman“), Gabe Sachs und Jeff Judah („What About Brian“). Diese Autoren sind nun offiziell arbeitslos und nicht mehr an ein Studio/Network gebunden. Sie werden nach dem Ende des Streiks auch nicht automatisch wieder eingestellt.

Insgeheim wartet auch wohl noch halb Hollywood darauf, dass Nikki Finke aus ihrem einwöchigen Erholungsurlaub zurückkehrt und ihren Senf zu diesem DGA-Abschluss preisgibt ;-).

Golden Globes: Gala abgesagt

Dienstag, 8. Januar, 2008

Wie erwartet wurde die Golden-Globes-Verleihung in ihrer üblichen Form nun auch offiziell von der HFPA sowie NBC wegen des Autorenstreiks gestrichen. Stattdessen wird am Sonntag um 21 Uhr EST (3 Uhr CET) lediglich eine einstündige Nachrichten-Sondersendung ausgestrahlt, in dessen Rahmen die Gewinner in einer Art Pressekonferenz bekanntgegeben werden. Es soll aber vielleicht dennoch so etwas wie einen „Roten Teppich“-Empfang im Vorfeld geben, denn die Parties mit den Stars und Sternchen die alljährlich im Umfeld der „Globes“ stattfinden, werden auch dieses Jahr (zumindest zum Teil) abgehalten. Die Preisträger können sich im Verlauf des Abends ihre „Golden Globes“ einfach formlos bei der HFPA abholen — die langatmigen Dankesreden werden die Gewinner sicherlich auch noch irgendwie los…

Es ist zu erwarten, dass ProSieben ebenfalls zumindest diese Pressekonferenz überträgt, genaueres werden die sicherlich im Laufe des Tages/Woche in einer Presseerklärung bekanntgeben.

CBS zeigt "Dexter" ab Februar

Montag, 7. Januar, 2008

Schon im Dezember hatte CBS-Chef Les Moonves angekündigt, dass er gerne „Dexter“ und andere Serien von der Pay-TV-Tochter Showtime auf dem eigenen Network zeigen möchte, um die Auswirkungen des Autorenstreiks zu mildern. Heute kam die offizielle Ankündigung von Nina Tassler (CBS Entertainment President). Demnach wird die erste Staffel von „Dexter“ ab 17. Februar sonntags um 22 Uhr ausgestrahlt — natürlich in einer gekürzten Version „to meet broadcast television standards“. Das ist ja nichts Unübliches — viele PayTV-Serien laufen in einer  „sauberen“ Fassung als Wiederholung auf anderen Networks. Neu ist diesmal allerdings, dass es sich bei dem „anderen Network“ um eines der großen Broadcast Networks handelt. Um 22 Uhr kann man auch auf einem Broadcast-Network heutzutage schon einiges zeigen, aber dennoch dürfte vor allem beim Gefluche und bei so manchen Leichen-Darstellungen in „Dexter“ die Schere angesetzt werden.

2008: Man(n) trägt wieder Bart

Samstag, 5. Januar, 2008

baerte.jpgEs muss ein bisher unerforschtes, tief im Genom des männlichen Talk-Show-Hosts verwurzeltes Bedürfnis sein, in längeren (freiwilligen oder gezwungenen) Kreativpausen die Gesichtsbehaarung erstmal frei sprießen zu lassen. Vielleicht ist es auch nur Ausdruck eines ansonsten unterdrückten Revoluzzer-Drangs — aber mit Schmidt, Letterman und O’Brien auf der Liste der Musterexemplare kann man schon von einem stark verfestigten Trend sprechen. Aus purer Solidarität (logisch, nur deshalb) habe ich über die Feiertage den Rasierer auch einfach mal kühn ignoriert. (Angebote zur Übernahme einer Talkshow stehen aber noch aus. Dabei ist beim ZDF doch gerade ‚was freigeworden.)

Jay Leno hingegen trägt auch weiterhin sein markantes Kinn sauber rasiert zu Tage, obwohl auch er gerade eine zweimonatige Zwangspause absolviert hat. Seit Anfang November waren alle großen abendlichen Talkshows vom Bildschirm verschwunden: Tonight Show, Late Show, Late Night, Late Late Show (und weitere Permutationen der Wörter „Late“, „Night“ und „Show“) waren gleich die ersten Opfer des Autorenstreiks und liefen seither nur in Wiederholungen. Schmerzlich war das nicht nur für die Mitarbeiter der Talkshows sondern auch für die PR-Maschinerie von Hollywoods Entertainment-Industrie, die nun nicht mehr ihre neuen Filme, CDs oder Bücher auf diesem Wege promoten konnte.

Dann gelang Letterman Ende Dezember ein kleiner Coup und er konnte einen eigenen temporären Vertag mit der WGA aushandeln, der es seinen Autoren wieder ermöglichte, offiziell Gags für Letterman zu schreiben. Letterman hat den großen Vorteil gegenüber Leno & Co., dass er im Rahmen seiner Produktionsgesellschaft „Worldwide Pants“ selbst Chef seiner Talkshow (und der von Craig Ferguson) ist. CBS machte ihm dieses vertragliche Zugeständnis 1993 als Letterman frustriert über NBCs Wahl von Leno als Carson-Nachfolger eine neue berufliche Heimat suchte. Diese Unabhängigkeit ermöglichte es ihm nun, eigenständige Tarifverträge mit den Gewerkschaften abzuschließen.

Leno und O’Brien hingegen haben zwar auch eigene Produktionsfirmen (Big Dog bzw. Conaco), die ihre jeweiligen Shows co-produzieren, aber weder O’Brien noch Leno sind alleinige Eigentümer ihrer Shows, dies ist in beiden Fällen NBC Universal, welches nach wie vor von der Autorengewerkschaft bestreikt wird.

Dennoch gingen alle Shows diese Woche wieder auf Sendung. Gerade für Leno und O’Brien, die ohne Autoren auskommen mussten, war/ist es eine nette Demonstration der Improvisations-Fähigkeiten. Noch mehr als üblich sind die beiden nun darauf angewiesen, jeden kleinen Gag über die Zeit zu retten und die 42 Minuten Nettolaufzeit abzuwickeln. Vielleicht deshalb schalteten wie auch sonst mehr Zuschauer bei Leno als bei Letterman ein — eben um zu sehen, wie solch eine Show ohne Autoren funktioniert.
Conan alberte noch mehr herum als üblich und schlug die Zeit mit haarsträubenden Aktionen tot (die Zuschauern seines Strike-Blogs bereits vertraut sein dürften). Leno präsentierte einen soliden (selbstgeschriebenen) Standup, hat sich’s aber dadurch mit der WGA verscherzt — oder auch nicht, ganz so einig ist sich die Gerüchteküche noch nicht. Jedenfalls streitet man darüber, ob er als Mitglied der WGA den Eröffnungs-Monolog seiner Show selber schreiben darf oder nicht.

Der nach wie vor souveräne Letterman hingegen konnte trotz seines vermeintlichen Vorteils in Form eines Autorenteams die Quotenkrone (noch) nicht übernehmen, aber ich denke mal, dass sich das in den nächsten Wochen endlich ändern wird, wenn Leno die Reserven ausgehen und Letterman am Montag seinen Bart abnimmt. (Merkt man, dass ich Letterman gegenüber Leno bevorzuge? ;-). Nicht gerade einfacher wird es für Conan und Jay dadurch, dass auch die Gewerkschaft der Schauspieler (SAG) ihre Mitglieder dazu aufgerufen hat, bestreikten Sendungen nicht als Gast zur Verfügung zu stehen. Ohne Zweifel wird diese autoren- und schauspielerlose Situation für die Talkshows noch einige Wochen weiterbestehen.

Von dieser misslichen Lage sind nun auch die Golden Globes bzw. die ausrichtende Hollywood Foreign Press Association (HFPA) betroffen. Nahezu alle nominierten Schauspieler werden der Veranstaltung am 13. Januar wohl fernbleiben — ein Desaster für NBC, das die Show live übertragen wollte. Eine Awards-Show ohne Stars? Unvorstellbar. NBC sowie die HFPA suchen somit derzeit händeringend nach einer Lösung und hoffen wohl noch auf ein Wunder, denn sie haben eine endgültige Entscheidung auf Montag verschoben. Aber es ist wohl damit zu rechnen, dass die Show ausfallen wird oder in sehr stark modifizierter Form produziert wird. Bekanntgegeben werden die Gewinner wohl auf jeden Fall, denn die müssten eigentlich schon feststehen. Vielleicht lassen sie ja einen Praktikanten die Liste vorlesen und zeigen dann drei Stunden lang ein Testbild. Hätte vermutlich sogar noch recht gute Quoten.

Und wenn die Golden Globes schon vor dem „Abgrund“ stehen, dann kann man sich vorstellen, dass auch der Heilige Gral von Hollywoods Awards Season nicht unberührt bleiben wird: Die 80. Oscar-Verleihung am 24. Februar (Host: Jon Stewart) steht ebenfalls zur Zeit auf sehr wackeligen Füßen. Selbst ich möchte Jon Stewart nicht vier Stunden lang alleine im Shrine-Auditorium ‚rumimprovisieren sehen.

Momentan richten sich die Augen der Beobachter vor allem auf die Reaktion der Regisseuren-Gewerkschaft DGA, die nun mit Beginn des neuen Jahres ebenfalls ihre Tarifverträge mit der AMPTP neu verhandeln. Angesichts der extrem verfahrenen Situation zwischen Autoren und AMPTP könnten eventuell die Regisseure einen Muster-Tarifvertag auf den Weg bringen. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Kurz vor Weihnachten ließen einige Gerüchtedealer sogar verlautbaren, dass die Studios und Networks den Streik zum Anlass nehmen wollten, um im TV-Business radikal aufzuräumen und den jahrzehnte-alten Rhythmus von Pilot-Season/Upfronts etc. komplett abzuschaffen. Dazu seien sie sogar bereit, die kommende TV-Season 08/09 zu „opfern“. Ich glaube, dass insbesondere dieses Taraa um ein Abschreiben einer weiteren TV-Season viel heiße Luft und Propaganda ist. Zumindest plausibel erscheint aber die These, dass die Tage der klassischen Upfronts gezählt sein könnten. Das alljährliche Buhlen um neue Serien (und die Zuschauer) hat den Networks in den letzten Seasons deutlich höhere Kosten aufgebürdet (man schaue sich nur mal die explodierenden Kosten für eine durchschnittliche Pilotepisode an — die es dann oftmals noch nicht mal on-air schaffen). Nun hat man vielleicht die Gelegenheit, um Zuschauer und Werbekunden an ein neues System zu gewöhnen.

Für Wirbel sorgte jenseits der TV-Branche heute das Gerücht um einen Coup des Studios United Artists, das wohl einen Letterman-ähnlichen Deal mit der WGA ausgehandelt haben soll. Damit könnte dieses von Tom Cruise/Paula Wagner geführte Studio nun neue Filmproduktionen deutlich vor der Konkurrenz auf den Weg bringen. Auch wenn UA ein vergleichsweise kleines Studio ist, so wären das (sofern es sich bewahrheitet) zunehmende Risse in der einst starren Front der Hollywood-Mogule. Und vielleicht bringt das der Schwarzmalerei und der Bart-Renaissance doch noch ein baldiges Ende.

 

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