Im gewissen Sinne kann man das durchaus als positive Überraschung betrachten: Die Neuauflage von 90210 war bei weitem nicht das soapige und verkrampfte Desaster, das ich im Vorfeld erwartet hatte. Die zweistündige Pilotepisode war zumindest im Vergleich zu modernen Soaps wie „Gossip Girl“ et al. recht zahm und blieb sogar dem Stil der FOX-Vorlage aus den frühen 90ern einigermaßen treu.
Das neue „90210“ ist sicherlich kein neuer Stern am Firmament des Qualitätsfernsehens: Natürlich ist auch das wieder eine Show mit 20+jährigen Darstellern, bei denen man einiges an „suspension of disbelief“ aufbringen muss, um ihnen die Rolle als 16jährige Teenager abzunehmen. Auch hier gibt es die üblichen High-School-Stereotypen good guys, bitches, nerds, bad girls und die allzu bekannten 08/15-Intrigen-Soap-Strickmuster. Aber gerade für die früheren Fans der Original-Serie könnte diese neue Soap ein interessanter Guilty-Pleasure-Füller sein — wenn sie nicht schon längst aus dem Alter für solche Teen-Soaps herausgewachsen sind.
Zeitweise verdiente sich zumindest die erste Stunde der Pilotepisode sogar durchaus das Prädikat „unterhaltsam“, sofern man das Teenager-Genre nicht grundsätzlich verabscheut. Die Serie zeigte da hin und wieder eine gesunde Portion Humor („What’s that girl like, thirty?“ in Bezug auf Andrea Zuckermans Tochter) und ich bilde mir sogar ein, in vielen Untertönen und Nebencharakteren die Handschrift von Rob Thomas zu erkennen, der ja auch mal kurz an der Entstehung der Serie beteiligt war. Jessica Walter als „aufgeweckte“ Großmutter war ein geschickter Casting-Schachzug und brachte gleich wieder Erinnerungen an „Arrested Development“-Zeiten hervor.
Doch abgesehen von diesen wenigen Highlights war die Show dann doch vor allem eines: Sauber inszenierter Teenage-Soap-Durchschnitt. Viele absehbare Mini-Dramen, angedeutete dunkle Geheimnisse, überzeichnete Charaktere und wenig begeisterndes Hin- und Her um irgendwelche Liebesbeziehungen plus die diversen Moral-Lektionen, die alle Soap-Bewohner offenbar irgendwann mal lernen müssen. Die Show wäre in den 90ern in den Zeiten von „Party of Five“ und dem originalen „Beverly Hills, 90210“ sicherlich ein formidabler Hit gewesen, aber nun im Jahr 2008 auf dem Mini-Network CW dürfte sie es deutlich schwerer haben.
Die Quoten für die Season-Eröffnung werden im Laufe des Nachmittags nachgereicht. Ich rechne allerdings erstmal nicht mehr mit einem Flop, dazu war die Doppelfolge dann doch insgesamt sehr solide. Da werden sicherlich genügend Teens und Twens dranbleiben, um die Serie für CW auf „Gossip Girl“-Niveau profitabel zu halten. Für ein endgültiges Urteil muss man allerdings noch die Quoten der nächsten zwei bis drei Wochen abwarten.
Wie diese mit vielen bunten Referenzen an das Orginal-90210 vollgestopfte Remake bei den heutigen Teenagern ankommt und wie lange die Autoren diesen halbwegs lockeren Stil durchhalten, das dürften die eigentlichen spannenden Fragen in den kommenden Wochen sein.