"Being Human" (2009)
Montag, 26. Januar, 2009Fast ein Jahr ist es her, als BBC Three mal einen anderen Weg ging, um neue Serien an der Zielgruppe zu testen: Sie pilotierte sechs unterschiedliche neue Full-Hour-Serien und wartete die Zuschauer-Resonanz auf diese einstündigen Versuchsballons ab. Zwei dieser Pilotepisoden sollten dann im Laufe des Jahres zu regulären Serien ausgebaut werden, aber bisher schaffte es meines Wissens nur eine: „Being Human“.
“Being Human” ist eine etwas andere Sicht auf das “ganz normale Leben” aus der Feder von Toby Whithouse, der auch schon für einzelne Episoden von “Doctor Who” und “Torchwood” verantwortlich zeichnete. Im März 2008 hatte ich über diese Pilotepisode hier im Blog schon berichtet, was die Sache jetzt etwas einfacher macht, denn ich kann weite Teile meines damaligen Eintrags wiederverwenden ;-). Allerdings hat die sechsteilige Serie, die gestern auf BBC Three startete, abgesehen von der groben Inhaltsbeschreibung und dem Titel nicht mehr viel mit dem in meinen Augen sehr vielversprechenden „Testballon“ aus dem letzten Frühjahr gemein. Fast der komplette Cast wurde ausgetauscht und der Ton der Serie spürbar verändert. Leider nicht zum Guten.
BBC Three, vor allem durch die Ausstrahlung von “Torchwood” populär, will die Zielgruppe der 25-35jährigen verstärkt von der Konkurrenz ITV2 und E4 abwerben. Daher sprechen auch die Pilotprojekte genau diese Altersschicht der twenty- und thirtysomethings an.
Im Wesentlichen geht es in „Being Human“ um eine besondere, übernatürliche WG: Ein Vampir, ein Werwolf und ein Geist teilen sich nicht ganz freiwillig gemeinsam eine Wohnung.
Mitchel ist auf den ersten Blick nur ein kleines Rädchen, das im Krankenhaus die Böden schruppt. Aber er ist auch ein “guter” Vampir, dem es aber zunehmend schwerer fällt, seinen instinktiven Drang nach frischem Blut zu unterdrücken und in der Normalität der Masse unterzutauchen.
Sein bester Freund George (Russell Tovey) ist ebenfalls eher ein unauffälliger Geek — allerdings mit einem fundamentalen Problem: Nachts bei Vollmond wird er zur Killermaschine in Form eines Werwolfes. Er musste vor zwei Jahren seine große Liebe verlassen, als er entdeckte, dass er diese unglückliche Veranlagung hatte.
In der ursprünglichen Pilot-Episode wird einiges an Handlung ausgeführt, auf welche die neue Episode nur am Rande eingeht. Als sich George und Mitchell entschließen, gemeinsam ein Haus zu mieten, um der vermeintlichen “Normalität” ein Schritt näher zu kommen, können sie sich nur eine verdächtig günstige Behausung leisten. Prompt finden die beiden dort den Geist Annie, die früher mal das Haus mit ihrem Freund bewohnte. Bei einem mysteriösen Unfall ist sie ums Leben gekommen und macht nun als Untote mit einem Selbstwerthandicap und einem Drang zum Teekochen das Gebäude unsicher.
In der ersten Folge der Serie leben die drei nun bereits ihren Alltag in der gemeinsamen Wohnung. Die BBC hat sich offensichtlich dazu entschlossen, die ursprüngliche Pilot-Episode nicht neu zu drehen, wollte sie aber auch (wegen der Änderungen im Cast) nicht erneut ausstrahlen. Stattdessen gibt es in den ersten Minuten eine kurze Vorstellung der Charaktere für die (überwiegend) neuen Zuschauer.
Die Handlung dieser ersten regulären Serienepisode wird dann vorwiegend von recht düsteren Selbstfindungsfragen bestimmt. Wie können der Vampir und der Werwolf ihre mörderischen Instinkte mit ihrem „menschlichen“ Gewissen vereinbaren? Macht es überhaupt Sinn, sich gegen ihre Wurzeln zu wehren? Außerdem versuchen Mitchells Vampir-Freunde (leider kein Adrian Lester mehr in einer Nebenrolle) ihn wieder zur „dunklen Seite der Macht“ hinüberzuziehen.
Auch Geist Annie kämpft derweil mit dem Schatten ihrer Vergangenheit: Sie vermisst das „Mensch-Sein“ und insbesondere ihren ehemaligen Verlobten. Schmerzhaft muss sie erkennen, dass sie alle Brücken zu ihrem früheren Leben abbrechen muss.
Bei all diesen Existenzfragen der zentralen Charaktere ist es unvermeidlich, dass die Grundstimmung dieser „neuen“ Serie deutlich düsterer und melancholischer ist als der Ton der ursprünglichen Pilot-Episode. Die Folge lässt eigentlich über weite Strecken den zuvor immer mal wieder eingestreuten trockenen Humor vermissen, der die alte Pilotfolge in meinen Augen so attraktiv gemacht hatte. Stattdessen wird ein dunkles Vampir-/Werwolf-Drama gezeichnet, das zwar durchaus gut umgesetzt ist, aber sich leider kaum noch von der jüngsten „Unterwelt“-Popkultur-Flut in Film und TV abheben kann.
Da hatte ich mir von „Being Human“ mehr versprochen und auch die Trailer der BBC ließen da etwas anderes erwarten. Die Serienfolge wirkt auch zudem um einiges „billiger“ produziert als die Pilotfolge. Special Effects finden abgesehen von etwas Kunstblut und ein paar unscharfen Szeneneinstellungen gar nicht statt. Und auch das Drehbuch wirkt „plumper“. Sehnsüchte der Charaktere, die in der Pilotfolge noch unausgesprochen in den Handlungen der Charaktere erahnt werden konnten, werden diesmal groß und breit ausformuliert, so dass auch wirklich der letzte Zuschauer kapiert, dass Annie ein Bedürfnis nach menschlichem Kontakt hat und George mit seiner Identität als Werwolf nicht zurechtkommt.
Schade eigentlich, „Being Human“ hätte das Potential zu einer grandiosen und typisch britischen Mystery-Serie mit einem Zwinkern im Auge gehabt, doch stattdessen ist es nur die UK-Version von Shows à la „Blood Ties“, „New Amsterdam“ und „Moonlight“. Ein Teil meiner Enttäuschung mag auch daher kommen, dass diese Folge zwangsläufig viele Konzepte des Original-Piloten wiederholt und somit repetitiv wirken. Auch viele der neuen Darsteller (insbesondere die neue „Annie“ sowie die „bösen“ Vampir-Bosse) können mich nicht so recht überzeugen. Bleibt die Hoffnung, dass die Serie in den verbleibenden fünf Folgen aus der Prämisse der Show und den Charakteren mehr herausholen kann.