Archiv der Kategorie 'Reviews'


Cop-Shows 2010 im Schnelldurchgang

Freitag, 22. Oktober, 2010

Im Angesicht des Verbrechens

Zunächst mal noch der Hinweis auf eine deutsche(!) Krimi-Serie, die heute (Fr, 22.10.) mit einer Doppelfolge um 21:45 Uhr in der ARD startet (und bereits vor einiger Zeit auf arte lief): Die zehnteilige Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ habe ich selbst noch nicht gesehen, aber die Kritiken sind für eine Produktion „Made in Germany“ geradezu untypisch überschwenglich positiv. Daher habe ich einen Timer programmiert. Der WDR und BR haben richtig viel Geld (10 Mio Euro) und Zeit (2 Jahre) investiert und herausgekommen ist laut Kritikermeinung eine der besten TV-Produktionen der letzten Jahre. Was mal wieder eine alte These bestätigen würde: Das einzige, was die Deutschen im TV gut können, sind Comedies und Krimis. Oder beides auf einmal („Mord mit Aussicht“). Aber immerhin, gutes TV geht also auch in Deutschland — wenn man nur will.

Nun aber zum eigentlichen Thema: Damit es der Vollständigkeit halber abgehakt ist, hier meine Eindrücke einer Auswahl der neuen Cop-Shows der US-Networks. Das ist eigentlich nicht mein favorisiertes Genre, aber dieses Jahr hatte ich einfach noch mal Lust, zu schauen, was so an Prozedurals dabei ist. Da breche ich auch ohne schlechtes Gewissen mit meiner Regel, immer mindestens zwei Episoden einer Serie für eine abschliessende Bewertung heranzuziehen.

Chase

Gleich die ersten Minuten zeigen genau, was die Show ausmacht: Toughe weibliche Polizistin jagt einen Gangster/Stuntman durch einen wilden Hindernis-Parcour. Natürlich ist sie smarter und fitter als all ihre männlichen Kollegen und kann auch einiges einstecken, bevor sie den Bösewicht schliesslich im Alleingang kaltstellt. Sie ist aber nur Teil einer Gruppe von US Marshals, die auf der Jagd nach Flüchtigen sind. Der Rest ist typische Action-Cop-Formel. Inklusive eines grünen Newcomers, dem man erst mal alles erklären muss (Hallo Holzhammer-Exposition) und durch dumme Fehler die Story voran bringt. Ansonsten wird viel gerannt und gesprungen … „The Chase“ eben. Alles nach Jerry-Bruckheimer-Formel 08/15. Schwache Quoten, scheint aber erstmal zu überleben.

Hawaii Five-0

Den Theme-Song dieses Remakes kennt wohl jeder, der in den 70ern oder 80ern aufgewachsen ist. Die Neuauflage fällt in die Kategorie des adrenalingetränkten und bleihaltigen TV-Schnellschuss, aufgepeppt mit ordentlich Wumms und Action-Drama sowie CGI-Effekten (in Hawaii regnets auch mal vom wolkenfreien Himmel). Schnell geschnitten dürfen coole guys und girls alle Regeln brechen, um die Gangster hinter Schloss und Riegel zu bringen. Dazu durfte Daniel Dae Kim gleich in Hawaii bleiben, Grace Park darf wie zu besten Cylon-Zeiten so richtig auf den Putz hauen und Alex O’Loughlin bekommt seine zwanzigste neue Show in zwei Jahren (oder so). In der Pilotepisode darf „Spike“ (schon wieder) den Bösen spielen. Wirklich nur was für Genre-Fans, die gerne das gleiche Rezept im xten Aufguss sehen wollen. Exzellente Quoten soweit.

Nikita

Dass das eher weiblich orientierte CW mit einer Crime-/Action-Serie aufwartet, kommt nur auf den ersten Blick überraschend. Denn diese Re-Interpretation des alten „Nikita“-Konzepts setzt den Schwerpunkt vor allem auf junge, attraktive Kämpfernaturen. Da kommt es dann auch nicht von ungefähr, dass Liebe und Rache wie in jeder Standard-Soap Hauptmotivationsgründe sind. So ist Nikita dann wie erwartet auch eher eine Action-Soap, die irgendwie starke Erinnerungen an „Dark Angel“ weckt. Für CW-Verhältnisse akzeptable Quoten.

Detroit 1-8-7

Auch diese Serie verdient sich das Prädikat „just another crime show“ mit Auszeichnung. Hier stehen verschiedene Abteilungen von Ermittlern in Detroit im Vordergrund, die an vermeintlich unterschiedlichen Fällen arbeiten. Das ist kombiniert mit einem angedeuteten Documentary-Stil, der die Sache etwas seriöser und „echter“ darstellen soll. Ein paar ungewöhnliche Charaktere (die natürlich mit unorthodoxen Mehoden ans Ziel kommen), ein flotter Soundtrack und ein paar plumpe Witze machen die Show zu einer durchaus passablen Cop-Show — aber am Ende dann doch nur „one of many“. Miese Quoten.

Blue Bloods

Hat mir stilistisch noch am besten gefallen. Eine ganze Familie steht seit Generationen im Dienste der New Yorker Polizei: Vom einfachen Streifenpolizisten bis hin zum Commissioner, aber auch eine Staatsanwältin. Das ist keine hochgestylte Action-Show, sondern mehr ein „dreckiger“ Blick auf alltägliche Polizeiarbeit. Die Pilot-Episode versucht etwas viel Handlung und zuviele Charaktere in 42 Minuten zu quetschen, so dass alles zu gehetzt und der „Case of the week“ viel zu einfach gelöst wirkt. Auch die „böse dunkle“ Verschwörung als Serien-Arc ist nicht mein Ding. Aber insgesamt machte die Episode hinsichtlich Regie und Kameraarbeit sowie Darstellerleistung einen guten Eindruck. Schwache Quoten.

„Outlaw“ und „Undercovers“ spare ich mir, die sind schon so gut wie weg vom Fenster.

Raising Hope

Mittwoch, 20. Oktober, 2010

Noch eine Comedy zum Start, auch hier gefiel mir der Trailer eigentlich recht gut. Erneut eine simple Prämisse: Ein junger Mann, der noch bei seinen Eltern (und Grossmutter) lebt, wird überraschend und sicherlich nicht auf alltägliche Weise alleinerziehender Vater. Eigentlich kann es sich die Familie nicht leisten, noch einen Mund durchzufüttern, geschweige denn ein sechsmonatiges Baby zu versorgen, doch der gutherzig-simple Jungvater will seinen unverhofften Nachwuchs nicht abgeben. Nach einigem Widerstand rappelt sich schliesslich die ganze Familie zusammen.

Eines fällt gleich beim ersten Anschauen auf: „Raising Hope“ könnte prinzipiell im selben Strassenblock wie „My Name is Earl“ spielen. Ähnliches soziales Umfeld, gleicher ruppiger Umgangston, vergleichbare Charakterzeichnungen. Und wenn man dann bei den Credits den Namen des „Earl“-Erfinders „Gregory Thomas Garcia“ entdeckt, hat man den erklärenden „Na, dann ist’s ja klar“-Moment. In den Hauptrollen sind unter anderem Cloris Leachman als köstlich senile (Ur-)Oma aka „Maw Maw“, Martha Plimpton („Goonies“ *) als frischgebackene Oma und Garret Dillahunt („Terminator: TSCC“) als neuer Grossvater zu sehen. Eigentlich muss man wirklich zum Stil der Show nicht mehr schreiben: Wer „Earl“ kennt, der kann sich auch schon den Grundton von „Raising Hope“ vorstellen, vielleicht mit etwas mehr Kuschel- und Familiengefühl. Insofern spare ich mir weitere Details und komme gleich zum…

Fazit: Eine hübsche, charmante Comedy mit Herz und ausgefallenem Humor. Alleine schon die herrlich kompromisslose Lösung der Autoren für das „Wie bekommen wir die Mutter aus dem Bild?“-Problem ist das Eintrittsgeld für die Pilot-Folge wert. Darüberhinaus hat sich die Show wohl auch dem „Family Lesson of the Week“-Konzept verschrieben, aber was schon bei „The Middle“ recht solide funktioniert, soll mir hier nur recht sein. Der schräge Humor gefällt mir und ähnlich wie „Running Wilde“ ist das hier kein Super-Duper-Hit (man hat ja niedrige Erwartungen dieses Jahr, *seufz*), aber immerhin eine schön ausgeflippte Comedy, die es vielleicht bei konstanter Leistung als Anlaufpunkt für all die enttäuschten „Earl“-Fans schaffen könnte. Weiterer Bonuspunkt: Erneut kein Laughtrack. Der noch recht unbekannte Hauptdarsteller Lucas Neff macht seine Sache gut, sein Love-Interest Sabrina (Shannon Woodward, „The Riches“) ist ein Cutie, aber wird von den goldigen Szenen mit Baby Hope in den Schatten gestellt. Dazu gibt es in Episode 2 einen Gastauftritt von Ukulele-Girl Kate Micucci.

Kategorie: Auch erstmal dranbleiben.

*Jau, ich habe ausgerechnet das uralte „Goonies“ aus ihrem Lebenslauf gepickt. Meine Kriterien dafür sind undurchschaubar, selbst für mich.

Running Wilde

Mittwoch, 20. Oktober, 2010

Nach dem frustrierenden Erstkontakt mit der neuen Herbstsaison in Form des „No Ordinary Family„-Debakels brauchte ich erstmal ‚was zum Lachen. Mein Favorit „Mr. Sunshine“ startet erst zur Midseason, also setzte ich all meine Hoffnung, den TV-Abend noch zu retten, in die „Arrested Development“-Spin-Off-Serie „Running Wilde“.

Okay, ist natürlich keine wirkliche Spin-Off-Produktion, aber Will Arnett spielt quasi den gleichen weltfremden Charaktertyp wie in AD, produziert auch noch gemeinsam mit AD-Alumni Mitchell Hurwitz. David Cross ist ferner einer der ersten Gaststars und bringt auch unter anderem gleich eine „Blue Man Group“-Anspielung unter. Zu guter Letzt (und das ist wohl auch das Wichtigste) ähnelt auch noch der abstruse-anarchische Humorstil von „Running Wilde“ dem seines grossen Bruders im Geiste. Ausserdem läuft die Show auch wieder auf Fox (*hrrarrg*).

Als würde dieser Familienstammbaum nicht schon genügend Argumente zum Einschalten anbieten, gibt es für mich als alten Fan der WB-Ära noch ein weiteres attraktives Element: Keri Russell aka „Felicity“ ist endlich wieder zurück in einer wöchentlichen TV-Serie. An dieser Stelle sei euch freigestellt, kurz in nostalgische Erinnerungen an diesen zehn Jahre alten TV-Teendrama-Klassiker (der AFAIK in Deutschland nie komplett ausgestrahlt wurde) mit Felicity, Ben, Noel und J.J. Abrams abzudriften.

In „Running Wilde“ spielt Will Arnett den in einer abgeschotteten Welt lebenden Steven Wilde, das Musterbeispiel für einen etwas tumben und von vorne bis hinten verwöhnten Spross einer grossen Unternehmerfamilie. Vom realen Leben „da draussen“ weiss er so gut wie gar nichts, echte (unbezahlte) Freunde hat er eigentlich auch nicht — aber stattdessen eine grosse (unerfüllte) Liebe. Diese „grosse Liebe“ Emmy (Keri Russell) stammt aber noch aus seinen Teenage-Jahren — sie lebt mittlerweile mit ihrem Verlobten Andy und Teen-Tochter Puddle(!) irgendwo tief im Urwald, um die dortigen Ureinwohner vor bösen kapitalistischen Umweltzerstörern zu bewahren. Bei diesen Umweltzerstörer handelt es sich natürlich prompt um das Mega-Unternehmen von Stevens Vater. Wie es der Zufall so will (oder besser die geschickt manipulierende Puddle) spinnt Emmy einen Plan, um das Wilde-Familienimperium zu infiltrieren und sieht ihre Bekanntschaft mit Steve als Möglichkeit, um ihre „Save the world“-Agenda umzusetzen.

Bizarre Story, aber die ist eh sekundär. Wichtiger ist die Antwort auf die Frage: Jibbet wat zum Lachen?

Fazit: Ja, es ist lustig. Reicht zwar auch (wie schon so viele zuvor) bei Weitem nicht an „Arrested Development“ heran, aber immerhin gibt es in gewisser Weise „GOB Reloaded“. Will Arnett und Keri Russell spielen ideal miteinander, Keri überrascht mit ordentlichem Comedy-Timing. Nicht jeder Gag ist ein Treffer und gelegentlich geht’s auch reichlich flach zu im Lande, aber viele kleine „throw-away jokes“ plus herzlich überlebensgrossem Schwachsinn ohne jeglichen Laughtrack machen „Running Wilde“ zu einem vielversprechenden Comedy-Abenteuer. Noch sind die Schuhe von „Arrested Development“ einige Nummern zu gross und nach den ersten beiden Episoden ist auch noch nicht ganz klar, ob die Show den dünnen Pfad zwischen Skurrilheit und Dämlichkeit lange erfolgreich beschreiten kann — aber im Moment heisst es mal noch: Soweit, so gut.

Kategorie: Erstmal dranbleiben.

No Ordinary Family

Dienstag, 19. Oktober, 2010

Um dann doch nicht ganz den Anschluss zu verpassen, habe ich mir eine der neuen Herbstserien zu Gemüt geführt. Die Wahl fiel auf die neue ABC-Superhelden-Serie „No Ordinary Family“, deren Trailer im Sommer einer meiner Favoriten war.

Es bedarf wohl nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie der Pitch für diese Serie von den Produzenten Feldman und Berlanti bei den Powers That Be aussah. Man kann ihn mit wenigen Worten zusammenfassen: „The Incredibles“ in echt. „Heroes“ meets „7th Heaven“ und „Hancock“. Eine amerikanische Durchschnittsfamilie verfügt plötzlich über Superkräfte. Genau so wie es sicherlich in tausenden Ratgebern für Möchtegern-Autoren empfohlen wird: Eine Tagline muss simpel und dennoch allumfassend sein, dann klappt es auch mit dem „Elevator Pitch“.

Das bisherige Portfolio von Greg Berlanti und Jon Harmon Feldman lässt eigentlich mit Produktionen wie „Eli Stone“, „Roswell“ und „Tru Calling“ durchaus einiges an Erfahrung mit derartigem „übersinnlich“ angehauchtem Familiendrama erwarten. Genau das scheinen die beiden in „No Ordinary Family“ auch voll auszuspielen: Ihre Routine. Das Endresultat ist zwar hübsche 20-Uhr-kompatible Familienunterhaltung, aber geradezu entsetzlich eintönig in ihrer flachen, klischeeüberladenen Abarbeitung des Kochrezepts für Fernsehserien. Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn mich eine Serie und ihre Charaktere dermaßen gering interessieren, dass ich an allen Ecken und Enden die „Matrix“ oder das strukturelle Grundgerüst der Episode wahrnehme: Erster Akt, Vorstellung der Hauptfiguren, innere Motivation, erster Anriss der (oberflächlichen) Konflikte, gerne auch mit Voice-Over. Check, check, check. Eine Pilot-Episode genau nach „Fahrplan“. Dazu dazu richtig pöse Bösewichte direkt aus dem BilderComicbuch für Kleinkinder.

Das geht auch in der zweiten Episode so weiter: Plumpe Konflikte aus der Klischee-Schatzkiste zwischen eindimensional gezeichneten Kinderbuch-Figuren. Die dünn gesäten Humor-Elemente, die diese Serie eigentlich so dringend benötigen würde, versickern meist unbeachtet und einsam im Klischee- und Stereotypen-Treibsand, keine ironische Anspielung bietet sich als Rettung an. So nimmt sich die Show trotz ihrer überzeichneten Figuren und Storylines viel zu ernst.

Die Vorhersagbarkeit und der aufdringliche Zaunpfahl-Drama-Stil zieht sich dann auch durch alle Charakterentwürfe. Die typische Musterfamilie, der man als großen „Twist“ immerhin noch den Tausch der üblichen Geschlechterrollen aufgedrückt hat (was aber prompt wieder mit dem ganz dicken Vorschlaghammer in die Story eingeflochten wurde): Mami (Julie Benz) ist die Karriere-Frau, um die Familie darf sich Papi (Michael Chiklis) kümmern, der sich aber vernachlässigt fühlt und natürlich ist es in der Ehe am Kriseln, weil keiner mit dem anderen über die wahren Gefühle spricht. Der Sohn (Jimmy Bennett) hat eine Lernschwäche und die Tochter (Amber-Tamblyn-Lookalike* Kay Panabaker) ist vollauf damit beschäftigt, eine pubertierende Teenagerin und Jungfrau zu sein.

Nun hat diese Familie Superkräfte und so müssen sie alle gemeinsam Verlockungen widerstehen, das Böse in der Welt bekämpfen, beim Elternabend eine gute Figur machen und über dämliche Missverständnisse stolpern, die sich dann am Ende der Episode mit einem schnulzigen Voice-Over ausräumen lassen. Vor zehn Jahren wären vielleicht noch die Special Effects eine Erwähnung wert gewesen, aber im Zeitalter von Durchschnittskosten von 2 Mio Dollar pro Episode für eine Standard-Dramaserie haben sich auch die Ansprüche der Zuschauer an die handwerkliche Umsetzung verändert.

*) Die in einer Szene auch noch eine SMS an Gott schickt. Bin ich der einzige, der kurz an eine gewisse Joan dachte?

Fazit: Sicherlich ist es für die erfahrenen Macher kein Problem, mit genügend Storyideen für einige Staffeln aufzuwarten, aber ich bezweifele, dass mich auch nur irgendeine davon interessieren wird. Vermutlich bin ich einem Missverständnis zum Opfer gefallen, diese Serie richtet sich keineswegs an die Zielgruppe der früheren „Heroes“-Fans oder SciFi-Freunde. Das hier ist vielmehr klassisches „7th Heaven“-Territorium, das eigentlich ein paar Jahre zu spät dem Superhelden-Hype nacheifert. Für Serienfans mit jungen Kindern sicherlich eine gute Gelegenheit für einen gemeinsamen Fernsehabend, aber der Rest wird sich wohl gelangweilt anderen Dingen zuwenden. Selbst die Quoten passen voll und ganz in das Bild dieser „ordinären“ Serie: Sie liegen im ABC-Durchschnitt.

Kategorie: Lohnt sich nicht.

Melissa & Joey

Samstag, 28. August, 2010

Es ist wohl kein grosses Geheimnis, dass ich eine aggressive Allergie gegen 08/15-Sitcoms mit Laughtrack habe. Sich kräuselnde Fussnägel, Facepalms und Bissspuren im Inventar rund ums heimische Sofa sind die üblichen Folgen des unvorsichtigen Genuss von Biohazard-Ware wie „Hank“, „Romantically Challenged“ oder „Accidentially on Purpose“.

Entsprechend argwöhnisch war ich bei der Ankündigung der neuen Spätsommer-Serie „Melissa and Joey“ von ABC Family. Wieder mal der Versuch mit alternden TV-Persönlichkeiten aus vergessenen Zeiten und einem tausendfach erprobten Konzept zumindest einen soliden No-Risk-Hit auf die Beine zu stellen. Der Aufhänger dieses klassischen Sitcom-Rezepts ist immerhin schon so simpel, wie es das Sitcom-Kochbuch nun mal verlangt: Erfolgreiche Karrierefrau stellt eine männliche Nanny ein, um ihre elternlosen Nichte und Neffen zu betreuen. Natürlich hat das ungleiche Paar sofort unverkennbare Chemie, was aber — wie in der Serien-Parallelwelt üblich — die beiden Protagonisten mindestens bis zum Season-Finale erstmal nicht wahrnehmen dürfen. Also nur eine leicht modifizierte Version früherer Erfolge wie „The Nanny“ oder dem Tony-Danza-Klassiker „Who’s the Boss?“ — beides zwar „nice to watch“-Shows, aber nicht gerade Aspiranten auf das Attribut „Lieblingsserie“ in meiner kleinen Popkultur-Welt.

Und im Grunde fällt auch „Melissa & Joey“ in diese Schublade, was angesichts der jüngsten Missgriffe aus dem Sitcom-Universum (siehe oben) eine recht positive Überraschung darstellt. Bereits die Namen Melissa und Joey dürften bei derjenigen Generation für ein gewisses Leuchten in den Augen sorgen, die in den 1990er Jahren als Teenager das ARD-Programm verfolgten. Die inzwischen 34jährige „Melissa“ Joan Hart ist mir auf alle Zeiten als allwissende „Clarissa Darling“ in Erinnerung (den Jüngeren wohl vorwiegend als Hexe „Sabrina“). Der nur zwei Tage jüngere „Joey“ Joseph Lawrence wiederum wird nie sein tolpatschiges Alter Ego „Joey Russo“ aus „Blossom“ loswerden. Insbesondere, wenn er wie letzte Woche durch einen der skurrilsten Schauspieler-Unfälle der jüngeren Zeit in die Schlagzeilen der Humor-Rubriken gerät: Er wurde von einem Drehbuch im Auge(!) getroffen, worauf seine Hornhaut riss. Ausserdem nutzt er wohl inzwischen eher einen Rasenmäher statt einen Friseur ;-).

Vielleicht auch wegen dieser langen Karrieren (mit Höhen und Tiefen und viel, viel Durchschnitt) haben die beiden ehemaligen Teen-Stars in den letzten zwanzig Jahren fleissig ihre Hausaufgaben in der Comedy-Schule gemacht: Beide haben ein solides Comedy-Timing im Blut, können aus jeder Punchline durch vielfältige Mimik und Gestik noch ein wenig mehr herausquetschen und sie haben unzweifelhaft richtig viel Spass miteinander vor der Kamera zu stehen (es ist nicht ihr erstes gemeinsames Projekt). Kombiniert mit einem oftmals Sitcom-typisch vorhersehbaren, aber insgesamt geniessbaren Skript ergibt sich nach den ersten drei Folgen ein durchaus akzeptables Resultat. Die Show ist kurzweilig, sofern man seine Ansprüche nicht zu hoch schraubt und ist einer der solidesten Vertreter des „richtig klassischen“ Sitcom-Genres mit Sofa und Laughtrack der jüngeren Zeit. Ich kann es also Freunden dieses Serientypus als Sommerfüller (und mehr) durchaus empfehlen, und sei es nur, um sich daran zu erinnern, dass die Zeit auch an „Melissa and Joey“ nicht spurlos vorübergegangen ist.

sabawards 09/10

Dienstag, 13. Juli, 2010

Lange hinausgeschoben, aber irgendwie muss die vergangene TV-Season schließlich auch noch abgeschlossen und verarbeitet werden. Wie üblich habe schon wieder die Hälfte der Season vergessen, so dass ich vermutlich wieder einen Großteil der Highlights auslasse. Vielleicht sollte ich auch mal detaillierte Noten für jede gesehene Episode notieren — aber Systeme wie tvrage sind mir zu umständlich und ich zu faul :).

Immerhin konnte man meine Rangliste der Newcomer-Serien schon während der letzten Monate hier im Blog in der rechten Spalte verfolgen. Ein paar ergänzende, sehr kurze Meinungen nachfolgend.

Bester Nachwuchsdarsteller

Rico Rodriguez („Manny“, Modern Family)

Welcher Casting-Director auch immer diesen Jungen aufgetrieben hat, er hat sich wahrhaft einen Sonder-Bonus verdient. Absolute Granate in jeglicher Hinsicht. Das Talent des 12-Jährigen für staubtrockene Dialog-Ablieferungen dürften so manchen langgedienten Comedy-Darsteller vor Neid erblassen lassen. Seit vier Jahren ist der Teenager bereits in Hollywood aktiv und und ich bin sehr gespannt darauf, ob er daraus eine lang anhaltende Karriere zimmern kann.

Beste neue Comedy

Community

Auch Modern Family hatte einen sehr soliden Lauf, aber der Popkultur-/MetaKommentar-vollgestopfte Stil von Community passt einfach besser zu meinem Geschmack.

Bestes neues Drama

Parenthood

Die Show brauchte ein paar Folgen, um eine richtige Bindung zum Zuschauer aufzubauen, aber dann packte sie mich voll und ganz. Ein fantastischer Cast mit Lauren Graham und Peter Krause an der Spitze, dazu exzellente Drehbücher von Jason Katims und seinem Team: Diese Serie könnte das „thirtysomething“ unserer Generation werden.
Auf einem dichten zweiten Platz: „Men of a Certain Age“.

Beste Comedy

The Big Bang Theory
Nachdem ich diese Show in den Anfangsjahren einfach nicht leiden konnte, hat sie sich in den zurückliegenden Monaten dann doch fulminant in mein Herz gespielt. Keine Ahnung, ob das nur ein Gewöhnungseffekt ist oder die Show tatsächlich besser wurde. Während „The Office“ und „30 Rock“ zur Zeit auf einer abflachenden Leistungskurve sind, produziert „Big Bang“ jede Woche solides Entertainment.

Bestes Drama

Breaking Bad

(Achtung: Spoiler-haltiger Ausschnitt aus Season 3)

Die Show liefert mitten in der Staffel Big-Event-Meilensteine, die andere Serien bestenfalls als Seasonfinale präsentieren. Stattdessen gibt es hier sogar mehrere Highlights pro kurzer Season. Sehr schön auch, dass Storyarcs nicht lange hingezogen werden, sondern manchmal sehr überraschende Wendungen erhalten. Von allen Beteiligten ein schauspielerisches und emotionales Feuerwerk. Würde die letzte Staffel „Mad Men“ nicht schon wieder fast ein Jahr zurückliegen, würde ich sie hier sicherlich auch noch ausführlicher erwähnen. Aber in ein paar Tagen startet schon Season 4 von „Mad Men“.

Bester Hauptdarsteller

Bryan Cranston (Breaking Bad)

Und somit gibt es auch gar keinen Zweifel, wer für die Stärke von „Breaking Bad“ mitverantwortlich ist: Bryan Cranston als Familienvater auf dem unabwendbaren Weg in den Abgrund. Auch Co-Star Aaron Paul hat insbesondere in der jüngsten dritten Staffel grandiose Leistungen gezeigt.

Best Comeback

Parks and Recreation

Ich hatte es in den letzten Monaten bereits mehrfach erwähnt: Die Entwicklung, die „Parks & Recreation“ zwischen Season 1 und 2 vollzogen hat, ist phänomenal. Es unterstreicht eindrucksvoll, dass gerade bei Comedies die Autoren oftmals einige Episoden Zeit benötigen, um das richtige Verständnis für die Eigenheiten der Charaktere zu finden.

Castle wiederum hat sich vom „Nice to have“ zu einem „Very nice to have“ gemausert — die Schwächen in den Nebenrollen wurden ausgemerzt und die Chemie zwischen Castle und seiner „Nikki Heat“-Vorlage stimmt so gut, dass es mittlerweile ein großer Spaß ist, einfach nur dem Flirt-Gebandel zwischen den beiden zuzuschauen.

Bestes Finale einer Show mit Leuten, die auf einer mysteriösen Insel gestrandet sind

Lost

Seltsamerweise haben sich außer „Lost“ keine andere Serien für diese Kategorie qualifiziert. Es war alles andere als das von vielen erhoffte „Wow“-Finale, das alle Zuschauer zufrieden stellte. Aber immerhin wird es noch für viele Jahre Diskussionsstoff sorgen, das ist ja auch mal eine Leistung.

Best SciFi/Mystery Show

Stargate Universe

So groß ist die Auswahl an „klassischen“ SciFi-Shows ja nicht mehr, umso einfacher hat es folglich „Stargate Universe“, sich einen festen Platz in der TV-Rotation zu sichern.

Best Show Nobody Is Watching

Party Down

Und leider auch schon abgesetzt. Autor Rob Thomas hat aber schon eine neue Heimat bei Showtime gefunden. Die wollen zumindest mal eine Pilot-Episode für ein neues Drama rund um Wirtschaftsspionage von ihm sehen.

Auf dem zweiten Platz in dieser Kategorie übrigens wie immer „Friday Night Lights“. Auch Season 4 war erneut exzellente TV-Unterhaltung auf höchstem Niveau.
„Better Off Ted“ muss man an dieser Stelle auch noch mal erwähnen, auch wenn die letzte ausgestrahlte Episode auch schon wieder einige Zeit zurückliegt.

Jumped the Shark Lifetime Achievement Award

The Office
Es ist fast schon deprimierend mitanzusehen, wie diese einst so legendäre Comedy dieses Jahr kreativ vor sich hinstolperte. Neue Storyarcs (Jim als Co-Chef), die Übernahme durch Sabre, etc. wurden nur halbherzig verfolgt, mittendrin abgebrochen oder nur unbefriedigend umgesetzt.
Dicht gefolgt auf den Plätzen wird „The Office“ übrigens mittlerweile durch das zunehmend ideenlose „How I Met Your Mother“. Beide Shows haben gemeinsam, dass ihre Chef-Autoren mittlerweile mit anderen, neuen Projekten beschäftigt sind und der „zweiten Garde“ das Heft in die Hand gegeben haben, die offensichtlich nicht mit ihren Chefs mithalten können.
„30 Rock“ kommt mittlerweile auch zunehmend ins Stolpern, wenn es darum geht, an alte Höhepunkte anzuknüpfen. Vielleicht haben Comedies ja wirklich nur eine Halbwertszeit von wenigen Jahren, bevor alle Ideen ausgereizt sind.

Zusammenfassend bin ich mit dieser TV-Season eigentlich recht zufrieden, insbesondere die Newcomer im Half-Hour-Comedy-Format konnten überzeugen. Mit „Parenthood“ ist außerdem auch endlich mal ein mit vielen Vorschusslorbeeren gestartetes Drama vielversprechend gestartet. Die älteren Serien auf den Broadcast Networks haben insgesamt gesehen recht solide Unterhaltung geliefert — für „Quality Entertainment“ muss man aber auch weiterhin zu den „kleinen“ Cable Networks wie AMC schauen.

"Wilder Westen inclusive"

Montag, 12. Juli, 2010

Es gab eine Zeit, in der waren Fernsehfilm-Mehrteiler verlässlich große Ereignisse im deutschen TV. Inzwischen wurde es um diese Form der Fernsehproduktion etwas ruhiger, auch wenn diverse Sender um vermeintlich aufwändig produzierte Event-Movies hin und wieder großes Brimborium veranstalten. Aber ebenso wie es generell kaum noch Straßenfeger-Sendungen gibt, ist die Ära der großen Fernsehfilm-Mehrteiler wohl ebenfalls vorbei.

Das war an Weihnachten 1988 noch anders. Die WDR-Produktion „Wilder Westen inklusive“ war seinerzeit ein richtig großes TV-„Event“. Der WDR hatte zuvor noch nie so viel Geld in eine TV-Produktion gesteckt und bis in die Nebenrollen ein damaliges Who-is-Who der TV-Gesichter verpflichtet. TV-Legende Dieter Wedel schrieb das Drehbuch.

Im Mittelpunkt von „Wilder Westen inklusive“ steht Bruno Küssling (Peter Striebeck), ein geschiedener TV-Wetteransager aus der Hochzeit des öffentlich-rechtlichen TV, viele Jahre vor Kachelmann & Co. Er trifft im regnerischen Hamburg seinen alten Schulfreund Manfred (Manfred Zapatka) wieder, der eine große USA-Reise plant. Manfred ist ein typischer Lebemann, der seine Ehefrau ohne große Gewissensbisse mit einer attraktiven Geliebten (Gudrun Gabriel als Ingeborg) betrügt. Das imponiert dem frustrierten und hoffnungslosen Bruno mächtig. Denn der hatte nach seiner Scheidung fast schon resigniert und blickt eifersüchtig auf das vermeintlich glückliche Familienleben seiner Ex-Frau Marianne (Krystyna Janda) und deren Lebensgefährten. Bei Marianne lebt auch die gemeinsame Teenage-Tochter Carolin (Katja Studt). Um die Bindung zu seiner Tochter wieder aufzufrischen kommt Bruno das Angebot seines Freundes nur recht: Einfach samt Tochter auf die große USA-Reise mitkommen und als cooler Dad dastehen. Doch natürlich läuft alles anders als geplant — sein alter Freund muss krankheitsbedingt absagen und schließlich endet Bruno irgendwie mit Tochter und Ex-Frau(!) sowie mit der Geliebten seines Schulfreundes in den USA. In direkter Nähe zu einer Pauschalreisetruppe voller deutscher Touristen-Stereotypen. Und dann geht das Chaos erst richtig los.

„Wilder Westen inklusive“ gehört zu meinen großen TV-Kindheitserinnerungen wie auch die typischen ZDF-Weihnachtsmehrteiler wie „Anna“ und „Silas“, „Patrik Pacard“. Gut, ich war seinerzeit gerade mal zwölf Jahre und viele Scherze und gesellschaftskritische Anmerkungen gingen deutlich über meinen Kopf. Aber „Wilder Westen inklusive“ war als Familienunterhaltung geplant und so fanden selbst wir Teenies gewissermaßen eine Identifikationsfigur vor: Die seinerzeit dreizehnjährige Katja Studt als verwöhnte Tochter Carolin bot auch für die jüngeren Jahrgänge einen attraktiven Zugang zum Mehrteiler.

„Wilder Westen inklusive“ war Dieter Wedels Aufarbeitung der typisch deutschen Tourismus-Klischees in den 1980er Jahren — ein Jahrzehnt, in denen es den Deutschen so gut ging wie lange nicht mehr und Fernreisen in die weite Welt endgültig etwas Alltägliches wurden. Gleichzeitig bemüht er sich um eine sozialkritische Aufarbeitung der vielschichtigen und kontrastreichen Verhältnisse in den USA in den Reagan-Jahren. Aus heutige Sicht wirken diese gesellschaftskritischen Einschübe oftmals etwas ungelenk und sperrig — in gewisser Weise trifft das auf viele Teile des Mehrteilers zu, zwanzig Jahre gehen nun mal auch an TV-Produktionen nicht ohne Spuren vorbei.

Doch auch nach zwanzig Jahren sind manche Zitate und Szenen aus der Produktion unvergessen: Alle, die den Mehrteiler in ihrer Jugend gesehen haben, können sich an viele klassische Momente und Dialoge erinnern: „Der Koffer war niegelnagelnew with so red stripes“, „early piece“ („Frühstück“), my wife is a woman and has her days“: Fernsehmomente, die inzwischen TV-Kult sind. Tony Careys Titellied „Room with a View“ assoziiert man auch heute noch automatisch mit dem Film.

Auch wenn es wie eine abgedroschene Phrase erscheint: „Wilder Westen inklusive“ ist TV aus einer vergangenen Zeit. Heute wäre solch ein Mammut-Projekt mit einer Laufzeit von über 400 Minuten und seiner gemächlichen Art des Storytellings unrealisierbar. Der Mehrteiler nimmt sich viel Zeit für seine Charaktere und stattet sie mit viel Leerlauf aus. Viele Bildmontagen und eine ruhige, geduldige Erzählweise zeugen von einer anderen Fernsehwelt, als TV-Produktionen noch nicht bis ins letzte Detail und in endlosen Testverfahren auf Zuschauerbindung ausgerichtet waren.

Auch wenn der Mehrteiler in einigen Aspekten nicht gut gealtert ist und zeitweise ein paar Längen hat und auch gelegentlich in allzu platte Situationen abgleitet, ist „Wilder Westen inklusive“ nach wie vor ein großartiger Eckpunkt deutscher TV-Geschichte. Sechs Stunden Dieter Wedel „at his best“ mit vielen Legenden deutscher TV-Fernsehhistorie, die große Unterhaltung bieten. Trotz seiner Länge in seiner Qualität auch bis heute nur selten erreicht. Die DVDs sind von der Bildqualität jedoch nur aus der Kategorie „mittelmäßige VHS-Kopie“ – auch angesichts des Alters der Produktion noch ungewöhnlich schlecht.

Temple Grandin: Ein Emmy für Claire Danes!

Donnerstag, 8. Juli, 2010

Wer dieses Blog schon länger kennt, der weiß, dass ich seit nunmehr 15 Jahren ein Auge auf die Karrieren der ehemaligen „My So-Called Life“-Darsteller geworfen habe. Viel gibt es leider von den meisten nicht zu berichten. So hat A.J. „Rayanne“ Langer in eine britische Adelsfamilie eingeheiratet und ist zweifache Mutter, Devon „Brian“ Gummersall ist in kleineren TV-Gastauftritten sowie als Indie-Film-Autor unterwegs, Devon „Sharon“ Odessa besitzt eine kleine Schauspielschule für Kinder in L.A., Wilson „Rickie“ Cruz ist ein engagierter Kämpfer für die Rechte der LSGB-Gemeinde und ist ebenfalls noch als Schauspieler aktiv und Lisa „Danielle“ Wilhoit hat sich ganz ihrem Hobby/Beruf als professionellen Pole-Tänzerin mit gelegentlichen TV-Miniauftritten gewidmet.

Aber die großen Stars sind eigentlich Jared Leto und Claire Danes. Jared Leto vor allem wegen seiner eindrucksvollen Doppel-Karriere als Schauspieler und Musiker („30 Seconds To Mars“), was in dieser Kombination und mit diesem Erfolg nicht viele schaffen.

Viel zu ruhig ist es hingegen um die frühere Teen-Schauspielhoffnung Claire Danes gewoden. Sie hat sich aus dem Scheinwerferlicht weitesgehend herausgehalten, viele sehr unterschiedliche Schauspielerrollen verkörpert, aber der ganz große Hollywood-Durchbruch blieb ihr bisher verwehrt. Das soll sicherlich nicht heißen, dass sie am Hungertuch nagen muss, sie besitzt ein 1-Mio$-Loft in New York, aber es fehlt nunmal die große Anerkennung, und die wird in Hollywood in der Maßeinheit „Oscar“ gemessen. Es liegt nahe, dass sie diesen Durchbruch aber auch nicht „mit allen Mitteln“ erlangen will, sie sucht sich ihre Angebote in der Regel sorgsam aus. Sie ist keine neue Cameron Diaz geworden, hatte aber auch keinen Lindsay-Lohan/Winona-Ryder-Total-Absturz.

So schien es fast unvermeidlich, dass auch sie früher oder später wieder den Weg zurück von der Leinwand auf den kleinen Bildschirm finden würde, weil dort heutzutage oftmals die besseren (in diesem Kontext: künstlerisch interessanteren) Angebote vorliegen.

So geschehen dann auch im vergangenen Jahr: Die inzwischen 30jährige und verheiratete Claire Danes unterschrieb für einen TV-Movie für HBO. Inhalt: Die Verfilmung der spannenden Biographie über eine Frau mit Autismus, die internationale Karriere machte und ausgerechnet die Abläufe in der amerikanischen Viehzucht(!!) revolutionierte. Von der oberflächlichen Beschreibung aber nicht unbedingt ein Ereignis, das man sich automatisch dick in der TV-Zeitung anstreicht.

Doch der Film „Temple Grandin“, benannt nach der Protagonistin, zählt zu den besten Biographie-Verfilmungen, die ich je gesehen habe. Klaro, ich sehe ihre Filme natürlich in gewisser Weise durch eine Fan-Brille, selbst „The Mod Squad“ habe ich bis zum Ende durchgestanden. Aber „Temple Grandin“ ist so brillant umgesetzt, dass man beim Gedanken an Sandra Bullocks Oscar-Gewinn für „The Blind Side“ noch ein etwas flaueres Gefühl im Magen bekommt als zuvor. Absolut bestechend ist dabei in erster Linie die Performance von Claire Danes, die in ihrer Verkörperung von Temple Grandin wahrlich überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen ist. Es ist eine atemberaubende Transformation in eine vollkommen andere Persönlichkeit, mit einer selbstbewussten und von der ersten Sekunde an glaubhaften Darstellung, die zu keiner Zeit als profanes „Award-Grabbing“ künstlich dramatisiert scheint.

Aber der Film profitiert nicht nur von Claires beeindruckender Performance, auch die Nebenrollen sind mit Julia Ormond als engagierte Mutter und Catherine O’Hara als sorgsame Tante exzellent besetzt. Richtig gelungen ist aber auch die visuelle Repräsentation von Temples Autismus. Mit behutsam und geschickt eingesetzten visuellen Effekten wird Autismus auch dem Zuschauer ohne thematisch tiefgehende Vorkenntnisse verständlich veranschaulicht. Man beginnt zu verstehen, wie Menschen mit Autismus die Welt erfahren, ohne dabei von einem überdimensionierten CGI-Effekt erschlagen zu werden. Dieser Film könnte Pflichtprogramm für alle von Autismus indirekt oder direkt Betroffenen werden. Aber auch „Unbeteiligte“ dürften von der Qualität der Darstellung der Thematik fasziniert sein.

Um Claire diesen Emmy in sieben Wochen noch zu nehmen müsste wohl schon die unerreichte Meryl Streep höchstpersönlich einen TV-Film aus dem Ärmel schütteln. Fast mag man schon bedauern, dass das Budget nicht für eine aufwändigere Produktion und somit eine Kino-Veröffentlichung ausreichte, aber auf der anderen Seite hätte Claire dann auch vermutlich aufgrund ihres geringen „Marktwertes“ kaum die Titelrolle erhalten. So wird es nun hoffentlich „nur“ ihr erster Emmy (für „My So-Called Life“ war sie 1995 ebenfalls nominiert, verlor aber gegen Angela „Murder She Wrote“ Lansbury) — endlich. Denn dieser Film beweist erneut, dass Claire Danes eine überaus begabte Schauspielerin ist, die man viel zu selten in großen Produktionen sieht und von ihrer Klasse und Fähigkeiten eigentlich ganz oben in der Hollywood-Hierarchie zu finden sein müsste.

Heute wurden nun die Emmy-Nominierungen für „Temple Grandin“ bekannt gegeben: Die HBO-Produktion erhielt sagenhafte 15 Nominierungen, darunter David Strathairn für seine Rolle als fürsorgerischer Dr. Carlock, außerdem Julia Ormond und Catherine O’Hara, der Film als Ganzes sowie das Drehbuch und natürlich Claire Danes für die Hauptrolle. Ihre ärgste Konkurrentin im Rennen um den Emmy wird die hochgelobte Hope Davis als Hillary Clinton in der weiteren HBO-Produktion „The Special Relationship“ sein. Dennoch, ich setze mein Geld auf Claire.

„Temple Grandin“ erscheint am 17. August in den USA auf DVD.

Update 30.8.10: Es kam dann tatsächlich so wie erhofft: Insgesamt sieben Emmy-Auszeichnungen erhielt „Temple Grandin“ und war damit der Abräumer des Abends. Darunter gab es auch den Preis für die beste Hauptdarstellerin in einem Fernsehfilm für Claire Danes und den Emmy für den „besten Fernsehfilm“ des Jahres.

Der neue Doctor bleibt der beste Doctor (2)

Montag, 5. Juli, 2010

Zugegeben, ich bin etwas spät dran … die finale Doppelfolge der neuen „Doctor Who“-Staffel hatte ich mir bis gestern als besonderes „Gourmet“-Stückchen für den gepflegten Wochenendausklang aufgehoben. In der trockenen Sommerseason muss man die wenigen Highlights ja besonders pflegen. Und „Big Bang“ war ein hervorragendes Festmahl als Abschluss einer rundum gelungenen Staffel.

Nach dreizehn Episoden kann man nun beruhigt feststellen, dass die Vorschusslorbeeren für Headwriter Steven Moffat alles andere als unangebracht waren. Da gab es zu Beginn zwar sicherlich die Befürchtung, dass ich die neuen „Who“-Episoden nur schon alleine wegen der Präsenz von Autor Moffat durch die rosarote Brille gesehen hätte. Sicherlich hatte die Staffel ein paar kleinere Durchhänger (die „iDaleks“ in marketing-optimierten Farben, das alljährliche Kostümfestival mit Vampiren in Venedig), aber insgesamt war das eine nahezu perfekte „Doctor Who“-Staffel.

Einen Großteil des Lobs kann sich dabei Matt Smith abschneiden, der geradezu spektakulär ideal in die Rolle des Doctors passte und dem jahrzehntealten Charakter richtig neuen Schwung gab. Dabei wahrte er aber Respekt vor den Interpretationen der Rolle seiner Vorgänger und integrierte sie subtil in seine eigene Performance. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich jemals Zweifel hatte, dass er Tennants Fußstapfen ausfüllen könnte. Smiths Darbietung kann man gar nicht genug in den höchsten Tönen loben, der Mann kann das ganze „Who“-Portfolio von „himmelhoch jauchzend“, über humorvolle Zeitreise-Paradoxen-Erklärungen bis hin „zu Tode betrübt“ mit solcher Hingabe und Selbstaufgabe innerhalb der gleichen Szene dermaßen überzeugend darstellen, dass man nur noch staunend vor dem Bildschirm sitzt. Sein herzzerreißender Abschied von der kleinen Amy in der letzten Folge war dann auch der beeindruckende Höhepunkt der dramatischen Seite seines „Doctor Who“-Charakters.

Und natürlich auch Karen Gillan als neue Sidekick-Begleiterin Amy Pond. Wenn sie mit aufgerissenen Augen und brennenden Haaren auf das Unbekannte losstürmt, erliegt man innerhalb von Sekunden ihrem energiegeladenen Charme. Selbst mit dem „Rory“-Charakter vermieden die Macher zwar einigermaßen erfolgreich das drohende „fifth wheel“-Ungemach und bauten Amys Verlobten zu einem sympathischen Co-Companion aus. Allerdings ist die Chemie zwischen Amy und dem Doctor immer noch extrem ungleich größer als die zwischen Amy und Rory, deren Beziehung über den Verlauf der Staffel immer wieder mühsam gerechtfertigt werden musste.

Ausdrückliches Lob hat sich auch der Rest der Produktion verdient, der Instrumental Score (nicht nur) in der finalen Doppelfolge war großartig und Kameraarbeit und Beleuchtung über den Verlauf der gesamten Staffel auf dem Niveau großer Leinwand-Produktionen.

Auch im Bezug auf die Story bot diese Staffel viel bunte Abwechslung mit vielen klassischen „Who“-Elementen, aber auch reichlich modernen Facetten. Sie hob sich angenehm vom Gigantismus der späten Russell-Davis-Jahre ab, selbst der traditionelle „Big Showdown“ im Finale stellte trotz der katastrophalen Auswirkungen ganz klar die Hauptfiguren und ihre Beziehungen in den Mittelpunkt. Aufmerksame Fans wurden in ihrem Verdacht bestätigt, dass über die Staffel viele kleine „Easter Eggs“ und Foreshadowing-Bausteine verteilt waren (insbesondere der vermeintliche Jackett-Produktionsfehler in der Steinengel-Episode), deren Payoff dann tatsächlich höchst gelungen im Finale erfolgte. Dazu hatte die Staffel viele sympathische Geschichten erzählt, von denen einige mal mehr oder weniger im traditionellen „Doctor Who“-Universum verankert waren. Moffat hat dazu zwar auch seine Story-Schatzkiste aus der „Blink!“-Episode und „Silence in the Library“ erneut hervorgekramt, aber zu einem Gänsehaut-tauglichem Abschluss gebracht.

Ich freue mich auf hoffentlich viele weitere „Doctor Who“-Staffeln mit dem neuen „Dream-Team“ Moffat, Smith und Gillan. Gespannt warte ich auf die weitere Entwicklung der Beziehung zwischen River Song und dem Doctor in Series 6. Da ist mir auch recht egal, ob an den Gerüchten rund um einen US-Spielfilm mit Johnny Depp (und Russell Davis) nun ‚was dran ist oder nicht (die BBC dementiert). Ich brauche nur einen besten Doctor.

Hot in Cleveland

Freitag, 25. Juni, 2010

Superstar Betty White. Ausgerechnet in einem Zeitalter, in dem für Frauen über 30 im Film- und TV-Geschäft gute Rollen immer knapper werden, wurde die 88jährige ehemalige „Golden Girls“-Darstellerin während der letzten Monate zu einer der gefragtesten Medien-Persönlichkeiten.

Seit vielen Jahrzehnten ackert sie sich durch unzählige TV-Gastauftritte, Filmrollen und ist sich selbst für lächerliche „Will She Flinch“-Stunts in der Tonight-Show nicht zu schade. Überhaupt scheint sie keinerlei Berührungsängste mit verrückten und ausgefallenen Rollen zu haben, sie spielt scheinbar alles — ihren x-ten „Durchbruch“ hatte sie jüngst in dem simplen Sandra-Bullock-Komödchen „The Proposal“. Man muss sie ja auch irgendwie einfach gern haben, mit unbewegter Miene verkauft sie die trockensten Witze mit perfektem Timing.

Darauf folgten eine viel diskutierte Facebook-Petition, die maßgeblich daran beteiligt war, dass White im Frühjahr sogar erstmalig als Presenter der „Saturday Night Live“-Show (SNL) auftrat. Und auch dort hielt sie sich nicht etwa altersgerecht zurück, sondern spielte in einem Großteil der Sketches mit Hingabe mit. Und prompt erzielte die „Betty White“-Edition von SNL die mit Abstand besten Quoten seit Jahren.

Seither scheint der Hype um die neue „Mutti der Nation“ kein Ende nehmen zu wollen. Plötzlich kann jede TV- und Filmproduktion, die den Namen „Betty White“ auf der Castliste stehen hat, fest mit einem verblüffenden Quotenbonus rechnen. Dazu zählt auch die neue Sitcom „Hot in Cleveland“ auf dem bisher eigentlich nahezu unbekannten Cable-Sender „TV Land“. Es ist das erste Mal, dass „TV Land“ eine eigene Serie an den Start bringt und normalerweise wäre das kaum einen ausführlichen Bericht wert. Aber die Beteiligung von Betty White in einer Hauptrolle katapultierte die Premierenfolge zu einem für das winzige „TV Land“ gigantischen Zuschauererfolg — über 4,7 Millionen Zuschauer schalteten ein (3,3 Mio in der zweiten Woche). Das sind Einschaltquoten, denen jetzt in der flauen Sommerzeit selbst die Big Four Networks eine gewisse Anerkennung zollen.

Dabei ist „Hot in Cleveland“ wirklich absolut durchschnittliches und seit Jahrzehnten bewährtes Sitcom-Material. Setup, Punchline, Lacher (immerhin: „Recorded in front of a live audience“). Nur die obligatorische Couch fehlt zunächst noch, kommt aber schon in der zweiten Folge. Drei Frauen im Alter 40+ verirren sich auf dem Weg von Los Angeles zum Urlaubsziel Paris ausgerechnet in die Provinz von Cleveland, wo Männer noch echte Männer sind und die Frauen nicht vom Schlankheitswahn der Glitzerwelt Hollywoods „verdorben“ sind. Und außerdem lässt es sich da richtig günstig leben — in einer Mietwohnung, in der eine rüstige alte Dame quasi zum Inventar gehört. Richtig geraten, diese „alte Dame“ ist natürlich Betty White.

Ich muss aber zugeben, auch wenn es typisches Sitcom-Material ist, das ist bei weitem nicht das schlechteste, was in den letzten Jahren aus der Comedy-Ecke hervorgebracht wurde. Die Story ist durchaus amüsant und halbwegs genießbar und es freut mich auch endlich wieder Jane Leeves („Frasier“) in einer Hauptrolle zu sehen. Wendie Malick („Just Shoot Me!“) ist auch kein Greenhorn im TV-Comedy-Geschäft. Das sind alles absolute Profis, die auch ein maues Skript aufpeppen können. Die diesjährigen Ungetüme „Hank“, „Accidentally on Purpose“ und „Romantically Challenged“ waren da in meinen Augen deutlich ungenießbarer — insgesamt ist die Show gar nicht mal so übel, wie es der Trailer befürchten ließ.

10 Folgen hat TV Land geordert und die dürften wohl auch ein durchschlagender Erfolg werden. Schade nur, dass für Betty White kein besseres Format gefunden werden konnte. Aber das wird ihrem Status als Superstar keinen Abbruch bringen.

 

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