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Jersey Girl (2004)

Donnerstag, 3. August, 2006

Es war ein formidables Desaster, das sich im Sommer 2003 für das Studio Miramax ankündigte: Die millionenschwere Sony/Columbia Produktion „Gigli“ war gerade hochkant an den Kinokassen gefloppt und sammelte vernichtende Kritiken in einem Umfang, der Erinnerungen an den „Glitter“-GAU von 2001 wachrief. Die beiden Hauptdarsteller (zu der Zeit das Hollywood-Traumpaar schlechthin) Ben Affleck und Jennifer „J.Lo“ Lopez wurden zum Gespött der Film-Industrie und die Beziehung zerbrach ja dann auch wenige Monate später gegen Ende 2003.

Und ausgerechnet Affleck und Lopez spielten erneut ein Paar in der gerade abgedrehten Miramax-Produktion „Jersey Girl“, das in Augen der Studiobosse nun verständlicherweise die Attraktivität eines nordkoreanischen Nuklearsprengkörpers hatte. Das Studio zog die Notbremse: Es verschob den Kinostart um ein halbes Jahr und löschte jeglichen Bezug auf Jennifer Lopez aus allen Promomaterialien. Am liebsten hätte man den Film stillschweigend im Giftschrank versenkt.

Jersey GirlDoch das ging aus einem Grund nicht, und dieser Grund hiess Kevin Smith. Denn dieser Autor/Regisseur ist nach Kult-Filmen wie „Chasing Amy“, „Dogma“, „Clerks“, „Mallrats“ und den weiteren „Jay and Silent Bob“ Produktionen eine unantastbare Größe im US-Filmgeschäft. Den kann man nicht mit „Straight-to-Video“ in die Ecke stellen. Und ausgerechnet dieser „Silent Bob“ hatte bei „Jersey Girl“ nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch Regie geführt. Bei einer romantischen Komödie. Nicht unbedingt ein Genre, das man klassicherweise mit Smith assoziiert.

„Jersey Girl“ handelt von einem jungen Vater (Affleck als Ollie), der nach dem Tod der Mutter (Lopez) die gemeinsame Tochter alleine großziehen muss. Der ehemals ehrgeizige und hippe Karrieremensch muss sein Leben komplett umstellen, zieht von New York nach New Jersey in das Haus seines ebenfalls verwitweten Vaters und gibt sich mit einfachen Straßenarbeiter-Jobs zufrieden. Erst nach vielen Jahren lernt er eine Frau (Liv Tyler als Maya) kennen, die möglicherweise seine Trauer um die große Liebe seines Lebens etwas dämpfen kann. Doch erst muss er sich zwischen seiner Karriere und seiner Tochter entscheiden… eine Entscheidung über was er wirklich will im Leben.

Also brachte Miramax den Film 2004 in die Kinos und durfte mitansehen, wie sich die Kritiker und Zuschauer in ihren Beurteilungen des Films alles andere als einig waren. Manche priesen den Film als sehr gelungenen romantischen Klassiker, der geschickt mit den Klischees des Genres spiele und von exzellenten Darstellern profitiere (Roger Ebert gab dem Film dreieinhalb von vier Sternen). Andere verrissen den Film als gäbe es kein Morgen und grummelten verächtlich ob der Kritiker-Kollegen die dem Film vermeintlich nur wegen dem Kevin Smith Bonus eine gute Note gaben.

Ich kann beide Sichtweisen nachvollziehen. Smith kennt sicherlich sein Metier und all die 1001 „Romantic Comedies“ die seit Anbeginn der Zeit auf Zelluloid gebannt wurden. Er zitiert viele typischen Elemente aus diesen Vorgänger-Produktionen, packt die Genre-Klischees dicht aufeinander, aber es fehlt eben (bis auf die wirklich allerletzte Filmszene) die ironisch-satirische Überspitzung dieser seichten Momente. Denn nur ungläubig muss man als Zuschauer akzeptieren, dass Kevin Smith wohl wirklich einen „Chick Flick“ machen wollte, eine klassiche romantische Komödie mit all den seichten und vorhersehbaren Bausteinen und stereotypen Charakteren, die nun mal zu einem solchen Film dazugehören. Doch dazu ist der Film dann nicht originell genug — man muss kein Filmbuff sein, um das Happy End des Filmes schon nach den ersten zehn Minuten in fast allen Details vorhersagen zu können. Man hat den Namen „Kevin Smith“ und seine komplette Filmographie im Hinterkopf und umso irritierender ist die schlichte und gefühlstriefende Story von „Jersey Girl“, die es sich in manchen Szenen geradezu erschreckend einfach macht (die Ansprache von Affleck vor der Dorfbevölkerung beispielsweise — WTF?).

jersey girlAber dann blitzt auch an vielen Stellen der bekannte Witz von Kevin Smith auf — viele Dialoge der Charaktere wirken frech, offen und echt. Es gibt einige wirklich gute Lacher und höchst spassige Comedy-Szenen. Doch dem stehen prompt dann schier endlose Konversationsszenen gegenüber, bei denen der springende Punkt gleich mehrmals mit dem Dampfhammer an den abwinkenden Zuschauer gebracht werden soll. Und dann zum Schluss noch eine abstrus-irritiernde Musical-Einlage, bei der sich die Haare zu Berge stellen.

Noch ein paar Anmerkungen zu den Schauspielerleistungen: Jennifer Lopez macht ihre Sache kurz, aber gut. Liv Tyler spielt die Rolle der „Maya“ überzeugend und macht den Film ein gutes Stück sehenswerter. Ben Affleck … naja … in „Dogma“ gefiel er mir eine ganze Ecke besser. Mein heimlicher Favorit war dann auch prompt Stephen Root („Office Space“) in einer kleinen Nebenrolle, der alleine schon durch seine Anwesenheit den Unterhaltungswert jeder Szene deutlich steigert.

Fazit: Kevin Smith Fans werden den Film entweder hassen oder lieben. Sogar Kevin Smith selbst zeigt mit der Rückkehr zu „Clerks II“, wo er seine Stärken sieht. Die vorwiegend weibliche „Sleepless in Seattle“-Fangemeinde dürfte zufrieden sein. Aber man verpasst sicherlich nix, wenn man den Film links liegen lässt. Warum ich dem betagten Film trotz seiner Mittelmäßigkeit hier soviel Platz widme? Das kann man wohl ebenfalls dem zuvor erwähnten Kevin Smith-Bonus zurechnen… Guilty as charged.

Ein Highlight auf der DVD soll einer der beiden Audiokommentare mit Kevin Smith und Ben Affleck sein — sogar unterhaltsamer als der Film, unter anderem weil man konsequent jegliche Erwähnung von „J.Lo.“ umschifft. Dazu bin ich aber noch nicht gekommen, ich bin schon froh, dass ich die Film-Review nun endlich mal abhaken kann 😉

 

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