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Wilfred

Mittwoch, 17. August, 2011

Solch eine WTF?!-Show hatte ich auch schon länger nicht mehr.

Nach einem misslungenen Selbstmordversuch taucht plötzlich im Leben des arbeitslosen und deprimierten Anwalts Ryan ein Hund auf und weicht ihm nicht mehr von der Seite. Nah, eigentlich gehört der Hund (er hört mehr oder weniger zuverlässig auf den Namen „Wilfred“) der attraktiven Nachbarin von Ryan, aber die hat offensichtlich kaum Zeit für ihn, schließlich hat sie ja einen Job. Und so hängt Wilfred eben den ganzen Tag bei Ryan ab, raucht etwas Gras mit ihm und versucht einen lebensgrossen Stoffbär zu einem abwechslungsreichen Sexleben zu überreden. Gemeinsam bestehen der eher schüchterne Ryan und der dagegen deutlich forschere Wilfred einige „Abenteuer“, die sich thematisch auch schön immer in den wöchentlichen Episodentiteln wie „Pride“, „Acceptance“ oder „Fear“ widerspiegeln. Ryan freut sich, dass er endlich einen „Kumpel“ hat, dem er sein Herz ausschütten kann und Wilfred ist froh darüber, dass sich jemand mit ihm beschäftigt und ihm Bier bringt. A match made in heaven.

Hört sich vielleicht nach einem wenig originellen Konzept an, verdient seinen „What the eff“-Faktor durch ein kleines … naja … Detail: Der Zuschauer (und Ryan) sieht Wilfred als normalen Mann in einem wuscheligen Hundekostüm. Der mit einem australischen Akzent spricht.

„Wilfred“ basiert auf einer gleichnamigen erfolgreichen australischen TV-Serie und teilt auch einige Darsteller und Autoren/Produzenten mit der Vorlage. Da ich das Original nicht gesehen habe, kann ich nichts zu den Unterschieden schreiben, aber das US-Resultat, das zur Zeit auf FX läuft, ist eine bunte Mischung aus schrulligem Wahnsinn, bescheuerten überzeichneten Stories, einer guten Portion sympathischen „Lessons learned“-Botschaften und ein paar einfach nur absurd-komischen Szenen.

Elijah Wood ist eine überraschende, aber höchst gelungene Besetzung für die Hauptrolle des eingeschüchterten Ryan, der nur schwer mit dem Alltag zurechtkommt. Wilfred (wie wir ahnen wohl in Wahrheit eher ein unterdrückter Teil von Ryans Persönlichkeit) hilft Ryan, aus seiner kleinen Welt auszubrechen und Neues zu wagen. Elijah Wood kann diese Rolle des etwas verlorenen, aber herzensguten Durchschnittstypen wunderbar ausfüllen und seine Interaktionen mit dem „Hund“ Wilfred erscheinen oftmals derart selbstverständlich, dass man schon mal vergisst, dass da ein verfluchter Schauspieler mit einer dämlichen schwarz angemalten Nase in einem lächerlichen Hundekostüm neben ihm steht. Naja, man „vergisst“ es für eine Sekunde, bis Wilfred dann wieder mal anfängt, den riesigen Stoffbär im Keller zu vögeln.

Gewisse stilistische Parallelen zu „Unhappily Ever After“ und vielleicht auch „Greg the Bunny“ und die schiere Absurdität von „Tick“ (und so manchen anderen FOX-Klassikern) drängen sich auf, aber „Wilfred“ ist doch ein ganz eigenes Ding. Wirklich sehr ungewöhnlich, alles andere als „brav“ und ganz sicher nicht eine klassische Comedy. Mehr eine Art Buddy-Show mit „Lessons learned“-Unterton. Manchmal wird es dann doch zuviel mit der bizarren und überdrehten Story, wie in der jüngsten Episode „Pride“, wenn die absurden Sexvorlieben von Wilfred (naja, er ist immerhin auch nur ein Hund 😉 der Episode zu sehr den Charme rauben.

Wem man diese Serie empfehlen kann? Man sollte Freude an Serien mit „Was schaue ich da eigentlich gerade!?“-Effekt haben, die aber doch irgendwo noch einen sympathischen/menschlichen Kern haben. Sicherlich nichts für den Otto-Normal-Zuschauer 😉

Submarine (2010)

Dienstag, 16. August, 2011

Wie? Was? Schon gleich der nächste Eintrag? Jahau, das alles erklärende Zauberwort heisst „Urlaub“ 🙂

Aber in guter alter sablog-Tradition wollte ich die Gelegenheit auch mal wieder nutzen, um einen Filmtipp loszuwerden. Und in ebenfalls guter alter sablog-Vorliebe steht eine Teenager-zentrierte Produktion im Mittelpunkt: „Submarine“ ist ein bezauberndes Regiedebut von Richard Ayoade (ja, genau, Maurice Moss aus „The IT-Crowd“) basierend auf der Romanvorlage von Joe Dunthorne (welche ich -noch- nicht gelesen habe). Der Film ist jedenfalls eine herrliche Gratwanderung zwischen „zum Schreien komisch“ und tiefgründigem Coming-of-Age-Drama. Weitere passende Attribute wären die üblichen Teenage-Dramedy-Wörtchen „süss“, „peinlich“, „amüsant“, aber „Submarine“ ist sicherlich alles andere als die typische Guy-falls-in-love-with-girl-Schmonze.

Er handelt von dem 15jährigen Oliver Tate, der in gewisser Weise ein verwöhnter und überheblicher Typ ist, der sich für ‚was Besseres hält und unverstanden fühlt. Als er sich in eine Klassenkameradin verliebt, überanalysiert er jeden Aspekt der Beziehung und schafft es durch eine Reihe von typischen „Überforderter-Teenager“-Entscheidungen einen Pfad von Chaos in seinem Leben zu hinterlassen. Wie in vielen anderen Indie-Regiedebuts wird da einiges an ungewöhnlicher Kameraführung und Schnitttechnik ausprobiert, was stellenweise etwas zu aufdringlich ist, aber eben auch zu recht sehenswerten Einstellungen führt.

Kann ich wirklich empfehlen, wenn man auf etwas schräge Indie-Produktionen steht.

Der erstklassig passende und sehr hörenswerte Soundtrack des Films (nicht des Trailers, also nicht abschrecken lassen ;-)) stammt aus der Feder von Alex Turner (Arctic Monkeys).

My Boys

Donnerstag, 3. Juli, 2008

Es gibt Serien, die eigentlich ganz simpel gestickt sind und dennoch einem abgenutzten Genre noch einen frischen Aspekt abgewinnen können.

My Boys„, das derzeit auf TBS in seine zweite (oder dritte, je nach Zählweise) Staffel startet, ist wohl so eine Serie. Eine klassische Half-Hour Comedy, aber keine Sitcom mit Laugh-Track. Das „Schnittmuster“ der Show ist auf den ersten Blick wenig revolutionär: Eine Gruppe von Freunden im besten twenty/thirtysomething-Alter in Chicago und ihre alltäglichen Lebens-und Liebesgeschichtchen stehen im Vordergrund. Die Grundprämisse  ähnelt damit denen solcher Shows wie „Friends“ und „How I Met Your Mother“, aber „My Boys“ geht einen eigenen (einfachen) Weg und ist dabei dennoch unterhaltsam. Im Mittelpunkt steht die hübsche Sportreporterin P.J. (Jordana Spiro) und ihre fünf männlichen und sportinteressierten Freunde Andy (Jim Gaffigan), Kenny (Michael Bunin), Bobby (Kyle Howard), Brendan (Reid Scott), Mike (Jamie Kaler) sowie P.J.s Freundin Stef (Kellee Stewart).

P.J. ist ein geradezu ein „Tomboy“-Mädel, sie fühlt sich am wohlsten in einem Baseball-Stadion (in Chicago natürlich Wrigley’s Field) und führt sich auch im Umfeld ihrer Kumpel auch oft fast schon unbewusst selbst wie ein Mann auf, aber nicht ohne immer eine gewisse weibliche „Stimme der Vernunft“ einzubringen. Die Episoden ziehen erwartungsgemäß dann auch einen Großteil der Storylines und des Humors aus dem lockeren „Spannungsverhältnis“ zwischen PJ und ihren männlichen Freunden und den daraus resultierenden „Kulturkonflikten“ frei nach dem Motto „Men are from Mars, Women are from Venus“. Wie man es wohl erwartet, steht vor allem PJs Liebesleben im Vordergrund (das teilweise auch einige ihrer engen Freunde involviert), die Show findet ihre besten Momente jedoch insbesondere abseits dieser ausgetretenen Pfade. Gerade wenn es um die im typischen Sitcom-Stil reichlich überzogenen Lebensverhältnisse von PJs buntem Freundeskreis geht, laufen die Autoren zur Hochform auf. Als exemplarisches Beispiel für einige andere Storylines in der Serie sei alles rund um die Ehe von PJs Bruder Andy genannt, die zunächst geradezu Niles/Maris-esque Eigenschaften anzunehmen scheint, dann aber überraschende Alternativwege fort vom Klischee und der vorhersehbaren Charakterentwicklung findet.

Hin und wieder nerven die zumindest in der ersten Staffel allgegenwärtigen Baseball-Referenzen in den Voice-Overs von PJ, aber davon scheint man in der aktuellen zweiten Staffel Abstand genommen zu haben. Auch wenn PJ zudem im Umkleideraum der Chicago Cubs ihrer vermeintlichen Journalisten-Tätigkeit nachgeht, kommt die Show regelmäßig arg ins Stolpern, weil dann so ziemlich jede Szene das limitierte Budget der Show und die ähnlich begrenzten schauspielerischen Fähigkeiten der Gast-Nebendarsteller offenbart.

Was „My Boys“ trotz des eigentlich recht klassisch gestrickten Konzepts so sehenswert macht, ist die charmante und unterhaltsame Umsetzung, insbesondere die erstklassig gewählten Hauptdarsteller, die optimal miteinander harmonierien und sichtlich Spaß an ihrem Job haben. Alleine schon Jim Gaffigan als PJs Bruder Andy liefert nicht nur mit seinen süffisanten Dialogen einen wesentlichen Grund zum Einschalten. Dass Hauptdarstellerin Jordana Spiro (die mal eine klitzekleine Rolle in Buffys „Reptile Boy“ hatte) ein echtes Schätzchen ist, schadet natürlich auch nicht.

„My Boys“ ist keine anspruchsvolle Super-Duper-Comedy von Must-See-Format, aber eine überaus liebenswürdige und locker-leichte Show der Kategorie „klein, aber fein“ — genau richtig für gemütliche, laue Sommerabende.

Die 22 Episoden umfassende „Season 1“ (die eigentlich aus zwei Staffeln mit je 11 Episoden bestand) ist in den USA auf DVD erhältlich.

The Shape of Things (2003)

Sonntag, 13. August, 2006

„The Shape of Things“ stand schon länger auf meiner „To-Buy“-Liste. Irgendwann hatte ich mir mal eine Notiz zu diesem Film gemacht, aber warum und wie ich gerade darauf kam, weiss ich schon längst nicht mehr. Der Film basierte auf einem Theaterstück, das Anfang des Jahrzehnts in London lief — soviel wusste ich noch. Nun gut, durch Zufall fiel mir kürzlich ein günstiger Preis für die britische R2-DVD bei Amazon (Marketplace) auf, und das Ding wurde bestellt. Mit einer 6,9 als IMDb-Wertung und Rachel Weisz („The Constant Gardener“) in einer der Hauptrollen kann man für ein paar Pfund wohl auch nicht viel falsch machen.

Und es war wirklich ein guter Kauf. Ein auf den ersten Blick zwar etwas trockener aber gegen Ende sehr faszinierender Film.

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Adam (Paul Rudd, „Friends“) ist ein Geek erster Güte. Unsportlich, unattraktiv, etwas dicklich, mit Brille und fettigen Haaren ist er alles andere als ein Frauenmagnet. Er arbeitet neben seinem College-Studium als Aushilfe in einem Kunstmuseum in Kalifornien. Eines Tages begegnet er der sexy, forschen und auch mysteriösen Evelyn (Rachel Weisz), die entgegen aller Wahrscheinlichkeit Interesse an ihm zeigt. Die beiden verabreden sich zu einem Date, kommen sich näher und so beginnt eine mehrmonatige Beziehung. Ins Spiel kommt dann auch noch Adams bester Freund Phil (Fred Weller, „When Will I Be Loved“) sowie dessen Verlobte Jenny (Gretchen Mol), die auch recht irritiert darüber sind, dass solch eine attraktive Frau wie Evelyn Gefallen an Adam finden könnte. Um so erstaunter sind sie, als Adam langsam beginnt, eine Wandlung vom hässlichen und schüchternen Entlein zum attraktiven und selbstbewussten Mann durchzumachen.

„The Shape of Things“ ist ein schwer verdaulicher Film. Die ersten 60 Minuten lassen den Zuschauer etwas im Unklaren, wo der Film hin will, was er aussagen will. Zwischendurch mag man schon fürchten, dass es sich um eine billige misslunge Twen-Klamotte à la „She’s All That“ handelt. Aber da ist doch die ganze Zeit irgendwas im Hintergrund, irgendwas stimmt da nicht. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel: Spätestens in den letzten zwanzig Minuten hat der Film die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers, selbst wenn man zuvor schon ahnte, wo der Hase läuft. Das ist definitiv keine seichte Romanze, sondern ein toughes Drama um Kunst, Moral und Kaltblütigkeit, das einen auch nach dem Abspann noch einige Zeit beschäftigt.

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Einige wichtige Anmerkungen darf man bei einer Empfehlung des Films aber nicht unterlassen: Dies ist eine Theaterproduktion. Zwar auf Zelluloid gebannt und nicht auf einer Theaterbühne inszeniert, aber es bleibt kein Zweifel daran, dass Film eigentlich nur eine „Zweitverwertung“ für dieses Script ist. Regisseur Neil LaBute betont in der DVD-Einführung mit gutem Grund, dass er dem Original möglichst treu bleiben wollte. Es ist keine Produktion mit dutzenden Locations, vielen Umschnitten, aufwändigen Kamerafahrten, hipper Background-Musik und vielen Nebendarstellern. Nein, das ist im Grunde nur eine leicht aufgepeppte Theaterproduktion. 10 Szenen, 10 Locations, 4 Darsteller, viel Dialog. Schauspieler, die mit Schauspielern spielen und nicht mit Stichwortgebern neben der Kamera. Keine Nebendarsteller. Lange Einstellungen, kaum Umschnitte. Darauf sollte man vorbereitet sein, sonst stellt man die falschen Ansprüche und wähnt sich buchstäblich schnell im falschen Film. Aber sobald man sich darauf einlässt (und auch nicht nach ein paar Minuten enttäuscht die DVD aus dem Player reisst), wird man mit einem brillianten Schauspielstück belohnt, in dem die Dialoge und Inhalte zählen, nicht die Kameraarbeit (welche aber auch recht interessant — weil unorthodox — ist).

Allerdings hat die Umsetzung dieser Theaterproduktion auf die große Leinwand auch mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das beginnt schon damit, dass Film eben doch nicht unbedingt das ideale Medium für solch eine orginalgetreue Adaption ist. Zudem ist der absichtlich sehr einfach gehaltene Kamerastil gewöhnungsbedürftig. Die Darsteller laufen mehrmals aus dem Frame oder sind nur halb drin. Dialogszenen erstrecken sich über viele Minuten. Musik hört man nur für wenige Sekunden während den wenigen Szenenwechseln – und wirkt genau da irgendwie zu aufdringlich. Jedoch vor allem Gretchen Mol schafft den Sprung in das andere Medium nicht so recht, sie spielt noch zu aufdringlich, für einen großen Theatersaal und nicht für eine kleine Kamera, die auch kleinste Nuancen aufzeichnen kann. Insbesondere in den Flirt-Szenen mit Adam fällt das besonders auf.

Doch das Gesamtwerk ist dennoch überzeugend. Man spürt, dass die Schauspieler dieses Stück schon mehrere dutzend Male aufgeführt haben und somit mit den Charakteren intensiv vertraut sind. Es kommt selten vor, dass eine Theaterproduktion den Sprung auf die Leinwand schafft und dies auch noch mit denselben Schauspielern und Regisseur/Drehbuchautor verwirklicht wird. Aber auch nur so ist es möglich, einen 90-minütigen Spielfilm in gerade mal 18 Tagen abzudrehen und das auch noch mit solch langen Dialogszenen, bei denen die Darsteller einige Seiten Script auswendig lernen müssen.

the_shape_of_things_dvd.jpgZur britischen R2-DVD kann man nichts negatives sagen. Der Commentary Track ist sehr interessant und aufschlussreich. Regisseur Neil LaBute und Darsteller Paul Rudd palavern durchweg die vollen 90 Minuten mit unterhaltsamen und informativen Anekdoten. Im Grunde muss man den Film auch zweimal sehen (einmal mit Kommentar), um all die Kleinigkeiten zu entdecken, die trotz des hektischen Drehplans realisiert werden konnten. Dazu kommen noch ein paar Minuten Behind-The-Scenes-Materialien und ein amüsantes Mini-Filmchen, das eigentlich als Trailer gedacht war. Die US-amerikanische R1-Edition hat noch DTS-Sound, aber dies spielt bei dieser extrem dialoglastigen Produktion meines Erachtens keine Rolle.

Fazit: Empfehlenswert für Freunde des gesprochenen Worts. Vielleicht hat man „The Shape of Things“ ja schon mal bei einer Aufführung einer lokalen Theater-Truppe gesehen. Der Film ist allerdings etwas sperrig und erschliesst sich in manchen Details auch nur mithilfe des Commentary Tracks. Hier kann es sich auch lohnen, wenn man als Schüler vom Deutsch- (oder Englisch-) Leistungskurs nicht komplett angeödet war.

Jersey Girl (2004)

Donnerstag, 3. August, 2006

Es war ein formidables Desaster, das sich im Sommer 2003 für das Studio Miramax ankündigte: Die millionenschwere Sony/Columbia Produktion „Gigli“ war gerade hochkant an den Kinokassen gefloppt und sammelte vernichtende Kritiken in einem Umfang, der Erinnerungen an den „Glitter“-GAU von 2001 wachrief. Die beiden Hauptdarsteller (zu der Zeit das Hollywood-Traumpaar schlechthin) Ben Affleck und Jennifer „J.Lo“ Lopez wurden zum Gespött der Film-Industrie und die Beziehung zerbrach ja dann auch wenige Monate später gegen Ende 2003.

Und ausgerechnet Affleck und Lopez spielten erneut ein Paar in der gerade abgedrehten Miramax-Produktion „Jersey Girl“, das in Augen der Studiobosse nun verständlicherweise die Attraktivität eines nordkoreanischen Nuklearsprengkörpers hatte. Das Studio zog die Notbremse: Es verschob den Kinostart um ein halbes Jahr und löschte jeglichen Bezug auf Jennifer Lopez aus allen Promomaterialien. Am liebsten hätte man den Film stillschweigend im Giftschrank versenkt.

Jersey GirlDoch das ging aus einem Grund nicht, und dieser Grund hiess Kevin Smith. Denn dieser Autor/Regisseur ist nach Kult-Filmen wie „Chasing Amy“, „Dogma“, „Clerks“, „Mallrats“ und den weiteren „Jay and Silent Bob“ Produktionen eine unantastbare Größe im US-Filmgeschäft. Den kann man nicht mit „Straight-to-Video“ in die Ecke stellen. Und ausgerechnet dieser „Silent Bob“ hatte bei „Jersey Girl“ nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch Regie geführt. Bei einer romantischen Komödie. Nicht unbedingt ein Genre, das man klassicherweise mit Smith assoziiert.

„Jersey Girl“ handelt von einem jungen Vater (Affleck als Ollie), der nach dem Tod der Mutter (Lopez) die gemeinsame Tochter alleine großziehen muss. Der ehemals ehrgeizige und hippe Karrieremensch muss sein Leben komplett umstellen, zieht von New York nach New Jersey in das Haus seines ebenfalls verwitweten Vaters und gibt sich mit einfachen Straßenarbeiter-Jobs zufrieden. Erst nach vielen Jahren lernt er eine Frau (Liv Tyler als Maya) kennen, die möglicherweise seine Trauer um die große Liebe seines Lebens etwas dämpfen kann. Doch erst muss er sich zwischen seiner Karriere und seiner Tochter entscheiden… eine Entscheidung über was er wirklich will im Leben.

Also brachte Miramax den Film 2004 in die Kinos und durfte mitansehen, wie sich die Kritiker und Zuschauer in ihren Beurteilungen des Films alles andere als einig waren. Manche priesen den Film als sehr gelungenen romantischen Klassiker, der geschickt mit den Klischees des Genres spiele und von exzellenten Darstellern profitiere (Roger Ebert gab dem Film dreieinhalb von vier Sternen). Andere verrissen den Film als gäbe es kein Morgen und grummelten verächtlich ob der Kritiker-Kollegen die dem Film vermeintlich nur wegen dem Kevin Smith Bonus eine gute Note gaben.

Ich kann beide Sichtweisen nachvollziehen. Smith kennt sicherlich sein Metier und all die 1001 „Romantic Comedies“ die seit Anbeginn der Zeit auf Zelluloid gebannt wurden. Er zitiert viele typischen Elemente aus diesen Vorgänger-Produktionen, packt die Genre-Klischees dicht aufeinander, aber es fehlt eben (bis auf die wirklich allerletzte Filmszene) die ironisch-satirische Überspitzung dieser seichten Momente. Denn nur ungläubig muss man als Zuschauer akzeptieren, dass Kevin Smith wohl wirklich einen „Chick Flick“ machen wollte, eine klassiche romantische Komödie mit all den seichten und vorhersehbaren Bausteinen und stereotypen Charakteren, die nun mal zu einem solchen Film dazugehören. Doch dazu ist der Film dann nicht originell genug — man muss kein Filmbuff sein, um das Happy End des Filmes schon nach den ersten zehn Minuten in fast allen Details vorhersagen zu können. Man hat den Namen „Kevin Smith“ und seine komplette Filmographie im Hinterkopf und umso irritierender ist die schlichte und gefühlstriefende Story von „Jersey Girl“, die es sich in manchen Szenen geradezu erschreckend einfach macht (die Ansprache von Affleck vor der Dorfbevölkerung beispielsweise — WTF?).

jersey girlAber dann blitzt auch an vielen Stellen der bekannte Witz von Kevin Smith auf — viele Dialoge der Charaktere wirken frech, offen und echt. Es gibt einige wirklich gute Lacher und höchst spassige Comedy-Szenen. Doch dem stehen prompt dann schier endlose Konversationsszenen gegenüber, bei denen der springende Punkt gleich mehrmals mit dem Dampfhammer an den abwinkenden Zuschauer gebracht werden soll. Und dann zum Schluss noch eine abstrus-irritiernde Musical-Einlage, bei der sich die Haare zu Berge stellen.

Noch ein paar Anmerkungen zu den Schauspielerleistungen: Jennifer Lopez macht ihre Sache kurz, aber gut. Liv Tyler spielt die Rolle der „Maya“ überzeugend und macht den Film ein gutes Stück sehenswerter. Ben Affleck … naja … in „Dogma“ gefiel er mir eine ganze Ecke besser. Mein heimlicher Favorit war dann auch prompt Stephen Root („Office Space“) in einer kleinen Nebenrolle, der alleine schon durch seine Anwesenheit den Unterhaltungswert jeder Szene deutlich steigert.

Fazit: Kevin Smith Fans werden den Film entweder hassen oder lieben. Sogar Kevin Smith selbst zeigt mit der Rückkehr zu „Clerks II“, wo er seine Stärken sieht. Die vorwiegend weibliche „Sleepless in Seattle“-Fangemeinde dürfte zufrieden sein. Aber man verpasst sicherlich nix, wenn man den Film links liegen lässt. Warum ich dem betagten Film trotz seiner Mittelmäßigkeit hier soviel Platz widme? Das kann man wohl ebenfalls dem zuvor erwähnten Kevin Smith-Bonus zurechnen… Guilty as charged.

Ein Highlight auf der DVD soll einer der beiden Audiokommentare mit Kevin Smith und Ben Affleck sein — sogar unterhaltsamer als der Film, unter anderem weil man konsequent jegliche Erwähnung von „J.Lo.“ umschifft. Dazu bin ich aber noch nicht gekommen, ich bin schon froh, dass ich die Film-Review nun endlich mal abhaken kann 😉

Shopgirl (2004)

Samstag, 15. Juli, 2006

Wenn man gemeinhin den Namen „Steve Martin“ hört, assoziiert man ihn in der Regel automatisch mit flapsigen Komödien à la „The Man with Two Brains“, „Roxanne“ und „Three Amigos“. Eher weniger bekannt ist seine ernstere Seite, die er aber auch schon einmal recht prominent in „The Spanish Prisoner“ zur Schau tragen durfte. Es hat fast den Anschein, als geniesse Martin zum Ausgleich nach einigen geldbringenden Produktionen aus der „Cheaper by the Dozen“-Kategorie auch gerne mal etwas ernstere und künstlerisch anspruchsvollere Gegenpole (auch wenn die dann auch nur einen Bruchteil der Komödien an der Kinokasse einspielen).

Steve Martin und Claire Danes in Shopgirl

Solch ein Fall ist „Shopgirl“. Das im Jahre 2004 produzierte Drama war eher eine wenig beachtete Randnotiz im Kinogeschehen von 2005. Während der Film in Kino lief, war Martin bereits mit der Promo-Aktion für seine nächste Blockbuster-Komödie beschäftigt.

Dabei ist „Shopgirl“ doch auch ein ganz besonderer Fall für Martin, denn der Film basiert auf der von ihm gegen Anfang des Jahrzehnts publizierten gleichnamigen Novelle. Produzent Ashok Amritraj ermöglichte es Martin, seine eigene Romanvorlage in einem Drehbuch zu adaptieren und auch noch selbst eine Hauptrolle zu spielen.

Steve Martin und Claire Danes in Shopgirl„Shopgirl“ ist eine kleine Geschichte, eine bezaubernde romantische-sentimentale, zeitweise amüsante Erzählung über drei Menschen, deren Lebenspfade sich für eine kurze Zeit überschneiden. Es ist die Geschichte von Mirabelle Buttersfield (Claire Danes), einer depressiven, einsamen jungen Frau vom Lande, die in der großen Stadt Los Angeles nach ihrem Glück und Erfüllung sucht. Es ist die Geschichte des gut 30 Jahre älteren Geschäftsmannes Ray Porter (Steve Martin), der eigentlich nur eine sexuelle Ablenkung sucht. Und es ist die Geschichte von Jeremy (Jason Schwartzman), dem chronisch abgebrannten und chaotischen Lebenskünstler, der im Leben nicht vorwärts kommt. Und als diese beiden Männer auf Mirabelle stossen, ändert sich ihr aller Leben. Der zentrale Satz in der Buchvorlage, der wohl die Entwicklung aller drei Charaktere im Laufe des Films am besten zusammenfasst, ist ein Zitat von Mirabelle: „It’s pain that changes our lives“. Damit deutet sich schon an, dass „Shopgirl“ keine platte Komödie aber auch keine lockere Hugh Grant Feel-Good Chick-Flick Romanze ist.

Ich habe die Novelle von Steve Martin vor einigen Jahren gelesen, aber sie hinterliess keinen besonders großen Eindruck. Es ist eine ganz nette Geschichte, mit sorgsam gezeichneten Charakteren aber ohne großen Spannungsbogen. Es ist vieleher eine ruhige Erzählung eines Lebensabschnitts von drei Menschen. Und das spiegelt sich auch im Film wieder, der sich zwar eng an der Vorlage orientiert, sich aber dennoch einige Freiheiten nimmt. In vielen Dialogen blitzt auch oft die Schlagfertigkeit des gelernten Stand-Up Comedian Martin durch, der mehrmals für kleine, aufheiternde Elemente sorgt. Es ist kein todernstes Drama — ganz im Gegenteil, der Film ist gespickt mit vielen kleinen amüsanten Details.

Diese kleinen „Amusements“ sind auch nötig, denn der Zuschauer muss mit der Liebesbeziehung zwischen dem grauhaarigen Ray und der jungen Mirabelle einen gewaltigen „Creepiness“-Faktor überwinden. Mirabelle merkt einmal an, dass Ray sogar älter als ihr eigener Vater sei. Die Sex-Szenen zwischen Claire Danes und Steve Martin sind immerhin sehr zurückhaltend inszeniert. Das ist nicht ein Film über die sexuelle Ausbeutung eines unschuldigen Mädchens durch einen notgeilen alten Mann in seiner Midlife-Crisis. Ray Porter ist ein grundgütiger Mann, der nicht merkt, dass diese Beziehung so viel mehr für Mirabelle bedeutet und sich nicht seiner eigenen Gefühlen bewusst werden will — und am Ende selbst darunter leidet.

Claire Danes in ShopgirlDoch ein ähnlicher Altersunterschied hat auch zwischen der blutjungen Scarlett Johansson und Bill Murray in „Lost in Translation“ funktioniert — vor allem wegen der exzellenten Schauspielerleistungen der Hauptdarsteller. So ist es auch in „Shopgirl“, der auch darüber hinaus eine gewisse stilistische und thematische Ähnlichkeit zu „Lost in Translation“ hat.

Denn die Stärken von „Shopgirl“ liegen ganz klar in der atemberaubenden Leistung des Cast bis hin in die Nebenrollen. Frances Conroy („SFU“) hat wohl eine der kleinsten Rollen der Filmgeschichte, sie darf in der Endfassung gerade mal „Hi“ sagen. Emily Kuroda ist ebenfalls in einer klitzekleinen Nebenrolle zu sehen. Großartig sind aber insbesondere die Performances von Steve Martin und Claire Danes. Claire konnte sich für ihre Leistung in „Shopgirl“ gar berechtigte Hoffnungen auf eine Oscar-Nominierung machen, doch die magere Akzeptanz des (nur mit wenigen Kopien gestarteten) Films beim Kinopublikum wirkte sich letztenendes dann doch zu ihrem Nachteil aus. Hervorragend ins Bild gesetzt wurden die Schauspieler von Regisseur Anand Tucker und Kameramann Peter Suschitzky. Insbesondere die Totalen sind oftmals ein Augenschmaus.

Hie und da läuft der Film nicht richtig „rund“, er verliert zu sehr an Tempo und zeigt Schwächen vor allem in den eigentlich überflüssigen Voice-Overs von Steve Martin. Dazu vergibt der Film etwas zu viel Zeit auf nicht wirklich relevante Nebencharaktere und -schauplätze (bspw. Jeremys One-Night-Stand mit Lisa).

Fazit: „Shopgirl“ ist sicherlich ein etwas schwieriges und nachdenkliches romantisches Drama, das auch vereinzelt ein paar Schwächen in der Umsetzung hat. Aber dennoch allemal sehenswert wegen der faszinierenden Schauspielerlesitungen von Steve Martin und Claire Danes. Man darf aber auf gar keinen Fall mit der Erwartung eines unterhaltsamen Videoabends voller Steve Martin-typischer Lacher diese DVD in der Videothek ausleihen. Der Film steht schon mit guten Grund nicht im „Komödien“-Regal. Aber wer Steve Martin mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen will, dem sei „Shopgirl“ empfohlen.

Steve Martin und Claire Danes in Shopgirl

Die deutsche DVD ist nicht gerade reichhaltig ausgestattet, immerhin Ton in DD5.1 in deutsch und englisch, dazu unkommentierte Szenen vom Set (14 Minuten) sowie zwei Trailer, Interviews mit dem Cast und eine mickrige Bildergalerie. Ich hätte nichts gegen einen Audiokommentar gehabt, den es aber wohl auf der US DVD samt einiger deleted Scenes sowie einer längeren Featurette gibt. Ich ärgere mich jedenfalls, dass ich bei der deutschen Fassung zugegriffen habe, da ich von Claires deutscher Synchronstimme eh Schüttelfrost bekomme.

What about Brian

Freitag, 28. April, 2006

Ich habe (für meine Verhältnisse) ungewöhnlich lange mit einer Review der neuen ABC-Serie „What about Brian“ gewartet (ja, kein Fragezeichen im Titel. Fragt ABC warum). Der Hauptgrund dafür ist vor allem, dass ich der Show noch möglichst viele Gelegenheiten geben wollte, einen guten Eindruck zu machen. Einerseits ist es ja eine recht schick gemachte thirtysomething-Serie, aber irgendwie trauere ich noch „Love Monkey“ und „1/4life“ (Auszüge aus dem „1/4life“ Script hier) hinterher. Und im direkten Vergleich mit dem „Original“ „thirtysomething“ schneidet die Show sowieso noch schlechter ab.

Aus der Feder von Dana Stevens („City of Angels“), die zufälligerweise in der letzten Episode von „thirtysomething“ einen Kurzauftritt hatte, stammt dieses neue ABC-Drama Projekt. J.J. Abrams steht als Co-Executive Producer in den Credits, doch seine Mitwirkung an der Show dürfte angesichts seines sonstigen Arbeitspensums („Mission Impossible III“) eher gering sein.

whataboutbrian - Marjorie und BrianDie Serie handelt von sieben Freunden, alle in ihren Mittdreißigern: die frisch verheirateten Nichole (Rosanna Arquette) und Angelo (Raoul Bova), das Ehepaar Dave (Rick Gomez, „Sin City“) und Deena (Amanda Detmer, „A.U.S.A.“) sowie Marjorie (Sarah Lancaster, „Everwood“ — im UrPilot noch Polly Shannon) und Adam (Matthew Davis), die sich gerade verlobt haben. Und dann ist da Brian (Barry Watson, „7th Heaven“). Er ist sprichwörtlich das siebte Rad am Wagen, er ist 34 Jahre alt und seine Freunde machen sich Sorgen um ihn, weil er immer noch nicht die Frau für’s Leben gefunden hat. Und auch bei Brian macht sich langsam etwas Torschlusspanik breit, vor allem nachdem sich Adam mit Marjorie verlobt, auf die Brian auch ein Auge geworfen hatte. Auch wenn ausgehend von dem Titel der Serie Brian im Mittelpunkt der Serie steht, so spielen die anderen Charaktere eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Und alle haben sie irgendwelche Probleme: Nic hatte gerade eine Fehlgeburt und möchte wieder schwanger werden — um jeden Preis. Angelo ist da eher reserviert. Dave und Deena haben sehr jung geheiratet und bereits drei Kinder. Doch mit dem Sex hapert es mittlerweile und so forciert Deena die Idee einer „offenen Ehe“. Und dann sind da Marjorie und Adam: Er ein karriereorintierter Juppie und sie hadert mit ihren Gefühlen für Brian.

Massig Konfliktpotential also. Genug Stoff für viele Episoden möchte man meinen. Eher zuviel Stoff. Die Pilotepisode geht auch gleich in die Vollen.

whataboutbrian - Deena und DaveIn meinen Augen wirkte sie unausgewogen und überladen. Das geht los mit einem fehlplazierten Opening mit Brian und seinem besten Freund Adam, bei dem ein wesentlicher Plot-Bestandteil der Episode vorweggenommen wird. Yes, I get it, die allererste Szene mit „Come here“ war ein netter visueller Trick in Richtung Zuschauer. Aber dafür gleich ein ganzes Subplot-Vehikel zu opfern? Ich weiss nicht. Der Rest des ersten Akts war aber dafür umso besser — vielleicht auch die beste Szene der ganzen Show soweit. Die Einführung der Charaktere (der ganze „Wir-fahren-mit dem MiniVan ins Kino Talk“ bis hin zur Smash Cut Introduction von Brian) war brilliant und ist sozusagen „The Show in a Nutshell“.

Doch danach stolperte die Show über zuviele altbekannte Genre-typische Stories. Sarah Lancaster ist zwar auch als Brünette ein echter Hingucker, aber diese ganze Storyline um die Verlobte des besten Freundes …. schon sooo oft dagewesen. Köstlich dann aber wieder der gesamte Auftritt von Amy Jo Johnson als überaktive Kurzzeit-Freundin. Mit der Geschichte um die „let’s have an open marriage“ Beziehung von Dave und Deena hatte ich auch so meine Probleme. Ich meine, man nimmt den beiden wirklich nicht ab, dass die beiden nicht miteinander „funktionieren“. Und diese Anhäufung von „Klassische Beziehungsprobleme“-Dramen (prompt verliert die Schwester auch noch ihr Kind) war einfach zuviel. Da wirkte zu viel konstruiert, um möglichst reichhaltiges Konfliktpotential zu generieren. Und dadurch ging dann wiederum Charaktertiefgang flöten. Schade, dass man eine solche Show heutzutage nicht etwas ruhiger angehen kann. Warum nicht erstmal nur auf Brian fokussieren und den anderen Paaren eine eigene A-Storyline in zukünftigen Episoden widmen? Man kann doch nicht soviel Material in 40 Minuten quetschen. Überhaupt sind viele der Nebencharaktere erschreckend blass und uninteressant. Selbst der vermeintliche Hauptcharakter Brian (hörte ich da manchmal ein „Brain“?) tangierte bei mir öfters an der Grenze zur Interesselosigkeit. Warum dauert es bis zum dritten Akt bis wir erfahren, was zur Hölle Brian eigentlich beruflich macht? Und dann auch noch hipper Spieledesigner. Ohmy.

Episode 2 nahm wieder etwas mehr Fahrt auf, die Storyline um das 24 Double Date war ganz nett, weil origineller als die Story der Pilotepisode. Aber die Nummer mit dem „Boys Night Out“ war wiederum ein Krampf ohne Ende. Der beste Moment stammte ausgrechnet von Dave und Deena, die mit dem „Open Milk“ Dialog einige unerwartete Comedy- und Sympathie Punkte für die Show gut machte. Genau aus diesem Spannungsfeld „junges, leicht überfordertes Ehepaar mit Kindern“ könnte man noch soviel mehr rausholen.

whataboutbrian - Marjorie und NicUnd auch nach der dritten Episode bin ich alles andere als „hin und weg“ von der Show. Die Charaktere sind immer noch kaum interessant, mit mühsam konstruierten Problemfällen, die wiederum auch bei den Schauspielerleistungen Defizite aufzeigen. Der Serie hätte es sehr gut getan, wenn sie all die Storylines etwas langsamer angegangen wäre. Um nur mal wieder Deena anzuführen: Sie gibt erst ihrem Yoga-Trainer einen Korb um dann zwei Folgen später mit einem Familienvater aus der Nachbarschaft den MiniVan einer Inspektion zu unterziehen. Dabei sind ausgerechnet Deena und ihr Ehemann Dave das einizige Paar in der Show, das etwas OnScreen-Chemie aufweisen kann.

Fazit nach drei Episoden: It ain’t no „thirtysomething“. Ich verstehe ja den Aufhänger der Show: Alle wollen Brian endlich verheiraten, aber die sechs Freunde haben selbst große Schwierigkeiten mit der Ehe. Sie wissen im gewissen Sinne also wohl selbst nicht, warum sie Brian so dringend unter die Haube bringen wollten. Aber dieses eigentlich nette Setup ist in meinen Augen recht holprig umgesetzt worden. Vielleicht muss man der Show ja nur etwas mehr Zeit geben, aber bisher hat’s noch nicht „Klick“ gemacht.

Ironie des Schicksal, dass die letztwöchigen Episoden der abgesetzten Serie „Love Monkey“ (nun auf Vh1) richtig in Fahrt kamen und sympathische, unterhaltsame Geschichten und Charaktere auf die Beine stellten (das Fehlen des vermeintlichen Jungstars Teddy Geiger wirkte sich sehr positiv auf die neuen Folgen aus). Selbst die Half-Hour Sitcom(!) „How I Met Your Mother“ hat glaubwürdigere und realistischere Charaktere und Plotlines geschaffen, als dieses 08/15-thirtysomething Drama „What About Brian“.

Ich kann mir momentan nicht vorstellen, dass es die Show in das Fall Schedule schafft, die Quoten sind zu mittelmäßig, aber vorwiegend Frauen schalten in Massen wohl wegen des Barry Watson Faktors ein. Doch ABC will ja gerüchteweise eine Show vom Sonntag auf den nun Football-freien Montag verschieben und im Zusammenspiel mit „Grey’s Anatomy“ könnte die Serie wohl quotentechnisch ganz nett funktioneren. Aber ich komme nicht umhin, wiedermal darüber zu rätseln, was Zwick & Herskovitz wohl aus dem Genre gemacht hätten.

Spanglish (2004)

Montag, 27. Februar, 2006

Sobald man den Namen „Adam Sandler“ in den Opening Credits eines Filmes liest, erwartet man automatisch eine bestimmte Art von lockerer Slapstick-Comedy, die Sandler so bekannt gemacht hat. Mit Filmen wie „Big Daddy“, „Waterboy“ und „Litte Nicky“ hat sich der ehemalige Saturday Night Star einen Namen gemacht … und wurde prompt von Zuschauern und Kritikern in eine bestimmte Schublade eingeordnet. Aber schon die — naja, sagen wir mal „experimentelle“ — Produktion „Punch Drunk Love“ zeigte einen Aspekt von Sandlers Schauspielkunst, die sich nicht wirklich fundamental von seinen Comedy-Charakteren unterscheidet, aber ihm doch einen vollkommen neuen Aspekt verleiht. Sandler kann auch ernste Typen spielen ohne sich selbst untreu zu werden.

Auch seine Performance in „Spanglish“, der 2004er Produktion aus der Hand von James L. Brooks („The Mary Tyler Moore Show“, „The Simpsons“,“ As Good as It Gets“), zeigt diese neue Seite von Sandlers Fähigkeiten. Er spielt als ruhiger und einfühlender Familienvater eine weitesgehend ernste Rolle, lässt aber immer wieder seine Comedy-Talente durchschimmern, sein Gefühl für gutes Timing helfen ihm bei vielen Dialogszenen seinem Charakter eine sehr individuelle und glaubhafte Dimension zu verleihen.

spanglish.jpg

„Spanglish“ erzählt die Geschichte von Flor (Paz Vega) und ihrer kleinen Tochter Cristina, die gemeinsam illegal aus Mexiko in die USA übersiedeln und zunächst in den spanischen Stadtvierteln von Los Angeles untertauchen. Als Flor nach einigen Jahren mehr Geld zum Leben benötigt, ist sie gezwungen, ausserhalb dieser vertrauten hispanisch geprägten Welt eine Anstellung als Hausmädchen zu suchen. Nicht leicht wird die Sache angesichts der Tatsache, dass sie kein Wort Englisch spricht und mit der Welt der „Weißen“ nicht vertraut ist. Doch mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein und der Unterstützung ihrer Tochter und ihrer Cousine findet sie eine Anstellung bei der wohlhabenden Familie Clasky. John Clasky (Adam Sandler) ist ein erfolgreicher Chefkoch, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat, aber dennoch weiß, dass die Familie Vorrang haben muss. Er macht keine Überstunden, ist jederzeit für seine Kinder da — nur mit seiner Frau Deborah (Téa Leoni) läuft es seit einiger Zeit nicht mehr. Sie streiten sich über die Erziehung der Kinder, ihr Sexleben ist praktisch nicht existent und wirklich zugehört haben sich die beiden auch schon lange nicht mehr. Deborah ist in vielen Aspekten das charakterliche Gegenteil ihres zurückhaltenden Mannes — sie redet wasserfallartig und aufdringlich, ist sehr auf ihr Äußeres bedacht, will ihren Kopf durchsetzen und hat schon längst den Draht zu ihren Kindern verloren.

Sie leben alle unter einem Dach mit Deborahs Mutter, einer ehemaligen Jazz-Sängerin, die sich allerdings einsam fühlt und in den Alkohol flüchtet. In diese Familie platzt nun die attraktive Flor mit ihrer Tochter und gewinnt sofort die Herzen aller Hausbewohner. Mühsam lernt sie Englisch, und versucht sicherzustellen, dass ihre Tochter nicht von der Welt der Reichen und Schicken assimiliert wird. Und natürlich verschärft sie die Spannungen in der Beziehung zwischen John und Deborah.

„Spanglish“ ist eine bezaubernde Erzählung, die vor allem von der faszinierenden Leistung der Schauspieler lebt. Der komplette Cast, inklusive der Kinderdarsteller leisten erstaunliches. Vor allem in der ersten Häfte findet die Produktion ein überzeugendes Gleichgewicht zwischen Momenten mit Tiefgang und anschließenden, leichten, auflockernden Elementen. Schwachpunkte hat der Film in erster Linie beim Erzählfluss: Im letzten Drittel rutscht der Film öfters in übermässig seichte Momente ab, verliert durch zu viele Subplots etwas den roten Faden und auch das Ende hämmert eine „Message“ des Films nochmal allzu aufdringlich und reichlich überstürzt nach Hause. Dennoch ein wirklich sehenswerter Film, insbesondere für Freunde des Dramedy-Genres à la „As Good As It Gets„.

Seit September in Deutschland auf DVD zu haben.

Undeclared (2001)

Sonntag, 26. Februar, 2006

Judd Apatow ist ein — leider weitesgehend unbekannter — Genius des Comedy-Genres. Er begann seine Karriere als Autor bei der legendären „Larry Sanders Show“. Auch andere Klassiker des Comedy-Kult-Genres wie „The Ben Stiller Show“, „The Critic“ und schließlich natürlich „Freaks and Geeks“ finden sich auf seiner Filmographie-Liste. Seit einigen Jahren hat er auch auf der großen Leinwand seine Spuren hinterlassen — er produzierte und war Co-Autor bei „The Cable Guy“ und „Anchorman“. Sein letztes großes Werk war „The 40 Year Old Virgin“ mit Steve Carell, meiner Meinung nach eine der besten Comedies des Jahres 2005.

undeclared dvd setDoch hier soll es um sein bisher letztes TV-Projekt gehen, das 2001 entstand. Es war wie „Freaks and Geeks“ eine kurzlebige Show, nach nur 17 Episoden wurde sie von FOX abgesetzt, worauf Apatow nach eigenen Aussagen so wütend wurde, dass er sich schwor, nie wieder eine TV-Show zu machen (Vorher schickte er FOX aber noch einen gesalzenen Brief, der ihm eh die Kündigung eingebracht hätte).

„Undeclared“ sollte eigentlich eine Art Beschäftigungsmaßnahme für arbeitslose „Freaks and Geeks“ Cast- und Crew-Mitglieder werden. Nachdem das High-School-Konzept gefloppt war, kam er auf die geradezu logische Folgerung, einfach eine College-Show zu machen. Um sich das Leben einfacher zu machen, sollte es diesmal aber nur eine Comedy werden. Leider hielt FOX nicht sonderlich viel davon den Cast von „F&G“ 1:1 wiederzuverwenden und so musste Apatow zumindest die Hauptrollen neu besetzen. Dennoch sieht man in vielen Nebenrollen einige bekannte Gesichter — es ist mittlerweile eine Art Markenzeichen von Judd Apatow, in seinen Serien und Filmen vor allem auf befreundete Darsteller zu setzen. Und während den Dreharbeiten stellte sich heraus, dass eine 20-minütige Comedy sogar anstrengender für den Produzenten sein kann als ein 40-minütiges Drama.

Das Schicksal der Show war eigentlich schon von Anfang an festgeschrieben, wenn man nur einen Blick auf den Starttermin wirft: 25. September 2001 — zu einer Zeit als die USA den Atem anhielt, in tiefem Schock nach den Anschlägen. Und da versuchte FOX eine neue Comedy zu starten. Das war natürlich ein überaus schwieriges Terrain und die Ratings waren mau. Die Quoten wurden auch in den darauffolgenden Monaten nicht besser, und so war das baldige Ende eigentlich vorhersehbar und unvermeidbar.

jay baruchelDie Show: Apatow hat ein Faible für geeky Losers. Seine Stories sind immer brutal nahe am echten Alltag von ganz normalen Leuten weit jenseits der „Beverly Hills 90210“ Klischees — wie schon die Charaktere aus „Freaks and Geeks“ bewiesen. „Undeclared“ setzt diese Tradition fort. Steven Karp ist ein Geek in Reinform: Er ist dürr und schlacksig, hatte nie eine Freundin und hat „X-Files“-Poster in seinem Zimmer. Nun ist seine wenig angenehme High-School Zeit endlich vorbei und er verlässt sein Elternhaus, um sein Studium an einem fiktiven College in Nord-Californien aufzunehmen und dort quasi einen Neuanfang zu wagen. Niemand am College kennt schliesslich seine geeky Vergangenheit.

Der Titel der Serie nimmt Referenz auf Steves Hauptfach: Er hat sich noch nicht für eines entschieden („undeclared“). In den Staaten ist es recht gängig, dass man erst ein paar Kurse belegt, ohne sich fest für ein Hauptfach („major“) einzuschreiben. Die Serie fokusiert sich also auf Steve und seinem neuen sozialen Umfeld: Das sind in erster Linie seine neuen Zimmernachbarn im Wohnheim. Da ist zunächst der Brite „Lloyd“ (Charlie Hunnam), der dank seines guten Aussehens wirklich keine Probleme mit den Frauen hat und seine Beziehungen öfters wechselt als Steve seine Unterhosen. Seth Rogen kennt man bereits aus „Freaks“ und spielt „Ron“, den sympathischen Kumpel und wohl das bodenständigste Mitglied der Truppe. „Marshall“ (Timm Sharp) wiederum ist ein etwas chaotischer und unaufgeräumter Typ, der hin und wieder die Orientierung im Leben verliert.

Das weibliche Eyecandy der Show setzt sich zusammen aus der üppigen Monica Keena als „Rachel“ und der süßen Carla Gallo als „Lizzie“, die ebenfalls auf dem gleichen Stockwerk in Steves Wohnheim leben. Steve und Lizzie kommen sich auch gleich in der Pilotepisode recht nahe — überaus amüsant entwickelt sich dieser erste romantische Moment zwischen dem etwas ungelenken Steve und seinem jungen, aber erfahreren „Crush“ Lizzie (Hint: Es gibt einen Easter Egg dazu auf Disc 4). Die folgenden 16 Episoden beschäftigen sich aber nicht nur mit der Beziehung zwischen den beiden, sondern es werden die wohl typischen College-Themen abgearbeitet: Parties, Residential Advisors (köstlich: Amy Poehler als Hillary), die Scheidung der Eltern (brilliant: Loudon Wainwright als abgehalfteter Dad), erster Sex, öde Dozenten, Mensaessen und überhaupt das Leben auf eigene Faust, fernab von den Eltern.

seth roganDie Show ist darüberhinaus gespickt von Gastauftritten anderer Comedians: Jason Segel („F&G“) als herrlich eifersüchtiger Freund von Lizzie, Will Ferrell („Bewitched“), Adam Sandler, David Krumholtz („Numb3rs“), Samm Levine („F&G“), Fred Willard, Busy Philipps („F&G“, „Dawon’s Creek“), Martin Starr („F&G“) und Ben Stiller.

Die Show ist gelungene Comedy. Ein oder zwei Episoden sind nicht sonderlich gut, aber insgesamt stellt „Undeclared“ eine amüsante und teilweise erschreckend realistische Show dar. Sie kommt nicht an „Freaks and Geeks“ heran — dazu sind beide Shows auch zu unterschiedlich. „Undeclared“ ist eben eine Comedy mit ernsten Untertönen, bei „F&G“ haben wir wiederum ein Drama mit amüsanten Nebenschauplätzen.

Die DVDs: Wie schon das „Freaks and Geeks“ Set ist das „Undeclared“ Set eine Fundgrube für Extras-Fans. Shout Factory hat für solch eine kurzlebige Serie mal wieder alle Register gezogen: 17 Episoden plus eine Alternativ-Episode plus 18 Commentary Tracks (davon einer mit „Überlänge“ — was man auch selten sieht) plus dutzende von Deleted Scenes plus eine komplette DVD nur mit Bonus-Materialien machen das Set zu einem Highlight auf dem Papier. Die Commentary Tracks sind jedoch weitesgehend sehr anstrengend — teilweise ist es wirklich nur ein Trupp verrückter Leute vor dem Mikro, die sich über allmöglichen Krempel unterhalten und (das muss man ihnen lassen) ’ne Menge Spaß hatten. So schräg wie die Serie, so sind auch die Commentary Tracks. Tiefgehende Insider-Infos sollte man da nicht erwarten. Zum „Nebenbei-Hören“ während dem Web-Surfen eignet sich es aber allemal.

carlagallo.jpgDie Bildqualität ist überraschend schlecht. Das Bild rauscht vor allem in dunklen Szenen ein gutes Stückchen — aber letztendenes ist es nunmal eine billige Half Hour Show aus der Prä-HDTV Ära und sicherlich einer TV-Aufzeichnung immer noch deutlich überlegen. Ton ist okay, gibt es als überflüssigen 5.1- und normalen Stereo-Mix. Die Extras sind neben der Show das eigentliche Kaufargument dieses 4er DVD-Sets. Sie bestehen aus einem kompletten Konzert mit Loudon Wainwright und einem unverfilmten „Undeclared“ Script sowie eine einstündige Q&A Session mit der „Undeclared“ Cast & Crew im Museum of Televison and Radio von 2002. Dazu kommen dann noch einige Audition- und Rehearsal-Ausschnitte mit den Darstellern. Die komplette vierte Disc besteht somit nur aus Bonus-Materialien. Weitere Inhalte (wie PDFs aller Scripte) gibt’s auch schon umsonst auf der Website von undeclaredonline.com.

Fazit: Für eingefleischte „Freaks“ Fans dürfte das wohl schon ein Pflichtkauf sein, vor allem wenn man sich für andere Arbeiten von Cast & Crew interessiert. Man sollte sich aber im Klaren sein, dass man hier kein „Freaks & Geeks II“ erwarten kann. Wer die Serie unter dem deutschen (sic!) Titel „American College“ auf ProSieben gesehen hat, kann sich ja bereits ein gutes Bild davon machen, ob sich die Anschaffung für den Originalton und die Extras lohnt. Und wer Carla Gallo aus „Carnivale“ (aka „Toe Sucking Girl“ aus „the 40 year old virgin“) in „jungen Jahren“ sehen will, könnte das Set ebenfalls interessant finden…

Wichtig: Da die Episodenreihenfolge auf der DVD vertauscht ist, sollte man sich lieber das korrigierte Inlay von der offiziellen Website undeclaredonline.com herunterladen.

The Return Of The Thirtysomethings

Donnerstag, 26. Januar, 2006

Die Networks haben dieses Jahr eine neue (alte) werberelevante Zielgruppe (wieder-)entdeckt: Die thirtysomethings. Damit muss man nicht zwangsweise jene Gruppe der Geburtenjahrgänge genau zwischen 1966 und 1976 meinen. Das kann auch schon ab 25 beginnen, ein Personenkreis der quasi mit MTV und theWB seine Teen- und Twen-Jahre verbrachte. Menschen, die ihre Ausbildung hinter sich haben, nun im Berufsalltag leben, den Sprung über die gefürchtete „3-0“ geschafft haben (oder zumindest schon einige Sorgenfalten wegen jenem Datum haben) und sich nun mit bis dato ungewohnten Gedanken wie Lebensversicherung, eigenes Haus und den/die Partner/in für’s Leben tragen (nicht zwangsweise in dieser Reihenfolge). Oftmals bildet die so genannte „quarterlife crisis“ den Einstieg zu diesem Lebensabschnitt.

An diese Generation wenden sich in den nächsten Monaten einige neue Shows. Im Grunde begann es bereits letztes Jahr mit dem Überraschungstreffer und Comedy-Hit „How I Met Your Mother“, welcher die durch „Friends“ hinterlassene Lücke mehr als ausreichend füllte. ABC schiebt demnächst „What About Brian?“ nach, auch andere Networks haben ähnliche Projekte auf dem Line-Up. Teilweise schon für die post-Olympische Midseason, teilweise erst für das Herbstprogramm. Im Fadenkreuz: Die Gruppe der 25-39 jährigen.

Love MonkeyEin klassischer Vertreter dieses Genres ist das Midseason Drama „Love Monkey“, das seit zwei Wochen auf CBS läuft. Die Serie basiert auf dem gleichnamigen Buch von Kyle Smith aus dem Jahre 2004. Darin geht es um den 32jährigen Journalisten Tom Farrell, der 2001 bei einem erfolgreichen New Yorker Boulevard Magazin (Smith arbeitete bei der New York Post) angestellt ist, der mit seinem Leben und seiner Arbeit unzufrieden ist. Der Roman handelt als eine Art amerikanisches „High Fidelity“ von Toms Selbstfindung, seinen Liebschaften, seinen Freunden und versucht ein Bild seiner Altersgruppe kurz vor und nach den Terrorangriffen des 11. Septembers zu zeichnen.

Die TV-Fassung nimmt sich von diesem Konzept ein paar wesentliche Eckpunkte heraus, modifiziert allerdings den biographischen Hintergrund der Hauptperson. Tom (gespielt durch „Ed“ Thomas Cavanagh) arbeitet nun zunächst bei einem großen Plattenlabel, das angeblich solche Mainstream-Hits wie „Hanson“ hervorgebracht haben soll. Doch Tom ist nicht ausgefüllt mit seiner Arbeit bei diesem großen Konzern, sein Job widerspricht zunehmend seiner Lebensphilosophie und — besonders wichtig — seinem Musikgeschmack. Ihm geht es nicht um Geld, sondern um die Kunst. Er entspricht viel mehr dem Charakter Rob Fleming aus „High Fidelity“: Ein Musikexperte, der sich in den Annalen der Rock- und Pophistorie sehr gut auskennt und Dylan jeder Britney Spears Kopie hundertmal vorzieht.

Tom wurde gerade von seiner Freundin verlassen — die er aber eigentlich nie wirklich geliebt hatte. Er war einfach zu bequem, sich einzugestehen, dass diese Frau nicht zu ihm passt. Seine vier Freunde aus Kindheitszeiten sind auch heute noch seine engsten Kameraden, mit denen er allabendlich bei einer Flasche Bier über das Leben, Musik und den Rest philosophiert. Diese Freunde sind typisch TV-Serie vollkommen unterschiedliche Charaktere. Der schwarze Lebe-Mann und Casanova Shooter Copper (Larenz Tate), der verheiratete und bodenständige Mike Freed (Jason Priestley) und der sportliche-flippige Draufgänger Jake (Christopher Wiehl). Dazu hat Tom dann noch seine langjähige „female friend … just a friend … not more“ Brandy ‚Bran‘ (Judy Greer), obwohl dem Zuschauer von Anfang klar ist, dass da doch „more“ ist.

Love MonkeyDie Serie beschreibt nun den Weg Toms vom Mitarbeiter eines großen Poplabels hin zum Angestellten in einem kleinen Indie-Label, seine neue Liebe (Ivana Milicevic), seinen Alltag und in den C-Stories das jeweilige „Problem of the week“ seiner vier Freunde.

Im Mittelpunkt steht aber klar Tom. Zahlreiche Voice-Overs unterstützen den Gesamteindruck einer sehr dialoglastigen Serie und zeugen von dem gedruckten Ursprung des Serienkonzepts. Der Pilotepisode gelingt es, alle Register zu ziehen. Komisch, tragisch, ernsthaft, amüsant, romantisch, peinlich – Der Pilot ist ein sauberes Gesamtwerk. Doch es hakt in den Details: In vielen Aspekten ist die Show, deren Hauptcharkter doch eigentlich so vermeintlich anti-mainstream sein will, dann doch sehr konform zu gängigen Drama-Klischees. Viele Szenen sind zu theatralisch und idealistisch-schönfärberisch (wenn der neuentdeckte „John Meyer“-Verschnitt plötzlich zur Klampfe greift und die ach so wunderschön passende vermeintlich herzerreissende Ballade intoniert) oder zu plump (seine Angebetete arbeitet prompt in seiner neuen Arbeitsstätte und teilt seine Musikvorlieben bis auf den i-Punkt). Tom ist fast schon das Stereotyp des idealistischen Musikliebhabers, dem eigentlich nur noch die berühmten „Top Five“ Listen fehlen, um die „High Fidelity“ Kopie noch offensichtlicher zu machen.

Zudem lässt einen der Eindruck nicht los, dass da auch „mit Gewalt“ eine ganze Co-Merchandise Aktion losgetreten werden soll. Die von CBS für die Darstellung der musikalischen Performer verpflichteten unbekannten Jungstars sind nur allzu mainstream-kompatible Beauties, die man wohl unter dem Motto „from the hit TV-Show Love Monkey“ crosspromoten will. Die passende Website zum virtuellen Plattenlabel existiert auch schon und der Hauptcharakter hat sogar schon einen MySpace Account.

Love Monkey Gottseidank sind diese Szenen in der Minderheit. Schon die ersten fünf Minuten der Show überzeugen auf Anhieb. Sie zeichnen auf humorige Weise ein allzu-bekanntes Bild des durchschnittlichen Allerweltstypen. Dazu gibt es viele gelungene Außenaufnahmen in New York — und nicht nur in der Pilotepisode. Die Show lebt geradezu davon, dass ein Großteil der Szenen auf den Strassen der Metropole gedreht werden, es gibt der Serie gleich einen viel authentischeren Charakter. Ein Zeichen dafür, dass sich CBS diese Show einiges kosten lässt, sind auch die Mini-Gastauftritte von „echten“ Stars, die zwar in einer Serie um ein Plattenlabel unverzichtbar sind, aber dann doch leider wie erwartet recht hölzern und fast unfreiwillig komisch wirken.

Fazit: An die legendäre ABC Serie „Thirtysomething“ aus den späten 80ern kommt diese Show deutlich nicht ran. Dazu ist sie teilweise zu locker-leicht-seicht und krampfhaft hipp. Aber dennoch zeichnet „Love Monkey“ in vielen Aspekten ein sympathisches Bild der aktuellen „thirtysomething“-Generation und bemüht sich zumindest ernsthaft, echte Charaktere zu porträtieren. Dass der Spagat zwischen realitätsnahem Drama und Appeal auch für jüngere Zuschauer nicht gelingt und die Show es teilweise zu aufdringlich und klischeeverliebt versucht, sich als „High Fidelity 2006“ in die Kultschiene zu zwängen, ist angesichts des Gesamtresultats noch akzeptabel. Realistischerweise glaube ich aber nicht, dass es die Show in die fall season schafft. CBS ist andere Einschaltquoten gewöhnt (5.2/9, #8; adults 18-49: 3.1, #T7 für die zweite Episode).

CBS hat 12 Episoden geordert. Produziert (und entwickelt) wird die Show von Michael Rauch, der bisher durch die Serie „Beautiful People“ bekannt ist.

Nächste Woche tritt Aimee Mann in einer Gastrolle auf — das alleine wäre schon ein Grund für mich, die Show anzusehen…

 

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