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TV Moments 2005

Mittwoch, 28. Dezember, 2005

Das Jahr neigt sich zu Ende und überall werden die traditionellen „Best Of“-Listen und Jahresrückblicke gemacht. Da liegt es nahe, auch eine Liste der „besten“ TV-Serien-Momente aus 2005 zusammenzustellen. Hm. Da wäre nur ein Problem: Wie will man sich innerhalb von einer knappen halben Stunde am 28. Dezember 2005 alle 100+ Stunden an TV-Episoden zurück in Erinnerung holen, die man in den letzten 12 Monaten so konsumiert hat? Eigentlich ein hoffnungsloses Unterfangen. Vielleicht sollte ich mir 2006 da etwas konsequenter Notizen machen 😉 …

Ich probier’s halt mal — hier ist die Top Ten meiner Lieblingsmomente/-episoden aus 2005:

#10: How I Met Your Mother: Episode 10 (Season 1) „The Pineapple Incident“. Quasi stellvertretend für die komplette erste Hälfte dieser überraschend gut gelungenen neuen CBS Comedy. So wie diese Episode ist auch die ganze Show: Unkonventionell erzählt, mit überraschenden Wendungen und Bon Mots, die in den USA teilweise schon in den alltäglichen Sprachgebrauch geschafft haben („Lemon Law of Dating“). Der Cast harmoniert wunderbar, endlich Rollen für „Willow“ Allyson Hannigan und „Doogie Howser“ Neil Patrick Harris, die sie zeigen lassen, dass auch andere Charaktere in ihnen stecken. Die einzige neue Show der Season 05/06, die es in diese Auflistung geschafft hat. Die Episode rund um die mysteriöse Ananas lässt sich übrigens derzeit via Yahoo anschauen, wenn man eine US IP-Adresse hat.

#09. Battlestar Galactica: Episode 6&7 (Season 2) „Home“. Mit „Home“ wurde eines der ersten großen Story Arcs der Show abgeschlossen — die Crew um Cmdr. William Adama findet endlich einen stichhaltigen und gleichzeitig mystischen Hinweis auf die Existenz der Erde. Mit „Galactica“ hat das Science Fiction Genre im TV den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft. Kein Wunder, dass die Absetzung von „Enterprise“ dann doch recht schnell vergessen war.

#08. Gilmore Girls: Season 5, Episode 14 „Say Something“. Normalerweise hinken Episoden aus der Feder von Daniel Palladino in kreativer Hinsicht den Produktionen seiner Ehefrau Amy um einiges hinterher. Aber diese Episode mit dem ersten großen Streit zwischen Luke und Lorelai ist von A bis Z perfekt und toppte aus meiner Sicht sogar die mit großem Tamtam beworbene Episode #100. Eine klassische „Gilmore Girls“ Episode, die an die „guten alten Zeiten“ der ersten Staffeln erinnert.
Lorelai (crying): He could have been the one.
Rory: I know.

#07. Medium: Season 2, Episode 3: „Time Out of Mind“. Eine wunderbar verschachtelte Episode mit „Twillight Zone“ Qualitäten. Allison träumt davon, dass sie eine Frau ist, die 1959 in einer psychiatrischen Anstalt eingewiesen wurde. Vieldeutige Sprünge zwischen Realität, Illusion, Vergangenheit und Traum machen diese Episode zu einem Highlight der Serie. Patricia Arquettes Performance ist exzellent.

#06. Weeds: Season 1 Premiere „You Can’t Miss The Bear“. Endlich mal wieder ein Volltreffer von Showtime. Ich habe zugegebnermassen ein Faible für dysfunktionale Familien in TV-Serien, aber wie Nancy Botwin (Mary-Louise Parker) die scheinbar heile Welt des kleinen Everytown-Vororts Agrestic entlarvt, lässt wohl oftmals selbst die „Desperate Housewives“ erblassen. Eine ganze Kollektion von kaputten und doch liebenswerten Charakteren macht die Show einerseits zu einem Heidenspass und andererseits zu einem sarkastisch-überzeichneten Spiegel amerikanischer Vororte. „Bitch, I can eyeball an ounce from outer space with my glasses cracked.“

#05. Lost: Season 1, Episode 18: „Numbers“. Auch wieder stellvertretend für viele andere Momente und Episoden dieser höchst-irritierenden Serie, bei der man schon lange das Gefühl hat, dass auch die Autoren nicht wissen, wo sie mit der Story hinwollen. Aber dennoch gelingt ihnen immer wieder jede Woche ein kleiner kreativer Geniestreich. In der Episode „Numbers“ erfahren wir endlich mehr über Hurleys geheimnisvolle Zahlen und welche Geschichte diese Lottozahlen bereits hinter sich haben. Und schließlich fällt der Ausspruch, der alles wunderbar zusammenfasst: „This doesn’t make any sense“.

#04. Doctor Who (2005), Season 1, Episode 2: „The End of the World“. Wenn Rose und Dr. Who gemeinsam im Jahre 5 Million von der orbitalen Beobachterstation auf die implodierende Erde herabblicken, zeigt die BBC, was alles in dem neuen Doctor steckt: Humor, Tragik, gute Stories, alte Bekannte, ein exzellenter Cast und State-of-the-Art CGI-Effekte. Die wiederbelebte Show überzeugte nicht nur neue Zuschauer, sondern auch alte (und überlicherweise recht kritische) Hardcore-Fans. Christopher Eccleston ist wohl einer der besten Doctor-Darsteller. Sein Nachfolger David Tennant hat es da nicht leicht, vor allem nachdem in dem jüngsten Christmas-Special seinem Charakter eigentlich nur noch ein Handtuch und „Don’t Panic“ fehlte.

#03. Arrested Development, Season 2 Episode 15: „The Sword of Destiny“. Selbst aus der damals bereits drohenden eigenen Absetzung wussten die Autoren dieser unvergleichlichen TV-Comedy noch Profit und eine Storyline zu schlagen und fertigten auch noch die nervigen Pop-Ups des Muttersenders FOX mit einer schnippischen Bemerkung ab. Gaststar Ben Stiller als legendärer Zauberer Tony Wonder zeigte mal wieder, dass die Show dank ihres exzellenten Casts eigentlich gar kein Stunt-Casting braucht.
„I need a tea to give my dingle less tingle. Me quick want slow. Wait, that’s Indian.“

#02. Veronica Mars, Season 1, Episode 21: „A Trip to the Dentist“. Eine Woche vor dem großen Finale der ersten Staffel werden die ersten großen Geheimnisse dieser Season gelöst. Wir erfahren, was in jener rätselhaften Nacht auf Shelly Pomroys Party wirklich passiert ist und wer Veronica vergewaltigte. Eigentlich ist es unfair, nur eine einzelne Episode aus der ersten Staffel von „Veronica Mars“ besonders hervorzuheben, denn alle Episoden überzeugten durch herausragende Drehbücher und engagierte Darsteller. Umso erfreulicher, dass die Show in der zweiten Staffel sogar noch zugelegt hat (wenn man mal die arg unterdurchschnittliche Episode „One Angry Veronica“ ignoriert) und laut Rob Thomas eine dritte Staffel schon so gut wie in trockenen Tüchern ist.

Und nun Trommelwirbel … {wo ist David Letterman wenn man ihn braucht?} … my favorite TV moment of 2005:

#01. Six Feet Under, Finale: „Everyone’s Waiting“. Okay, das ist nun wirklich ein einzelner TV-Moment, um den es hier geht. Wie die Fisher Familie in den letzten fünf Minuten der Serie ihr Farewell gibt, gehört zu den eindrucksvollsten Szenen der gesamten Serie und zu den besten Serien-Finales überhaupt. Ein kleines Meisterwerk von Autor Alan Ball, das allen SFU-Fans einen angemessenen Abschied von ihren Lieblings-Charakteren ermöglichte. Wenn sich auch die Serie in den letzten beiden Seasons öfters durch kreative Trockenzeiten kämpfen musste, so war die Show immer ganz groß bei den wirklich wichtigen und einschneidenden Szenen. Der Abschied von Nate Fisher war eine andere große Szene dieser finalen Staffeln, die es eigentlich auch verdient hätte, hier unter den 10 besten Szenen separat gelistet zu werden.
„You can’t take a picture of this, it’s already gone.“

Honorable Mentions: Robot Chicken (so wunderbar schräg, anders, un-PC), Jeopardy (in unseren Breiten wenig beachtete britisch-australische Kinderserie mit einem interessantem Touch Sci-Fi), Monk (mit Staffel 4 endlich wieder zurück auf altem Niveau).

So, und nun seid ihr dran: Was hab‘ ich vergessen?

TV Classics: "Newsradio"

Mittwoch, 14. Dezember, 2005

NewsradioEs gibt nur wenige Serien auf dem mittlerweile doch schon recht üppigen TV-Shows-on-DVD-Markt, die zu mehr als der Hälfte der Episoden auch Audio-Kommentare anbieten. Die Sitcom „Newsradio“ gehört auf jeden Fall zu den Shows mit einer Topquote: Auf die 29 Episoden der ersten und zweiten Staffel kommen immerhin 20 Commentary Tracks. Ferner ist das Set mit den beiden ersten Staffeln bei DVD Shops mitunter recht günstig erhältlich, DVDImport.com hat sie beispielsweise für umgerechnet etwa 19 Euro. Also vom Preis-/Leistungsverhältnis offensichtlich ein passables Schnäppchen.

„NewsRadio“ gehörte von 1995 bis 1999 zu den Kritiker-Lieblingen im Sitcom-Genre. Während den 97 Episoden aus 5 Seasons gewann die NBC-Show erwartungsgemäß auch eine respektable Stammzuschauerschaft, stand aber immer im Schatten anderer Comedy-Quotenbringer der 90er Jahre wie „Friends“ und „Frasier“. Im Laufe ihrer Geschichte musste „NewsRadio“ siebenmal den Sendeplatz wechseln, meist diente sie als Lead-Out in der zweiten Hälfte eines Full-Hour Comedy Slots — und wenn sie mal als Lead-In zum Einsatz kam, konnten ihre Quoten nicht genügend überzeugen. In der 97/98 Season war „Newsradio“ schließlich die quotenschwächste Sitcom auf NBC — und das zu einer Zeit, als die Hälfte des NBC Programms noch aus Comedies bestand.

Die Serie ist eine klassische Ensemble-Show mit acht Hauptdarstellern — eine im TV-Comedy-Bereich allerdings ungewöhnlich große Anzahl. Es ist eine typische „Office“-Comedy, es geht um Leute an ihrem Arbeitsplatz — in diesem Fall eine Gruppe von Arbeitskollegen bei WNYX, New Yorks fiktiver Nachrichten-Radiostation. Dave Foley („Kids in the Hall“) spielt den etwas überforderten Chef, Comedy-Urgestein Phil Hartmann spielt einen egozentrischen Radiosprecher, Khandi Alexander wiederum quasi sein weibliches Pendant. „ER“ Hottie Maura Tierney spielt die ehrgeizige Reporterin, Stephen Root den exzentrischen Besitzer der Radiostation (und Multimillionär). Der schlacksige Andy Dick ist perfekt gecastet als der etwas vertrottelte, aber symaptische Außenreporter (der aber nur einmal in der ganzen Serie wirklich für eine Aussenreportage unterwegs ist). Vicki Lewis als leicht verrückte Sekretärin und Joe Rogan („Fear Factor“) als Verschwörungstheoretiker und Tech-Genius/Elektriker vervollständigten den umfangreichen Cast. Zumindest sind das die Berufsbezeichnungen der Charaktere auf dem Papier — in den Episoden spielt das eher eine untergeordnete Rolle. Da endet der Elektriker auch mal vor dem Mikrofon…

In den einzelnen Episoden geht es um diverse amüsante (aber auch nachdenkliche) Gegebenheiten im Büroalltag dieser Truppe, beginnend an dem Tag, an dem der junge Dave Nelson (Dave Foley) als neuer Chef die Leitung der Redaktion übernimmt. Zwischen ihm und seiner neuen Kollegin Lisa knistert es schnell (wirklich keine lange „Wann kriegen sie sich“-Hinhalterei). Gleichzeitig muss er sich mit dem eingebildeten Nachrichtensprecher Bill McNeal (Phil Hartman) herumschlagen oder die seltsamen „Erfindungen“ des Elektrikers Joe (Joe Rogan) entschärfen. Wir haben hier die genre-typischen Office-Storylines, aber immer mit einem gewissen Twist. Wer mehr über die Show erfahren will, sollte sich mal das Essay auf NewsradioArt durchlesen — da steht wohl wirklich alles drin, was man über die Show auch nur im entferntesten interessant finden könnte. Das DVD-Set enthält die 7 Episoden der ersten Staffel und die 22 der zweiten Staffel.

NewsradioObwohl diese Comedy auf dem Papier wie eine typische Sitcom aufgebaut ist, so ist sie doch irgendwie anders als viele 08/15 Sitcoms vom Reissbrett. Sie ist etwas schräg, mit sympatischen und unkonventionellen Charakteren. Die Show ist kein „Sports Night“, aber auch kein schwache Zeitvergeudung à la „Veronica’s Closet“. „NewsRadio“ hatte die gewitztesten Skripte seiner Zeit und exzellente Darsteller. Ein Laughtrack gehört leider dazu, aber immerhin sind es keine Lacher aus der Dose, sondern die Show wurde komplett vor einem Live-Publikum aufgezeichnet. Im Laufe der Seasons wurde die Lautstärke des Tracks auch etwas zurückgefahren.

Das DVD-Set ist handwerklich ordentlich gemacht: Für eine Sitcom aus den späten Neunzigern ist die Bild- und Tonqualität akzeptabel. Highlight des Sets sind die bereits erwähnten 20 Commentary Tracks mit Cast und Crew. Man erfährt wirklich viele Details über die Show und ihren Kampf ums Überleben. Alle noch lebenden Cast-Mitglieder sind in verschiedenen Sessions zu hören, dazu kommen hin und wieder noch diverse Regisseure einzelner Episoden. Ungewöhnlich ist auch, dass der ehemalige NBC-Unterhaltungschef Warren Littlefield für eine Kommentar-Session ins Studio kam (und von Creator Paul Simms vor laufendem Mikrofon in die Mangel genommen wurde). In den anderen Tracks mit wechselnder Besetzung arbeitet Simms fleißig als Moderator und Fragensteller und so gelingt es ihm, die Audiotracks immer unterhaltsam und informativ zu halten. Die Inhalte der Diskussionen beschränken sich nicht nur auf das Geschehen auf dem Bildschirm, sondern gehen auch über die Ereignisse der ersten Staffeln hinaus, so wird auch die Ermordung von Cast-Mitglied Phil Hartman durch seine Lebensgefährtin kurz nach Abschluss der Dreharbeiten der vierten Staffel thematisiert.

Neben den Commentary Tracks gibt es noch ein kurzes Blooper-Reel mit schiefgelaufenen Szenen aus Staffel 2 und eine Featurette mit Original-Interviews mit Cast und Crew aus den späten 90ern. Die 3 Discs des Sets sind in zwei Slim-Cases in einem Schuber untergebracht. Ein Booklet gibt’s nicht.

Für eingefleischte Sitcom-Fans ist die Show ein Muss, insbesondere wegen der Commentary-Tracks und den damit verbundenen Blicken hinter die Kulissen. Alle anderen sollten wohl lieber mal ein paar Episoden der Show „probesehen“, bevor sie das Set ordern. Hier handelt es sich um eine kleine, aber feine und unterschätzte Sitcom, die wohl auch in den USA nie richtig wahrgenommen wurde. Kaum eine andere Sitcom dieser Zeit bot aber einen so hervorragenden und ausgewogenen Cast. Bei dem Preis kann man aber IMHO nicht viel falsch machen… (wenn man nicht gerade ein Sitcom-Hasser ist). Maura Tierney Fans können außerdem ihr Idol mal in einem frühreren TV-Projekt sehen.

Die Serie läuft derzeit sonntags, mittwochs (und Wdh donnerstags) abends soweit ich weiss auf dem neuen wiederbelebten Kanal „Nickelodeon“, ich glaube sie sind irgendwo in der zweiten Staffel. Allerdings ist die Bildqualität (und auch teilweise die Synchro) erschreckend mies.

Serenity – Flucht in neue Welten

Donnerstag, 24. November, 2005

Uh, schon wieder Senf zu einem Science-Fiction Film. Aber keine Sorge, als nächstes kommt wieder eine Review zu einer TV-Serie…

Für „Firefly“-Fans ist es wohl der Film des Jahres. Andere Kinofreunde reiben sich verwundert die Augen ob der immensen Grassroots-Internet-Kampagne der so genannten „Browncoats“, die den Film in vielen „Favorite Movie“-Online-Abstimmungen noch vor Kinostart zu Bestnoten pushen.

Auch ich war tierisch gespannt auf dieses Filmprojekt von Joss Whedon, der nach der kaltblütigen Absetzung der SciFi Serie auf FOX vor einigen Jahren nun seine Vision auf der großen Leinwand verwirklichen durfte. Schließlich ist „Firefly“ eine der besten Serien der letzten Jahre und sollte eigentlich bei jedem Sci-Fi Fan im DVD-Regal stehen (ja, gibt’s auch in deutsch. Neulich beim lokalen DVD-Dealer für 49 Euronen in der Hand gehalten).

Doch von dem Film bleibt ein eigenartiges zweischneidiges Gefühl zurück — zumindest für Fans der Serie. Einerseits ist „Serenity“ zweifelsohne einer der besten SciFi Filme der letzten Jahre (#203 in der IMDb-Bestenliste ist durchaus gerechtfertigt). Aber irgendwas fehlt. Und damit ist nicht nur der Verstand bei den zuständigen Leuten von Universal gemeint, die dem Film den unvermeidlichen deutschen Titel-Beimüll verpassten.

Here’s my main problem: Whedon’s Charaktere funktionieren einfach besser in Serienform. Wenn man aus „Serenity“ ‚rauskommt ist man irgendwie frustriert, weil man weiss, dass es nicht nächste Woche weitergeht. Es wird keine weitere Charakterentwicklung geben, keine ruhigere Episode oder mysteriöse Storyarcs. Mit etwas Glück gibt es in zwei, drei Jahren ein Sequel. Hier liegt auch der große Unterschied zum „Star Trek“ Franchise. Dort waren schon die Episoden recht abgeschlossene Werke, eigene Abenteuer mit wenigen Arcs. Die Charaktere entwickelten sich kaum weiter, es gab bis zur finalen „Enterprise“-Serie kaum große Story-Arcs, bestenfalls wiederkehrende Charaktere. Bei „Firefly“ spürt man aber schon ab der ersten Episode, dass sich hier viele große und interessante Charakter- und Storyarcs verstecken und jede Episode ist nur ein kleines Puzzlestück in einem großen Rätsel.

In einem knapp zweistündigen Film muss man aber zwangsweise eine abgeschlossene Story erzählen. Es braucht einen Anfang und ein Ende, ein Mittelteil, einen Höhepunkt, vielleicht kann man auch noch den ein oder anderen kleinen Storyfaden für ein Sequel offen lassen. Aber man muss neue Zuschauer und eingeschworene „Firefly“ Fans gleichermassen zufriedenstellen. Der Film kann daher nicht mehr sein als ein Kompromiss. Ein exzellenter Kompromiss, aber man kommt nicht umhin, das Fehlen der Serie noch stärker zu betrauern. Was ich auch etwas schade finde, ist die für meinen Geschamck zu große Anzahl von Action-Szenen im Film. Die Serie war da — wohl auch aus finanziellen Gründen — etwas ruhiger und konnte/musste sich mehr Zeit beim Entwickeln von Charakteren lassen. So muss im Film beispielsweise die Beziehung zwischen [Spoiler:Kaylee und Simon] etwas überhastet abgewickelt werden und der Zuschauer hat nur wenige Chancen, zwischen den ereignisreichen Actionszenen zur Ruhe zu kommen. Das Tempo des Spielfilms unterscheidet sich ein gutes Stückchen von dem der Serie.

Damit aber keine Zweifel aufkommen: „Serenity“ ist ein opulenter Leckerbissen. Ein spannender Must-See Sci-Fi Action Streifen mit reichlich Humor, spektakulären Special Effects und sympathischen Charakteren, der das ganze „Star Trek“-Movie Franchise mit links an die Wand spielt. Die Geschichte löst einige der großen Rätsel der vorangegangenen TV-Serie, deutet aber einige weitere Erzählstränge für zukünftige Filme an. Man kann nur hoffen, dass es noch zahlreiche Fortsetzungen geben wird — möglichst wöchentlich, denn wirklich zuhause wäre das Franchise im TV. Noch hat der Film seine Produktionskosten nicht ganz reingeholt, und es wird von Woche zu Woche auch deutlich schwieriger. Aber der Film dürfte eh mit dem DVD-Release im Dezember 2005 (USA) noch ein gutes Stückchen Kasse machen (und steht bei mir auch schon auf der Pre-Order Liste). Ein Flop war’s definitiv nicht. Und die Tim Minear-Fans werden schon dafür sorgen, dass er im Auftrag von Joss Whedon „Serenity II“ auf die Leinwand bringen darf.

Kinostart Deutschland: Heute, 24. November 2005

P.S: Es lohnt sich, für den kompletten Abspann sitzen zu bleiben (wie ich diese „Frühaufsteher-So-Schnell-Wie-Möglich-Aus-Dem-Kino-Renner“ doch hasse), am Schluss gibt es noch einen kleinen akustischen „Shout-Out“ an „Firefly“.

The tragic story of Darth Vader

Mittwoch, 16. November, 2005

Ich bin durch. Zweimal.

Zwölf Stunden Star Wars (mal zwei) plus drei bis vier Stunden Bonus-Features verteilt auf Sessions im Verlauf von etwa drei Wochen. Angesichts meiner eh schon knappen Zeit grenzt es an ein Wunder, dass ich das so durchziehen konnte. Nun habe ich wohl für die nächsten paar Jahre erstmal genug von George Lucas‘ Fantasy-Space-Opera, aber diese Marathon-Sitzung war’s wert. Alle sechs Filme der Saga in der richtigen Reihenfolge und in in bester Ton- und Bildqualität zu sehen (und anschliessend das ganze nochmal mit den Commentary-Tracks) ist wirklich ein einmaliges Erlebnis. Endlich fügt sich das über drei Jahrzehnte gewachsene Puzzle zusammen und ergibt ein abgeschlossenes Gesamtbild.

Und dieses Gesamtbild sieht besser aus, als ich im Voraus gedacht hätte. Ich war ja durchaus skeptisch, ob diese ganze Prequel-Nummer funktionieren würde, insbesondere wegen der digitalen Materialschlacht, die George Lucas und ILM aufgefahren hatten. Aber am Ende muss man sagen: Es funktioniert. Es hakt zwar hie und da, aber insgesamt ist plötzlich der rote Faden da, alles fügt sich zu einer spannenden Erzählung zusammen, der „story arc“ ist komplett. Vor allem die Aktionen von Kanzler Palpatine in den ersten Teilen bekommen einen viel höheren Stellenwert.

Ich kann auch die Commentary-Tracks der DVDs durchaus empfehlen. Sie sind zwar recht gewöhnungsbedürftig, da sie wie bei Lucasfilm üblich in seperaten Sessions aufgenommen und dann zusammengeschnitten wurden (und damit sehr trocken und steif wirken) — aber es gibt vor allem von Lucas ausführliche Einblicke in die Ursprünge des Star Wars Konzepts. Die Erläuterungen der Grafik- und Sound-Designer wirken nach sechs Stunden aber ermüdend, spätestens wenn man zum tausendsten Mal erfährt, wieviele Kühlschrankmotoren in den Laserschwert-Soundeffekten versteckt sind. Bei der Original-Trilogie kommt hie und da Carrie Fisher zu Wort, sie macht den Commentary Track ein wenig unterhaltsamer während Regisseur Irvin Kershner von „The Empire Strikes Back“ mit seiner lautstarken Beschreibung dessen, was gerade auf der Leinwand vor sich geht, eher die Nerven strapaziert. Die sonstigen Bonus-Materialien der Original Trilogy DVD-Box sind auch eher eintönig, am unterhaltsamsten ist der übliche „1138“-Easter Egg mit den deleted scenes.

Ich war ja auch zuvor kein sonderlich großer Freund der Teile 1 und 2, sie schienen mir primär dazu gedacht, das Star Wars Franchise zu einer noch größeren Gelddrucklizenz zu machen. Außerdem waren diese Prequels auch etwas schwer in den globalen Handlungsfaden einzuordnen, waren storybedingt deutlich düsterer und schwermütiger als die oftmals locker-leichten Fisher/Ford-Interaktionen. Und schließlich vergaloppierte sich Lucas etwas mit den digitalen Charakteren in den ersten Teilen. Aber Teil 3 machte einiges wieder gut und erst mit Teil 3 finden auch Phantom Menace und die Clone Wars endlich ihren Halt in der Star Wars Saga.

Ebenso ging es mit dem schlechten Ruf der „Special Edition“, in dessen Nörgel-Chor ich früher auch gerne eingestimmt habe … doch all diese Diskussionen um „Han Solo shot first … or not“, Hayden Christensen am Ende von „Return of the Jedi“ und sonstige digitale Modifikationen an der Original-Trilogie sind irgendwie gar nicht mehr so gravierend und ich musste teilweise sogar feststellen, dass die Filme nun besser „funktionieren“. Lucas‘ Begründungen für die einzelnen Änderungen sind durchaus nachzuvollziehen — das mag aber auch daran liegen, dass es „sein“ Universum ist und er ja im Grunde die Interpretationshoheit innehat. Aber er vermittelt zumindest den Eindruck, dass er sich bei vielem (vor allem bei zahlreichen Details) einige Gedanken gemacht hat und nicht „einfach nur“ schnell ein Script zusammenbaute. Ich nehme es Lucas mittlerweile durchaus ab, dass er die Teile 1-3 nicht nur deshalb verfilmte, weil ein Einspielergebnis von einer Milliarde US-Dollar pro Film winkte, sondern weil er wirklich die Anfänge der Geschichte erzählen wollte. In den Commentary Tracks aller Filme macht er recht deutlich, warum er sich in den 70ern zunächst für das Kapitel III („A New Hope“) entschied bzw. entscheiden musste.

Ob Lucas wohl auch noch die Teile 7-12 verfilmen wird? Ich glaube es nicht. Die Star Wars Saga handelt eigentlich primär von Darth Vader — das merkt man aber eigentlich erst, wenn man alle sechs Filme in einem Zusammenhang sieht. Mit „Return of the Jedi“ ist diese Geschichte aber abgeschlossen. Die Star Wars Saga wird nun erstmal weiterleben in zwei TV-Serien (davon eine animiert), die sich wohl vor allem auf die „Lücke“ zwischen Episoden III und IV konzentrieren sollen. Vielleicht wird Lucas eines Tages doch mal die Verfilmung weiterer Episoden freigeben, er würde es wohl nicht selbst machen — aber im Grunde müssten diese beiden neuen Trilogien dann einen komplett neuen Storyarc erzählen, weitesgehend unabhängig von den Teilen 1-6.

Und last but not least: Ton und Bildqualität der DVDs ist wie nicht anders zu erwarten, phänomenal. Insbesondere die Bildqualität der teilweise 25 Jahre alten Original-Trilogie ist verblüffend. Das sind die Filme, für die die Entertainment-Industrie das Heimkino geschaffen hat 🙂

Speak

Sonntag, 23. Oktober, 2005

SpeakGroße kleine Filme. Nach Reviews zu Filmen wie „Bin-jip„, „Blue Car„, „Ghost World“ und „Fucking Amal“ kommt diesmal wieder einer dieser kleinen Independent Produktionen mit schmalen Budget zum Zuge, die mit viel Charme und Liebe zum Detail zahlreichen großen Multi-Millionen Hollywood Fließband-Inszenierungen locker den Rang ablaufen.

Speak“ ist eine ShowTime Independent Produktion basierend auf der gleichnamigen Buchvorlage von Laurie Halse Anderson. Dieser eigentlich als „TV Movie of the Week“ konzipierte Film erzählt die Geschichte der 13jährigen Schülerin Melinda (Kristen Stewart), die gerade ihr erstes Highschool-Jahr beginnt. Nachdem sie im Sommer zuvor bei einer ausser Kontrolle geratenen Party die Polizei gerufen hatte, ist sie in ihren neuen Klassen regelrecht eine Aussätzige. Ihre Freundinnen haben sich von ihr abgewendet, Melinda zieht sich immer mehr in ihre eigene kleine Welt zurück und spricht fast kein Wort mehr. Sie trägt ein schweres Geheimnis mit sich herum, das sie niemanden anvertrauen kann. Ihr Eltern wissen nicht mehr, was sie mit ihrer Tochter tun sollen. Über den Verlauf von einem dreiviertel Jahr erleben wir nun aus Melindas Sicht, wie sie versucht, ihre Erlebnisse zu verarbeiten.

SpeakAuch nach elf Jahren setze ich bei „Teenage-Angst“ Filmen und Serien immer noch „My So-Called Life“ und deren Hauptdarstellerin Claire Danes als Maßstab aller Dinge an. Mit „Speak“ und Hauptdarstellerin Kristen Stewart habe ich nun eine Produktion gefunden, die an diesen Qualitätsmaßstab so nahe herankommt wie kaum ein Film oder Serie zuvor. Das beginnt schon bei der Hauptdarstellerin, die wie seinerzeit Claire Danes bei den Dreharbeiten gerade mal 13 Jahre alt war. Aber auch Productionvalue und die Qualität des Drehbuchs lassen einige Parallelen zu „My So-Called Life“ erkennen. Regisseurin Jessica Sharzer hat in Interviews auch Winnie Holzmans Arbeit an „My So-Called Life“ als Teil ihrer Inspiration für die Umsetzung der Buchvorlage in Film herausgestellt.

Die 13jährige Stewart, vor allem bekannt als junge Tochter von Jodie Fosters Charakter in „Panic Room“ liefert in dem Film eine atemberaubende Performance ab. Was dieses junge Mädchen, die den Großteil des Filmes schweigend verbringt, alleine durch ihre Mimik und ihre Körpersprache vermittelt, ist einzigartig. Kristen Stewart könnte eine große Karriere vor sich haben.

SpeakÜber die Buchvorlage kann man in ein paar Punkten trefflich streiten, ich habe die gleichnamige Erzählung von Laurie Halse Anderson zwar nicht gelesen, aber sie zählt wohl mittlerweile zur Standardlektüre an zahlreichen US-Highschools. Es dürfte also einige Jahrgänge von US-Schülern geben, die Referate und Hausarbeiten zu dem Film machen müssen — und ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch die jugendlichen Leser eher anspricht als bspw. „Effi Briest“ von Fontane. Vielleicht um dieser jungen Zielgruppe entgegenzukommen ging Anderson aber ein paar Kompromisse ein, die sich auch im Film widerspiegeln. Einige Charaktere im Film (insbesondere die Lehrer) sind mir leicht überzeichnet und unrealistisch. Hie und da werden dadurch Situationen provoziert, die dem Realismus des Films etwas entgegenwirken. Aber vielleicht sieht die Hauptcharakterin Melinda diese Personen ja auch so überzeichnet — und schliesslich erleben wir die Geschichte ja aus ihrer Perspektive. Buch und Film sind mit Symbolismus und Metaphern gut gesättigt, aber wirken trotz der deutlichen „Message“ des Films kaum aufdringlich.

Regisseurin Jessica Sharzer musste bei dieser Produktion mit knapp einer Million US-Dollar auskommen, für Spielfilme ein geradezu lächerliches Budget. Zudem waren die Dreharbeiten von Unglücken und Pech verfolgt. Aber gerade dadurch war Sharzer gezwungen, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Der ganze Film wurde mit nur einer Kamera gedreht, da lassen sich dann auch in der Kürze der Zeit nicht viele Umschnitte oder Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln realisieren. Ob gewollt oder nicht, aber gerade dadurch entstanden IMHO teilweise faszinierende Aufnahmen. Oftmals steht Stewart vollkommen allein und verloren in einem riesen Frame und unterstreicht dadurch die Einsamkeit und Isolierung ihres Charakters. „Speak“ ist Sharzers erste größere Produktion und sie liefert ein beeindruckendes Erstlingswerk ab. Auch Disziplinen wie Costume Design, Make-Up und Production Design sind erstklassig umgesetzt. Man merkt eben in diesen Details, dass jede Person der Filmcrew mit ganzem Herzen in die Sache investiert war und das nicht „just another job“ war.

Cast & Crew von SpeakAuch die Nebenrollen sind gut ausgesucht: Steve Zahn („Riding in Cars with Boys“) als engagierter Kunstlehrer, Hallee Hirsh („ER“) als beste Freundin, sowie Elizabeth Perkins („Weeds“) und D.B. Sweeney („Harsh Realm“) als überforderte Eltern bilden das solide Grundgerüst für die starke Kristen Stewart.

Autorin Anderson und Regisseurin Jessica Sharzer bestreiten auch gemeinsam den informativen und unterhaltsamen Audio-Kommentar der DVD. Die sonstigen Extras fallen etwas dürftig aus — es gibt es kurzes Behind-the-scenes Feature und für all die Schüler, die sich diesen Film für ihre Hausaufgaben ausleihen, auch noch Interpretationshilfen sowie drei Seiten aus der Buchvorlage. An der Bild- und Tonqualität (Widescreen, 5.1) lässt sich nichts aussetzen.

Fazit: Ein berührender Film mit einer erstklassigen Schauspielleistung. Nicht nur für Teenager. Wem „Blue Car“, „Fucking Amal“ und/oder „My So-Called Life“ gefiel, der sollte sich diesen Film auch mal auf die Liste setzen.

Die DVD ist seit 27. September im US-Handel erhältlich — sie ist leider etwas rar. Da dies eigentlich eine Art „TV Movie of the Week“ ist, ist ein Kinostart mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht läuft er ja irgendwann mal im deutschen TV. Kristen Stewart kann man demnächst sehen in dem Fantasy Abenteuer „Zathura“.

Es fehlen die Höhepunkte

Mittwoch, 5. Oktober, 2005

Geht’s euch auch so? Die neue TV Season fühlt sich eher an wie ein Anhängsel an die letzte 2004/05 Season. Letztes Jahr war aber auch ein ausserordentlich gutes Jahr. „Lost“, „Desperate Housewives“, „House“, „Veronica Mars“, „Medium“, „Grey’s Anatomy“ — alles neue Hits der vergangenen (Mid-)Season. Und über die spricht man auch dieses Jahr. Die neuen Shows der Season 2005 wiederum haben nach der ersten Promowelle nur schwer die Zuschauer an sich binden können. „Everybody Hates Chris“, „Invasion“, „Kitchen Confidential“, „Threshold“, „My Name Is Earl“ haben schon nach zwei Wochen massiv an Schwung (und Zuschauern) verloren. Und auch die wenigen (relativen) Quotenerfolge wie „Commander in Chief“, „Supernatural“ und „Bones“ erzeugen irgendwie nicht den Buzz, den letztes Jahr um diese Zeit bereits „Lost“ und „Desperate Housewives“ generiert hatten. Vielleicht ist der Markt nun auch erst mal wieder gesättigt. Auf der anderen Seite sind die Shows dieses Jahr im Bezug auf die Qualität recht gut. Es gibt nur wenige Ausreisser nach unten („Out of Practice“, „Head Cases“, „Love, Inc.“) , aber eben auch wenige Ausreisser nach oben. Es dominiert die Mittelmäßigkeit. Shows, die gut zum Anschauen sind, aber kaum an den Fernseher fesseln und somit auch keine „Watercooler“-Qualitäten haben.

Einen ähnlichen Ton schlägt übrigens auch die New York Times in einem Artikel an.

Und es gibt Hoffnung am Horizont: Warner Brothers wird Gerüchten zufolge noch diese Woche ein frisches Script von den „West Wing“ Alumni Aaron Sorkin und Thomas Schlamme für eine neue Serie erhalten. Angeblich soll es sich dabei um eine Comedy im Stil der „Larry Sanders“ Show handeln, allerdings stünde hier ein Blick hinter die Kulissen einer Art „Saturday Night Live“ Show im Mittelpunkt. Ob und wann etwas aus dem Script wird, steht in den Sternen — vor Herbst 2006 sicherlich nichts.

In other news: „Sex, Love and Secrets“ wurde nach acht produzierten (und einer ausgestrahlten) Episoden bereits abgesägt, „Reunion“ erhielt eine Order über vier weitere Scripts (das bedeutet aber noch keine Episode-Order, obwohl das recht wahrschenlich ist).

Bin-jip – Leere Häuser

Freitag, 12. August, 2005

In vielen Filmen ist der Dialog der zentrale Storyteller. Er bringt die Handlung voran, macht uns mit den Charakteren vertraut, vermittelt uns einen Eindruck von den Gedanken der Protagonisten.
Einen vollkommen anderen Weg geht der Film „Bin-Jip“ von dem koreanischen Filmemacher Ki-duk Kim („Frühling, Sommer, Herbst, Winter… und Frühling“). Die beiden Hauptdarsteller wechseln bis auf die letzten Minuten des Films kein Wort, die komplette Charakterinteraktion läuft über Körpersprache und Mimik. Dennoch ist es definitiv nicht einer dieser schwerverdaulichen, „künstlerisch-wertvollen“ Experimentalfilme.

Bin-Jip erzählt die kleine Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich auf sehr ungewöhnliche Weise kennenlernen und eine kurze Zeit ihres Lebens miteinander verbringen. Tae-suk ist ein guterzogener Mitt-Zwanziger, der jedoch einen seltsamen Lebenstil hat: Er bricht in die leerstehenden Wohnungen fremder Menschen ein, lebt dort einige Tage und zieht dann weiter in die nächste Wohnung. Eines Tages ist er unvorsichtig und bricht in ein Haus ein, das nicht so verlassen ist wie es scheint: Die verheiratete Sun-hwa hat sich im Haus versteckt, nachdem sie von ihrem Ehemann mishandelt wurde. Tae-suk und Sun-hwa kommen sich nach einem kurzen Schockmoment näher und daraus entwickelt sich eine einfache und doch komplizierte Beziehung.

Bin-Jip wirkt wie ein „leichtes“ Menu — fast ohne Kalorien. Der Film scheint dahinzuschweben, kein schwerer Dialog zieht ihn nach unten, dennoch erzählt der Film eine kleine Geschichte mit Tiefgang. Das ganze ist nicht sonderlich trivial zu beschreiben, man muss es wohl selbst gesehen haben. Hie und da stolpert der Film etwas über die Unplausibilitäten, aber zu keiner Zeit wird der Film langweilig oder abgehoben. Trotz der eher dramatischen Story fehlen auch kleine humorvolle Szenen nicht. Obwohl es eigentlich ein Liebesfilm ist, spielt Gewalt eine große Rolle. Wie Ki-duk Kim beides miteinander verknüpft und gegeneinanderstellt, ist bemerkenswert.

Der dritte und letzte Akt des Films ist etwas irritierend, vor allem da es nicht wirklich eine klare „Auflösung“ des Films gibt. Jeder Zuschauer muss sich in gewisser Weise seinen eigenen Reim auf die Geschehnisse machen. Aber das ist ja nicht unbedingt ‚was schlechtes, im Gegenteil.

Schlichtweg atemberaubend ist die handwerkliche Umsetzung des Films, insbesondere die fantastische Kameraarbeit — fast alle Szenen sind perfekt komponiert, ausgeleuchtet und geschnitten. Was Ki-duk Kim da in weniger als zwei Monaten geschrieben und auf Zelluloid gebannt hat, beweist dass er ein ganz besonderes Händchen für Film hat. Die FAZ nennt den Film ein „Kinowunder“. Das will ich jetzt einfach mal so stehen lassen.

Sicherlich kein Film für jeden beliebigen Kinoabend, man sollte sich schon im Klaren sein, dass dies ein etwas ungewöhnlicher Film aus einem vollkommen anderen Kulturkreis ist, der den Zuschauer auch noch einige Zeit nach dem Abspann beschäftigen kann.

Bin-Jip läuft seit dem 11. August in den deutschen Kinos. Naja, man muss schon etwas suchen. Alternativ kann man sich auch die Region 3-Version für knapp 12 Euro von cdwow.com aus Hongkong schicken lassen (englischer Titel: „3 Iron“). Bei den wenigen Dialogzeilen reichen die englischen Untertitel voll und ganz.

Trailer und mehr gibt’s auf der deutschen Website www.bin-jip.de

 

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