Lost Season 4
Samstag, 31. Mai, 2008Erinnert sich noch jemand an mein „End of the World“-Posting von Ende 2006? Damals war ich zur Halbzeit der dritten Staffel bereits dermaßen frustriert, dass ich die Show quasi virtuell in die Tonne trat. Und auch aus heutiger Sicht muss ich sagen: Zum Ende der zweiten / Beginn der dritten Staffel war „Lost“ kurz vor dem klinischen Tod. Vollkommen orientierungs- und spannungslos dümpelte die Mystery-Serie vor sich hin und schien eigentlich nur noch die Zeit zwischen den fulminanten Season-Finale-Cliffhangern irgendwie totschlagen zu wollen.
Und dann geschah das kleine „Lost“-Wunder. Die Autoren setzten sich angesichts schwindender Zuschauer-Zahlen einen definitiven 4-Jahres-Plan. Mit dem konkreten Endtermin (im Jahre 2010) vor Augen hatten sie plötzlich den kreativen Rahmen, der es ihnen ermöglichte, der Show wieder stramme Zügel anzulegen.
Bereits am Ende der dritten Staffel war die Show fast nicht wiederzuerkennen, aber richtig deutlich wurde der neue Stil erst in der gerade abgelaufenen vierten Staffel. In den vergangenen Jahren war das Season-Finale jeweils der absolute Höhepunkt des Jahres — dieses Jahr jedoch war das dreiteilige Finale schon fast ein Let-Down im Vergleich zu den atemberaubenden Folgen („The Constant“) im Verlauf der Staffel.
Das Finale betätigte sich vielmehr als Füller von noch ausstehenden Plot-Löchern. Ein Umstand der Flash-Forwards der bisherigen Episoden dieser Staffel war es nunmal, dass die wesentlichen Story-Elemente bereits im Vorfeld bekannt waren und nun nur noch die Punkte verbunden werden mussten. Dabei gab es natürlich die ein oder andere Überraschung (der Mann im Sarg, Desmond & Penny!, Claire in Kates Traum), aber im Grunde waren die großen Storybausteine bereits im Verlauf der Staffel „aufgebraucht“ worden. Jedoch muss ich sagen, dass mir dieses Modell recht gut gefallen hat. Lieber die Spannungsbögen gleichmäßiger über alle Episoden verteilt, als gebündelt in das Seasonfinale gestopft.
Da liegt es fast schon auf der Hand, dass die Auflösung aller Rätsel wohl niemals die hohen Erwartungen der „Lost“-Fans erfüllen kann — ähnlich war es jetzt auch im Season-4-Finale. Irgendwie hoffte man dann doch darauf, dass die Macher noch ein ganz fettes Karnickel aus dem Hut ziehen würden, aber der bisherige Storyverlauf hatte da schon recht enge Grenzen gesetzt. Insbesondere aus den ersten beiden Staffeln hat die Serie einiges an „mythologischem“ Overhead, der irgendwie in den nächsten Jahren noch in den großen Gesamtzusammenhang eingearbeitet werden müsste (oder man ignoriert gewisse Fuß-Statuen einfach).
Aber das Wichtigste ist wohl, dass man als Zuschauer wieder das Gefühl hat, dass dies alles irgendwo hinführt und dass es wirklich einen größeren Gesamtzusammenhang gibt und die Autoren nicht planlos vor sich hin spinnen. Wenn bei einer Show „der Weg das Ziel“ ist, dann muss dieser Weg auch spannend und unterhaltsam sein — und das ist er zur Zeit bei „Lost“ sicherlich.
Vor Beginn der fünften Staffel (leider erst Anfang 2009) hat sich „Lost“ nun wieder in eine hervorragende Ausgangssituation manövriert, die zahlreiche Möglichkeiten für die restlichen Staffeln offen lässt. Ich bin schon sehr gespannt, wo (und wann) sich die „Losties“ zu Beginn der nächsten Staffel wiederfinden. Michael Emerson („time-traveling bunnies“!) hat sich zudem bereits jetzt einen Emmy mit Sternchen verdient.
Zwar lässt sich natürlich auch nicht ausschließen, dass die Show nächstes Jahr wieder an die Wand gefahren wird, aber zumindest momentan ist für mich das „End of the World“ soweit entfernt wie lange nicht mehr.