"Heute Show": Mehr "Wochenshow" als "Daily Show"
Donnerstag, 28. Mai, 2009Insgesamt war’s wohl einigermaßen okay, was das ZDF da am Dienstag Abend unter dem Titel „heute show“ als neue „Polit-Comedy“ an den Start brachte. Mit Oliver Welke als Moderator wurden einige ausgewählte Nachrichten-Meldungen der letzten Tage satirisch aufgearbeitet. Als Vorbild hatte man sich ohne Zweifel auch die amerikanische „Daily Show“ mit Jon Stewart angeschaut, aber die alten Sat.1-„Wochenshow“-Zöpfe konnte man leider nicht vollständig abschneiden. Die Autoren müssten meiner Meinung nach mehr versuchen, den alltäglichen Wahnsinn im deutschen Politikgeschäft für sich alleine sprechen zu lassen. Man braucht da nicht immer gleich einen lauen „Politiker-sind-doof“-Schenkelklopfer-Gag hinterher schieben. Die Sendung dürfte sich da gerne selbst etwas ernster nehmen und die Latte insgesamt etwas höher legen.
Beim „Battle um Bellevue“-Segment, den Merkel-Fragen und dem RTL-Katzen-Einspieler sowie den ersten Teilen der Opel-Nummer (ohne die anschließenden „this just in“-Flops) waren die Autoren ein paar Mal auf dem richtigen Pfad, aber dafür wurden die meisten anschließenden Einspieler und Fake-Interviews dann wieder gegen die Wand gefahren. Besonders übel: Das Interview aus „Nordkorea“ — Das war billige, oberflächliche „Comedy“ auf der Suche nach dem schnellen Lacher (den man nicht fand), aber kein smartes Sezieren der weltweiten Medienpanik um Nordkoreas Führung. (Wobei das Thema meiner Meinung nach eh nicht viel hergibt, auf wahnsinnigen ausländischen Diktatoren rumzuhacken ist zu einfach). Wünschenswert angesichts der vom ZDF erhofften jungen Zielgruppe wäre beispielsweise eine Hinterfragung der Medien-Auftritte von „Zensursula“ oder den sonstigen „Internetausdruckern“ der letzten Wochen. Alternativ hätte man die vom Wahlkampf bestimmte Schlacht um das beste Opel-Rettungskonzept noch etwas schärfer angehen können. Aber stattdessen gab es einen albernen Kalauer über Steinmeiers durchgeschwitztes Hemd und ein paar müde Fake-Wahlkampfplakate, die auch aus dem Fundus der Schmidt/Pocher-Show stammen könnten. Da müsste die deutsche Medien- und Politszene doch mehr Material hergeben, auch wenn es hierzulande kein so dankbares Ziel wie FOX News gibt.
Aber ich bleibe erstmal bei meiner Überzeugung (Hoffnung), dass das Format und die personelle Besetzung ihr Potential noch nicht voll ausgereizt haben. Das war erst die Premieren-Sendung, da war man sicherlich noch verkrampft und/oder nervös. Es gilt abzuwarten, wie die Sendung in einigen Wochen aussieht, wenn Oliver Welke noch etwas lockerer wird, mehr frei von der Leber weg palavert (der Inkontinenz-Gag war sicherlich vorbereitet, aber schon flott ‚rübergebracht) und nicht mehr nach jedem vom Teleprompter vorgegebenen Gag auf den Lacher aus dem Publikum wartet (und gelernt hat, seinen Stuhl höher zu stellen). Auch Martina Hill („Switch“) sollte man unbedingt mehr (und besseres) Material geben, sie könnte die deutsche Samantha Bee werden.