„Dann machen wir halt einen Spielfilm!“ — Wie oft gab es schon dieses Versprechen von Serien-Autoren nach der Absetzung einer Serie: Wenn es in der wöchentlichen Form nicht funktioniert, dann soll eben ein Film die Entwicklung der Story und Charaktere weiterführen. Erfolgreich waren diese Pläne bisher nur selten, viele scheiterten schon in der Planungsphase.
„Dead Like Me“ (DLM) gehört nun immerhin zu der Gruppe von Serien, die nach der Absetzung (auf dem PayTV-Sender Showtime 2005) den Sprung in das vermeintlich attraktivere Filmformat geschafft haben — insofern ist das also durchaus ein Erfolg. Ob es sich allerdings für Käufer und Zuschauer gelohnt hat, steht auf einem anderen Blatt.
Regisseur von „Dead Like Me – Life After Death“ war Stephen Herek („101 Dalmatians“) der bisher mit der Serie noch nichts zu tun hatte, aber ursprünglich laut „Making Of“ mal als Regisseur für die Pilotepisode vorgesehen war (für den seinerzeit der großartige Scott Winant einsprang). Das Skript stammte von den DLM-Alumni Stephen Godchaux und John Masius, die auch für viele Episoden der Serie nach Bryan Fullers Ausstieg verantwortlich zeichneten.
Wesentliche Änderungen im Film gegenüber der Serie: Mandy Patinkin ist mit Gangsterjagen beschäftigt („Criminal Minds“) und daher abwesend, Laura Harris hatte kurzfristig keine Zeit und so musste Sarah Wynter („24“) als „Daisy“-Ersatz einspringen. Zudem ist das „Waffelhaus“ abgebrannt und gedreht wurde in Montreal statt Vancouver. Nicht zuletzt ist Britt McKillip („Reggie“) deutlich gewachsen und damit eines der auffälligsten Zeichen für die Zeit, die seit unserem letzten Kontakt mit den Charakteren ins Land gingen. Inzwischen sind sowohl in der fiktiven DLM-Welt wie in unserer Realität drei Jahre vergangen — somit ist George seit nunmehr fünf Jahren tot. Der Film liefert zu Beginn einen kurzen Refresh der wesentlichen Grundlagen der Serie in Comic-Form, so dass auch Neueinsteiger rasch mit dem Grundkonzept vertraut sein dürften.
Ausgangspunkt der Handlung ist Rubes Verschwinden und der Brand im „Waffelhaus“. Die kleine Gruppe unserer bekannten Grim Reapers namens Daisy, George, Mason und Roxy steht erstmal orientierungslos auf der Straße, wird aber schnell mit einem Ersatz für Rube konfrontiert: Cameron („Desmond“ aus Lost, aka Henry Ian Cusick) ist der neue Chef, der wieder mehr Schwung in die Truppe bringen soll, nachdem der verschwundene Rube angeblich die Zügel schleifen ließ. Der Film besteht inhaltlich wie auch viele der früheren Serienepisoden aus zwei A-Stories, die nur am Rande miteinander verbunden sind. Das führt leider auch dazu, dass George während des Großteils des Films erneut von den anderen Grim Reapern getrennt ist. Sie ist mittlerweile bei „Happy Time“ befördert worden und steht nun in der Firmen-Hierarchie nur noch knapp unter Dolores (Christine Willes). Georges zentrale Story in diesem Film besteht hauptsächlich in der Interaktion und Aussöhnung mit ihrer nun 16jährigen Schwester Reggie, die gerade mit erstem Liebeskummer zu kämpfen hat. Während sich die beiden um Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung bemühen, hadern die anderen Grim Reapers mit den Verlockungen und Schwierigkeiten der Arbeit unter ihrem neuem Chef Cameron.
Der Film unterscheidet sich in Stil und Umsetzung nicht stark von den Episoden der zweiten Staffel. Der Film ist eindeutig treu zur Serie und versucht abseits der unbeeinflussbaren Cast-Änderungen keine größeren Experimente. Das ist leider auch kein Kompliment. Der „Dead Like Me“-Film ist sicherlich nicht die Big-Screen-Variante mit Big Budget à la „Serenity“, eher die „TV-Movie der Woche“-Variante à la „Babylon 5“ mit limitierten Budget. In Kanada produziert, mit einer Reihe B- und C-Darstellern ist der Film in allen Aspekten vielmehr eine leicht aufwändigere produzierte Doppel-Serienepisode.
Da sich der Film stilistisch so stark an der zweiten Staffel orientiert, ist er wohl vor allem für Zuschauer attraktiv, die auch Gefallen an der zweiten Staffel der Serie gefunden hatten. In meinen Augen war eine der (leider wenigen) Stärken der zweiten Staffel die Beziehung zwischen der alleinstehenden Mutter Joy (Cynthia Stevenson) und ihrer Teenage-Tochter Reggie. Diese schwierige Beziehung ist auch eine der (erneut wenigen) Highlights dieses Films.
Die Hauptfigur George ist derweil erwachsener geworden, souveräner. Sie hat nun einen weniger fatalistischen Blick auf das Leben (und den Tod) und scheint sogar so etwas wie beruflichen Ehrgeiz zu entwickeln und das Schicksal in ihre eigenen Hände zu nehmen. Als Comic-Relief gibt es ein paar amüsante Szenen mit den Grim Reapers und den zuweilen skurrilen Todesfällen. Aber der Film ist insgesamt zu melancholisch, es fehlt ein großer Teil es subtilen, sarkastischen Humors, der vor allem die erste Staffel auszeichnete. Ich vermisse auch schmerzlich viele Szenen im Waffelhaus, Rube und insbesondere die originale Daisy-Darstellerin Laura Harris. Um es anders zu formulieren: Der Zauber der Serie ist längst verflogen, der Film ist lediglich eine bemühte, aber in vielerlei Hinsicht spannungslose Reise in ein eigentlich schon abgeschlossenes Kapitel Fernsehgeschichte. Interessanterweise war es dann auch „nur“ eine Soundtrack-Entscheidung ganz am Ende, die bei mir neben dem Auftritt von „Crystal“ noch die größte Freude hervorrief.
Lohnt sich die Anschaffung der DVD? Wem es nichts ausmacht, 19 Dollar für eine typische Doppelepisode von „Dead Like Me“ mit 85 Minuten Laufzeit zu zahlen, der wird sich nicht groß ärgern. Der Film funktioniert unter dieser Prämisse halbwegs gut, man sieht immerhin nochmals ein paar alte Serienbekannte in einer neuen Story, aber er bietet kaum einen Abschluss für Fans der Serie oder liefert spektakuläre neue Story-/Charakter-Entwicklungen. Stattdessen setzt dieser offensichtliche „Versuchsballon“ auf das Prinzip „Risiko“ und spekuliert auf einen Startpunkt für mögliche weitere Folgen, indem er statt einer Auflösung am Ende sogar eher erneut einen Cliffhanger setzt. Aber ich frage mich, ob es in dieser Form wirklich noch viel im DLM-Universum zu erzählen gibt. Einmal war mir dieses Abenteuer 19 Dollar wert, aber nochmal — ich weiß nicht. Für den Preis hätte ich gerne eine Mini-Serie mit mehreren Episoden oder zumindest einen vernünftigen Abschluss der Serie. Vor allem ist es schade, dass es wie schon in der zweiten Staffel fast keine Weiterentwicklung des Mystery-Elements rund um die Reaper und „The Powers That Be“ gibt. DLM ist in dieser Form nur ein weiteres „Dead of the week“-Prozedural, ergänzt um ein mäßig ansprechendes Familiendrama.
[[Und ich muss es leider erwähnen — so sehr ich solch eine kleine Äußerlichkeit auch zu verdrängen versuchte — aber Ellen Muths Lippen sehen reichlich seltsam aus. Ich hatte geradezu den Eindruck, als wäre ihre komplette untere Gesichtshälfte geschwollen.]]
Der DVD-Audiokommentar mit Regisseur Stephen Herek und Hauptdarstellerin Ellen Muth ist mäßig interessant, der Regisseur ist immerhin überaus mitteilungsfreudig im Bezug auf seine Arbeit, aber wirklich informativ ist er dennoch nicht. Ellen ist eher zurückhaltend. Es wird vor allem das Geschehen auf dem Bildschirm kommentiert und über Schauspielertechniken diskutiert, Ellen gibt noch ein paar unspektakuläre Referenzen zu Ereignissen während der Produktion der ursprünglichen Serie. Wer sich aber Andeutungen über die Zukunft des Franchises oder Spekulationen über die Mystery-Background der Serie erhofft, wird enttäuscht. Da hätte ich mir gewünscht, dass man auch einen der Autoren zu diesem Audiokommentar einlädt.
Das 14-minütige „Making Of“ ist der übliche nichtssagende Lobehudelei-Marathon, aber immerhin stellt man hier klar, dass dieser Film nie als Abschluss gedacht war, sondern man neue Wege gehen wollte, um die Tür zu weiteren Filmen oder einer neuen Serie zu öffnen. Und warum ein 15-Sekunden-Trailer für „The Riches“ einen extra Menüpunkt unter „Special Features“ erhält, ist einerseits das große Geheimnis des Marketing-Synergien-Konzepts von MGM und andererseits eine traurige Metapher für den Produktionswert des Films und der DVD.
Fazit: Was ist eigentlich der Plan, wenn ein Konzept in Serienform nicht mehr funktioniert und dann als Spielfilm ebenfalls kaum überzeugen kann? Heißt es nun erneut „Dann machen wir halt eine Serie!“ oder lässt man dieses Franchise nun endlich in Frieden ruhen?
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