Es begann mit einer provokanten Liste in der „TV Guide“-Print-Ausgabe und verursachte prompt (wie wohl auch von TV Guide erhofft) einige Wellen auf den Websites von TV-Kritikern wie Alan Sepinwall und James Poniewozik. Es geht um die Wahl der besten Pilot-Episoden und ist wohl so aussagekräftig wie gewisse RTL-Chart-Shows mit Oliver Geissen. Aber dennoch: Einmal kurz damit beschäftigt, schon lässt es einen nicht mehr in Ruhe.
Damian Holbrooks Liste für TV Guide umfasste 10 Serien und seine Rechtfertigungen, in dieser kurzen Liste Shows wie „Saturday Night Live“, „30 Rock“ und „Football Wives“ zu nennen (aber andere Klassiker der TV-Geschichte links liegen zu lassen), lesen sich wie exzellente Flame-Baits. Aber so bleibt man als Fernsehzeitung im Gespräch.
Eigentlich wollte ich keine eigene Liste aufsetzen, denn Hand aufs Herz — wer kann sich nach vielen Jahren noch eindeutig an eine Pilot-Episode erinnern und sie klar vom Rest der Serie differenzieren? Mit größter Wahrscheinlichkeit kommt dann doch wieder die nahezu gleiche Liste wie für „Die besten TV-Serien“ heraus. Aber hey, wie kann man besser an einem Sonntag Vormittag prokrastinieren als irgendwelche sinnfreien Lieblingslisten ins Blog zu posten? Auf geht’s!
Ich versuchte mich an diese Serien zu erinnern, bei denen ich nach der Pilot-Episode quasi „hin und weg“ war. Und überraschenderweise gibt es doch ein paar Unterschiede zu meiner (etwas betagten) Liste der Lieblingsserien.
10) Pushing Daisies und Dead Like Me
Die Pilotepisode von Pushing Daisies, dieser in mehreren Beziehungen „traumhaften“ Serie war ein wunderbares, farbenprächtiges Kunstwerk. Die muss man sich auch auf BluRay-DVD zulegen, denn in HD ist das ein noch besseres Erlebnis. Aber auch die Erzählwelt, die dem Zuschauer in dieser ersten Episode vorgestellt wird, sucht seinesgleichen. Leider nutzte sich „das Neue“ in der Show in den folgenden Episoden etwas ab und so war es ganz gut, dass man den Autorenstreik zum Akku-Aufladen nutzen konnte.
Die Pilotepisode von DLM fällt eigentlich die gleiche Schublade wie „Pushing Daisies“. Großartige, vielversprechende erste Folge, aber die danach folgende Serie konnte nicht alle dieser Versprechen halten. Immer wieder wurde eine faszinierende versteckte „Mythologie“ angedeutet (die wahre Herkunft der Gavelings etc), aber dann wurde daraus doch nur eine etwas andere „Case of the Week“-Serie (und in der zweiten Staffel ein exzellentes Familiendrama mit Mutter und Tochter).
9) Arrested Development
Die Nummerierung/Reihenfolge ist eigentlich für den Allerwertesten. Aber ich hab nunmal damit angefangen, die Shows eine eine Reihenfolge zu bringen, also bleibe ich auch dabei. Also: Pilot-Episode von AD: Spritzig, zum Schreien komisch und so vollkommen anders als man es erwartet hatte. Alle Charaktere schon wohl definiert und ein exzellentes Beispiel für die hohe Comedy-Qualität aller nachfolgenden drei Staffeln.
8 ) Breaking Bad
Tja, solche „Best of“-Listen tendieren dazu, vor allem neue Produktionen zu bevorzugen. Weil man die eben noch besser in Erinnerung hat. Aber „Breaking Bad“ feuerte von Anfang an auf allen Rohren, war bis zum Anschlag mit Handlung vollgestopft und ich bin immer noch erstaunt, dass die Serie einen Weg fand, sechs weitere Episoden mit Material zu füllen.
Und um den Rest der Liste zu spoilern: „Mad Men“ wird hier nicht auftauchen. Warum? Weil ich der Meinung bin, dass die „Mad Men“-Pilotepisode zwar wirklich gut gemacht war, der Reiz und die Faszination der Serie aber erst im Laufe der weiteren Staffel richtig entstand.
7) ER
Dies ist wohl der deutlichste Unterschied zu meinen sonstigen „best of“-Listen. „emergency room“ (wie es damals noch hieß) war glaube ich noch nie auf meiner Favoritenliste zu finden. Aus heutiger Sicht würde man zu dieser Pilot-Episode wohl auch kaum etwas besonders sagen können, aber als diese Serie seinerzeit im deutschen TV anlief, war ich hin und weg. Hochspannende Dramatik, erstklassige Schauspieler und von Beginn an fesselnd. In meinen Augen war diese Pilot-Episode damals revolutionär (oder zumindest nahe dran ;-). Nach den endlosen Cast-Abgängen verlor ich irgendwann so um die siebte, achte Staffel das Interesse.
6) Alias und Lost und Heroes
Ja, ich mogele ein wenig. Aber in meinen Augen gehören diese drei Serien allesamt in die gleiche Schublade. Sie hatten sehr solide und faszinierende Pilot-Episoden, die dazu führten, dass man am Bildschirm festklebte. Ja, das schließt auch „Alias“ ein, egal was in den späteren Jahren daraus wurde. Die Pilotfolge von „Alias“ war ähnlich wie das zuvor erwähnte ER in seiner Zeit eine Sensation, etwas besonderes und hochspannend. Ähnliches gilt für „Lost“ und „Heroes“. Sie ließen teilweise das Blut in den Adern gefrieren — auch wenn die darauffolgenden Episoden nicht immer dieses Niveau halten konnten.
5) The Wonder Years
Ich gebe zu, in allen Details kann ich mich an die Pilotepisode von „Wonder Years“ nicht mehr erinnern. Mag sein, dass da „romantische Verklärungen“ aus späteren Episoden mithineinspielen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nach dieser Folge (lief Anfang der 90er auf RTL) die nächste Episode nicht mehr abwarten konnte. Und ganz sicher erinnere ich mich noch an die finale Szene mit Winnie und Kevin und einem traumhaften Voice-Over.
4) Twin Peaks
Ohne Worte. Ein einzigartiges TV-Abenteuer bzw -Experiment und das begann im Grunde schon vor der Pilotepisode.
3) Freaks and Geeks
Eine der großartigsten Serien hatte natürlich auch eine hervorragende Pilot-Episode. Sehr sorgfältig gezeichnete Charaktere, ein immenser Wiedererkennungswert für den Zuschauer und eine sehr „echt“ erzählte Geschichte mit glaubhaften Charakteren. Von Anfang an hatte diese Show ihren Ton gefunden, die Charaktere sauber definiert. Exzellentes Fernsehen.
2) My So-Called Life und Once & Again
Auch hier wieder eine Doppelnennung. Ob ich wohl bei der Nummer 1 ohne diese Tricks auskommen werde? ;-). Insbesondere „My So-Called Life“ hatte eine atemberaubend starke Pilot-Episode. Bis heute bin ich jedesmal wieder begeistert ob der Cinematographie und des Schnitts der Episode (ein Meisterwerk von Scott Winant und Ernest Holzman). Jede Bildeinstellung, jeder Szenenübergang ist ein kleines Kunstwerk. Auch auf allen anderen Gebieten bekommt die Pilot-Episode von MSCL auf meiner Liste Bestnoten, sei es Drehbuch, Schauspielerleistung (die 13jährige Claire Danes lieferte eine phänomenale Leistung) oder Location-Wahl und der Soundtrack. Einfach grandios.
Und dort knüpfte auch die Pilot-Episode von „Once and Again“ an, ebenfalls sehr souverän und sorgfältig inszeniert. Vielleicht nicht in allen Belangen so exzellent wie die Pilotepisode von „My So-Called Life“, aber dennoch ein sehr gutes Beispiel für eine Serie, die bereits in der ersten Folge wie ein perfekt klingendes Orchester funktionierte. Alle Schauspieler hatten ihre Charaktere bereits hier richtig getroffen und auch die Autoren hatten den „Ton“ der zukünftigen Serie bereits voll entwickelt.
Und die Nummer 1 meiner Liste der besten Pilot-Episoden ist:
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