Archiv der Kategorie 'Reviews'


Speak

Sonntag, 23. Oktober, 2005

SpeakGroße kleine Filme. Nach Reviews zu Filmen wie „Bin-jip„, „Blue Car„, „Ghost World“ und „Fucking Amal“ kommt diesmal wieder einer dieser kleinen Independent Produktionen mit schmalen Budget zum Zuge, die mit viel Charme und Liebe zum Detail zahlreichen großen Multi-Millionen Hollywood Fließband-Inszenierungen locker den Rang ablaufen.

Speak“ ist eine ShowTime Independent Produktion basierend auf der gleichnamigen Buchvorlage von Laurie Halse Anderson. Dieser eigentlich als „TV Movie of the Week“ konzipierte Film erzählt die Geschichte der 13jährigen Schülerin Melinda (Kristen Stewart), die gerade ihr erstes Highschool-Jahr beginnt. Nachdem sie im Sommer zuvor bei einer ausser Kontrolle geratenen Party die Polizei gerufen hatte, ist sie in ihren neuen Klassen regelrecht eine Aussätzige. Ihre Freundinnen haben sich von ihr abgewendet, Melinda zieht sich immer mehr in ihre eigene kleine Welt zurück und spricht fast kein Wort mehr. Sie trägt ein schweres Geheimnis mit sich herum, das sie niemanden anvertrauen kann. Ihr Eltern wissen nicht mehr, was sie mit ihrer Tochter tun sollen. Über den Verlauf von einem dreiviertel Jahr erleben wir nun aus Melindas Sicht, wie sie versucht, ihre Erlebnisse zu verarbeiten.

SpeakAuch nach elf Jahren setze ich bei „Teenage-Angst“ Filmen und Serien immer noch „My So-Called Life“ und deren Hauptdarstellerin Claire Danes als Maßstab aller Dinge an. Mit „Speak“ und Hauptdarstellerin Kristen Stewart habe ich nun eine Produktion gefunden, die an diesen Qualitätsmaßstab so nahe herankommt wie kaum ein Film oder Serie zuvor. Das beginnt schon bei der Hauptdarstellerin, die wie seinerzeit Claire Danes bei den Dreharbeiten gerade mal 13 Jahre alt war. Aber auch Productionvalue und die Qualität des Drehbuchs lassen einige Parallelen zu „My So-Called Life“ erkennen. Regisseurin Jessica Sharzer hat in Interviews auch Winnie Holzmans Arbeit an „My So-Called Life“ als Teil ihrer Inspiration für die Umsetzung der Buchvorlage in Film herausgestellt.

Die 13jährige Stewart, vor allem bekannt als junge Tochter von Jodie Fosters Charakter in „Panic Room“ liefert in dem Film eine atemberaubende Performance ab. Was dieses junge Mädchen, die den Großteil des Filmes schweigend verbringt, alleine durch ihre Mimik und ihre Körpersprache vermittelt, ist einzigartig. Kristen Stewart könnte eine große Karriere vor sich haben.

SpeakÜber die Buchvorlage kann man in ein paar Punkten trefflich streiten, ich habe die gleichnamige Erzählung von Laurie Halse Anderson zwar nicht gelesen, aber sie zählt wohl mittlerweile zur Standardlektüre an zahlreichen US-Highschools. Es dürfte also einige Jahrgänge von US-Schülern geben, die Referate und Hausarbeiten zu dem Film machen müssen — und ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch die jugendlichen Leser eher anspricht als bspw. „Effi Briest“ von Fontane. Vielleicht um dieser jungen Zielgruppe entgegenzukommen ging Anderson aber ein paar Kompromisse ein, die sich auch im Film widerspiegeln. Einige Charaktere im Film (insbesondere die Lehrer) sind mir leicht überzeichnet und unrealistisch. Hie und da werden dadurch Situationen provoziert, die dem Realismus des Films etwas entgegenwirken. Aber vielleicht sieht die Hauptcharakterin Melinda diese Personen ja auch so überzeichnet — und schliesslich erleben wir die Geschichte ja aus ihrer Perspektive. Buch und Film sind mit Symbolismus und Metaphern gut gesättigt, aber wirken trotz der deutlichen „Message“ des Films kaum aufdringlich.

Regisseurin Jessica Sharzer musste bei dieser Produktion mit knapp einer Million US-Dollar auskommen, für Spielfilme ein geradezu lächerliches Budget. Zudem waren die Dreharbeiten von Unglücken und Pech verfolgt. Aber gerade dadurch war Sharzer gezwungen, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Der ganze Film wurde mit nur einer Kamera gedreht, da lassen sich dann auch in der Kürze der Zeit nicht viele Umschnitte oder Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln realisieren. Ob gewollt oder nicht, aber gerade dadurch entstanden IMHO teilweise faszinierende Aufnahmen. Oftmals steht Stewart vollkommen allein und verloren in einem riesen Frame und unterstreicht dadurch die Einsamkeit und Isolierung ihres Charakters. „Speak“ ist Sharzers erste größere Produktion und sie liefert ein beeindruckendes Erstlingswerk ab. Auch Disziplinen wie Costume Design, Make-Up und Production Design sind erstklassig umgesetzt. Man merkt eben in diesen Details, dass jede Person der Filmcrew mit ganzem Herzen in die Sache investiert war und das nicht „just another job“ war.

Cast & Crew von SpeakAuch die Nebenrollen sind gut ausgesucht: Steve Zahn („Riding in Cars with Boys“) als engagierter Kunstlehrer, Hallee Hirsh („ER“) als beste Freundin, sowie Elizabeth Perkins („Weeds“) und D.B. Sweeney („Harsh Realm“) als überforderte Eltern bilden das solide Grundgerüst für die starke Kristen Stewart.

Autorin Anderson und Regisseurin Jessica Sharzer bestreiten auch gemeinsam den informativen und unterhaltsamen Audio-Kommentar der DVD. Die sonstigen Extras fallen etwas dürftig aus — es gibt es kurzes Behind-the-scenes Feature und für all die Schüler, die sich diesen Film für ihre Hausaufgaben ausleihen, auch noch Interpretationshilfen sowie drei Seiten aus der Buchvorlage. An der Bild- und Tonqualität (Widescreen, 5.1) lässt sich nichts aussetzen.

Fazit: Ein berührender Film mit einer erstklassigen Schauspielleistung. Nicht nur für Teenager. Wem „Blue Car“, „Fucking Amal“ und/oder „My So-Called Life“ gefiel, der sollte sich diesen Film auch mal auf die Liste setzen.

Die DVD ist seit 27. September im US-Handel erhältlich — sie ist leider etwas rar. Da dies eigentlich eine Art „TV Movie of the Week“ ist, ist ein Kinostart mehr als unwahrscheinlich. Vielleicht läuft er ja irgendwann mal im deutschen TV. Kristen Stewart kann man demnächst sehen in dem Fantasy Abenteuer „Zathura“.

Quickies

Samstag, 17. September, 2005

E-Ring: Drama um Spezialtruppen-Koordinatoren im Pentagon. Überraschend gut gemachte Action-Serie. Spannend inszeniert (wenn auch mit dem unvermeidlichen Happy-End) mit eckigen Charakteren und guten Schauspielern (Benjamin Bratt („Law & Order“), Dennis Hopper, Sarah Clarke („24“)). Routinierte und patriotische „America-is-beautiful“ Leistung aus der Show-Fabrik von Jerry Bruckheimer — nicht so schlecht wie die Slugline vermuten liess. Aber der Regisseur gehört abgewatscht für sämtliche Szenen, in denen Dennis Hopper und Benjamin Bratt nebeneinander stehen. Das wirkt geradezu surreal.

Twins: Sitcom um zwei Zwillinge, die die Unterwäsche-Firma ihrer Eltern übernehmen. Igitt, Laughtrack. Ola, eine dürftig bekleidete Molly Stanton. Eine Melanie Griffith, die auf dämlich macht. Und noch ein Close-Up auf Mollys Arsch. Ich glaube, ich seh schon, was das Steckenpferd dieser Show sein soll, denn die Story stammt offensichtlich aus dem Handbuch für unoriginelle Sitcoms. Kaum ein Lacher. Schade um Darlen…err…Sara Gilbert.

Pepper Dennis: Dramedy um eine ehrgeizige Nachrichten-Reporterin. Ein blondes Desaster. Die 40 Minuten kann man sich wirklich sparen. Die unsympathischste Hauptdarstellerin seit Pamela Anderson, eine selten blöd-vorhersehbare Storyline und dürftige Abziehbildchen von Charakteren. Das beste an der Show ist, dass man immerhin schon in den ersten 90 Sekunden mit der Hinrissigkeit der Show konfrontiert wird und eigentlich rechtzeitig abschalten kann — sofern man nicht in einem Anflug von unbegründeter Fairness der „ganzen Show eine Chance geben will“ und sich deshalb das Grauen in seiner Gesamtheit antut. Wie man in dieser kurzen Zeit eines Teasers so viel verbrannte Erde zurücklassen kann, ist mir immer noch ein Rätsel. Zugegeben, in der ersten Hälfte der Show gelangen den Autoren ein paar nette Comedy-Situationen, aber leider auch nur auf dem „Torte-ins-Gesicht“-Niveau. Wenn dann am Schluss mit Wucht auf die Bremse getreten wird, um vermeintlich noch mit Slow Motion etwas Pseudo-Tiefgang in die Show zu bringen (und sogar Aimee Mann im Soundtrack als schweres Geschütz aufgefahren wird) kann man sich nur noch vor Schmerzen winden. Als 20-Minuten Comedy wäre sie vielleicht noch akzeptabel aber dann kann man auch gleich „Caroline in the City“ wiederholen. Ich würde fast wetten, dass diese Show für das WB ein eindrucksvoller Erfolg von „Fearless“-Dimensionen wird.

My Name is Earl: Comedy um einen Loser, der nach einem Lottogewinn all seine Fehler seines bisherigen Lebens korrigieren will. Diese Show ist überbewertet. Fast alle amüsanten Szenen der Pilotepisode sind schon aus den Trailern bekannt. Dennoch eine passable Show im Halbstundenformat, aber beileibe nicht der sensationelle Riesenhit, wie er bei manchen Kritikern hochgepriesen wird.

Everybody Hates Chris: Halbstunden-Dramedy um die Jugend von Chris Rock. Diese Show ist nicht überbewertet. UPN hat sich da wirklich ein Kleinod herausgepickt. Gelungene Michung aus Humor und Ernsthaftigkeit. Der kleine Tyler Williams als junger Chris Rock ist eine gute Casting-Leistung.

Related: Dramedy um vier Twentysomething-Schwestern. Für eine Full-Hour-Show einfach zu lang. Das hätte besser funktioniert, wenn es in ein Halbstundenformat gepackt worden wäre. Aber die Story und die Charaktere sind dennoch interessant und gut gecastet. Warum Laura San Giacomo allerdings durch Kiele Sanchez ersetzt wurde, ist zumindest von der Performance im Pilot nicht ersichtlich. Eine schöne Mischung aus leichter Comedy und echten Differenzen zwischen den Charakteren. Aber dennoch (wie so vieles dieses Jahr) bei weitem kein Must-See Hit.

Barbershop: Comedy um einen schwarzen Friseurshop basierend auf dem gleichnamigen Film. Oh dear, wirklich nicht mein Ding. Just a silly sitcom.

The O.C.: Serienfinale (sort of)

Samstag, 17. September, 2005

Wer diesen Blog schon länger liest, weiss, dass „The O.C.“ eine meiner „guilty pleasure“ Shows war. Die erste Staffel der Serie hatte das Genre der Teen/Twen-Soaps mal richtig schön auf den Kopf gestellt und durch eine gehörige Portion Eigenironie und gewitzte Dialoge und Charaktere sowie einem originellen Soundtrack das Konzept anderer Teen-Soaps gelungen parodiert.

Aber in der zweiten Staffel fiel das alles auseinander. Die Show war nur noch ein Konglomerat von dämlichen Stories, orientierungslosen Charakteren und selbst die bemühten Anspielungen auf andere Teen-Soaps verfehlten ihr Ziel um mehrere Lichtjahre. Eindeutig eine Show, die nie länger als 22 Episoden hätte laufen dürfen und dem Druck der Erwartungen nicht standhalten konnte.

Mit Episode 3×01 ist den Machern aber ein gutes „Happy End“-Serienfinale gelungen. Naja, ich rede mir jetzt einfach ein, dass es das Finale war. Ein idealer Punkt zum Aussteigen. Nach der lauen Episode sind ein Großteil der Storyfäden aufgelöst und der Auftritt von 7of9 Jeri Ryan verspricht nur noch uninteressantere Storylines als in Season 2. Schade, die Serie „The O.C.“ ist innerhalb von nur einem Jahr genau das geworden, worüber sie sich in der ersten Staffel noch lustig machte: ein Abklatsch der „Beverly Hills 90210“ Staffeln 9 oder 10.

*freu* Endlich mal wieder eine Show weniger auf meiner WatchList.

War of the worlds: Invasion vs. Surface vs. Threshold

Freitag, 9. September, 2005

Die US TV Season 2005/06 wird eine Marathonsitzung für SciFi/Mystery-Fans. Einerseits die etablierten Genre-Vertreter wie „Lost“, „Medium“, „Battlestar Galactica“, „The 4400“, „Dead Zone“ und dazu dann noch ein ganzes Bouquet an neuen SciFi Shows: „Invasion“, „Surface“, „Threshold“, „Supernatural“, „Night Stalker“ und „Ghost Whisperer“ dürften im ersten Jahr der Post-„Star Trek“-Zeitrechnung für eine gewisse Übersättigung sorgen.

Der Trend geht aber weg von interstellaren, futuristischen Spaceoperas hin zu Mystery-Serien, die im Hier und Jetzt spielen — kein Wunder, sind sie ja auch viel günstiger zu produzieren.

„Supernatural“ und „Ghost Whisperer“ habe ich ja schon „abgehandelt“ — „Night Stalker“ ist wiederum ein Revival einer Serie aus den 70ern, sozusagen der Großvater von „X-Files“. „Stalker“ handelt von einem Team von Reportern, die mysteriösen Ereignissen in L.A. auf der Spur sind. Handwerklich ist die Show sauber gemacht, ein würdiger X-Files Nachfolger. Wirklich neues bietet die Serie aber nicht.

Nun hin zum Dreigestirn „Invasion“, „Surface“, „Threshold“ — die Antwort der Networks auf den durchschlagenden Erfolg von „Lost“. Alle Serien haben eins gemein: Die Aliens kommen uns besuchen. Alle Shows klingen auf den ersten Blick ziemlich ähnlich, und das sind sie auch. Mal mehr oder weniger unfällig, mal sind es Regierungsstellen, mal Wissenschaftler, mal einfache Leute, die die Ankuft von „E.T.“ mitbekommen und erforschen. Doch es gibt weitere Unterschiede.

Invasion„Invasion“ steht nach der Hurrikan-Katastrophe der letzten Wochen allerdings bereits unter einem schlechten Stern. ABC hat jegliche Promotion für die Show gestoppt, da in den ersten Episoden ein Hurrikan im Vordergrund steht, der die Küste Floridas heimsucht. Der Sturm wurde in diesem Fall jedoch von ausserirdischen Wesen verursacht, die just zu der Zeit auf der Erde (oder besser ins Meer) niederregnen. Danach beginnen sie langsam auf unbekannte Weise die Herrschaft über einzelne Menschen zu übernehmen. Die Betonung liegt hier auf „langsam“, denn im Bezug auf das Hauptthema der Serie passiert wirklich erstaunlich wenig in der Pilotepisode. Zunächst muss der Zuschauer in das komplexe Beziehungschema der Hauptcharaktere eingeführt werden (ein Durcheinander aus Ex-Frau, neuen Liebhabern, Kindern aus erster Ehe, unzuverlässigem Bruder etc) und dann steht die Naturkatastrophe und ihre Folgen im Vordergrund. Und hier herrscht nervige Hektik und Geschrei vor zusammen mit der unvermeidlichen Tochter, die trotz aller Warnungen mittem im Sturm mal in den Wald läuft… Die Aliens sind eher Beiwerk, umgeben von zahlreichen vagen Andeutungen, Mysterien und sonstigen „X-Files“-würdigen Seltsamkeiten. Um es vorweg zu nehmen, dies hat die Show mit „Surface“ und „Threshold“ gemein: Der Storyarc, der üblicherweise locker in einem 100-minütigen Spielfilm über die Bühne gebracht wird, muss über eine 1000-minütige Serienstaffel gestreckt werden. Da kann man nicht gleich die Katze aus dem Sack lassen. Man muss den Zuschauer heiss machen aber gleichzeitig genügend „Enthüllungen“ für die Sweeps aufheben. Während die „Lost“-Macher also angeblich ihre Lektion gelernt haben und in Staffel 2 etwas mehr auf Gas treten, geht es bei „Invasion“ wieder zäher zu. Vom technischen Standpunkt ist die Pilotepisode nicht zu beanstanden: Regisseur Thomas Schlamme („West Wing“) tut was er kann.

Lake Bell in SurfaceNBCs Hoffnung „Surface“ hiess mal „Fathom“. Hier ist das Thema „Alien“ zunächst nicht so sehr prominent, erstmal handelt es sich „nur“ um ein sehr großes Tier, das im Meer lebt und die Forschergemeinde in Aufruhr versetzt. Allen voran die Biologin Daughtery Carstarphen (Lake Bell), die bei einer Tieftauch-Mission von dem Wesen in Angst und Schrecken versetzt wird. Kurze Zeit später schreitet eine geheime Militärgruppe ein und unterbindet erstmal jegliche weitere Forschung. Dann ist da noch ein Freizeittaucher, dessen Freund urplötzlich von dem mysteriösen Seeungeheuer fortgerissen wird und als vermisst gilt. Und schließlich der obligatorische kleine Junge, der die Rolle von Drew Barrymore aus „E.T.“ übernehmen darf: Er findet im Meer ein seltsames schleimiges Ei und wirft es in das heimische Aquarium… Klar ist, dass sich die Wege all dieser Protagonisten irgendwo treffen werden.

Im Vergleich zu „Invasion“ geht es bei „Surface“ zumindest mal ein gutes Stückchen schneller voran. Auch der Gänsehaut/Creepyness-Faktor ist hier deutlich höher. Dennoch lässt sich auch hier der Eindruck nicht abschütteln, dass es sich um ein auf Serienlänge gezogenes Spielfilm-Konzept handelt.

„Threshold“ schliesslich ist die CBS-Variante des diesjährigen Mystery-Booms und hier treten die Aliens schon etwas aggressiver auf. Ein Frachtschiff und seine Besatzung wird von einem ausserirdischen Raumschiff (ein seltsames, scheinbar aus Eiskristallen bestehendes „Etwas“) heimgesucht, worauf sich einige Besatzungsmitglieder gegenseitig umbringen, seltsame Verformungen erleiden und/oder spurlos verschwinden. Das Militär schickt prompt eine schnell zusammengebastelte Elitegruppe aus Spezialisten an den Ort des Geschehens. Und diese Spezialgruppe scheint wie aus einem Comicbuch entsprungen. Da ist der Geek („Felicitys“ Robert Patrick Benedict), der kleinwüchsige Lebemann (Peter Dinklage) und der uninteressierte Wissenschaftler („Data“ Brent Spiner). Geleitet wird das Team von der sexy Carla Gugino („Sin City“), die Spezialistin für Alieninvasionen.

ThresholdEs ist schon erschreckend, wie sehr die Charaktere überzeichnet sind und den einschlägigen SciFi-Klischee-Handbüchern entsprungen scheinen. Immerhin legt die Show von Anfang an ein nettes Tempo vor, bietet einige „creepy“ Szenen und eine Hommage an „Contact“ (die mir aber ehrlichgesagt wirklich gut gefallen hat und durchaus Gänsehaut-Potential hat). Brent Spiner muss eine obligatorische „Star Trek“ Anspielung hinnehmen und dürfte sich in dem Technobabble von „Threshold“ wieder wie zu Hause fühlen. Da verändern Aliens unsere DNA durch Audiosignale und erzeugen seltsame Muster auf Radarbildschirmen, in Stahlwänden und auch Küchenschaben tanzen in Symmetrie wie sie es seit „Joe’s Apartment“ nicht mehr getan haben. Aber wie schon in den beiden anderen Shows gilt auch hier: Alles schon mal dagewesen.

Fazit: Alle drei neuen Shows sind passable SciFi-Unterhaltung. Leider wagt keine dieser Shows mal einen ungewöhnlichen Pfad wie im letzten Jahr „Lost“ zu beschreiten. Es sind im Grunde die üblichen „ausserirdische Macht kommt uns besuchen und wir sind als Menschheit gar nicht darauf vorbereitet“-Geschichten, wie man sie bisher vor allem im Kino oder SciFi-TV-Movies sah. Die Serien erzählen dann die einzelnen Geschichten von den Menschen, die gegen die Aliens kämpfen bzw. sie erforschen. Big Deal. Alle Serien spielen mit dem Mystery-Element, mit dem Unwissen der Zuschauer. Die unbekannten Wesen werden dies wohl auch lange bleiben: nämlich unbekannt.

Man kann nur schwer eine Empfehlung für oder gegen einzelne SciFi-Shows der neuen Season aussprechen. Alle drei Shows sind eine Art „X-Files“/“Contact“/“Evolution“-Spielfilm in Serienform. Ich habe jetzt schon Probleme, die drei Shows auseinander zu halten und sie wirken in dieser Häufung eher anstrengend. SciFi Fans kennen diese Formate und auch die Inhalte und Charaktere sicherlich schon zur Genüge, was aber einen SciFi-Geek sicherlich nicht vom Einschalten abhalten kann. It’s the „X-Files“-Boom all over again. Grundsätzlich abstossend sind keine dieser Serien, erst „in the long run“ wird sich zeigen, wie die Shows sich in ihren allwöchentlichen Storyarcs weiterbewegen.

Zuschauer, deren Interessen weniger bei SciFi&Mystery liegen und schon „X-Files“ nicht mochten, werden an diesen Shows sicherlich ebenfalls keine große Freude finden. Auf der anderen Seite geht auch keiner der Shows einen solch exzentrischen Weg wie „Lost“ und ist daher vielleicht auch eher für Otto-Normalzuschauer geeignet. Das Prozedurale wird sicherlich ebenfalls stärker im Vordergrund stehen (insbesondere bei „Threshold“ und „Surface“). Ich gehe mal davon aus, dass alle drei Shows zumindest den Winter überstehen werden, aber weiter würde ich keine Voraussage treffen wollen. „Invasion“ kommt durch die unangenehme Parallele zu aktuellen Ereignissen schon zu Beginn in eine Schieflage.

Insgesamt sticht keine dieser Serien deutlich aus dem Programmangebot der Networks hervor. Nach der Kategorie der „just-another-cop-show“ haben wir nun das Genre der „just-another-mystery-show“.

The Bedford Diaries

Sonntag, 4. September, 2005

Normalerweise weiss ich nach den 40 Minuten einer Pilot-Episode recht deutlich, ob das eine „Thumbs Up“ oder „Thumbs Down“ Show ist. Die „Diaries“ hinterlassen jedoch einen zwiespältigen Eindruck. Irgendwo versteckt sich in dieser Mischung aus „Felicity“ und „Melrose Place“ eine gute Show, aber sie ist tief begraben unter unter einem aufdringlichen, pseudo-provokativem Konzept. (LOL, ich seh gerade, der futoncritic hat die gleiche Versteckt/Begraben Formulierung benutzt)

Im Mittelpunkt der „Bedford Diaries“ stehen die Teilnehmer eines beliebten Kurses an der fiktiven Bedford Universität in New York. Der Kurs „Human Behavior and Sexuality“ wird alljährlich nur für wenige auserwählte Studenten angeboten. Dabei werden die Kursteilnehmer mit Videokameras ausgestattet und sollen in Videotagebüchern über ihr Sexualleben reflektieren. Der etwas exzentrische Professor Macklin baut in dem Seminar auf ungewöhnliche didaktische Methoden — mit der Realität an US Colleges hat sowas wohl eher weniger gemein, aber so stellen sich wohl alle High-School-Abgänger das College-Leben in ihren Träumen vor.
The Bedford Diaries
Die 12 Studenten in dem Kurs sind ähnlich dem „The Breakfast Club“-Prinzip vollkommen unterschiedliche Charaktere: Unter anderem gibt es die Schöne, die Kluge, der arrogante Reiche, der „Nice Guy“, die Schlampe, die Jungfrau, die Selbstmordkandidatin und der Typ aus einfachen Verhältnissen. Nun wirft man die alle zusammen und lässt sie aufeinander los — immer unter dem Thema „Sex“. So werden Dramen gemacht.

Wer bis hierher einen eher unzufriedenen Unterton in meinen Beschreibungen ausgemacht hat, der hat nicht ganz unrecht. Das Grundprinzip, das Fundament der Show stinkt. Schon nach den ersten fünf Minuten hat man als Zuschauer erst mal genug von dem Begriff „Sex“. Nicht weil irgendein imaginärer „Züchtigkeits-Alarm“ auf etwaige freizügige Sex-Szenen anspringen würde (es gibt keine), nein, es ist die ausschliessliche Fokussierung der Show auf das Thema Sex, die sich unglaublich schnell abnutzt. Doch es gibt kein Erbarmen, man wird weiterhin mit selbst-analytischem Sex-Talk eingedeckt. Warum müssen sich die Charaktere so über das Thema „Sex“ definieren?

Aber es gibt auch einiges, das mich daran hindert, diesen Eintrag zu einem kompletten Verriss werden zu lassen. Es sind viele kleine Szenen, die ganzen B-Stories, die verblüffend guten Jung-Schauspieler und der Aufbau der Charaktere und ihre Beziehungen untereinander, die mich aufhorchen liessen. Autor Tom Fontana zeichnete bereits für „Homicide: Life on the Street“, „Oz“ und „The Jury“ verantwortlich und dessen Qualität blitzt auch immer wieder in den Subplots durch. In den Nebenschauplätzen liegen dann auch die Stärken des Drehbuchs, weil es interessante Charaktere aufzeigt. Hie und da schiesst die Show in die Seichtigkeit (v.a. bei den Video-Tagebüchern) oder in die sinnleere Lächerlichkeit (die „historische“ Demo am Schluss). Penn Badgley („The Mountain“), Ernest Waddell („As the World Turns“) sowie die Neuentdeckungen Victoria Cartagena und Corri English liefern sehr gute Leistungen ab und holen einiges aus den Charakteren heraus – im Grunde machen vor allem die Schauspieler Lust auf mehr. Milo Ventimiglia, der im Prinzip den gleichen Charakter wie in „Gilmore Girls“ spielt, ist wie üblich gewöhnungsbedürftig, fügt sich aber ganz gut in das Ensemble ein.

Die Show hat also Potential, aber bitte jenseits dieses Sex-Seminars. So ein Seminar wäre vielleicht ein gutes Thema für einen kleinen Stroy-Arc, aber nicht Dreh-und Angelpunkt einer kompletten Serie. Insofern dürfte die Serie vielleicht ab Staffel 2 noch mal einen Blick wert sein, wenn das Seminar vorbei ist :). Ansonsten sollte man auf jeden Fall mal ein Auge auf den weiteren Karriereweg von Victoria Cartagena haben.

„The Bedford Diaries“ ist eine HBO Independent Produktion und wird ab der Midseason 2006 auf WB ausgestrahlt – 12 Episoden (plus Pilot) wurden bestellt.

Just Legal

Montag, 29. August, 2005

Wie gewünscht, habe ich mal das neue Bruckheimer/WB Drama „Just Legal“ unter die Lupe genommen. Die Serie mit dem gealterten Miami Vice Star Don Johnson als abgeschlaffter Rechtsanwalt und Jay Baruchel („Undeclared“) als junger ambitionierter Berufseinsteiger startet am 19. September montags nach „7th Heaven“ auf WB.

„Just Legal“ ist eine dieser Shows, die genau das hält, was sie verspricht. Wenn man eine neue Serie beurteilt, sollte man der Kurzbeschreibung des Networks eigentlich möglichst wenig Beachtung schenken. Manchmal haben die auf den ersten Blick am simpelsten klingenden Shows eine überraschend gute Umsetzung und gute Ideen (siehe „Veronica Mars“). Und die Shows mit den besten Kurzbeschreibungen können oftmals nie diese Versprechungen einhalten. Aber bei „Just Legal“ bekommt man so ziemlich das, was man nach der Kurzbeschreibung auch erwartet. Ein Stereotypen-Bausatz aus dem Hause Bruckheimer (CSI-Franchise). Ausgebrannter, desillusionierter Anwalt trifft auf jungen, ehrgeizigen, ehrenhaften Berufsanfänger. Und alles kommt, so wie man es erwartet: Der Anwalt wird geläutert und der Junge gewinnt Selbstbewusstsein und lernt einige Lebenslektionen. Die Show ist von A-Z routiniert umgesetzt (wie man es wohl auch von einer Bruckheimer-Show erwartet), das einzige, was die Shows von anderen Cop/Krimi-Prozedurals unterscheidet, ist der dünne jugendliche MTV/WB-Anstrich.

Hie und da hat die Show ein paar gute Szenen, so erfüllt der Teaser durchaus seinen Zweck — das Casting von Jay Baruchel als Jura-Wunderkind/Geek ist sicherlich eines der Punkte, die man der Show positiv zu Gute halten kann. Die Interview-Szene am Anfang in der sein Charakter eingeführt wird, ist gelungen und auch immer, wenn sich das unerfahrene Greenhorn mit abgebrühten Oldtimern anlegt, kommt etwas Laune auf. Aber spätestens wenn dann Don Johnson am Ende zu seinem vorhersehbaren und vor Seichtigkeit nur so triefenden Plädoyer ansetzt, wünsche ich mir sogar den guten alten Matlock zurück. Johnson passt eigentlich ganz gut in diese stereotype Rolle, scheint aber mehr als unterfordert vom Drehbuch.

Das WB hat nun also sein erstes Krimi-Prozedural. Die Frage ist, ob das Network sowas wirklich brauchte. Vermutlich darf ein Network erst dann in den Erwachsenen-Club, wenn es sich von Zeichentrick-Maskottchen verabschiedet und ein Bruckheimer-Drama platziert. „Just Legal“ erfindet nichts Neues, es ist keine Watercooler-Show über die man am nächsten Tag spricht – it’s „just“ another tv show.

Ich wüsste nicht, was mich nach der Pilotepisode an die Show binden könnte. Ob sich die Show über den Jahreswechsel oder gar über die erste Season hinaus halten kann, wage ich dennoch nicht vorherzusagen. Da sind einfach noch zuviele Unbekannte in dieser Gleichung. Mit 7th Heaven als Lead-In fährt die Show in ihrem seichten Pfad vermutlich gar nicht mal so schlecht. Dort hat sich schliesslich auch Everwood quotenmäßig wieder gesund gestossen. Aber ich würde erst mal nicht mit mehr als 13 Episoden rechnen.

24: I still don't like it

Freitag, 12. August, 2005

Achtung: Frustposting voraus.

Nach einer Marathonsitzung „24 – Day Four“ über die letzten Tage kann ich jetzt endgültig und guten Gewissens behaupten: Ich mag die Show nicht. Ich hatte vor einiger Zeit hier im Blog ja schon mal zu Staffel 3 ähnliches gesagt und dann doch noch mal einen Blick in die vierte Staffel geworfen. Großer Fehler. 24 Stunden im Leben von Jack Bauer später will ich einfach nur die 16 Stunden zurück, die mich das Anschauen der Staffel gekostet hat. Warum ich nicht mitten drin aufhörte, weiss ich auch nicht so genau. Man hofft wohl immer irgendwie, dass noch ‚was kommt. Von Folge zu Folge wurde ich allerdings frustrierter.

In der Show gibt es in meinen Augen einfach zuviele nervige Charaktere, übersteife und gestelzte Dialoge, überforderte Schauspieler und grottige Storylines. Der Mangel an vernünftigen Special Effects und die im Gegensatz dazu gigantische Schiffsladung an Techno-Babbel tun ihr übriges. Ein Bonuspunkt dieser Staffel gegenüber den vorigen war immerhin das Aufbrechen des großen Storyarcs in viele kleinere Storylines.

ab hier SPOILER ALERT

Es gab demnach mehrere Akte: Die Entführung des Ministers, die Atomkraftwerknummer, der Abschuss der Airforce One und schliesslich die Atomrakete. Und überall kämpfte Jack Bauer an vorderster Front. CTU ist personell ständig chronisch unterbesetzt und offenbar gibt es wirklich im ganzen Land keine andere „Special Forces“ Truppe und keinen anderen Mann, der diese Probleme lösen kann. Auf Backup wird grundsätzlich und überall verzichtet — lieber eine schnelle Hau-Ruck Aktion, damit auch wirklich irgendwas schief laufen kann. Und ein chinesischer Konsulatsbeamter schafft es dann auch locker, schneller als ein Helikopter von CTU zu sein … gnarf.

Gut, der Anfang wirkte so, als könnte was aus dieser Staffel werden. Die Story um den Teenager, der von seinen Terror-Eltern gezwungen wurde, seine beste Freundin umzubringen, war provokant und ungewöhnlich. Aber danach verlief sich alles in seichtem Action-Einerlei. Besonders nervend: Die absolut misslungenen Versuche, etwas „human touch“ und Beziehungsdrama in die Show einzubauen. Die Storyline um Edgars Mutter, die von dem Atomkraftwerk-GAU bedroht wird und sich umbringt? Der Sohn des Präsidenten, der nie zu sehen war bis — oh Zufall — kurz vor dem Abschuss der Airforce One und somit eine seichte Vater-Sohn-Bonding-Szene ermöglicht? Die Tochter der ersten CTU-Chefin, die plötzlich ausflippt und Selbstmord begeht? Die in wenigen Stunden um 180° drehenden Gefühle zwischen Michelle und Tony? Die „Beziehung“ zwischen Jack und seiner Freundin Audrey? Okay, letzteres war im Prinzip eine gute Idee (Jack Bauer muss in seinem Job nunmal über Leichen gehen — wie kann das eine Beziehung überleben?) — aber die schauspielerische Umsetzung war ein Debakel. Vielleicht liegt’s an Kiefer Sutherland, aber ich nehm dem Typ keine andere Gefühlsregung ab als für „I need the satellite, now!“ notwendig ist.

Und warum bringt man immer wieder die alten Darsteller zurück? Mein Gott, die werden x-mal gefeuert und innerhalb 5 Stunden sind sie wieder drin im Job. Sorry, aber wenn man schon solch ein Format pusht, dann muss man auch den Mut haben, die Darsteller-Verträge nicht länger als eine Season laufen zu lassen. Und wenn ich jetzt lese, dass Kim nächste Season zurückkommen soll… Ne, danke.

Und dann ist da noch die Sponsoring-Geschichte. Ich kann ja Schleichwerbung noch ertragen, wenn hie und da mal nebenbei ein Markenname gezeigt wird, ein Apple-Computer in der Ecke steht oder ein Dell Inspiron Notebook gezeigt wird (ich hab schliesslich auch ein Inspiron hier rumstehen). Nervig wurden aber schon die Ford-Placements in „Alias“. Aber Cisco hat in „24“ allen mal gezeigt, wie’s geht: „Wait, I use my Cisco(TM) IP phone“ [..] „No, our Cisco(TM) firewall is secure“ [Cut to: Verzweifelte Terroristen vor ihren Alienware(TM) Notebooks die sich die Fingernägel blutig kauen, weil die super-duper-dolle Cisco(TM) Firewall sie nicht reinlässt] . Auf manchen Telefonen waren dann auch gleich drei übergroße Cisco(TM)-Aufkleber zu finden. Vielleicht sollte mal jemand diese Episode(n) an die ARD schicken, damit die mal sehen, was wirklich „Schleichwerbung“ ist. Obwohl, viel geschlichen wird bei dieser Zaunpfahl Nummer ja wirklich nicht mehr.

Okay, es gibt auch positives. Die Split-Screen Technik zähle ich mal dazu. Auch manche Darsteller machen einen guten Job (Mary Lynn Rajskub als Chloe O’Brian fällt mir da ein und Nestor Serrano als Terror-Familienvater und Kotzbrocken par excellence Navi Araz) aber wofür sonst jemand in dieser Show einen Emmy bekommen sollte, ist mir ein Rätsel. Was bedeutet, dass sie vermutlich die Trophäen reihenweise abräumen werden.

ENDE SPOILER

So, bin feddissch mit meinem Rant. Ja, jetzt geht’s mir besser 😉

Bin-jip – Leere Häuser

Freitag, 12. August, 2005

In vielen Filmen ist der Dialog der zentrale Storyteller. Er bringt die Handlung voran, macht uns mit den Charakteren vertraut, vermittelt uns einen Eindruck von den Gedanken der Protagonisten.
Einen vollkommen anderen Weg geht der Film „Bin-Jip“ von dem koreanischen Filmemacher Ki-duk Kim („Frühling, Sommer, Herbst, Winter… und Frühling“). Die beiden Hauptdarsteller wechseln bis auf die letzten Minuten des Films kein Wort, die komplette Charakterinteraktion läuft über Körpersprache und Mimik. Dennoch ist es definitiv nicht einer dieser schwerverdaulichen, „künstlerisch-wertvollen“ Experimentalfilme.

Bin-Jip erzählt die kleine Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich auf sehr ungewöhnliche Weise kennenlernen und eine kurze Zeit ihres Lebens miteinander verbringen. Tae-suk ist ein guterzogener Mitt-Zwanziger, der jedoch einen seltsamen Lebenstil hat: Er bricht in die leerstehenden Wohnungen fremder Menschen ein, lebt dort einige Tage und zieht dann weiter in die nächste Wohnung. Eines Tages ist er unvorsichtig und bricht in ein Haus ein, das nicht so verlassen ist wie es scheint: Die verheiratete Sun-hwa hat sich im Haus versteckt, nachdem sie von ihrem Ehemann mishandelt wurde. Tae-suk und Sun-hwa kommen sich nach einem kurzen Schockmoment näher und daraus entwickelt sich eine einfache und doch komplizierte Beziehung.

Bin-Jip wirkt wie ein „leichtes“ Menu — fast ohne Kalorien. Der Film scheint dahinzuschweben, kein schwerer Dialog zieht ihn nach unten, dennoch erzählt der Film eine kleine Geschichte mit Tiefgang. Das ganze ist nicht sonderlich trivial zu beschreiben, man muss es wohl selbst gesehen haben. Hie und da stolpert der Film etwas über die Unplausibilitäten, aber zu keiner Zeit wird der Film langweilig oder abgehoben. Trotz der eher dramatischen Story fehlen auch kleine humorvolle Szenen nicht. Obwohl es eigentlich ein Liebesfilm ist, spielt Gewalt eine große Rolle. Wie Ki-duk Kim beides miteinander verknüpft und gegeneinanderstellt, ist bemerkenswert.

Der dritte und letzte Akt des Films ist etwas irritierend, vor allem da es nicht wirklich eine klare „Auflösung“ des Films gibt. Jeder Zuschauer muss sich in gewisser Weise seinen eigenen Reim auf die Geschehnisse machen. Aber das ist ja nicht unbedingt ‚was schlechtes, im Gegenteil.

Schlichtweg atemberaubend ist die handwerkliche Umsetzung des Films, insbesondere die fantastische Kameraarbeit — fast alle Szenen sind perfekt komponiert, ausgeleuchtet und geschnitten. Was Ki-duk Kim da in weniger als zwei Monaten geschrieben und auf Zelluloid gebannt hat, beweist dass er ein ganz besonderes Händchen für Film hat. Die FAZ nennt den Film ein „Kinowunder“. Das will ich jetzt einfach mal so stehen lassen.

Sicherlich kein Film für jeden beliebigen Kinoabend, man sollte sich schon im Klaren sein, dass dies ein etwas ungewöhnlicher Film aus einem vollkommen anderen Kulturkreis ist, der den Zuschauer auch noch einige Zeit nach dem Abspann beschäftigen kann.

Bin-Jip läuft seit dem 11. August in den deutschen Kinos. Naja, man muss schon etwas suchen. Alternativ kann man sich auch die Region 3-Version für knapp 12 Euro von cdwow.com aus Hongkong schicken lassen (englischer Titel: „3 Iron“). Bei den wenigen Dialogzeilen reichen die englischen Untertitel voll und ganz.

Trailer und mehr gibt’s auf der deutschen Website www.bin-jip.de

Weeds

Mittwoch, 10. August, 2005

Me mucho mucho liko this show. Für eine längere Review habe ich leider keine Zeit — daher sei hier nur gesagt, dass dies einer der besten Comedy-Piloten seit langem (okay, zumindest seit „Arrested Development“) ist. Ja, ich habe ein Faible für dysfunktionale Familien, und ja, das schwimmt ein bisschen auf der „Desperate Housewives“-Welle. Aber das ändert nichts daran, dass das Script wunderbar gelungen ist und Mary-Louise Parker eine exzellente Performance abliefert, ebenso wie der komplette restliche Cast. Ja, ich habe mehrmals lauthals gelacht (und das will bei mir wirklich was heissen). Wenn das so weitergeht, könnte ich tatsächlich dazu neigen, Showtime die miese Behandlung und Absetzung von „Dead Like Me“ zumindest in Ansätzen zu verzeihen…

Allerdings habe ich festgestellt, dass mein Schulenglisch-Hörverstehen bei manchen Dialogen doch arg an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gebracht wurde — zumindest in den Szenen am Anfang in der „Gras-Packstation“ in „‚da Hood“. Die haben ja fast jedes Wort komplett vernuschelt oder meine Lautsprecher sind endgültig hinüber (Kinderhände + Tieftönermembran = pflopp).

"Ghost Whisperer"

Mittwoch, 27. Juli, 2005

Ghost WhispererMan kann wirklich nicht behaupten, dass ich sonderlich große Hoffnungen in den „Joan of Arcadia“-Ersatz „Ghost Whisperer“ hatte. Eine Serie mit Jennifer Love Hewitt in der Hauptrolle und dann auch noch bei den Upfronts unter dem Motto „Geister statt Gott“ angekündigt — das dürfte vielen schon als Argumente zum Ignorieren reichen. Selbst „Joan of Arcadia“ war ja teilweise nur mit Zähneknirschen zu ertragen (wenn ich nur an die religiösen Subplots denke…). Im Endeffekt bin ich aber dann doch einigermassen überrascht von „Ghost Whisperer“.

Worum geht’s? Eigentlich dürfte den meisten Lesern soweit schon das Grundprinzip der Show bekannt sein: Antiquitätenhändlerin Melinda Gordon (Jennifer Love Hewitt) und Notfallarzt Jim Clancy (David Conrad) haben gerade geheiratet und sind in ihr neues Haus eingezogen. Melinda hat seit ihrer Kindheit eine Gabe, die sie wohl von ihrer Großmutter vererbt bekam: Sie kann Geister sehen und mit ihnen sprechen. Diese Untoten kommen zu ihr, um sie um Hilfe zu bitten. Sei es eine Nachricht an Hinterbliebene zu überbringen oder ihnen einfach den „Weg ins Licht“ zu zeigen. Die Show ist eine Art Mischung aus „Tru Calling“ und „Medium“. Mit „Joan of Arcadia“ wiederum hat die Show eigentlich gar keine Gemeinsamkeiten.

Wie isses? Sagen wir mal so: Es ist nicht so schlimm wie man (ich) befürchtet hatte. Die Show ist handwerklich sauber gemacht, es erfüllt einige Anforderungen die man an solch eine Genreshow haben dürfte: Familienkompatible, lockere, seichte Unterhaltung mit einem Touch „Spookieness“. Ja, seicht ist die Serie — wenn Lebende Nachrichten von ihren geliebten, aber toten Verwandten erhalten, dann fliessen nun mal Tränen und vorherschaubar seichte Dialogzeilen en masse. Was mir positiv auffiel ist (neben JLH’s einigermassen unaufdringlicher Schauspielkunst) die Art und Weise, wie der Zuschauer in Melindas Alltag eingeführt wird. Im Gegensatz zu anderen „Ghost“-Shows ist Melinda seit Jahren vertraut mit ihren Fähigkeiten, sie kennt offenbar weitesgehend die „physikalischen Grundregeln“ der Geisterwelt und auch ihre besten Freunde sind mit ihrer Begabung vertraut. Melinda muss also nicht bei jedem Geist kreischend aufspringen und davonrennen. Die Pilot-Episode wirkt in dieser Hinsicht prinzipiell eher schon wie ein Season-Opener einer zweiten Staffel. Melinda hat dadurch eine gewisse Routine im Umgang mit den Untoten und es gibt (noch) nicht die typischen „Why Me?“-Storylines. Das fand ich recht erfrischend, vor allem da der „Spooky“-Faktor trotzdem nicht zu kurz kommt: Als Zuschauer weiss man ähnlich wie Melinda im ersten Moment nie so genau, wer nun ein Geist ist und wer nicht. Ferner hat es auch zumindest ein kleiner Hauch Humor in das Script geschafft und rundet die Pilot-Episode ab.

Und wenn man schon den Vergleich mit „Joan“ hervorzerren will, dann muss ich sagen: In einigen Aspekten liegt „Whisperer“ vorne. Insbesondere der fehlende Religion-Selbstzweifel Subplot macht die Serie in meinen Augen attraktiver als „Joan“. Letztere hatte allerdings eine beeindruckende Hauptdarstellerin und zumindest in der ersten Staffel einige gute Drehbücher.

Wird’s was? Wenn es „Joan of Arcadia“ auf zwei Staffeln gebracht hat, dann sollte es diese Show auch dicke soweit schaffen. Der größte Widerstand der zu überwinden ist, dürfte wohl der „Jennifer Love Hewitt Effekt“ sein: Wer die Frau nicht mag, wird wohl gar nicht erst einschalten. Ansonsten ist die Serie wohl jedem zu empfehlen, der auch „Tru Calling“ und „Medium“ faszinierend findet. Besser als „Touched by Heaven“ oder ähnlichem ist es allemal. Man muss aber auch ganz klar sagen, dass andere Shows aus dem Genre wie „Dead Like Me“ oder „Wonderfalls“ noch einige Sphären entfernt sind…

„Ghost Whisperer“ läuft ab Herbst 05 freitags um 8 auf CBS gegen die „Supernanny“ (ABC), „Bernie“ und „Malcom“ (FOX), „Dateline“ (NBC), „WWE“ (UPN), „What I Like About You“ und „Twins“ (WB).

 

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