Hallo, mein Name ist Sascha und ich bin ein O.C. Addict.
Grrr, ich hasse es, wenn mich eine Show in ihren Bann zieht, die ich eigentlich aus tiefsten Herzen verabscheuen wollte. Denn verkörpert sie auf den ersten Blick doch alles, was normalerweise im Kontext mit TV-Serien bei mir Übelkeit und einen tiefen inneren Drang nach dem Ausschaltknopf hervorruft. Soap, Beziehungsdreiecke, Soap, konstruierte Storylines, Soap, oberflächliche Charaktere — kurz: Es ist ’ne Soap.
Und doch habe ich mich dabei erwischt, dass ich mich bei „the O.C.“ besser amüsiere als bei so mancher anderer Serie … bin ich nun ein Soap-Addict? Werde ich gar demnächst etwa bei „All My Children“ Hochzeiten mitfiebern? 😉
Das Konzept der Show ist eigentlich ziemlich simpel: Armer vorbestrafter Junge (Ben McKenzie als Ryan Atwood) aus vernachlässigten Verhältnissen findet Unterkunft bei hipper, reicher, glücklicher Familie und verliebt sich in reiche, zickige, bald sehr unglückliche Nachbarstochter (die unterernährte Mischa Barton als Marissa Cooper). Dort freundet er sich mit seinem neuen Bruder und schüchternen Geek Seth Cohen (Adam Brody) an und gibt ihm Mut, um sich an seiner High-School gegen all die „coolen“ Kids durchzusetzen. Dann eckt Ryan bei der ganzen Cheerleader-Football-Clique an und riskiert mehrmals seinen Rauswurf aus der Schicki-Micki-Welt von Orange County. Natürlich sind alle Menschen extrem schön, es scheint immer die Sonne in Kalifornien und die Erwachsenen haben Leichen im Keller, von denen deutsche Boulevard-Magazine ein ganzes Jahrzehnt leben könnten — und über allem schwebt das Bild des schönen, reichen Kaliforniens. Gerade in der Winterzeit läuft einem verfrorenen Mitteleuropäer da natürlich das Wasser im Mund zusammen.
Aber was die Show in meinen Augen vom restlichen (Teen-)Soap-Einheitsbrei abhebt, ist der frische und freche Schreibstil des 28jährigen Autors Josh Schwartz. Er legt den Charakteren Bon-Mots in den Mund, die man in anderen Soaps vom BH90210-Kaliber vergebens sucht. In der englischen Sprachfassung kommt der lockere Dialogwitz hervorragend beim Zuschauer an – viele Szenen vermitteln das Gefühl, dass einiges on location dazu improvisiert wird und das verstärkt nur den Eindruck einer locker-leichten Fast-Food Unterhaltung. Dazu ein harmonierender Cast – vom Neuling Benjamin (neuerdings nur noch „Ben“) McKenzie, über Oldie Peter Gallagher und „Gilmore Girls“-Veteran Adam Brody (Geek „Seth Cohen“ — das Alter Ego von Autor Josh Schwartz). Die zurückhaltende Mischa Barton wird ergänzt duch die freche Rachel Bilson als ihre beste Freundin und Seths große Liebe Summer Roberts. Die restlichen Darsteller, vorwiegend Erwachsene, sind da eher Nebendarsteller, sie sorgen aber für eine große Portion des Soap-Geschehens. Den gelungenen Soundtrack habe ich ja bereits öfters erwähnt. Ein wichtiger Faktor der Show ist zudem die Fähigkeit, sich über das eigene Genre lustig zu machen: Die Teen-Charaktere in „The O.C.“ sind ganz wild auf eine fiktionale Teen-Soap namens „The Valley“, die einige frappierende Ähnlichkeiten zu „The O.C.“ hat, inklusive des kompletten, übertriebenen Merchandise-Zirkus rundherum.
„The O.C.“ ist zudem eine Serie, die vom Überraschungselement lebt. Man kann sich vor allem dann über die kitschig-skurrilen Soap-Storylines amüsieren, wenn man nicht weiss, was da auf einen zukommt. Ob ich die Serie öfters als einmal anschauen würde — keine Ahnung. Es ist sicherlich kein schwergängiges Drama, das sonderlich um Realität oder Tiefgang bemüht ist und in das man viel hineininterpretieren könnte. Aber die Serie ist vielmals amüsanter als so manche so genannte aktuelle Sitcom („Joey“, „Committed“ oder wie sie alle heissen). Man „verfällt“ der Show auch nicht direkt nach einer Episode — zumindest bei mir hat es durchaus einige Episoden gedauert, bis ich angebissen hatte– aber dann richtig…
Die zweite Staffel hat derzeit einige Anlaufprobleme, die Storylines werden nun teilweise wirklich sehr hahnebüchen und es wird einiges abstrus zurechtgebogen, um noch mehr potentielle Intrigen, noch kompliziertere Beziehungsvielecke und intensivere persönliche Krisen in die Story einzubauen. Leider wurde die Show gerade dadurch auch stärker vorhersehbar, weil sie sich nun doch an den „Soap-Patterns“ des Genres orientiert, denen sie in Season 1 noch erfolgreich ausgewichen ist bzw. die sie zu parodieren versuchte. Auch durch den Sendeplatzwechsel sinken die Quoten derzeit kontinuierlich — aber „The O.C.“ bleibt eines der Zugpferde von FOX und eine dritte Staffel dürfte bereits jetzt als sicher gelten.
Nun würde ich ja gerne empfehlen, am Mittwoch, 19. Januar um 20:15 Uhr ProSieben (ab 26. Januar 21:15) einzuschalten, um sich selbst ein Bild von der Show zu machen, doch die Synchro erweist sich wieder mal (wie ich finde) als „Anti-Suchtmittel“. Ich hatte kürzlich das „Vergnügen“ eine komplette Episode (nicht den Piloten) auf deutsch zu sehen und auch wenn ich mich bemühte, nicht wieder nach Gründen für ein „Synchrobashing“ zu suchen — ich mag die deutsche Version nicht. Es ist wohl wieder ein klassischer Fall von „wenn man die Originalversion kennt, kann die deutsche Fassung gar nicht gewinnen“ — aber insbesondere der Sprecher von Seth Cohen ist in meinen Ohren ein Totalausfall. Dialoge werden vollkommen unbegeistert (und auch zu ernst) in einer Tonlage regelrecht „abgearbeitet“ – es wirkt uninspiriert. Auch die anderen Teen-Charaktere sind eher schwach, mit Ausnahme von Summer. Die Sprecher der Erwachsenen sind hingegen für eine Seriensynchro kaum zu beanstanden. Your mileage may vary. Überraschend unbekümmert geht man mit „politisch unkorrekter“ Sprache um: „Scheiße, Arsch, Nutte, Wichser“ gehört scheinbar zum festen Portfolio der deutschen Sprachfassung – die US-Fassung scheint mir nicht so „dirty“, ich kann mich jedenfalls im Moment kaum an „shit“ oder „fuck“ erinnern, okay, „bitch“ und „whore“ ist schon eher vertreten…