Serenity – Flucht in neue Welten
Donnerstag, 24. November, 2005Uh, schon wieder Senf zu einem Science-Fiction Film. Aber keine Sorge, als nächstes kommt wieder eine Review zu einer TV-Serie…
Für „Firefly“-Fans ist es wohl der Film des Jahres. Andere Kinofreunde reiben sich verwundert die Augen ob der immensen Grassroots-Internet-Kampagne der so genannten „Browncoats“, die den Film in vielen „Favorite Movie“-Online-Abstimmungen noch vor Kinostart zu Bestnoten pushen.
Auch ich war tierisch gespannt auf dieses Filmprojekt von Joss Whedon, der nach der kaltblütigen Absetzung der SciFi Serie auf FOX vor einigen Jahren nun seine Vision auf der großen Leinwand verwirklichen durfte. Schließlich ist „Firefly“ eine der besten Serien der letzten Jahre und sollte eigentlich bei jedem Sci-Fi Fan im DVD-Regal stehen (ja, gibt’s auch in deutsch. Neulich beim lokalen DVD-Dealer für 49 Euronen in der Hand gehalten).
Doch von dem Film bleibt ein eigenartiges zweischneidiges Gefühl zurück — zumindest für Fans der Serie. Einerseits ist „Serenity“ zweifelsohne einer der besten SciFi Filme der letzten Jahre (#203 in der IMDb-Bestenliste ist durchaus gerechtfertigt). Aber irgendwas fehlt. Und damit ist nicht nur der Verstand bei den zuständigen Leuten von Universal gemeint, die dem Film den unvermeidlichen deutschen Titel-Beimüll verpassten.
Here’s my main problem: Whedon’s Charaktere funktionieren einfach besser in Serienform. Wenn man aus „Serenity“ ‚rauskommt ist man irgendwie frustriert, weil man weiss, dass es nicht nächste Woche weitergeht. Es wird keine weitere Charakterentwicklung geben, keine ruhigere Episode oder mysteriöse Storyarcs. Mit etwas Glück gibt es in zwei, drei Jahren ein Sequel. Hier liegt auch der große Unterschied zum „Star Trek“ Franchise. Dort waren schon die Episoden recht abgeschlossene Werke, eigene Abenteuer mit wenigen Arcs. Die Charaktere entwickelten sich kaum weiter, es gab bis zur finalen „Enterprise“-Serie kaum große Story-Arcs, bestenfalls wiederkehrende Charaktere. Bei „Firefly“ spürt man aber schon ab der ersten Episode, dass sich hier viele große und interessante Charakter- und Storyarcs verstecken und jede Episode ist nur ein kleines Puzzlestück in einem großen Rätsel.
In einem knapp zweistündigen Film muss man aber zwangsweise eine abgeschlossene Story erzählen. Es braucht einen Anfang und ein Ende, ein Mittelteil, einen Höhepunkt, vielleicht kann man auch noch den ein oder anderen kleinen Storyfaden für ein Sequel offen lassen. Aber man muss neue Zuschauer und eingeschworene „Firefly“ Fans gleichermassen zufriedenstellen. Der Film kann daher nicht mehr sein als ein Kompromiss. Ein exzellenter Kompromiss, aber man kommt nicht umhin, das Fehlen der Serie noch stärker zu betrauern. Was ich auch etwas schade finde, ist die für meinen Geschamck zu große Anzahl von Action-Szenen im Film. Die Serie war da — wohl auch aus finanziellen Gründen — etwas ruhiger und konnte/musste sich mehr Zeit beim Entwickeln von Charakteren lassen. So muss im Film beispielsweise die Beziehung zwischen [Spoiler:Kaylee und Simon] etwas überhastet abgewickelt werden und der Zuschauer hat nur wenige Chancen, zwischen den ereignisreichen Actionszenen zur Ruhe zu kommen. Das Tempo des Spielfilms unterscheidet sich ein gutes Stückchen von dem der Serie.
Damit aber keine Zweifel aufkommen: „Serenity“ ist ein opulenter Leckerbissen. Ein spannender Must-See Sci-Fi Action Streifen mit reichlich Humor, spektakulären Special Effects und sympathischen Charakteren, der das ganze „Star Trek“-Movie Franchise mit links an die Wand spielt. Die Geschichte löst einige der großen Rätsel der vorangegangenen TV-Serie, deutet aber einige weitere Erzählstränge für zukünftige Filme an. Man kann nur hoffen, dass es noch zahlreiche Fortsetzungen geben wird — möglichst wöchentlich, denn wirklich zuhause wäre das Franchise im TV. Noch hat der Film seine Produktionskosten nicht ganz reingeholt, und es wird von Woche zu Woche auch deutlich schwieriger. Aber der Film dürfte eh mit dem DVD-Release im Dezember 2005 (USA) noch ein gutes Stückchen Kasse machen (und steht bei mir auch schon auf der Pre-Order Liste). Ein Flop war’s definitiv nicht. Und die Tim Minear-Fans werden schon dafür sorgen, dass er im Auftrag von Joss Whedon „Serenity II“ auf die Leinwand bringen darf.
Kinostart Deutschland: Heute, 24. November 2005
P.S: Es lohnt sich, für den kompletten Abspann sitzen zu bleiben (wie ich diese „Frühaufsteher-So-Schnell-Wie-Möglich-Aus-Dem-Kino-Renner“ doch hasse), am Schluss gibt es noch einen kleinen akustischen „Shout-Out“ an „Firefly“.